Vereinfachungsverordnung in Kraft – Auswirkungen auf die Mehrwertsteuer
Die Ende Februar von der Regierung angekündigte zweite Vereinfachungsverordnung wurde am 2. März 2012 als D.L. Nr. 16/2012 im Amtsblatt der Republik Nr. 52 veröffentlicht. Sie enthält neben einigen Vereinfachungen zahlreiche Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Wir werden Sie in getrennten Rundschreiben über das umfangreiche Paket informieren, soweit Steuerangelegenheiten betroffen sind. Mit diesem Rundschreiben soll vorerst nur auf die Änderungen im Bereich der Mehrwertsteuer eingegangen werden, da diese von unmittelbarer Bedeutung für die Buchhaltung sind.
- Neue Fristen für den Versand der Absichtserklärungen („lettere d’intento“):
Erhaltene Absichtserklärungen (Art. 2 Abs. 4) erst bei Umsatztätigung zu verschicken |
Zur Erinnerung: Seit dem 1. Jänner 2005 ist es Pflicht, eine vom Kunden erhaltene Absichtserklärung, bestimmte Lieferungen und Leistungen über den sogenannten Plafond ohne MwSt einzukaufen, innerhalb 16. des Folgemonats nach Erhalt der Finanzverwaltung mittels elektronischer Post zu melden. Die Unterlassung wird mit einer Mindeststrafe zwischen 258 Euro und 2.065 Euro geahndet, und für Lieferungen und Leistungen ohne Versand der Absichtserklärung werden gar Verwaltungsstrafen in Höhe von 100% bis 200% der nicht fakturierten MwSt verhängt. Hier ergeben sich nun zwei wesentliche Erleichterungen:
- Der elektronische Versand der Meldungen wird an die Periodizität der MwSt-Abrechnungen gebunden, d. h., ein Quartalsabrechner kann die erhaltene Absichtserklärung innerhalb der Frist für die MwSt-Abrechnung des Quartals versenden. - Wichtiger ist aber die nächste Erleichterung: Die Absichtserklärung ist erst mit Bezug auf jene Abrechnungsperiode zu melden, in welcher tatsächlich dem Kunden eine steuerfreie Lieferung oder Leistung erbracht wird. Beispiel: Im Monat März wird eine Absichtserklärung zugestellt, aber erst im Mai wird tatsächlich eine steuerfreie Lieferung durchgeführt. Der elektronische Versand der Absichtserklärung hat in diesem Fall bei Monatsabrechnern innerhalb 16. Juni und bei Quartalsabrechnern innerhalb 16. August zu erfolgen. - Infolge der Änderung verliert auch die bisherige Mindeststrafe von 258 bis 2.065 Euro an Bedeutung; es dürfte „nur“ mehr die variable Strafe von 100% bis 200% der nicht fakturierten MwSt zur Anwendung, soweit steuerfreie Lieferungen ohne Versand der Absichtserklärung durchgeführt werden. Die Neuerung hat unmittelbar ab 2. März 2012 Rechtswirksamkeit und gilt nach einer vorsichtigen Auslegung für die ab diesem Datum erhaltenen Absichtserklärungen. Hinweis: Wir empfehlen Ihnen, die bisherige Praxis, erhaltene Absichtserklärungen umgehend zu verschicken beizubehalten, da dadurch das Risiko für etwaige Verfehlungen reduziert wird.
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2. Wiedereinführung der Kunden- und Lieferantenlisten:
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Kunden- und Lieferantenlisten (Art. 2 Abs. 6) ab 2012 unabhängig vom Betrag wieder Pflicht
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Rückwirkend ab 1. Jänner 2012 werden zwei wesentliche Änderungen bei den Kunden- und Lieferantenlisten erlassen:
- Zunächst wird die Schwelle von 3.000,00 Euro gestrichen mit der Folge, dass jetzt alle aktiven und passiven Geschäftsvorfälle, unabhängig von ihrem Betrag, zu melden sind, soweit für diese Geschäftsvorfälle die Pflicht zur Rechnungserteilung besteht. Für Umsätze, die nur durch Steuerquittungen oder Kassenbelege zu dokumentieren sind, gilt weiterhin die Schwelle von 3.600 Euro, inklusive Mehrwertsteuer. Daraus folgt: Vor allem im Einzelhandel und im Gastgewerbe müssen weiterhin die einzelnen Umsätze nur dann gemeldet werden, soweit sie die Schwelle von 3.600 Euro übersteigen. Aufrecht bleibt (beschränkt für die Umsätze gegenüber Privatkunden, für welche keine Pflicht zur Rechnungserteilung besteht) die Befreiung für Umsätze mit Zahlungen, die über von inländischen Kreditinstituten ausgestellte Bancomat- oder Kreditkarten abgewickelt werden. - Zudem sind in den Meldungen nicht mehr die einzelnen Geschäftsvorfälle zu melden, sondern wie früher in den „alten“ Kunden- und Lieferantenlisten die kumulierten aktiven und passiven Geschäftsvorfälle der Periode. Es erübrigt sich damit die mühselige Diskussion über zusammenhängende Lieferungen und Leistungen, die bislang für die Schwelle zu addieren waren. Der Termin bleibt unverändert: Die Meldung ist innerhalb 30. April des Folgejahres zu versenden. Hinweis: Die Änderung wird wieder umfangreiche Änderungen bei der betrieblichen Software erfordern. Zudem wird es notwendig sein, auch für kleine Geschäftsvorfälle (ausgenommen Umsätze unter 3.600 Euro gegenüber Privatkunden, für welche keine Rechnungserteilungspflicht besteht) alle Kunden- bzw. Lieferantendaten zu erfassen. Hinweis: Wir bitten Sie, umgehend Kontakt mit Ihrem Softwarelieferanten aufzunehmen, um die notwendigen Programmänderungen zu besprechen.
Meldungen für 2011: Innerhalb 30. April 2012 sind bekanntlich die Kunden- und Lieferantenlisten für 2011 zu versenden, wobei mit diesen - alle Geschäftsvorfälle mit Rechnungen mit einer MwSt-Bemessungsgrundlage ab 3.000 Euro ab 1. Jänner 2011 und weiters - Geschäftsvorfälle, die über Kassenbelege und Steuerquittungen belegt sind, mit Beträgen inkl. MwSt ab 3.600 Euro ab 1. Juli 2011 zu melden sind. Die Fachpresse geht vorwiegend davon aus, dass für diese Meldungen für 2011 noch die „alten“ Regelungen gelten. Sollten die Änderungen allerdings bereits rückwirkend für 2011 zur Anwendung kommen, muss auf jeden Fall eine Fristverlängerung gewährt werden, um die zusätzlichen Datenerhebungen und auch die Änderungen in der EDV zu ermöglichen Die Agentur der Einnahmen hat sich zur Frage bislang leider nicht geäußert.
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3. Black-List-Meldungen:
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Black-list-Meldungen nur mehr für Umsätze über 500 Euro (Art. 2 Abs. 8) |
Eine weitere Änderung ergibt sich für die sog. black-list-Meldungen, also die Umsätze mit Steuerparadiesen. Hier muss in Zukunft die Mitteilung nur mehr versandt werden, soweit der Betrag des Geschäftsvorfalles den Betrag von 500,00 Euro übersteigt.
Die Erleichterung ist an sich zu begrüßen, wenn allerdings- wie bei den bisherigen Kunden- und Lieferantenlisten - auch hier von Neuem die Diskussion eröffnet wird, ab wann einzelne Rechnungen wieder als zusammenhängende Lieferungen und Leistungen einzustufen und daher zu addieren sind, dann wird man sich wieder die alte Regelung zurückwünschen, wo alles zu melden war. Unklar ist auch, ob die Erleichterung rückwirkend ab 1. Jänner 2012 oder erst für Umsätze ab dem 2. März 2012 gilt. Nach einer vorsichtigen Auslegung gilt sie für Umsätze ab 2. März 2012.
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4. Ohne MwSt-Jahreserklärung verrechenbares Mwst-Guthaben auf 5.000 Euro reduziert:
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Verrechnung MwSt-Guthaben (Art. 8 Abs. 18 und 20); vor Abgabe der Jahreserklärung neues Limit von 5.000 Euro. |
Zur Erinnerung: Derzeit gilt, dass MwSt-Guthaben über den Vordruck F24 mit anderen Steuern, Gebühren und Abgaben nur bis zu einem Betrag von 10.000 Euro verrechnet werden dürfen, soweit nicht zuvor die MwSt-Erklärung abgegeben worden ist. Diese Schwelle wird nun auf 5.000 Euro reduziert. Daraus folgt: Für die Verrechnung des übersteigenden Betrages hat man vorher zwingend die MwSt-Jahreserklärung abzugeben Unverändert bleibt die Schwelle von Guthaben von mehr als 15.000 Euro: Für die Verrechnung des übersteigenden Betrages braucht es auf der MwSt-Jahreserklärung den Sichtvermerk eines Steuerberaters oder des Überwachungsrates.
Die Neuregelung ist am 2. März 2012 in Kraft getreten. Daraus muss geschlossen werden, dass Verrechnungen auch ohne Abgabe der MwSt-Erklärung innerhalb des Grenzwertes von 10.000 Euro in den Monaten Jänner und Februar nicht beanstandet werden dürfen. Bei der nächsten Zahlung am 16. März 2012 muss aber derzeit davon ausgegangen werden, dass bei keiner Abgabe der MwSt-Jahreserklärung binnen 29. Februar 2012 weitere Verrechnungen nur zulässig sind, soweit der neue Schwellenwert von 5.000 Euro nicht überschritten wird. Nach dieser Auslegung gilt für den nächsten Fälligkeitstermin am 16.März 2012 für die Verrechenbarkeit des MwSt-Guthabens aus dem Jahre 2011 mit anderen Steuern und Gebühren also Folgendes: - ohne Abgabe der MwSt-Erklärung für 2011 binnen 29.02.12: Obergrenze von 5.000 Euro; - bei Abgabe der MwSt-Erklärung für 2011 binnen 29.02.12, aber ohne Sichtvermerk: Limit von 15.000,00 Euro (allerdings mit telematischer Versendung des Vordrucks F24) und - bei Abgabe der MwSt-Erklärung binnen 29.02.12 mit Sichtvermerk: Limit von 516.456,90 Euro (selbstverständlich nur bei telematischer Versendung des Vordrucks F24).
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5. Schließung ruhender MwSt-Positionen:
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Schließung untätiger MwSt-Positionen (Art. 8 Abs. 9) |
Abermals werden die Bestimmungen über die Schließung ruhender MwSt-Nummern geändert. Zur Erinnerung: Erst durch die sog. Aufschubsverordnung war zum Jahresende der Termin zur Schließung dieser Positionen gegen Zahlung einer einmaligen Verwaltungsstrafe von 129 Euro auf den 2. April 2012 aufgeschoben worden. Jetzt sollen alle Steuerpflichtigen mit solchen ruhenden MwSt-Nummern von der Agentur der Einnahmen angeschrieben werden. Sie können dann innerhalb von 30 Tagen entweder Erläuterungen einreichen, wieso sie die MwSt-Nummer noch aufrecht erhalten wollen, oder gegen Zahlung einer auf ein Drittel reduzierten Verwaltungsstrafe die Schließung bzw. Sanierung der Position beantragen. Soweit der Steuerpflichtige innerhalb der genannten Frist keine Antwort vorlegt, werden die vollen Verwaltungsstrafen über die Steuerrolle eingehoben.
Zudem soll von der Agentur der Einnahmen ein neuer Dienst eingerichtet werden, über welchen jederzeit die Gültigkeit von MwSt-Positionen überprüft werden kann. Im Detail sollen Status und Inhaber der MwSt-Nummer ablesbar sein; es scheint sich hier um eine Ergänzung zur derzeitigen VIES-Abfrage zu handeln, bei welcher bekanntlich nur solche MwSt-Nummern überprüft werden können, die auch für innergemeinschaftliche Umsätze zugelassen sind.
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Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Josef Vieider
Herunterladen R-20-12.03.2012 2. Vereinfachungsverordnung Bereich Mehrwertsteuer