Konjunkturpaket „Decreto del fare“ in Kraft
Im Staatlichen Amtsblatt vom 21. Juni 2013 ist das von der Regierung Letta über Wochen unter dem viel versprechenden Arbeitstitel „Decreto del fare“ angekündigte Konjunkturpaket veröffentlicht worden (DL Nr. 69 vom 21. Juni 2013). Es ist am Folgetag in Kraft getreten und muss jetzt innerhalb von 60 Tagen vom Parlament in Gesetz umgewandelt werden. Von den großen Versprechungen in Sachen Wirtschaftsförderung ist wohl angesichts leerer Staatskassen wenig geblieben, aber auch die angekündigten Vereinfachungen und der versprochene Bürokratieabbau sind i. W. auf der Strecke geblieben. Bleibt nur zu hoffen, dass im Zuge der Ratifizierung noch Änderungen vorgenommen werden. Nachstehend trotzdem ein Überblick über die wichtigsten Änderungen aus steuerrechtlicher Sicht:
Jahressteuer für Boote und Yachten (Art. 23) | Die einzigen wirklichen Steuererleichterungen betreffen Boote und Yachten: Die von der Regierung Monti 2011 (D.L. Nr. 201/2011) eingeführte Sondersteuer auf Boote und Yachten wird nämlich wieder gestrichen bzw. herabgesetzt, und zwar wird sie für Boote mit einer Länge bis zu 14 m völlig abgeschafft, während für größere Boote i. W. eine Halbierung der bisherigen Sondersteuer gewährt wird. |
Ersatzbesteuerung kurzfristige Mietverträge von Booten | Zudem wird eine Regelung eingeführt, wonach die gelegentliche Vermietung von Booten und Yachten für eine Dauer von bis zu 40 Tagen, unabhängig von der Höhe des Mietzinses, einer Ersatzbesteuerung von 20% unterworfen werden kann. Die bislang gültige Schwelle von 30.000 Euro für den Zugang zu dieser Ersatzbesteuerung wurde gestrichen.
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Robin-Tax ausgedehnt (Art. 5) |
Der Anwendungsbereich der sog. Robin-Tax, sprich der Erhöhung des IRES-Satzes von 27,5% auf 38%, wurde erweitert. Der Aufschlag von 10,5% betrifft nun alle Unternehmen, die im Energiesektor, also in der Produktion und im Vertrieb von Energie, tätig sind, soweit die Umsatzerlöse die Schwelle von 3 Mio. Euro und die Steuergrundlage den Grenzwert von 300.000 Euro übersteigen; bislang betrugen die Schwellen 10 Mio. Euro bei den Umsatzerlösen und 1 Mio. Euro bei der Bemessungsgrundlage der IRES. Die Änderung wird empfindliche Auswirkungen vor allem auf viele Gesellschaften haben, die Photovoltaikanlagen oder kleinere Wasserkraftwerke betreiben. Die plötzliche Erhöhung der Steuerbelastung um mehr als 10 Prozentpunkte wird penibel erstellte Wirtschafts- und Finanzierungspläne wohl in Frage stellen. |
Abschaffung der solidarischen Haftung im Bauwesen – nur für Zwecke der MwSt (Art. 50) |
Sie hätte eigentlich den großen Wurf der Verordnung darstellen sollen: die Abschaffung der solidarischen Haftung für die Mehrwertsteuer und die Lohnsteuer bei Unterwerkverträgen. Bekanntlich haften im Rahmen von Unterwerkverträgen die Auftraggeber für die korrekte Einzahlung der Lohnsteuer und der Mehrwertsteuer der Unterwerknehmer; im Verhältnis erster Auftraggeber und Auftragnehmer hingegen sind (nur) Verwaltungsstrafen vorgesehen (siehe weitere Details zur Haftung in unserem Rundschreiben Nr. 41/2012). Schützen kann man sich gegen diese Haftung nur mit einer Flut von eidesstattlichen Erklärungen oder Freistellungserklärungen.
Da laut einschlägigen Erhebungen der Nutzen für den Fiskus aus den genannten Erklärungen äußerst mager ausfällt, hätte diese solidarische Haftung eigentlich wieder abgeschafft werden sollen, und die Fachpresse hat in den letzten Wochen auch schon in höchsten Tönen diese Reform gelobt. Am Ende ist die Abschaffung allerdings nur für Zwecke der Mehrwertsteuer erfolgt, wo eine solidarische Haftung ohnehin arg umstritten, weil angeblich EU-widrig, war. Geblieben sind die Verpflichtungen aber weiterhin für die Lohnsteuern, so dass sich am bürokratischen Aufwand eigentlich kaum etwas ändert. Zur Hoffnung Anlass gibt, dass im Zuge der Ratifizierung bereits ein Abänderungsvorschlag im Parlament aufliegt, wonach die solidarische Haftung tatsächlich völlig wegfallen soll. Auch bei den Sozialabgaben und den Löhnen sind keine Änderungen zu verzeichnen; die Haftung beschränkt sich hier aber nur auf zwei Jahre.
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Durc: Gültigkeit verlängert (Art. 31) | Da ist eine andere Änderung schon positiver zu beurteilen: Die Gültigkeit der Bestätigung über die Ordnungsmäßigkeit der Beitragszahlungen (DURC) wird von bislang drei Monaten auf 180 Tage verlängert. Werden Unregelmäßigkeiten festgestellt, können die Unternehmen zudem vom Amt vorab „eingeladen“ werden, ihre Position innerhalb einer Frist von höchstens 15 Tagen in Ordnung zu bringen
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Neuauflage „Sabatini-Gesetz“ (Art. 2)
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Für die Wirtschaft interessant könnte hingegen die nachstehende Bestimmung werden: klein- und mittelgroße (KMU) Unternehmen nach den einschlägigen EU-Definitionen erhalten begünstigte Darlehen für den Ankauf von maschinellen Anlagen; zu diesem Zweck sollen durch die staatliche Depositenbank den Kreditinstituten begünstigte Finanzierungen gewährt werden. Der Staat gewährt dann auf die Darlehen bis zur Höhe von 2 Mio. Euro eine Beihilfe zur Tilgung der Zinsen, ähnlich wie es bei sog. „Sabatini-Gesetz“ der Fall war. Zur konkreten Umsetzung der Maßnahme müssen allerdings noch eigene Durchführungsbestimmungen erlassen werden, und so wird die Maßnahme voraussichtlich erst ab 2014 greifen. Konkret sollen dann in den Jahren 2014 bis 2016 auf solche Darlehen mit einer Dauer bis zu 5 Jahren Zinsbeihilfen gewährt werden.
In der Zwischenzeit ist aber zu befürchten, dass die angekündigte Neuerung nicht zu einer Belebung der Wirtschaft führen wird. Nachdem wahrscheinlich viele das Inkrafttreten der Unterstützung abwarten werden, könnte vorübergehend die Rezession sogar noch verstärkt werden.
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Günstigere Ratenzahlungen bei Steuerzahlkarten (Art. 52) |
Der Fiskus trägt offensichtlich den zunehmenden Zahlungsschwierigkeiten seiner Schuldner Rechnung und erleichtert die Ratenzahlungen: Die bisherige Stundung von Steuerzahlkarten auf 72 monatliche Raten kann auf 120 Monatsraten (Tilgung in 10 Jahren) verlängert werden. Notwendig hierfür, ist dass der Steuerpflichtige sich – ohne eigenes Verschulden – in einer nachgewiesen schwerwiegenden wirtschaftlichen Situation befindet und dass dieser Umstand auf die derzeitige Wirtschaftskrise zurückzuführen ist.
Zwecks Gewährung des längeren Zahlungsziels wird man zudem die Quadratur des Kreises schaffen müssen: Es muss einmal der Nachweis erbracht werden, dass eine Zahlung nach einem ordentlichen Ratenzahlungsplan (z. B. 72 Monatsraten) nicht machbar ist und dass weiters aber für die Zahlungsverpflichtungen über 120 Monatsraten die Zahlungsfähigkeit des Steuerpflichtigen gegeben sein wird.
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Pfändung Hauptwohnung |
Und noch eine gute Nachricht: Die Hauptwohnung darf in Zukunft bei der Eintreibung überfälliger Steuerschulden nicht mehr gepfändet und enteignet werden. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich nicht um eine Luxuswohnung der Katasterkategorien A/1, A/8 und A/9 handelt. Zudem muss der Steuerpflichtige in der Wohnung seinen meldeamtlichen Wohnsitz haben.
Die Pfändung und Enteignung von Liegenschaften ist außerdem erst ab geschuldeten Beträgen von mehr als 120.000 Euro zulässig; der bisher geltende Schwellenwert von 20.000 Euro wurde also um 100.000 Euro angehoben. Bereits ab einer Steuerschuld von 20.000 Euro kann der Fiskus aber weiterhin hypothekarische Belastungen eintragen.
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Reiseagenturen (Art. 55) |
Durch eine gesetzliche Interpretation wird für Reiseagenturen und Veranstalter aus Drittländern (z.B. Schweiz) festgelegt, dass die Erstattung der Vorsteuer auf den Erwerb von Gegenständen und Leistungen zum unmittelbaren Vorteil („a diretto vantaggio“) des Kunden nicht zulässig ist. Dieser Grundsatz war eigentlich bereits 2004 über einen Entscheid der Agentur der Einnahmen (Nr. 141/E) festgeschrieben worden, ist nun aber auch gesetzlich geregelt. Für Agenturen mit Sitz innerhalb der EU gilt übrigens der gleiche Grundsatz.
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Tobin Tax (Art. 56) |
Die Steuer auf Finanzmarktoperationen, die sog. Tobin Tax, welche ursprünglich Geschäftsvorfälle ab dem 1. Juli 2013 hätte betreffen sollen, wird aufgeschoben. Sie wird erst für Finanzmarktoperationen ab dem 1. September 2013 zur Anwendung kommen, und die erste Fälligkeit soll am 16. Oktober d. J. sein. |
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Josef Vieider
Herunterladen R-28-10.07.2013 Decreto del fare