Liberalisierungsverordnung – Änderungen bei Mehrwertsteuer auf Verkauf und Vermietung von Wohnungen

Liberalisierungsverordnung – Änderungen bei Mehrwertsteuer auf  Verkauf und Vermietung von Wohnungen

Am vergangenen Freitag hat die Regierung Monti das sog. “Liberalisierungsdekret“ verabschiedet; es wird voraussichtlich heute Abend  im Amtsblatt der Republik veröffentlicht und tritt umgehend in Kraft. Das Dekret enthält neben den in der Presse diskutierten Neuerungen für Taxifahrer und Freiberufler auch zahlreiche Änderungen steuerlicher und handelsrechtlicher Natur. Wir werden nach Inkrafttreten des Dekrets mit getrennten Rundschreiben auf die Neuerungen eingehen. Bereits an dieser Stelle soll aber auf eine wichtige Änderung im Mehrwertsteuergesetz, betreffend den Verkauf die Vermietungen von Wohnungen, hingewiesen werden.

Zunächst die Rechtslage vor Inkrafttreten der Liberalisierungsverordnung: Der Verkauf von Wohnungen ist seit 2006 grundsätzlich MwSt-frei (Art. 10 Abs. 8-bis MwStG), außer der Verkauf erfolgt durch den Bauträger innerhalb von fünf Jahren nach der Fertigstellung, und die Vermietung von Wohnungen ist auf jeden Fall MwSt-frei. Ausnahmen bestehen lediglich für die Verkäufe und Vermietungen von sog. konventionierten Wohnungen. Die Folgen dieser unechten MwSt-Befreiung sind insbesondere in dieser Krisenzeit, wo es nicht immer möglich ist, Wohnungen innerhalb der obgenannten Fünfjahresfrist zu veräußern, gravierend. Der MwSt-freie Verkauf hat beim Verkäufer nämlich Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug:

  1. a) Wird eine Wohnung MwSt-frei veräußert, wirkt sich dies grundsätzlich auf den Vorsteuerabzug für alle Erwerbe des Jahres aus (Pro-rata-Satz; Verhältnisrechnung steuerpflichtige Umsätze [ohne steuerfreie Umsätze] / Gesamtumsätze) (Art. 19 MwStG).
  2. b) Wird die Wohnung innerhalb des Überwachungszeitraums von zehn Jahren MwSt-frei veräußert, ist die bei der Errichtung abgezogene Vorsteuer zu berichtigen (nachträgliche Berichtigung des Vorsteuerabzugs). Man hat dabei die Höhe des Vorsteuerabzuges des betreffenden Jahres und die ursprünglich abgezogene Vorsteuer zu vergleichen und die Differenz in Zehntel aufzuteilen. Die Zehntel für die Jahre bis zur Vollendung des Zehnjahreszeitraums sind in der betreffenden MwSt-Jahreserklärung bzw. beim entsprechenden Saldo nachzuzahlen (16. März) (Art. 19-bis2 Abs. 6 MwStG).
  3. c) Wenn sich durch den Verkauf der Pro-rata-Satz um mehr als 10 Punkte gegenüber dem Vorjahr ändert, hat man die Berichtigung des Vorsteuerabzugs auf alle vorhandenen Anlagegüter vorzunehmen, für welche der Überwachungszeitraum von zehn Jahren noch offen ist. Auch hier hat man den Pro-rata-Satz des Jahres mit dem ursprünglichen Vorsteuerabzug zu vergleichen und in Zehntel aufzuteilen. Es ist aber nur das Zehntel des betreffenden Jahres zu entrichten.

 

Die Reform durch das Liberalisierungsdekret:

Um die aufgezeigten  negativen Auswirkungen auf die Bauwirtschaft zu mildern, wird mit Art. 57 der Liberalisierungsverordnung wiederum eine weitgehende Rückkehr zur Mehrwertsteuer beim Verkauf und bei der Vermietung von Wohnungen ermöglicht, ähnlich wie sie bis 2006 galt:

 

 

Neuerungen beim Verkauf von Wohnungen

Durch eine Ergänzung von Art. 10 Zi. 8-bis MwStG werden neben der bisherigen Ausnahme, wonach der Verkauf von Wohnungen durch den Bauträger innerhalb von fünf Jahren nach der Fertigstellung der Bau- oder Wiedergewinnungsarbeiten der MwSt unterliegt, wiederum folgende Verkäufe von Wohnungen der MwSt unterliegen:

- Der Verkauf von Wohnungen, unabhängig ob durch Bauunternehmer oder andere MwSt-pflichtige Unternehmer, unterliegt immer dann der Mehrwertsteuer, wenn der Verkäufer im Kaufvertrag ausdrücklich für die Anwendung der Mehrwertsteuer optiert.

- Auf jeden Fall, also unabhängig von jeder Option, unterliegt der Verkauf von Wohnungen weiters dann der Mehrwertsteuer, wenn diese für zumindest vier Jahre im Rahmen von Programmen des konventionierten Wohnbaus vermietet sind. Hier werden keine subjektiven Anforderungen an den Verkäufer gestellt.

- Ebenfalls auf jeden Fall der Mehrwertsteuer unterliegt der Verkauf von Wohnungen im Rahmen des sozialen Wohnbaus im Sinne des D.M. vom 22. April 2008.

Für Bauunternehmen ergibt sich nun folgende Situation: Der Verkauf von Wohnungen innerhalb von 5 Jahren ab ihrer Fertigstellung bzw. nach Abschluss von Wiedergewinnungsarbeiten (mit Baugenehmigung) bleibt wie bisher im Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer; aber auch nach Ablauf dieser Frist kann ohne besondere Voraussetzungen für die Anwendung der Mehrwertsteuer optiert werden.

Keinerlei Änderungen gibt es für den Verkauf von gewerblichen Liegenschaften.

 

 

 

Getrennte Tätigkeit für MwSt-freien Verkauf von Wohnungen

Durch eine Ergänzung von Art. 36 MwStG wird zudem die Möglichkeit eröffnet, auch für den MwSt-freien Verkauf von Wohnungen eine getrennte Tätigkeit zu führen; bislang war diese Möglichkeit nur für die Vermietung zugelassen. Dies hat zur Folge, dass auch bei einem etwaigen MwSt-freien Verkauf durch die vorherige interne „Verschiebung“ der Wohnung in die zweite Tätigkeit nur die Pro-Rata-Berichtigung laut Buchst. b), wie oben aufgezeigt, zum Tragen kommt; die Einschränkungen der Buchstaben a) und c) können hingegen vermieden werden.

Schlussfolgerung: In Fällen, wo der Markt einen Verkauf mit Registersteuer „verlangt“ und daher die Option nicht durchsetzbar ist, können die Nachteile durch die vorherige Eröffnung einer zweiten Tätigkeit gemildert werden.

 

 

 

Neuerungen bei der Vermietung von Wohnungen

Grundlegend geändert werden auch die Vermietungen von Wohnungen, die bislang – abgesehen von den Programmen des konventionierten Wohnungsbaus – immer MwSt-frei im Sinne von Art. 10 Zi. 8 MwStG waren. Hier die Neuerungen:

- Bauträger, also Unternehmen, welche die Wohnungen zwecks Verkaufs gebaut haben, können bei deren Vermietung immer für die Anwendung der Mehrwertsteuer optieren. Daraus folgt: Unverkaufte Wohnungen, die auf Lager gehalten werden, können in Zukunft ohne negative Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug mit Mehrwertsteuer vermietet werden. Achtung: Diese Option steht nur Bauträgern offen. Soweit diese subjektive Voraussetzung beim Vermieter nicht erfüllt wird, bleibt die Miete wie bisher MwSt-frei.

- Auf jeden Fall MwSt-pflichtig sind die Vermietungen von Wohnungen für einen Zeitraum von zumindest 4 Jahren im Rahmen von Programmen für den konventionierten Wohnungsbau.

- Auf jeden Fall mit MwSt zu fakturieren sind auch die Mieten im Rahmen des sog. sozialen Wohnungsbaus, wie er mit D.M. vom 22. April 2008 geregelt worden ist.

  Die genannten Vermietungen unterliegen durchwegs dem verminderten MwSt-Satz von 10%, und zwar aufgrund der neuen Begünstigung in Zi. 127-duodevicies Tab. A-III MwStG.

Keinerlei Änderungen gibt es für die Vermietung von gewerblichen Gebäuden.

 

 

 

Neuerungen bei der IMU für Gebäude auf Lager

Die Bestimmungen über die zu Jahresbeginn eingeführte neue Gemeindeimmobiliensteuer IMU werden durch die Liberalisierungsverordnung derart ergänzt, dass nun den Gemeinden die Möglichkeit eingeräumt wird, den Hebesatz für Immobilien, welche von den Bauunternehmen „auf Lager“ gehalten werden zu reduzieren, und zwar auf 0,38%. Die Reduzierung kann für einen Zeitraum von maximal drei Jahren ab Fertigstellung gewährt werden und immer unter der Voraussetzung, dass die Liegenschaften nicht vermietet sind. Es wird bei dieser Reduzierung grundsätzlich keine Unterscheidung zwischen gewerblichen Liegenschaften und Wohngebäuden getroffen.

Hinweis: Die aufgezeigte Reduzierung der IMU geht voll zu Lasten des Gemeindehaushalts, und es wird daher Aufgabe der jeweiligen Interessensverbände sein, die jeweiligen Gemeindeverwaltungen von der Notwendigkeit der Begünstigung im Interesse der krisengeschüttelten Bauwirtschaft zu überzeugen.

   

Die aufgezeigten Neuerungen gelten ab Inkrafttreten des Liberalisierungsdekrets. Daraus folgt, dass mit geplanten Verkäufen von Wohnungen, die unter die Neuregelung fallen, unbedingt abgewartet werden sollte, nachdem hier das Datum des notariellen Kaufvertrages ausschlaggebend ist. Etwaige Anzahlungen, die noch MwSt-frei erfolgt sind, dürfen – zumindest nach den Anleitungen im Rundschreiben Nr. 12/E/2007 - nicht mehr berichtigt werden.

Bei Mietverträgen ist in den meisten Fällen die explizite Option für die MwSt im Vertrag erforderlich. Für bereits abgeschlossene Verträge wird ein Wechsel also schwierig sein, zumal die Option zumeist eine Mehrbelastung für den Mieter mit sich bringt.

 

Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-09-24.01.2012 Neuerungen MwSt Bauwesen