Neuerungen im Haushaltsgesetz für 2015 – Bereich Mehrwertsteuer und Bauwesen

Neuerungen im Haushaltsgesetz für 2015 – Bereich Mehrwertsteuer und Bauwesen

Neben den umfangreichen Änderungen durch die erste Vereinfachungsverordnung (D.Lgs. Nr. 175/2014) treten mit Jahresende auch eine Reihe von Neuerungen in Kraft, die mit dem Haushaltsgesetz für 2015 verfügt worden sind. Anbei ein erster Überblick über die zahlreichen Neuerungen, wie sie aus dem sog. Stabilitätsgesetz oder Haushaltsgesetz 2015 hervorgehen, das als Gesetz Nr. 190 vom 23. Dezember 2014 am 29. Dezember 2014 im Amtsblatt Nr. 300 veröffentlicht worden ist.   Um eine Verabschiedung des Gesetzeswerkes fristgerecht zu ermöglichen, wurden alle Normen in einem einzigen Artikel aus 735 Absätzen zusammengefasst, mit der Folge, dass das Haushaltsgesetz wieder einmal kaum lesbar ist. Vorerst informieren wir Sie über die Neuerungen im Bereich der Mehrwertsteuer und des Bauwesens, da diese, im Unterschied zu neuen Gewinnermittlungsvorschriften, umgehend im Tagesgeschäft zu beachten sind:

 

  1. Neuerungen im Bereich der Mehrwertsteuer:
 
 

Split  Payment (Abs. 629 – Abs. 633)

 

 

 

 

Welche Körperschaften?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In Kraft ab 01.01.15, aber auch für alte Rechnungen

 

 

 

Rechnungsbeispiel

 

 

 

 

 

Ausnahmen

 

 

 

 

 

Auswirkungen auf Liquidität

 

 

 

 

 

 

 

 

Verwaltungsstrafen

 

1.1.Öffentliche Körperschaften zahlen MwSt direkt an Fiskus

Öffentlichen Körperschaften müssen für durchgeführte Lieferungen und Leistungen zwar weiterhin Rechnungen mit Mehrwertsteuer ausgestellt werden, bezahlt wird ab 1. Jänner 2015  aber nur mehr die Bemessungsgrundlage. Das ist die Folge des sog. „Split Payment“,  welches mit  Abs. 629 des Stabilitätsgesetzes in Art. 17-ter MwStG als neues Verfahren eingeführt worden ist.  Die in der Rechnung ausgewiesene Mehrwertsteuer muss von der öffentlichen Körperschaft über ein vinkuliertes Konto unmittelbar an den Fiskus abgeführt werden. Von der Neuerung betroffen sind Lieferungen und Leistungen an:

- den Staat,

- Organen des Staates, auch wenn sie eigene Rechtspersönlichkeit haben,

- Gebietskörperschaften (Regionen, Provinzen und Gemeinden) sowie deren Konsortien,

- Handelskammern,

- Universitäten,

- Sanitätseinheiten und Krankenhäusern,

- Vor- und Fürsorgekörperschaften sowie

- Forschungseinrichtungen

Trotz gegenteiliger Ankündigungen in den letzten Wochen tritt die Neuerung umgehend mit 1. Jänner 2015 in Kraft; ursprünglich sollte das Verfahren erst nach einer einschlägigen Genehmigung durch die EU eingeführt werden.

Im Wesentlichen handelt es sich um jene Auftraggeber, bei welchen im Sinne von Art. 6 Abs. 5 MwStG bislang die MwSt erst bei Erhalt der Zahlung fällig war („esigibilità differita“).

Entsprechend gilt für das Inkrafttreten laut Abs. 632, dass die Neuerung für alle Umsätze zur Anwendung kommt, deren MwSt ab dem 1. Jänner 2015 fällig wird.  Daraus folgt: Auch für bereits 2014 ausgestellte Rechnungen, die erst heuer bezahlt werden, wird nur mehr die MwSt-Bemessungsgrundlage überwiesen werden.

Im Moment der Zahlung wird beim Lieferer oder Dienstleister die in Rechnung gestellte MwSt fällig, ist aber nicht mehr einzuzahlen; die MwSt-Schuld ist mit der Forderung an die öffentliche Körperschaft gegenzubuchen und auszugleichen. Welche besonderen Hinweise in den MwSt-Abrechnung für das neue Verfahren anzuführen sind, wird sicher noch über einschlägige amtliche Anleitungen geklärt werden.

Was die zukünftige Fakturierung anbelangt, so empfehlen wir vorerst folgende Gestaltung der Rechnung, soweit nicht über Verwaltungsanweisungen andere Vorschriften erlassen werden (Beispiel):

Entgelt der Leistung                                                                   Euro                                                                                              10.000,00

MwSt 22%                                                                                 Euro      2.200,00

Summe                                                                                       Euro                                                                                              12.200,00

MwSt durch Auftraggeber einzuzahlen lt. Art. 17-ter MwStG    Euro    -2.200,00

Zu zahlender Betrag                                                                  Euro                                                                                               10.000,00

 

Das Verfahren findet übrigens keine Anwendung

- für Leistungen, die einem Steuerrückbehalt unterliegen, also insbesondere für solche von Freiberuflern und Vermittlern (Provisionen mit Steuereinbehalt). Sie erhalten weiterhin die Zahlung auch der MwSt.

- Ebenfalls ist das „Split Payment“ nicht auf Umsätze anwendbar, wo der Auftraggeber bereits aufgrund des Reverse-Charge-Verfahrens als Steuerschuldner ausgewiesen ist, so also in der Rechnung gar keine MwSt angeführt wird.

Um die zweifelsohne gravierenden Auswirkungen auf die Liquidität der Unternehmen zu mildern, werden die betroffenen Unternehmen vorrangig zum MwSt-Erstattungsverfahren zugelassen. Die entsprechenden Vorkehrungen sollen in einer eigenen Durchführungsbestimmung innerhalb 1. März 2015 erlassen werden.

Hinweis: Betroffen von der Neuerung sind in erster Linie Bauunternehmen, und hier wird die Maßnahme insbesondere in einer Übergangszeit die ohnehin angespannte Liquiditätssituation zusätzlich beeinträchtigen. Auch empfehlen wir, umgehend mit den Banken Vorkehrungen für vorfinanzierte Rechnungen zu treffen, da die in Rechnung gestellte MwSt offensichtlich nicht mehr bezahlt wird und der Effekt eines höheren MwSt-Guthabens bzw. einer geringeren MwSt-Schuld sicher erst verzögert zum Tragen kommen wird.

Das Gesetz sieht übrigens Verwaltungsstrafen in Höhe von 30% zu Lasten der öffentlichen Körperschaften vor, welche die MwSt nicht korrekt an den Fiskus abführen.

 

Reverse Charge auf Dienst-leistungen

(Abs. 629 bis Abs. 633)

1.2 Reverse-Charge-Verfahren wird erweitert:

a) Erweiterung des Reverse-Charge im Bauwesen

Die Verlagerung der MwSt-Schuldnerschaft auf den Auftraggeber  (sog. Reverse-Charge-Verfahren) im Bauwesen (Art. 17 Abs. 6 MwStG) wird mit Wirkung 1. Jänner 2015 wesentlich erweitert, und zwar auf

- Reinigungsleistungen,

- auf Abbruchleistungen,

- auf die Installation von Anlagen sowie

- auf die Fertigstellung von Gebäuden.

Im Gegensatz zum traditionellen „Reverse-Charge-Verfahren im Bauwesen sollen laut Begleitbericht zum vorliegenden Haushaltsgesetz die obgenannten Leistungen nicht den derzeitigen subjektiven Einschränkungen unterliegen; daraus müsste folgen: Für die aufgezeigten Dienstleistungen findet die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Auftraggeber auch dann Anwendung, wenn

- die Vertragsparteien keine Bauunternehmen (Tätigkeit in der Gruppe F – Liste Atecofin) sind,

- und ebenfalls ist nicht das Vorliegen eines Unterwerkvertrages verlangt.

Geht es nach dem Begleitbericht, so werden diese vier neuen Leistungsgruppen auch gegenüber  einem Bauträger und gegenüber jedem beliebigen gewerblichen Auftraggeber ab 1. Jänner ohne Ausweis der MwSt in Rechnung gestellt. Breiteste Anwendung dürfte die Neuregelung vor allem bei Reinigungsleistungen finden, die ab heuer gegenüber Unternehmen immer ohne MwSt im Sinne von Art. 17 Abs. 6 MwStG in Rechnung zu stellen sein sollten.

Empfehlung: Es ist zu hoffen, dass sobald als möglich amtliche Anleitungen über den genauen Anwendungsbereich des erweiterten Reverse Charge veröffentlicht werden, und in der Zwischenzeit kann nur empfohlen werden, in Zweifelsfällen mit der Fakturierung abzuwarten.

Zumal es sich durchwegs um Dienstleistungen handelt, werden die Neuerungen für ab 1. Jänner 2015 ausgestellte Rechnungen zum Tragen kommen.

 

Strom- und Gaslieferungen an Wiederverkäufer ab 01.01.15 ohne MwSt b) Reverse-Charge im Energiesektor

Völlig neu ist die Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens mit Wirkung 1. Jänner 2015 im Energiesektor. Konkret müssen ab diesem Jahr:

- Lieferungen von Strom und Gas an Wiederverkäufer unter Verlagerung der MwSt-Schuld auf den Erwerber im Sinne von Art. 17 Abs. 6 MwSt in Rechnung gestellt werden,

- und das gleiche Verfahren findet auch den Handel mit CO2-Emissionszertifikaten Anwendung, wodurch die Steuerschuld für diese Umsätze vom Verkäufer auf den Käufer verlagert wird.

Die Neuerung bewirkt z. B., dass die Energie aus Photovoltaikanlagen und aus Wasserkraftwerken ab 1. Jänner 2015 i. d. R. ohne MwSt in Rechnung zu stellen sein wird.

Zumal es sich durchwegs um Dauerlieferverträge handelt, bei welchen der Umsatz bei Zahlung bzw. bei früherer Rechnungserteilung als durchgeführt gilt, ist die Neuerung für ab heuer ausgestellte Rechnungen zu berücksichtigen, unabhängig vom Datum der Lieferung von Gas oder Energie.

Ergänzend wird mitgeteilt, dass der GSE auf seiner Homepage bereits mit Mitteilung vom 19. Dezember 2014 klargestellt hat, dass er die Eigenschaften eines Wiederverkäufers im Sinne von Art. 7-bis MwStG hat und dass entsprechende etwaige Stromlieferungen an den GSE ab 1. Jänner 2015 über das Reverse-Charge-Verfahren ohne MwSt in Rechnung gestellt werden müssen.

 

 

Reverse Charge bei Einkaufszentren

c) Reverse-Charge für Lieferungen an Großverteiler

Lieferungen an Großeinkaufszentren (Ipermercati), Supermärkte und Lebensmitteldiscounter sollen ebenfalls in Umkehrung der MwSt-Schuldnerschaft im Sinne des aufgezeigten Art. 17 Abs. 6 MwStG erfolgen. Für diese Maßnahme ist allerdings noch die Zustimmung der EU notwendig, weshalb sie erst verzögert in Kraft treten wird. Wir werden Sie umgehend informieren, sobald genauere Informationen über die Umsetzung dieser Maßnahme vorliegen.

 

d) Reverse-Charge bei Lieferung von Holzpalletten

 

Reverse Charge für Palletten

Das derzeitige Reverse-Charge-Verfahren für Alteisen (Art. 74 Abs. 7 MwStG) wird auch auf den Verkauf von Holzpalletten (i. d. R. für das Transportwesen) ausgedehnt. Diese Lieferungen sind mit Wirkung 1. Jänner 2015 ohne MwSt „Umkehrung der MwSt-Schuld im Sinne von Art. 74 Abs. 7 MwStG“ in Rechnung zu stellen; für die zeitliche Anwendung ist auf die Übergabe der Güter zu achten.

 

Hinweis: Die Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens für die oben aufgezeigten Geschäftsvorfälle bringt in einer Übergangszeit sicher Überhänge bei den MwSt-Guthaben der betroffenen Unternehmen, die zwar weiterhin ihre Lieferungen und Leistungen mit MwSt einkaufen müssen, auf die aktiven Umsätze aber keine MwSt mehr kassieren können. Entsprechend sollen die betroffenen Steuerpflichtigen bevorzugt zur MwSt-Erstattung zugelassen werden; die entsprechenden Bestimmungen sollen über eine Verordnung innerhalb 1. März 2015 erlassen werden.

 

 

MwSt-Satz E-Book (Abs. 667)

1.3 Änderung bei MwSt-Sätzen

Auch für elektronische Bücher wird der verminderte MwSt-Satz von 4% vorgesehen. Die Neuerung hat Bedeutung im Zusammenhang mit der Verlagerung des Ortes der Tätigkeit in das Land des Empfängers bei B2C-Geschäften im direkten e-commerce-Handel. Demnach kommt ab 1. Jänner 2015 beim Herunterladen eines Buches z. B. von der Homepage eines deutschen Internetanbieters durch eine Privatperson nicht mehr die deutsche, sondern die italienische MwSt zur Anwendung.

 

MwSt-Satz Holzpellets (Abs. 711-712) Die Lieferung von Holzpellets unterliegt seit 1. Jänner 2015 dem Regelsatz von 22% anstatt des bisher verminderten Satzes von 10%. Konkret wurden die Pellets aus der Liste der begünstigten Holzprodukte in Zi. 98 Tab. A-III MwStG gestrichen. Indirekt ist die Neuerung zumindest eine Bestätigung, dass die Anwendung des verminderten MwSt-Satzes von 10% für Lieferungen bis zum 31.12.2014 korrekt war, zumal es hierzu in der Vergangenheit recht unterschiedliche Auslegungen gegeben hat.

 

 

Neuerungen bei

MwSt-Jahreserklärung

(Abs. 641)

1.4 Neuerungen bei MwSt-Jahreserklärung ab 2016

Für das Jahr 2014 ist noch innerhalb 2. März 2015 die MwSt-Jahresmeldung abzugeben, und die MwSt-Jahreserklärung kann entweder getrennt innerhalb 2. März 2015 oder aber gemeinsam mit der Steuererklärung UNICO innerhalb 30. September 2015 eingereicht werden. Ab 2016 wird die oft kritisierte MwSt-Jahresmeldung gestrichen; im Gegenzug wird es aber nicht mehr möglich sein, die Mwst-Jahreserklärung mit der Steuererklärung abzugeben, sondern diese wird als eigene Meldung bereits innerhalb 29. Februar 2016 zu verschicken sein.

 

 

Mögliche Erhöhungen MwSt-Satz (Abs. 718 – 719)

 

1.5 Mögliche Erhöhungen der MwSt-Sätze in Zukunft

Das Haushaltsgesetz enthält zudem einige sog. „salvatorischen Klauseln“: Sollten bestimmte, von einer Genehmigung der EU-Kommission abhängige Neuerungen nicht zugelassen werden, so soll im Gegenzug der verminderte MwSt-Satz von 10% bis 2017 stufenweise auf 13% angehoben werden. Der Regelsatz von derzeit 22% soll hingegen bis 2018 eventuell auf bis zu 25,5% erhöht werden. Diese Erhöhungen werden hinfällig, soweit andere – gleichwertige – Maßnahmen gefunden werden.

2. Neuerungen bei Liegenschaften und im Bauwesen:

 

 

Steuerabsetz-betrag für energetische Sanierungen (Abs. 47)

2.1 Verlängerung der Steuerbegünstigungen von 50% und 65% für 2015

Wie bereits seit längerem angekündigt, ist der Steuerabsetzbetrag für energetische Sanierungen im Ausmaß von 65% bis zum 31. Dezember 2015 verlängert worden. Ohne diese Maßnahme wäre der Steuerabsetzbetrag für energetische Sanierungen für Aufwendungen ab dem 1. Jänner 2015 auf 50% reduziert worden. Ab 1. Jänner 2016 wird die Begünstigung voraussichtlich auslaufen und durch den allgemeinen Steuerabsetzbetrag für Wiedergewinnungsarbeiten (36%) ersetzt werden.

 

Steuerabsetzbetrag für Wiedergewinnungsarbeiten (Abs. 47) Auch der Steuerabsetzbetrag von 50% für Wiedergewinnungsarbeiten wird unverändert bis zum 31. Dezember 2015 verlängert. Ohne diese Verlängerung wäre diese Begünstigung mit 1. Jänner 2015 auf 40% reduziert wird, bei einer maximalen Bemessungsgrundlage von 96.000 Euro. Die Bemessungsgrundlage wird voraussichtlich ab 01.01.2016 wieder auf  48.000 Euro reduziert werden, bei gleichzeitiger Herabsetzung des Prozentsatzes auf 36%.

Der Steuerabsetzbetrag steht nach den bisherigen Bestimmungen auch für den Ankauf wiedergewonnener Wohnungen (50% auf 25% des Kaufpreises bis zum 31.12.15 mit Obergrenze 96.000 Euro, danach 36%  auf 25% des Kaufpreises mit Obergrenze 48.000 Euro) zu, wobei der Verkauf aber  nicht mehr innerhalb von 6 Monaten ab Abschluss der Wiedergewinnungsarbeiten erfolgen muss, sondern erst innerhalb von 18 Monaten.

 

 

Steuerabsetzbetrag für Möbel

Auch der Steuerabsetzbetrag für den Ankauf von Möbeln und Elektrogeräten in Höhe von 50% auf Ausgaben von maximal 10.000 Euro wird unverändert bis zum 31. Dezember 2015 verlängert. In diesem Zusammenhang wird jetzt ausdrücklich festgehalten, dass der Steuerabsetzbetrag unabhängig von der Höhe der Ausgaben für die Wiedergewinnung der  Baueinheit ist, für welche die Güter bestimmt sind.

 

2.2 Höhere Quellensteuer ab 01.01.15

Steuerrückbehalt 8% Der Steuerrückbehalt von bislang 4% auf Zahlungen für energetische Sanierungen und Wiedergewinnungsarbeiten wird für Zahlungen ab dem 1. Jänner 2015 auf 8% erhöht. Die Liquidität der betroffenen Bauunternehmen wird darunter sicher zusätzlich leiden.
 
 

 

Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-07-05.01.2015 Finanzgesetz 2015 Mehrwertsteuer und Bauwesen