Rundschreiben Nr. 24/2019
Bozen, 19. Juni 2019
Mit 1. Juli 2019 endet die Schonfrist hinsichtlich der Fristen für die elektronische Fakturierung. Konkret wird die Übergangsregelung abgeschafft, wonach Verspätungen bei der elektronischen Rechnungserteilung in den ersten 6 Monaten nicht geahndet wurden, immer vorausgeschickt, die Rechnung wurde in der Abrechnungsperiode der Umsatztätigung (Monat oder Quartal) in der MwSt-Liquidierung korrekt berücksichtigt. Daraus erfolgt z. B., dass für eine im Juni eingegangene Vorauszahlung die Rechnung noch bis zum 15. Juli ausgestellt werden kann, und soweit sie in der Abrechnung für Juni berücksichtigt wird, fallen trotz verspäteter Fakturierung keine Strafen an. Damit ist ab 1. Juli 2019 aber Schluss!
Vorerst nochmals zur Erinnerung einige Grundsätze zur Rechnungserteilung, die zum Verständnis der nachstehenden Ausführungen notwendig sind:
- Bezugsdatum für die Rechnungserteilung ist immer der Zeitpunkt der Umsatztätigung. Ein Umsatz gilt als getätigt bei Lieferungen zum Zeitpunkt der Übergabe der Ware und bei Dienstleistungen bei Zahlung; erfolgt die Zahlung früher (also z. B. vor der Übergabe der Ware), wird dadurch der Zeitpunkt der Umsatztätigung auf den Moment der Zahlung vorverlegt. Ebenso erfolgt durch eine frühere Fakturierung auf jeden Fall eine Vorverlegung der Umsatztätigung, sprich, wenn vor Übergabe oder vor Zahlung eine Rechnung ausgestellt wird, ist in dem Moment der Umsatz getätigt.
- Eine elektronische Rechnung gilt erst dann als ausgestellt, wenn sie auch über die SDI-Plattform versandt worden ist, unabhängig vom Ausstellungsdatum. Dieser Grundsatz gilt eigentlich auch bei Rechnungen in Papierform; auch hier gilt die Rechnung erst bei ihrem Versand als ausgestellt, mit dem feinen Unterschied, dass im letzteren Fall dieser Versand kaum überprüfbar ist.
Zunächst die gute Nachricht: Auch in Zukunft gibt es die sofortige Fakturierung („fatturazione immediata“) und die verzögerte Rechnungserteilung („fatturazione differita“), soweit ein Dokument über die Warenlieferung vorliegt.
1. Sofortige Rechnungserteilung:
Bis zum 30. Juni 2019 gilt, dass bei sofortiger Rechnungserteilung eine Rechnung grundsätzlich innerhalb Mitternacht des Tages der Umsatztätigung ausgestellt werden muss. Diese Frist wird nun verlängert, und zwar um 10 Tage (und wenn die Änderung im Zuge der Konvertierung der sog. „Wachstumsverordnung“ angenommen wird, sogar um 12 Tage).
Daraus folgt: Bei sofortiger Rechnungserteilung muss die Rechnung innerhalb der vorgenannten Frist von 10 (oder vielleicht 12) Tagen ausgestellt und verschickt werden. Wer also z. B. am 25. September 2019 eine Zahlung erhält, muss spätestens bis zum 5. Oktober die Rechnung erstellen und verschicken; diese Rechnung muss aber auf jeden Fall in der MwSt-Abrechnung für den Monat September (bzw. bei Quartalsabrechnern in der Abrechnung für das 3. Trimester) berücksichtigt werden.
Verfehlungen werden, soweit sie Einfluss auf die MwSt-Abrechnung haben, mit Horrorstrafen zwischen 90% und 180% der nicht korrekt dokumentierten MwSt geahndet.
2. Verzögerte Rechnungserteilung
Für Lieferungen, welche aus einem Transportdokument hervorgehen, bleibt unverändert die Möglichkeit aufrecht, die verzögerte Rechnungserteilung in Anspruch zu nehmen. Die Rechnung kann dann innerhalb 15. des Folgemonats ausgestellt und versandt werden und muss in der MwSt-Abrechnung des Monats der Umsatztätigung berücksichtigt werden. Im Klartext: Für über Transportdokumente belegte Lieferungen des Monats September kann innerhalb 15. Oktober eine Sammelrechnung ausgestellt werden, die aber in der Mwst-Abrechnung für September einfließen muss.
3. Neue Inhalte der Rechnung
Ab 1. Juli 2019 tritt die Änderung in Art. 21 Abs. 2 MwStG in Kraft, wonach in allen Rechnungen (unabhängig ob elektronisch oder analog) neben den bisher üblichen Informationen auch das Datum angegeben werden muss,
- zu welchem die Übergabe der Güter erfolgt ist,
- zu welchem die Leistung abgeschlossen worden ist oder
- zu welchem das Entgelt teilweise oder zur Gänze entrichtet worden ist.
Mit Bezug auf die erste Angabe ergeben sich wahrscheinlich keine besonderen Neuerungen, denn bereits derzeit ist es allgemein üblich, den Transportoder Lieferschein für Lieferungen zu zitieren; zu beachten ist allerdings, dass nicht die Kenndaten dieses Lieferscheins verlangt werden, sondern das tatsächliche Übergabedatum. Und hier gilt: Das Eigentum einer Ware geht grundsätzlich mit der Willensübereinkunft zwischen den Parteien über; dies betrifft in erster Linie z. B. Immobilienübertragungen. Bei Warenlieferungen hingegen wird i. d. R. von diesem Grundsatz abgewichen, und die Übergabe erfolgt u. a. zum Zeitpunkt der tatsächlichen materiellen Aushändigung der Ware. Bei Versand durch den Frächter gilt die Übergabe grundsätzlich mit der Aushändigung der Ware an das Transportunternehmen als durchgeführt, soweit nicht vertragliche andere Vereinbarungen getroffen werden. Besondere Regelungen gelten beim Verkauf zukünftiger Ware.
Bei Dienstleistungen wird man sich daran gewöhnen müssen, ein Abschlussdatum einzugeben, auch wenn dieses – wie oben aufgezeigt – keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Rechnungserteilung hat. Anmerkung: Nach unserem Verständnis dürften Verfehlungen hier als Formfehler auch keine Verwaltungsstrafen nach sich ziehen, zumal kaum vorstellbar ist, dass aus der Unterlassung irgendwelche Hinterziehung abgeleitet werden kann.
Soweit für Lieferungen oder Leistungen nur Anzahlungen erfolgen, wird man in Zukunft das Datum dieser Zahlung angeben müssen, auch dies eine völlig neue Verpflichtung. Zumal das Zahlungsdatum ausschlaggebend für die Umsatztätigung ist, dürfen Verfehlungen hier nicht auf die leichte Schulter genommen werden!
Soweit, so gut: Da gibt es nur ein kleines Problem. In den Vordrucken für die elektronische Rechnung ist gar kein Feld für die verlangten Daten vorgesehen! Und glaubt man den jüngsten Anleitungen der Agentur der Einnahmen in Rundschreiben Nr. 14/E vom 17. Juni 2019, wird es in den elektronischen Rechnungen ein solches Feld auch in Zukunft nicht geben. Vielmehr verlangt die Agentur im vorgenannten Rundschreiben, dass das Ausstellungsdatum der Rechnung derart gestaltet werden soll, dass es mit dem Übergabe-, Abschluss- oder Zahlungsdatum übereinstimmt. Wird also eine Lieferung am 10. Juli 2019 getätigt, muss bei sofortiger Fakturierung die Rechnung mit Datum 10. Juli 2019 ausgestellt werden; für den Versand hat man dann zumindest 10 (oder vielleicht sogar 12) Tage Zeit. Übrigens: Mit der gleichen Logik verlangt die Agentur bei verzögerter Rechnungserteilung, wo der Rechnung also mehrere Lieferscheine hinterlegt werden, als Ausstellungsdatum das Datum der letzten Warenübergabe heranzuziehen. Folgt man dem Wortlaut dieser Anweisung, müsste bei der Fakturierung zum Monatsende zunächst jeweils geschaut werden, bei welchem Kunden die letzten Lieferungen erfolgten, und entsprechend wäre dann die Fakturierung chronologisch zu gestalten. Das Rundschreiben hat wohl jemand geschrieben, der nie selbst eine Rechnung ausgestellt hat!
Wie schon öfters aufgezeigt, sind die Bestimmungen über die elektronische Rechnungserteilung leider noch immer nicht mit den allgemeinen Regelungen der MwSt abgestimmt worden, und das führt z. T. zu unlösbaren Widersprüchen. Ein kleiner Trost: Soweit die Rechnung rechtzeitig erstellt, versandt und abgerechnet worden ist, dürfte es sich auch in Zukunft immer nur um Formfehler handeln, die nicht geahndet werden können ( zumindest solange nicht, als keine eindeutige Rechtslage vorliegt).
Abschließend muss darauf hingewiesen werden, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass im Zuge der derzeit laufenden parlamentarischen Behandlung der sog. Wachstumsverordnung noch Vereinfachungen oder Fristverlängerungen bei den aufgezeigten neuen Rechnungsinhalten erfolgen können.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Vieider