Mögliche Ersatzbesteuerung von Mieteinnahmen aus Wohnungen durch natürliche Personen ab 2011 – Neuerung seit 7. April 2011 in Kraft

Mögliche Ersatzbesteuerung von Mieteinnahmen aus Wohnungen durch natürliche Personen ab 2011 – Neuerung seit 7. April 2011 in Kraft

Natürliche Personen, welche Wohnungen vermieten, können ab 2011 für eine Ersatzbesteuerung der entsprechenden Mieteinnahmen optieren. Dadurch wird die progressive Einkommensteuer zugunsten einer Abfindungssteuer in Höhe von grundsätzlich 21% (in Sonderfällen 19%), zu berechnen auf die Bruttomieteinnahmen, umgangen. Vorteile ergeben sich dadurch insbesondere bei höheren Einkommen, während für geringe Einkommen (etwa bis zu 15.000 Euro) die Neuerung i. d. R. von Nachteil ist. Rechtsgrundlage bildet die Ermächtigungsverordnung zum sog. kommunalen Steuerföderalismus (D.Lgs. Nr. 23/2011), welche am 7. April 2011 in Kraft getreten ist. Die Agentur der Einnahmen hat mit Verordnung Nr. 55394 noch am 7. April 2011 pünktlich die notwendigen Durchführungsbestimmungen erlassen; für die nächsten Wochen wird noch ein klärendes Rundschreiben erwartet. Die genannte Ersatzsteuer ersetzt nicht nur die Einkommenssteuern, sondern auch die Registersteuer und die Stempelsteuer. Trotzdem kann die neue Besteuerungsform nicht ohne Vorbehalte empfohlen werden; vielmehr ist eine Prüfung von Fall zu Fall notwendig. Hier ein erster Überblick zu den Neuerungen:

 

Subjektiver Anwendungsbereich Für die Ersatzbesteuerung können einzig natürliche Personen optieren, die Inhaber von Eigentums- oder anderen dinglichen Rechten (insbesondere Fruchtgenuss) auf Wohngebäuden sind. Person- und Kapitalgesellschaften sowie Körperschaften sind somit von der Neuerung ausgeschlossen.

Bei mehreren Miteigentümern muss jeder Rechtsinhaber getrennt die Option treffen; die Option durch einen Miteigentümer verpflichtet allerdings nicht auch die anderen Rechtsinhaber, den gleichen Schritt zu tätigen. Es ist also durchaus möglich, dass z. B. für eine in ehelicher Gütergemeinschaft gehaltene Wohnung ein Ehepartner für die Ersatzbesteuerung optiert, während der andere die ordentliche Besteuerung beibehält.

Keine subjektiven Anforderungen werden zumindest nach derzeitiger Rechtslage an den Mieter gestellt.

   
 

Sachlicher Anwendungsbereich

Die Option kann nur für die Mieteinnahmen aus Wohnungen getroffen werden. Im Klartext: Die Option gilt für Mietverträge, welche Gebäudeeinheiten der Kategorien „A/1“ bis „A/11“ zum Gegenstand haben, allerdings mit Ausnahme der Kategorie A/10 (Büros). Die Option gilt allerdings auch für Zubehörseinheiten (Garagen, Keller usw.), die gemeinsam mit der Wohnung vermietet werden. Dabei gilt zumindest nach derzeitiger Rechtslage keine numerische Begrenzung. Immer ausgeschlossen sind zudem Wohnungen und Zubehörseinheiten, die von natürlichen Personen im Rahmen einer betrieblichen oder freiberuflichen Tätigkeit gehalten werden.

Umgekehrt ist die Vermietung von Geschäftslokalen, Büros usw. von der Neuerung nicht betroffen. Für die entsprechenden Mieteinnahmen ist nach wie vor die progressive Einkommensteuer geschuldet.

Möglich ist die Option aber bei gemischten Verträgen (z. B. Vertrag für Wohnung und Geschäftslokal), allerdings immer nur beschränkt auf die Wohnung.  In solchen Fällen wird die Registersteuer anteilig auf die nicht begünstigten Mieten berechnet.

Die Ersatzbesteuerung kann auch für Mietverträge beansprucht werden, die nicht registrierungspflichtig sind, so insbesondere für kurzfristige Verträge mit einer Dauer unter 30 Tagen.

Die Option ist für im Ausland gelegene Liegenschaften nicht anwendbar, zumal die entsprechenden Mieteinnahmen als „sonstige Einkünfte“ zu besteuern sind.

   
 

Verzicht auf Mieterhöhungen

Ein erster Wermutstropfen der Neuerung: Wer für die Ersatzbesteuerung optiert, muss für deren Dauer auf die Indexierung des Mietzinses verzichten, sprich, der Mietzins darf nicht jährlich an die Geldentwertung angepasst werden. In diesem Zusammenhang ist wesentlich, dass die Option nur dann rechtswirksam ist, wenn sie zuvor mittels Einschreiben dem Mieter mitgeteilt wird, so dass dieser vom Verbot der Mieterhöhung Kenntnis hat. Diese Mitteilung muss  den ausdrücklichen Verzicht auf die Mieterhöhung für die Dauer der Option enthalten.
   
 

 

Die Ersatzsteuer

Soweit für die neue Besteuerungsform optiert wird, unterliegen die Bruttoeinnahmen einer Ersatzsteuer in Höhe von 21%, reduziert auf 19%, wenn es sich um so genannte „vereinbarte“ oder „konventionierte“ Mietverträge handelt. Die Neuerung im Detail: Die Mieteinkünfte unterliegen nicht mehr der progressiven Einkommensteuer, sondern einer proportionalen Beteuerung in Höhe von i. d. R. 21% der Bruttomieteinnahmen, unabhängig von der Höhe der übrigen Einkünfte und unabhängig auch von etwaigen Steuerabsetzbeträgen und Sonderausgaben. Die Steuerprogression wird demnach für die Mieterträge ausgesetzt, und auch für die anderen Einkünfte ergibt sich dadurch eine Progressionsverminderung. Trotzdem wird weiterhin verlangt, dass diese Mieterträge in der Steuererklärung angeführt werden. Der Grund: Die Mieteinnahmen sind auch im Falle einer Ersatzbesteuerung in Zukunft immer dann zu berücksichtigen, wenn steuerliche oder andere soziale Erleichterungen oder Begünstigungen auf das Gesamteinkommen Bezug nehmen (z.B. Status als zu Lasten lebendes Familienmitglied, Steuerabsetzbeträge, Tarife für Kindergarten, Schulbücher usw.).

Durch die Ersatzsteuer von 21% bzw. 19% werden folgende Steuern abgegolten:

- die Einkommensteuer IRPEF,

- der regionale IRPEF-Zuschlag (in Südtirol 0,9 Prozent),

- der kommunale IRPEF-Zuschlag (gilt derzeit nach Erhebungen der SWZ nur in 15 Südtiroler Gemeinden),

- die Registersteuer von 2% der Bruttomiete und

- die Stempelsteuern für den Mietvertrag.

   
 

Die Bemessungsgrundlage

Bemessungsgrundlage der Ersatzbesteuerung sind die Bruttomieteinnahmen, also ohne den üblichen Pauschalabzug von 15%, wie er für die ordentliche Besteuerung beansprucht werden kann. Nicht zuerkannt wird auch der zusätzliche Abzug von 30% für die „konventionierten“ Mietverträge. Zur Erinnerung: Es ist möglich, Mietverträge mit nach oben begrenzten Mieten abzuschließen, wie sie in eigenen Vereinbarungen zwischen den Vereinigungen der Mieter und der Vermieter auf lokaler Ebene festgelegt werden; in diesen Fällen wird zusätzlich zum allgemeinen Abzug von 15% ein weiterer Abzugsbetrag von 30% auf 85% der Bruttomieten gewährt, so dass bei der ordentlichen Besteuerung nur noch 59,5% der Mieteinnahmen steuerpflichtig sind. Bei einer Option für die Ersatzbesteuerung muss auf diese Minderung verzichtet werden, und die Steuer (in diesem Fall 19%) wird immer auf 100% der Miete berechnet; gerade in diesen Fällen ist die Option also nur mehr bei sehr hohen Einkünften sinnvoll.

Überhaupt nicht lohnend dürfte die Option zudem für Gebäude sein, die unter Denkmalschutz stehen; hier müssen bei der ordentlichen Besteuerung bekanntlich anstatt der Mieteinnahmen nur die Katastererträge besteuert werden; die Ersatzsteuer hingegen ist zumindest nach derzeitiger Regelung auf die vollen Bruttomieteinnahmen geschuldet.

   
 

Die Option

Die Option steht ausschließlich dem Vermieter zu. Sie hat grundsätzlich mit der Registrierung des Mietvertrages oder aber mit der Registrierung seiner Erneuerung, Verlängerung oder auch seiner Auflösung zu erfolgen und gilt offensichtlich für die gesamte Dauer des Vertrages. Allerdings hat der Vermieter die Möglichkeit, die Option jährlich im Zuge der Registrierung wiederum zu widerrufen. Und es wird auch zugelassen, nach einem etwaigen Widerruf in einem späteren Jahr erneut für die Ersatzsteuer zu optieren. In der Praxis ergibt sich dadurch die Vinkulierung für zumindest 1 Jahr.

Formell wird die Option entweder mit dem Vordruck „Mod. 69“ (Vordruck für die „manuelle“ Registrierung von Mietverträgen) oder aber mittels des Vordrucks „SIRIA“ (Verfahren zur Registrierung von Mietverträgen über die elektronische Post) ausgeübt; beide Vordrucke sind zu diesem Zweck durch die eingangs genannte Verordnung vom 7. April 2011 aktualisiert worden. Der Vordruck „SIRIA“ ist allerdings nur verwendbar, wenn die Anzahl der Vermieter, die Anzahl der Mieter und auch die Anzahl der Zubehörseinheiten jeweils nicht über 3 liegen.

Für Mietverträge, die nicht registrierungspflichtig sind (vor allem jene mit einer Dauer unter 30 Tagen) kann die Option hingegen auch erst unmittelbar in der Steuererklärung erfolgen.

 

Für heuer besteht folgende Übergansregelung:

- Für alle Mietverträge, für welche die Erstregistrierung oder aber die Registrierung der Erneuerung oder Verlängerung bereits zum 7. April 2011 verfallen sind, kann der Mieter noch innerhalb des Termins für die Steuererklärung im Jahr 2012 mit Bezug auf die Einkünfte aus dem Jahr 2011 für die Abfindungssteuer optieren. Soweit er diese Option trifft, kann er allerdings die bereits entrichtete Registersteuer nicht mehr zurückverlangen.

- Für Mietverträge, bei denen die Erstregistrierung oder die Registrierung von Verlängerung, Erneuerung oder Auflösung hingegen in der Zeit zwischen dem 7. April und dem 6. Juni 2011 verfallen, können Registrierung (!) und Option noch innerhalb 6. Juni 2011 nachgeholt werden. Offensichtlich bewirkt diese Sonderregelung hier eine einmalige Verlängerung der Registrierungstermine (im Allgemeinen 30 Tage).

- Für alle Verträge, bei denen die Erstregistrierung oder die Registrierung von Verlängerung, Erneuerung oder Auflösung hingegen erst nach dem 6. Juni 2011 verfallen, muss die Option hingegen nach den allgemeinen Bestimmungen im Zuge der Registrierung des Vertrages erfolgen.

   
 

Zahlung der Ersatzsteuer

Die Ersatzsteuer ist grundsätzlich gemeinsam mit der Einkommenssteuer aus der jährlichen Steuererklärung („UNICO“) innerhalb 16. Juni zu entrichten. Es ist zudem eine Vorauszahlung geschuldet, die für 2011 mit 85 Prozent und für 2012 mit 95 Prozent festgelegt wird. Diese Vorauszahlungen sind zu den Terminen für die allgemeinen Steuerzahlungen (1. Rate innerhalb 16. Juni 2011 bzw. mit Aufschlag innerhalb 16. Juli 2011 und 2. Rate innerhalb 30. November 2011) fällig. Die erste Vorauszahlung ist allerdings nicht geschuldet für Verträge, die ab dem 1. Juni 2011 abgeschlossen werden; ebenso entfällt die Verpflichtung für die 2. Vorauszahlung für Verträge, die erst nach dem 1. November 2011 abgeschlossen werden.
   
Meldung an die Quästur Eine Erleichterung ergibt sich im Zusammenhang mit der Neuerung hinsichtlich der Meldung des Mietvertrages bei der Quästur: Mit der Registrierung des Vertrages wird automatisch auch die für den Vermieter vorgeschriebene Meldung durchgeführt.
   
 

 

Strafen

Und nun zur Kehrseite der Medaille: Unabhängig davon, ob nun für die Ersatzbesteuerung optiert wird oder nicht, werden die Verwaltungsstrafen für nicht oder unvollständig erklärte Mieteinnahmen sowie für die unterlassene Registrierung der Mietverträge unmittelbar drastisch verschärft. Hier die Details:

- Die Strafe auf die Registersteuer für die unterlassene Registrierung wird von 120% auf 240% verdoppelt.

- Ebenso werden für Zwecke der Einkommensteuern auf nicht oder unvollständig erklärte Mieteinnahmen die derzeitigen Verwaltungsstrafen verdoppelt. Und damit nicht genug: Für den Fall einvernehmlicher Steuerfeststellungen wird bei Mieteinnahmen die derzeit geltende Reduzierung auf ein Drittel gestrichen. Folglich werden auf höher festgesetzte Steuern für Mieteinkünfte Verwaltungsstrafen von bis zu 200 Prozent zu entrichten sein.

- Bei nicht registrierten Mietverträgen wird zudem ein Interessenkonflikt zugunsten des Mieters aufgebaut, und zwar wird gesetzlich eine Mietdauer des Vertrages von 4 + 4 Jahren ab der Registrierung festgelegt, und der Mietzins wird mit dem Dreifachen des Katasterertrages begrenzt. Dies gilt sogar für den Fall, dass ein fiktiver Leihvertrag vereinbart worden ist. Der Mieter kann in solchen Fällen selbst die Registrierung beantragen und erhält so als „Prämie“ einen u. U. äußerst günstigen Mietzins für eine Dauer von bis zu 8 Jahren. Schlussfolgerung: Ein „Schwarzmieter“ wird jedes Interesse haben, unmittelbar die Registrierung seines  Mietvertrages vorzunehmen. Es ist also auf jeden Fall die Registrierung des Mietvertrages für Wohnungen zu empfehlen.

   
Kein Interessenskonflikt bei verspäteter Registrierung noch innerhalb 06.06.2011 Zumindest in Hinblick auf den oben beschriebenen Interessenskonflikt wird noch eine Übergangslösung vorgesehen: Alle bislang nicht registrierten Mietverträge werden von der vorgenannten Verschärfung der Regelung über die Vertragsdauer und des an den Katasterertrag gebundenen Mietzinses ausgenommen, soweit die Verträge innerhalb 6. Juni 2011 registriert werden. Der Nachlass bezieht sich allerdings nur auf die aufgezeigten Verschärfungen in Bezug auf Höchstmietzins und Mietdauer. Die Strafen für die Registersteuer sind offensichtlich in voller Höhe geschuldet.
   
 

 

Allgemeine Überlegungen

Vorausgeschickt werden muss, dass zu den aufgezeigten Neuerungen das amtliche Rundschreiben noch ausständig ist; es darf also noch mit einigen Feinjustierungen gerechnet werden. Trotzdem gelten folgende Überlegungen:

- Ob die Ersatzsteuer interessant ist, muss wirklich von Fall zu Fall überprüft werden. Der Hebesatz der Ersatzsteuer (21% bzw. 19%)  ist wesentlich geringer als der progressive Einkommensteuersatz (zwischen 23% und 43%). Daraus folgt: Je höher das Einkommen, umso größer ist grundsätzlich der Vorteil aus der neuen Ersatzbesteuerung. Allerdings sind die Bemessungsgrundlagen der beiden Steuern verschieden.

- Die Ersatzsteuer bewirkt nicht nur den Verzicht auf die Absetzbeträge (15% bzw. 40,5%), die bei einem durchschnittlichen Einkommen i. d. R. verkraftbar sein werden; schlimmer ist, dass etwaige Steuerabsetzbeträge (z. B. aus den Steuerbegünstigungen 36% oder 55%) mit der Ersatzsteuer nicht verrechnet werden können, und auch Sonderausgaben können für die Ersatzsteuer nicht berücksichtigt werden.

- Negativ ist schließlich, dass für die Dauer der Option auf die Anpassung des Mietzinses an die Geldentwertung verzichtet werden muss.

- Ein weiterer Nachteil, der nur niedere Einkünfte betrifft: Zur Bestimmung, ob jemand zu Lasten lebend ist, müssen bei der Ersatzbesteuerung die vollen Mieteinnahmen ohne den Pauschalabzug von 15 Prozent oder 40,5 Prozent (konventionierte Mieten) berücksichtigt werden.

   
 

 

Empfehlungen

Abschließend folgende Empfehlungen:

- Nicht registrierte Mietverträge für Wohnungen sollten umgehend registriert werden, vor allem um nicht dem aufgezeigten Interessenskonflikt mit dem Mieter ausgesetzt zu sein.

- Für in den nächsten Wochen fällige Registrierungen ist innerhalb 6. Juni 2011 eine Entscheidung über die Option zu treffen. Wir bitten Sie, sich rechtzeitig mit unserem Büro in Verbindung zu setzen, damit gemeinsam Vor- und Nachteile erörtert werden können.

 

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen

Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-20- 08.04.2011 Neuerung Mieten