Steuerabsetzbetrag für Wiedergewinnungsarbeiten auf Gemeinschaftsanteilen in Mini-Kondominien im Jahr 2014 – bis 30. September 2015 Steuernummer beantragen
Baueingriffe im Jahr 2014 auf Gemeinschaftsanteilen sogenannter „Mini-Kondominien“ geben Anrecht auf den Steuerabsetzbetrag von 50% auch dann, wenn diese noch anteilig vom einzelnen Miteigentümer direkt bezahlt worden sind, vorausgeschickt, es wird in den nächsten Wochen noch um eine Steuernummer für das „Mini-Kondominium“ angesucht und zudem eine eigene Mitteilung an die Agentur der Einnahmen erstellt. Dies die Kernaussage des Erlasses der Agentur der Einnahmen Nr. 74 vom letzten Donnerstag, den 27. August 2015.
Die Klarstellung kommt noch gerade rechtzeitig und dürfte die Mehrheit der Steuerpflichtigen betreffen, die im Vorjahr Wiedergewinnungsarbeiten auf Gemeinschaftsanteilen (Dach, Fassade, Stiegenhaus usw.) von sog. „Mini-Kondominien“ durchgeführt haben. Als „Mini-Kondominien“ gelten Wohngebäude im Miteigentum von bis zu 8 (früher 4) Miteigentümern. Für solche Gebäude ist es bekanntlich nicht notwendig, einen Kondominiumsverwalter zu bestellen und eine formelle Kondominiumsarbrechnung zu erstellen, mit der Folge, dass in diesen Fällen i. d. R. auch keine eigene Steuernummer für ein Kondominium vorliegt.
Trotzdem hatte die Agentur der Einnahmen mit Rundschreiben Nr. 11/E vom 21. Mai 2014 aus heiterem Himmel verlangt, dass zwecks Inanspruchnahme des Steuerabsetzbetrages von 50% für Arbeiten auf Gemeinschaftsanteilen auch bei diesen Gebäuden immer
- eine Steuernummer für das (Mini-)Kondominium beantragt werden muss mit der Folge,
- dass die Rechnung auf das „Mini-Kondominium“ ausgestellt werden muss,
- dass die Zahlung der Rechnung über die Steuernummer des Kondominiums zu erfolgen hat
- und dass die Aufteilung der Kosten nach Tausendsteln oder anderen im ZGB vorgesehenen Kriterien zu erfolgen hat.
Dabei ist auf der Zahlung sowohl die Steuernummer des Kondominiums als auch jene des Miteigentümers anzugeben.
Die Finanzverwaltung begründet ihren plötzlichen Gesinnungswandel damit, dass ein Kondominium automatisch immer dann entsteht, wenn mehrere Subjekte auf einem gemeinsamen Grund bauen oder wenn der alleinige Eigentümer eines Gebäudes Stockwerke oder Teile von Stockwerken in das ausschließliche Eigentum an Dritte abtritt, wobei die sachliche Voraussetzung einer materiellen Teilung erfüllt wird, und verweist auf einen eigenen Erlass (Nr. 45/E) aus dem Jahr 2008 und die darin aufgezeigte Rechtsprechung. Nachdem es den Steuerabsetzbetrag für Wiedergewinnungsarbeiten bereits seit 1998 gibt und sich an den genannten Rechtsgrundsätzen in der Zwischenzeit nichts geändert hat (die Agentur verweist auf ein Urteil der Kassation aus dem fernen Jahr 2004), muss die Frage erlaubt sein, warum eine so weitreichende Erkenntnis so spät kommt?
Die Auswirkungen in der Praxis: Wenn zwei Brüder auf ihrem Zweifamilienhaus das Dach reparieren oder die Fassade neu streichen lassen, ist es notwendig, das Gebäude beim Steueramt als „Mini-Kondominium“ mit eigener Steuernummer anzumelden und die Rechnung auf das Kondominium auszustellen, und die Zahlungen an die Handwerker haben über diese Steuernummer zu erfolgen. Die wenigsten Steuerpflichtigen werden im Jahr 2014 diese Auslegung der Steuerverwaltung berücksichtigt haben.
Mit Erlass vom 27. August 2015 Nr. 74 bietet die Agentur der Einnahmen nun zumindest für die Ausgaben im Jahr 2014 noch eine Sanierungsmöglichkeit an:
- Der Steuerabsetzbetrag für Ausgaben im Jahr 2014 wird zuerkannt, auch wenn die Zahlung unmittelbar von den Miteigentümern an den Handwerker unter Angabe nur ihrer eigenen Steuernummer geleistet worden ist.
- Es wird allerdings verlangt, dass noch innerhalb 30. September 2015 eine Steuernummer auch für das Mini-Kondominium (mit Zahlung einer Verwaltungsstrafe von 103,29 Euro) eröffnet wird und
- dass innerhalb der gleichen Frist der Agentur der Einnahmen eine Mitteilung auf freiem Papier gemacht wird, woraus die Katasterdaten des Gebäudes, die geleisteten Zahlungen für die Wiedergewinnung auf Gemeinschaftsanteilen, die betroffenen Rechnungen, die Miteigentümer mit ihren jeweiligen Steuernummern und schließlich ein Antrag auf Anerkennung des „Mini-Kondominiums“ als Bauherr (für Steuerzwecke) hervorgehen müssen.
In der innerhalb 30. September 2015 zu verschickenden Steuererklärung für 2014 (Unico PF 2015) muss im Feld über die Sonderausgaben schließlich die Steuernummer des Kondominiums angeführt werden; Steuerpflichtige, welche die Steuererklärung auf Vordruck 730/2015 bereits abgegeben haben, können bis zum 26. Oktober 2015 zu diesem Zweck noch eine Ergänzungsmeldung machen.
Falls Sie im Jahr 2014 solche Ausgaben auf Gemeinschaftsanteilen von „Mini-Kondominien“ hatten, können wir Ihnen nur empfehlen, diesen Sanierungsvorschlag der Agentur der Einnahmen anzunehmen, und für laufende oder zukünftige Arbeiten wird es notwendig sein, auch für diese „Mini-Kondominien“ im Voraus eine Steuernummer zu beantragen und die aufgezeigten Zahlungsvorschriften peinlichst einzuhalten.
Zu ergänzen bleibt, dass die Forderung nach einer Steuernummer für Mini-Kondominien ausdrücklich nur im Zusammenhang mit Wiedergewinnungsarbeiten (Steuerabzug 50% im Sinne von Art. 16-bis EESt), nicht aber im Zusammenhang mit der energetischen Sanierung (Steuerabzug 65%) gestellt wird. Zumal die rechtlichen Begründungen (Entstehen eines Kondominiums „ope iuris“) aber die gleichen sind, muss u. E. davon ausgegangen werden, dass der hier aufgezeigte Grundsatz auch für energetische Sanierungen gilt und dass auch hierfür die gleiche Nachmeldung für „Mini-Kondominien“ zu machen ist.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Josef Vieider
Herunterladen R-41-31.08.2015 Wiedergewinnungsarbeiten auf Mini-Kondominien