Mehrwertsteuer – Reverse Charge im Großhandel mit tragbaren Telefongeräten und mit Mikroprozessoren ab 1. April 2011
Über die Neuerung wurde in der Fachpresse in den letzten Wochen rege berichtet: Seit 1. April 2011 wird die umgekehrte Steuerschuldnerschaft (oder Reverse-Charge-Verfahren) auf zwei neue Bereiche ausgedehnt, und zwar
- auf die Lieferung von Mobiltelefonen sowie
- auf die Lieferung von Mikroprozessoren und Zentraleinheiten für die Datenverarbeitung (zweckbestimmt für einen Einbau im Computer),
Die entsprechende Bestimmung wurde bereits vor längerer Zeit eingeführt (siehe Art. 17 Abs. 6 Buchst. b) und c) DPR 633/1972), hat allerdings erst Ende November 2010 die notwendige Ermächtigung durch die EU erfahren, so dass sie mit 1. April 2011 in Kraft treten konnte. Mit Rundschreiben vom 23. Dezember 2010 und mit Ministerialentscheid vom 31. März 2011 hat die Finanzverwaltung schließlich die ersten Anleitungen veröffentlicht.
So spektakulär die Neuerung auch sein mag, der Anwendungsbereich ist äußerst limitiert, und zwar gilt: Das Reverse Charge ist nur dann anzuwenden, wenn es sich um eine Lieferung an einen Wiederverkäufer handelt. Und umgekehrt: Die Lieferung der genannten Güter an Endverbraucher und an „Endnutzer“, also auch an Unternehmer und Freiberufler, welche diese nicht zum Wiederverkauf, sondern zum eigenen Gebrauch erwerben, unterliegt weiterhin der Mehrwertsteuer nach den allgemeinen Bestimmungen. Mit dem obgenannten Ministerialentscheid Nr. 36/E vom 31. März 2011 wurde schließlich festgestellt, dass generell der Einzelhandel vom Reverse Charge nicht betroffen ist, da hierbei allgemein davon ausgegangen werden darf, dass die Telefongeräte bzw. Mikroprozessoren nicht für den Wiederverkauf veräußert werden. Und von der Neuerung nicht betroffen ist auch die Lieferung der Telefongeräte als Zusatzlieferung zu Telefonverträgen, wobei die Lieferung solange als Zusatzgeschäft angesehen wird, als die Anzahl der gelieferten Telefongeräte nicht um 10% jene der gelieferten SIM-Karten übersteigt.
Die Lieferanten sind zudem nicht verpflichtet, irgendwelche Erklärungen des Käufers über seinen Status als „Endnutzer“ zu verlangen, um die Mehrwertsteuer anwenden zu können.
Daraus folgt nach unserer Ansicht im Umkehrschluss: Es wird notwendig sein, dass der Wiederverkäufer der Mikroprozessoren bzw. der tragbaren Telefongeräte sich bei seinem Lieferanten über eine einschlägige Erklärung darum bemüht, eine Rechnung ohne MwSt zu erhalten, und die Rechnung wird dann durch Ausstellung einer Eigenrechnung im Sinne von Art. 17 Abs. 6 DPR 633/1972 der Mehrwertsteuer unterworfen.
Schlussfolgerung und Empfehlung: Die umgekehrte Steuerschuldnerschaft für Mobiltelefone und Mikroprozessoren betrifft in der Praxis eigentlich nur einen sehr begrenzten Sektor. Abgesehen von diesen Sonderfällen der Lieferungen von tragbaren Telefongeräten und Mikroprozessoren an Wiederverkäufer unterliegen die Geschäftsvorfälle unverändert der Mehrwertsteuer. Falls Sie beim Erwerb also als Endverbraucher oder „Endnutzer“, sprich als Verwender der Gegenstände auftreten, brauchen Sie sich um die Umkehrung der Steuerschuld (Reverse Charge) nicht zu sorgen. Eine Ausnahme stellt nach heutiger Einschätzung nur der Fall eines Verkaufs von gebrauchten Gütern an einen Großhändler dar.
Für solche Sonderfälle bitten wir Sie, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Auch für den Fall, dass Sie selbst betroffene Güter an Wiederverkäufer vertreiben, bitten wir Sie, sich mit uns in Verbindung zu setzen, damit wir Ihnen nähere Details, insbesondere mit Bezug auf die genaue Abgrenzung der Güter, mitteilen können.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen
Dr. Josef Vieider
Herunterladen R-19- 06.04.2011 MwSt Telefon