2. Sparpaket (Sommerverordnung)
Die Regierung hat unter dem Druck der internationalen Finanzmärkte und auf Drängen der Europäischen Union noch vor den Augustfeiertagen ein zweites Sparpaket verabschiedet, das als Notverordnung Nr. 138 noch am 13. August 2011 veröffentlicht worden ist und am gleichen Tag in Kraft getreten ist. Angestrebt wird die eine Entlastung der Staatskasse um rund 45,5 Milliarden Euro über die Jahre 2012 und 2013 hinweg mit dem Endziel, 2013 einen ausgeglichenen Staatshaushalt zu erreichen. Das Paket enthält keine strukturellen Reformen, sondern ist geprägt von der Hektik, mit welcher versucht wurde, unmittelbar wirksame Ausgabenkürzungen und höhere Einnahmen zu erzielen.
Nachstehend nur ein Überblick über die wichtigsten Maßnahmen, soweit sie Steuern und Beiträge betreffen, auch mit ersten Gestaltungsvorschlägen. Eine Vertiefung der einzelnen Neuerungen lohnt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht, weil nach Presseberichten mit umfangreichen Änderungen im Zuge der parlamentarischen Behandlung zu rechnen ist.
Barzah-lungen nur noch unter 2.500 Euro |
Durch die Einschränkung von Barzahlungen soll die Steuerhinterziehung bekämpft werden, und so wird die Schwelle für die Verwendung von Bargeld und von Überbringer-Wertpapieren abermals reduziert: Seit 13. August 2011 ist die Obergrenze von bisher 5.000 Euro auf den Betrag von 2.500 Euro herabgesetzt worden. Sprich: Barzahlungen sind nur bis zu einem Betrag von 2.499,99 Euro zulässig. Die Einschränkung betrifft neben dem Bargeld insbesondere auch übertragbare Sparbücher und Bankschecks. Vergehen werden mit Strafen von zumindest 3.000,00 Euro geahndet.
Hinweis: Insbesondere ist darauf zu achten, dass Bankschecks seit 13. August 2011 mit einem Betrag ab 2.500,00 Euro auf jeden Fall auf den Namen des Begünstigten ausgestellt werden müssen und zudem den Vermerk „nicht übertragbar“ tragen müssen. Überbringersparbücher müssen innerhalb 30. September 2011 entweder aufgelöst oder auf einen Betrag von unter 2.500 Euro reduziert werden.
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Solidaritäts-zuschlag auf Einkommensteuer |
Im Zentrum der politischen Diskussion steht derzeit der rückwirkend für das Jahr 2011 eingeführte Solidaritätszuschlag zur Sanierung des Staatshaushaltes: Natürliche Personen müssen demnach für die Jahre 2011, 2012 und 2013 für ihr steuerpflichtiges Einkommen, soweit es 90.000 Euro übersteigt, einen Solidaritätszuschlag von 5% entrichten, der auf 10% erhöht wird, soweit das steuerpflichtige Einkommen den Betrag von 150.000 Euro übersteigt. Der Zuschlag ist als Sonderausgabe für die Ermittlung der Einkommensteuer absetzbar.
Alternativ kann für einen Spitzensteuersatz von 48% (anstatt 43%) bereits ab einem Einkommen von 75.000 Euro optiert werden, wobei in diesem Fall die zusätzliche Steuer nicht als Sonderausgabe abgezogen werden kann. Diese Variante lohnt sich nach Berechnungen des „Il Sole-24 ore“ allerdings erst für Steuerpflichtige mit einem Einkommen über 545.000 Euro. Der Solidaritätszuschlag wird auf das Einkommen vor Abzug der Sonderausgaben berechnet und trifft somit nach der derzeitigen Formulierung auch die Erträge der Hauptwohnung. Empfehlung: Im Zuge der parlamentarischen Behandlung darf zwar auf eine gewisse Abschwächung des Solidaritätszuschlags gehofft werden, nicht aber auf eine Streichung. Bei höheren Einkünften ist angesichts dieser Neuerungen insbesondere die Gestaltung von Geschäftsführervergütungen aus Unternehmen, die auf Familienbasis gehalten werden, umgehend zu prüfen!
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Tarifer-höhung für Freiberuf-ler |
Einseitig zu Lasten der Freiberufler wird zudem eine dauerhafte Erhöhung des IREF-Tarifs für die letzten beiden Tarifstufen diskutiert. Konkret hätte diese folgende Auswirkungen:
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Robin Hood tax für Unternehmen im Erdöl- und Energiesektor auf 10,5% erhöht |
Die sog. Robin-Hood-Tax, also der Zuschlag auf die IRES zu Lasten von Unternehmen, die im Erdöl- und Energiesektor tätig sind, wird für die Jahre 2011, 2012 und 2013 von derzeit 6,5% auf 10,5% erhöht; für die Vorauszahlung der IRES für das laufende Jahr 2011 muss die Anhebung noch nicht berücksichtigt werden. Die Verordnung enthält zudem eine Ausdehnung des subjektiven Anwendungsbereichs der Steuer auch auf Unternehmen, welche die Beförderung bzw. die Verteilung von Gas und elektrischer Energie zum Gegenstand haben. Zudem wird die bisherige Befreiung zu Gunsten der Unternehmen, welche Energie aus erneuerbaren Quellen (Biomasse, Sonne und Wind) erzeugen, gestrichen, und auch die Umsatz- und Ertragsschwellen werden reduziert: Nach den neuen Regelung werden Unternehmen von der Robin-Hood-Tax betroffen sein, welche Umsatzerlöse über 10 Mio. Euro und ein steuerpflichtiges Einkommen von mehr als 1 Mio. Euro haben; bislang galt eine Umsatzgrenze von 25 Mio. Euro. |
Besteuerung von Kapitalerträ-gen
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Die Verordnung sieht weiters die seit Jahren beschworene Reform der Besteuerung der Kapitalerträge bei natürlichen Personen vor, wodurch – nach Einführung der Abfindungssteuer im heurigen Frühjahr – eine weitgehende Gleichbehandlung von Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einerseits und solchen aus Kapitalvermögen andererseits erzielt wird.
Konkret werden die bisherigen Steuereinbehalte bzw. Abfindungssteuern von 12,5% und 27% auf 20% vereinheitlicht. Der neue Steuersatz ersetzt die derzeit geltenden Hebesätze von 12,5% für Einkünfte aus Obligationen, Termingeschäften, Aktien, Investmentfonds usw. und 27% (insbesondere aktive Bankzinsen). Der neue Steuersatz findet für Kapitaleinkünfte Anwendung, die ab 1. Jänner 2012 erzielt werden. Dabei gilt insbesondere bei Dividenden und diesen gleich gestellten Einkünften das Kassaflußprinzip, während bei Fondverwaltungen aufgrund der jüngsten Änderungen allgemein das Kompetenzprinzip greift, sprich, es sind jene Erträge mit dem neuen Hebesatz zu besteuern, die ab 1. Jänner 2012 „anreifen“, unabhängig von deren Auszahlung. Ausgenommen von der Reform sind die Staatsschatzscheine, und zwar auch anderer Staaten, soweit sie in der sog. „White List“ aufscheinen. Für diese bleibt der bisherige Steuersatz von 12,5% aufrecht. Empfehlung: Es wird im Detail zu prüfen sein, ob es sich - auch angesichts der derzeitigen Entwicklung der Finanzmärkte - lohnt, Kapitaleinkünfte noch auf das Jahr 2011 vorzuverlegen, um noch die derzeitige Quellensteuer von 12,5% beanspruchen zu können.
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Dividenden-besteuerung aus nicht wesentlichen Beteiligun-gen |
Die oben aufgezeigte Änderung der Besteuerung von Kapitalerträgen hat auch unmittelbare Auswirkung auf die Besteuerung von Dividenden aus unqualifizierten Beteiligungen (bis zu 20% an nicht an der Börse quotierten Gesellschaften bzw. bis zu 2% an quotierten Gesellschaften), welche von natürlichen Personen kassiert werden. Sie unterliegen mit der Reform einer Abfindungssteuer in Höhe von 20% (anstatt der derzeitigen 12,5%). Die Neuerung gilt für Dividenden, die ab dem 1. Jänner 2012 ausgezahlt werden, unabhängig vom Zeitraum, in welchem die entsprechenden Gewinne oder Rücklagen gebildet worden sind. Die Besteuerung von Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen bleibt hingegen unverändert.
Empfehlung: Auch angesichts dieser Neuerung wird eine Gewinnausschüttung noch im Jahr 2011 an unqualifizierte Gesellschafter in vielen Fällen zu prüfen sein!
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IRPEF-Zuschlag Regionen und Gemeinden | Regionen können ab 2012 um 0,5% und Gemeinden um zwischen 0,1% und 0,8% höhere Zuschläge auf die IRPEF berechnen. Da gleichzeitig die Zuwendungen des Staates an die lokalen Körperschaften reduziert werden, ist zu befürchten, dass die Gemeinden von dieser Maßnahme Gebrauch machen müssen, um die Finanzierung ihrer Dienstleistungen weiterhin garantieren zu können.
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Betriebs-kennzahlen | Die Selbstbeschränkung für die Finanzverwaltung bei Steuerfestsetzungen gegenüber Steuerpflichtigen, welche im Sinne der Betriebskennzahlen (sog. „studi di settore“) angemessene („congrui e coerrenti“) Erlöse angemeldet haben, wird gelockert, und zwar gilt sie nur mehr dann, wenn auch im Vorjahr angemessene Erlöse gemeldet worden sind. Konkret folgt daraus, dass die Meldung angemessener Erlöse für ein Jahr nicht mehr schützt; es müssen zumindest für 2 Jahre die geschätzten Erlöse gemeldet werden.
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Büro-schließung Freiberufler | Auch bei Freiberuflern, denen die unterlassene Fakturierung von Einnahmen nachgewiesen wird, droht die vorübergehende Streichung aus dem Berufsverzeichnis, und zwar dann, wenn innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren zumindest 4 Vergehen festgestellt werden. Die Suspendierung der Tätigkeit wird für einen Zeitraum von 3 Tagen bis hin zu einem Monat verhängt. Bei wiederholten Vergehen kann sogar eine Suspendierung für bis zu 6 Monaten verfügt werden.
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Sonstige Neuerungen | Das Sparpaket enthält umfassende Neuerungen auch in anderen Bereichen. Die wichtigsten in Stichworten:
- Verlegung der nicht religiösen Feiertage (1. Mai, 25. April und 2. Juni) auf einen Sonntag; - kleinere Gemeinden und Provinzen sollen zusammengelegt werden; - das gehasste Umweltregister „SISTRI“ wird – noch bevor es eingeführt worden ist- wieder abgeschafft; die hierfür notwendigen Investitionen in Sachanlagen und Fortbildung der letzten Jahre waren also völlig umsonst, und auch der Kriminalität, welche die illegale Müllentsorgung umgibt, sind derzeit Tür und Tor geöffnet; - das Werbeverbot für Freiberufler wird eingeschränkt, und auch die Tarife der Kammern haben nur mehr den Charakter von Richtwerten; - die Pensionen und Abfertigungen werden erneut umgestaltet.
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Über-tragungs-gebühren Kraftfahr-zeuge | Mit Inkrafttreten des Ratifizierungsgesetzes (voraussichtlich anfangs September 2011) wird die Übertragung von Fahrzeugen teurer werden. Die derzeitige Regelung, wonach Übertragungen von Fahrzeugen, die der Mehrwertsteuer unterliegen, zum Fixbetrag registriert werden, gilt nur mehr für landwirtschaftliche Fahrzeuge, für Autobusse mit einer Leistung bis zu 110 KW und für sonstige Fahrzeuge mit einer Leistung unter 53 KW. Für sonstige Fahrzeuge hingegen kommt auch bei MwSt-pflichtigen Übertragungen gleich wie bei Übertragungen zwischen Privatpersonen eine Gebühr von 3,51 Euro je KW zuzüglich etwaiger Zuschläge der Provinzen zur Anwendung.
Hinweis: Wenn Sie ein Auto neu zulassen möchten, so empfiehlt sich dies noch vor Inkrafttreten des Ratifizierungsgesetzes.
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Ab-schließende Hinweise | Wie aus der Tagespresse zu entnehmen ist, wird das Sparpaket derzeit vehement diskutiert, und die verschiedenen Lobbyvertreter leisten Schwerstarbeit. Die Regierung hat mehrmals erklärt, dass über alles diskutiert werden kann, nur dürfen die Einsparungen von 45,5 Milliarden Euro nicht angetastet werden.
In diesem Zusammenhang ist es sehr wahrscheinlich, dass zum Ausgleich anderer kritischer Maßnahmen der Regelsatz der MwSt von 20% auf 21% erhöht wird. Eine solche Erhöhung ist von der Assonime längst empfohlen worden. Auch hier die Empfehlung: Bei größeren Anschaffungen sollte versucht werden, dieser Erhöhung noch durch eine Vorwegnahme der Umsatztätigung zu entgehen. Diskutiert wird zudem über die Wiedereröffnung des Steuerschutzschildes („scudo-bis“) zur Aufdeckung von Schwarzgeld im Ausland. |
Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Josef Vieider
Herunterladen R-31-18.08.2011 2. Sparpaket 2011