Steuergutschrift in Höhe von bis zu 50% auf Forschungs- und Entwicklungsausgaben in den Jahren 2015 - 2019
Die guten Nachrichten gleich vorweg: Im Amtsblatt Nr. 174 wurden am 29. Juli 2015 endlich die seit langem überfälligen Durchführungsbestimmungen für den zu Jahresbeginn eingeführten Steuerbonus auf Investitionen in die Forschung und Entwicklung veröffentlicht, und der Zugang zu dieser Begünstigung hängt nicht davon ab, ob der Antrag mittels elektronischer Post in der richtigen Sekunde verschickt wird (Stichwort „click day“).
Aber der Reihe nach: Mit Art. 1 Abs. 35 des Finanzgesetzes für 2015 ist ein interessanter Steuerbonus für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten zugunsten der Unternehmen (Freiberufler sind ausgenommen!) eingeführt worden. Konkret wurde für einen Zeitraum von fünf Jahren, und zwar für die Jahre 2015 bis 2019, ein Steuerbonus in Höhe von 25% (für Aufwendungen für Maschinen und Geräte in Labors u. ä.) bzw. 50% (für Personalkosten für wissenschaftlich-technisches Personals sowie für Forschungsaufträge an Universitäten u. ä. Einrichtungen) der Ausgaben für Grundlagenforschung, industrielle Forschung oder experimentelle Entwicklung eingeführt. Die Gutschrift wird soweit zuerkannt (ähnlich wie bei der sog. Tremonti-Förderung), als die Ausgaben in den genannten Jahren den Durchschnitt der entsprechenden Kosten in der Vergleichsperiode 2012–2014 übersteigen. Zudem müssen die Ausgaben zumindest 30.000 Euro im Jahr betragen. Die konkrete Umsetzung der Maßnahme war an den Erlass eigener Durchführungsbestimmungen gebunden; diese wurden mit einer Verordnung vom 27. Mai 2015 erlassen, allerdings erst Ende Juli, wie eingangs erwähnt, mit mehr als halbjähriger Verspätung im Amtsblatt veröffentlicht. Wir legen die Verordnung diesem Rundschreiben unter Anlage A) bei. Nachstehend die Details einer Maßnahme, die näher anzuschauen, sicher zu empfehlen ist:
Wer ist zugelassen? |
1. Subjektiver Anwendungsbereich:
Der Steuerbonus gilt grundsätzlich für alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Rechtsform, also sowohl Einzelunternehmen, Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften, Konsortien und Genossenschaften, soweit sie in den Jahren 2015 bis 2019 Forschung und Entwicklung betreiben. Ausdrücklich ausgeschlossen sind, wie eingangs aufgezeigt, die Freiberufler. |
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2. Sachlicher Anwendungsbereich: | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Welche Tätigkeiten sind begünstigt? |
Begünstigt sind Maßnahmen im Bereich der Forschung und Entwicklung. Die beiliegende Durchführungsverordnung sieht in Art. 2 einen analytischen Katalog von Maßnahmen vor, die unter den Begriff der Forschung und Entwicklung fallen. Obwohl in der Verordnung ein ausdrücklicher Verweis fehlt, ist es offensichtlich, dass bei der Begriffsbestimmung der Gemeinschaftsrahmen der Europäischen Union für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation übernommen worden ist (Amtsblatt Nr. 323/10 vom 30. Dezember 2006), und entsprechend wird in diesem Rundschreiben (auch um Übersetzungsfehler zu vermeiden) der deutsche Text aus dem genannten Amtsblatt wortgetreu wiedergeben. In diesem Sinne gelten für die vorliegende Steuergutschrift folgende Tätigkeiten als Maßnahmen zur „Forschung und Entwicklung“ und geben damit Anrecht auf die Steuergutschrift:
a) „Grundlagenforschung“: Experimentelle oder theoretische Arbeiten, die in erster Linie dem Erwerb neuen Grundlagenwissens ohne erkennbare direkte praktische Anwendungsmöglichkeiten dienen. b) „Industrielle Forschung“: Planmäßiges Forschen oder kritisches Erforschen zur Gewinnung neuer Kenntnisse und Fertigkeiten mit dem Ziel, neue Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen zu entwickeln oder zur Verwirklichung erheblicher Verbesserungen bei bestehenden Produkten, Verfahren oder Dienstleistungen nutzen zu können. Hierzu zählt auch die Schöpfung von Teilen komplexer Systeme, die für die industrielle Forschung und insbesondere die Validierung von technologischen Grundlagen notwendig sind, mit Ausnahme von Prototypen, die unter die „experimentelle Entwicklung“, wie nachstehend definiert, fallen. c) „Experimentelle Entwicklung“: Der Erwerb, die Kombination, die Formung und die Verwendung vorhandener wissenschaftlicher, technischer, wirtschaftlicher und sonstiger einschlägiger Kenntnisse und Fertigkeiten zur Erarbeitung von Plänen und Vorkehrungen oder Konzepten für neue, veränderte oder verbesserte Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen. Dazu zählen zum Beispiel auch andere Tätigkeiten zur Definition, Planung und Dokumentation neuer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen sowie auch die Erstellung von Entwürfen, Zeichnungen, Plänen und anderem Dokumentationsmaterial, soweit dieses nicht für gewerbliche Zwecke bestimmt ist. Entwicklung von kommerziell nutzbaren Prototypen und Pilotprojekten, wenn es sich bei dem Prototyp notwendigerweise um das kommerzielle Endprodukt handelt und seine Herstellung allein für Demonstrations- und Auswertungszwecke zu teuer wäre. d) Experimentelle Produktion und Erprobung von Produkten, Verfahren und Dienstleistungen, soweit sie nicht in industriellen Anwendungen oder kommerziell genutzt oder für solche Zwecke umgewandelt werden können. Achtung: Im Sinne der hier aufgezeigten Definition von Forschung und Entwicklung ist festzuhalten, dass routinemäßige oder regelmäßige Änderungen an Produkten, Produktionslinien, Produktionsverfahren, bestehenden Dienstleistungen oder anderen laufenden betrieblichen Prozessen, selbst wenn diese Änderungen Verbesserungen darstellen sollten, nicht begünstigt ist.
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Welche Ausgaben werden anerkannt?
Hochqualifiziertes Personal
Afa der Forschungseinrichtung
Honorare Dritter
Patente
Schwelle Euro 30.000
Zertifizierung der Ausgaben
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3. Die zugelassenen Kosten
Für die Berechnung der Steuergutschrift selbst werden im Zusammenhang mit den obgenannten Maßnahmen die nachstehend aufgeführten Ausgaben zugelassen, wobei die wirtschaftliche Zuordnung an das jeweilige Geschäftsjahr nach den einschlägigen Bestimmungen im Sinne von Art. 109 EESt zu erfolgen hat: a) Personalkosten für hochqualifiziertes Personal, das für die Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten eingesetzt wird. Es muss sich dabei um Personen im Besitz eines Forschungsdoktorats handeln, oder um Personen, die an einer Universität im Inland oder Ausland ein Forschungsdoktorat absolvieren, oder um Personen mit einem akademischen Masterabschluss (laurea magistrale), und zwar in einem wissenschaftlichen oder technischen Fach (nach UNESCO-Standard). Es kann sich um unselbständige Arbeitnehmer oder auch um freie Mitarbeiter und Freiberufler handeln, die aber in den Strukturen des Unternehmens tätig sein müssen. Nicht anerkannt werden umgekehrt die Personalkosten von Mitarbeitern mit Verwaltungs-, Buchhaltungs- oder Handelsfunktionen im Unternehmen. Die Kosten der vorgenannten Lohnabhängigen und Mitarbeiter werden nur soweit zugelassen, als die jeweiligen Personen tatsächlich in der Forschung und Entwicklung tätig sind, und in diesem Verhältnis werden die vom Unternehmen tatsächlich getragenen Kosten (Bruttolohn, Pflichtbeiträge usw.) für die Berechnung der Steuergutschrift berücksichtigt. b) Abschreibungen der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Laborgeräten, -einrichtung und -ausstattung, deren Anschaffungskosten (Stückkosten) zumindest 2.000 Euro betragen. Die Abschreibungen dürfen nicht den Höchstsatz der steuerlichen Afa-Sätze laut Verordnung vom 31.12.1988 übersteigen. Die Abschreibungen werden zudem nur in dem Verhältnis berücksichtigt, als die genannten Güter auch tatsächlich für die Forschung und Entwicklung zum Einsatz kommen. Soweit Güter über Leasing erworben werden, muss die Leasingdauer laut Art. 102 EESt berücksichtigt werden, und für die Steuergutschrift wird nur aufgrund der anteiligen Kapitalraten des Leasings ermittelt. Bei Mietverträgen für Forschungs- und Laborausstattungen ist auf die vom Vermieter getragenen Kosten abzustellen, und von diesem muss eine entsprechende Bescheinigung verlangt werden. c) Auftragsforschung: Hier werden die Kosten auf der Grundlage von Verträgen mit Universitäten, Forschungseinrichtungen sowie diesen gleichgestellten Einrichtungen, darunter auch innovative Start-up-Unternehmen anerkannt. Es darf sich zudem nicht um beherrschte oder beherrschende Unternehmen handeln. Die jeweiligen Vertragspartner können im Inland oder im Ausland ihren Sitz haben; Kosten ausländischer Unternehmen sind aber nur anerkannt, soweit sie den Sitz in der EU, im EWR oder in einem Staat haben, mit welchem ein vollständiger Informationsaustausch mit Italien besteht. d) Ankauf oder Nutzung von gewerblichen Schutzrechten und Patenten. e) Für die Unternehmen, die keiner Abschlussprüfung unterliegen oder die keinen Überwachungsrat besitzen, müssen diese Kosten über einen externen Experten bestätigt werden, wie nachstehend noch aufgezeigt, und hierfür dürfen maximal 5.000 Euro als förderungswürdige Ausgaben berücksichtigt werden Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung müssen im jeweiligen Jahr, in welchem der Bonus beansprucht wird (2015–2019), zumindest einen Betrag von 30.000 Euro erreichen. Die Ausgaben müssen ordnungsgemäß belegt sein. Insbesondere für die Personalkosten werden Aufzeichnungen verlangt, aus welchen die tägliche und namentliche Mitarbeit der jeweiligen Personen hervorgeht. Bei Auftragsforschungen hingegen werden eigene Berichte der beauftragten Einrichtungen verlangt. Übrigens, für die Inanspruchnahme der Steuergutschrift ist es unerheblich, ob die aufgezeigten Kosten im Anlagevermögen aktiviert oder als laufende Ausgaben des Geschäftsjahres verbucht werden. Zwecks Inanspruchnahme der Steuergutschrift müssen die Ausgaben vom Abschlussprüfer, der Revisionsgesellschaft oder vom Überwachungsrat geprüft werden, wenn letzterer in der Gesellschaft die Abschlussprüfung vornimmt. Soweit Unternehmen hingegen nicht der Abschlussprüfung unterliegen, müssen die Ausgaben durch einen Wirtschaftsprüfer bestätigt werden. Der Bestätigungsvermerk muss dem Jahresabschluss beigelegt werden.
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Wie wird die Gutschrift ermittelt?
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4. Berechnung der Steuergutschrift
Wie eingangs erwähnt, wird die Steuergutschrift vom Steuerpflichtigen selbst berechnet und ist nicht an die Zuerkennung über irgendwelche elektronische Mechanismen gebunden. Sie beträgt: - 25% für die Abschreibung von Laborgeräten und -ausstattung sowie für gewerbliche Schutzrechte und Patente und - 50% für die Ausgaben für hochqualifizierte Personal und die Forschungsaufträge. In Anlehnung an die früheren Tremonti-Förderungen werden die im Sinne von Punkt 3) dieses Rundschreibens ermittelten Kosten nur soweit anerkannt, als im jeweiligen Jahr (z. B. 2015) eine Steigerung gegenüber dem Durchschnitt in den Vergleichsjahren 2012–2014 erfolgt. Übrigens: Der Vergleichszeitraum hat keinen rollenden Charakter und bleibt für die Jahre 2015 bis 2019 unverändert. Im Klartext: Auch 2019 wird als Vergleichswert noch die Durchschnittsinvestition der Jahre 2012-2014 heranzuziehen sein. Für Unternehmen, die erst 2013 oder 2014 gegründet wurden, hat man nur die betreffenden Jahre zu berücksichtigen. Bei neugegründeten Unternehmen sind die gesamten entsprechenden Ausgaben begünstigt. Auf die übersteigenden Kosten darf dann der Steuerbonus in Höhe von 25% bzw. 50% berechnet werden. Der Höchstbetrag der Steuergutschrift beträgt für das einzelne Unternehmen übrigens 5 Mio. Euro. Die Berechnung soll mit dem nachstehenden Beispiel erläutert werden: |
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Beispiel |
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Klargestellt werden muss, es nicht notwendig ist, Ausgaben aller Kategorien zu tätigen. Es ist also durchaus auch möglich, Forschung auch ohne hochqualifiziertes Personal zu betreiben, nur werden dann die Personalkosten nicht berücksichtigt. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Verrechnung mit Vordruck F24 |
5. Die Verwendung der Steuergutschrift Der Steuerbonus kann ausschließlich über die horizontale Verrechnung im Zahlungsvordruck F24 beansprucht werden, und zwar ab der Folgeperiode, in welcher die Ausgaben getätigt wurden. Für die 2015 getragenen Kosten für F+E im aufgezeigten Sinne darf die Verrechnung somit ab der Steuerperiode 2016 erfolgen. Für die Verrechnung gelten zudem nicht die jährlichen Schwellen von 700.000 Euro bzw. von 250.000 Euro.
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Bonus ist steuerfrei |
6. Steuerrechtliche Behandlung
Der Steuerbonus ist in der Steuererklärung für die Steuerperiode anzugeben, in welcher die Ausgaben getätigt wurden (Unico 2016 für die Ausgaben 2015). Die Steuergutschrift selbst ist nicht steuerpflichtig, und zwar weder für die IRES und IRPEF, noch für die Wertschöpfungssteuer IRAP (unabhängig von der Ausweisung in der Buchhaltung und im Abschluss). Durch die Steuerbefreiung wird auch die Absetzbarkeit von Passivzinsen und Gemeinkosten nicht beeinträchtigt.
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7. Sonstiges | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kumulierbarkeit
Buchhalterische Erfassung |
Die Steuergutschrift ist kumulierbar mit der Steuergutschrift, welche für die Einstellung hoch qualifizierter Mitarbeiter im Sinne von Art. 24 G.V. 83/2012 gewährt wird.
Die gewährte Steuergutschrift wird grundsätzlich als Ertrag unter den sonstigen betrieblichen Erträgen unter A.5 der GuV ausgewiesen; soweit allerdings die entsprechenden Kosten im Anlagevermögen aktiviert worden sind, ist im Sinne von OIC 24 eine passive Rechnungsabgrenzung verlangt, und die Beihilfen werden parallel zu den Abschreibungen in den Folgejahren erfolgswirksam in der GuV erfasst, außer die aktivierten Kosten werden umgehend um die Steuergutschrift reduziert. |
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Josef Vieider
Herunterladen R-33-30.07.2015 Steuerbonus Forschung und Entwicklung
Herunterladen Verordnung vom 27. Mai 2015