Steuerliche Aspekte der Gesetzesverordnung „Sblocca Italia“

Steuerliche Aspekte der Gesetzesverordnung „Sblocca Italia“

Den ganzen August über hat die Regierung an einer Verordnung gearbeitet, die Italien aus der derzeitigen Erstarrung reißen sollte, und entsprechend groß waren auch die Erwartungen an diese Maßnahme. Zumindest was die steuerlichen Aspekte anbelangt, ist die am 12. September 2014 im Amtsblatt veröffentlichte Gesetzesverordnung Nr. 212 mit dem vielversprechenden Titel „Sblocca Italia“ aber ernüchternd. Die Verordnung sieht zwar  einige Bestimmungen vor, um große strategische Bauvorhaben aus ihrer Blockade zu befreien, die über Wochen in der Presse angekündigten großen Steuererleichterungen sind angesichts leerer Staatskassen aber leider ausgeblieben. Hier ein Überblick:

  1. Steuerabzug für den Ankauf von zur Vermietung bestimmten Wohnungen (Art. 21)

Nach französischem Vorbild (sog. „Legge Scellier“) wird auch in Italien ein Steuerabzug zu Gunsten von natürlichen Personen eingeführt, welche Gebäude mit hohen Energieklassen erwerben, um sie nachfolgend zu einem Mietzins zu vermieten, der unter dem allgemeinen Marktpreis liegt. Die Steuererleichterung besteht in der Zuerkennung eines Steuerabzuges von 20% des Kaufpreises, und zwar bis zu einem Kaufpreis von maximal 300.000 Euro. Der Absetzbetrag beträgt somit maximal 60.000 Euro. Es handelt sich hier  aber leider um einen Bonus, der von der Bemessungsgrundlage abgezogen wird und nicht um einen Abzug von der Steuer selbst.  Der Bonus muss zudem auf acht Jahre aufgeteilt werden (also jährlich maximal 7.500 Euro). Der tatsächliche Steuervorteil ist damit relativ gering; er kann bei einem Spitzensatz von 43% (für Einkommen über 75.000 Euro) höchstens 25.800 Euro (43% von 60.000) betragen und führt damit zu einer jährlichen Steuerersparnis über 8 Jahre von maximal 3.225 Euro (43% von 7.500 Euro). Im Endeffekt kann der Vorteil also höchstens 8,6 Prozent des Kaufpreises ausmachen.

Die Erleichterung ist nur für natürliche Personen zugänglich, welche die Liegenschaften nicht in Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit  erwerben, und zwar in der Zeit vom 1. Jänner 2014 (also noch rückwirkend für das ganze Jahr 2014) bis voraussichtlich zum 31. Dezember 2017. Begünstigt ist auch der Bau zwecks späterer Vermietung von Wohnungen durch Privatpersonen mittels Werkvertrag auf einem eigenen Baugrundstück. In diesem Fall wird der Steuerabzug aufgrund der von der Baufirma bescheinigten Baukosten, immer mit der Obergrenze von 300.000 Euro, zuerkannt. Der Umbau bzw. der Verkauf der Wohnung müssen durch ein Bauunternehmen, eine Wohnbaugenossenschaft oder durch das Unternehmen, welches den Bau oder Umbau durchgeführt hat, erfolgen.

Dabei müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

- Die Wohnungen müssen in der Katasterkategorie A klassifiziert werden, ausgenommen die Kategorien A/1, A/8 und A/9, welche nicht begünstigt sind.

- Die Wohnung darf nicht in einer „E“-Zone im Sinne von DM 1444/1968 belegen sein (Landwirtschaftsgebiet).

- Das Gebäude muss den Energieklassen „A“ oder „B“ angehören.

- Die Wohnung muss für zumindest acht Jahre zu einem begünstigten Mietzins vermietet werden. Nicht schädlich sind Unterbrechungen des Mietverhältnisses, die nicht dem Vermieter angelastet werden können, soweit innerhalb eines Jahres ein Mietnachfolger gefunden wird.

- Die Vermietung muss innerhalb von 6 Monaten ab Erwerb bzw. Fertigstellung erfolgen.

- Zwischen Mieter und Vermieter darf kein Verwandtschaftsverhältnis ersten Grades in direkter Linie bestehen.

-Die Vermietung muss zu einem begünstigten Mietzins erfolgen, und zwar darf der Mietzins nicht über dem sog. vereinbarten Mietzins („canone concordato“ im Sinne von Art. 2 Abs. 3 G. 431/98), nicht über dem konventionierten Mietzins („canone convenzionato“ im Sinne von Art. 18 DPR 380/2001) und auch nicht über dem Sondermietzins („canone speciale“ laut Art. 3 Abs. 114 G. 350/2003) liegen.

Die Begünstigung ist schließlich nicht mit den Steuererleichterungen für die Wiedergewinnung oder für die energetische Sanierung kumulierungsfähig.

Bewertung: Die Erleichterung stellt sicher einen Anreiz dar, sein Geld in Immobilien zu investieren, die dann vermietet werden; einen Aufschwung im Bauwesen löst die Maßnahme aber sicher nicht aus. Immer dann, wenn alternativ der traditionelle Steuerabsetzbetrag für Wiedergewinnungen in Höhe von derzeit 50% beansprucht werden kann, dürfte dieser, von Sonderfällen abgesehen, günstiger sein.

  1. Registrierung von Vereinbarungen über Mietzinsreduzierungen (Art. 19)

Die Registrierung von Vereinbarungen zur Reduzierung des Mietzinses von Liegenschaften unterliegt nicht der Registersteuer und auch nicht der Stempelsteuer.

Hierzu ist festzustellen, dass solche Vereinbarungen zunächst überhaupt nicht registrierungspflichtig sind. Die Klarstellung ist aber trotzdem hilfreich: Angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise kommt es nämlich immer öfter vor, dass Mieten nachträglich herabgesetzt werden müssen, und damit eine solche Reduzierung bei privaten Vermietern auch für Steuerzwecke nachgewiesen werden kann, ist eine Registrierung solcher Vereinbarungen durchaus zu empfehlen. Und da tut es gut zu wissen, dass diese Registrierung nicht noch Mehrkosten verursacht.

  1. Mietkauf („rent to buy“)

Die Verordnung führt schließlich eine Reihe von zivilrechtlichen Neuerungen für die sogenannten Mietkauf von Immobilien ein. Konkret handelt es sich um Mietverträge für Wohnungen oder auch für gewerbliche Liegenschaften, in welchen dem Mieter das Recht eingeräumt wird, das Mietobjekt zu kaufen. Diese Verträge müssen in Schriftform als notarielle Urkunden abgefasst und - zumindest in Südtirol - im Grundbuch (Art. 2645-bis ZGB) angemerkt werden. Die Dauer der Kaufoption darf 10 Jahre nicht übersteigen.

Die Neuerungen eröffnen handelsrechtlich im Immobilienbereich sicher neue Gestaltungsmöglichkeiten. Die Verordnung enthält aber vorerst leider keine Hinweise auf die steuerlichen Auswirkungen. Hierzu gibt es inzwischen  nur eine erste Verhaltensregel der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater von Mailand (Nr. 191 von Ende September 2014): Sie  unterscheiden, ob im Vorhinein eine für beide Seiten verpflichtende Kaufoption besteht oder nicht.  Allgemein wird erwartet, dass im Zuge der Umwandlung (innerhalb 11. November 2014)  der Notverordnung auch die steuerlichen Aspekte dieser Verträge geklärt werden.

Hinweis: Soweit die neue Vertragsgestaltung auch steuerliche Anerkennung erfährt, könnte sie vor allem eine willkommene Alternative zum heutigen Finanzierungsleasing darstellen. Wir werden Sie informieren, sobald Neuigkeiten vorliegen.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-40-13.10.2014 Sommerverordnung