Erhöhung des Regelsatzes der Mehrwertsteuer von 20% auf 21% - Sonderregelung für Umsätze gegenüber öffentlichen Körperschaften – Mehr Zeit für Korrekturen
Das Umwandlungsgesetz zur Augustverordnung (Notverordnung Nr. 138 vom 13. August, umgewandelt mit G. Nr. 148 vom 14. September 2011) hat bekanntlich den Regelsatz der Mehrwertsteuer von 20% auf 21% erhöht (siehe unser Rundschreiben Nr. 34 vom 15. Sept. 2011). Dieses Gesetz ist am 17. September 2011 in Kraft getreten, und entsprechend gilt für Umsätze, die ab diesem Tag durchgeführt worden sind der erhöhte MwSt-Satz.
Dies gilt allerdings nicht unbedingt auch für Umsätze gegenüber öffentlichen Körperschaften, so die Auslegung in einem jüngsten Rundschreiben der Agentur der Einnahmen (Nr. 45/E vom 12. Okt. 2011). Gleichzeitig werden längere Fristen für die straffreie Berichtigung der MwSt-Erhöhung zuerkannt. Nachstehend die Details:
- Umsätze gegenüber öffentlichen Körperschaften
Zur Erinnerung: Im Gegensatz zur Regelung, wie sie bis Ende 1997 herrschte, wird heute bei Umsätzen gegenüber öffentlichen Körperschaften nicht mehr der Zeitpunkt der Umsatztätigung bis zur Zahlung durch die Körperschaft aufgeschoben, sondern es wird nur die Fälligkeit der MwSt selbst verzögert. Die Folge: Für die Anwendung der jüngsten MwSt-Erhöhung hätten sich im Gegensatz zu früher für Umsätze gegenüber Staat, Land, Gemeinden und anderen öffentlichen Körperschaften keine Besonderheiten ergeben sollen, sprich: Für ab 17. September 2011 durchgeführte Umsätze hätte der erhöhte MwSt-Satz von 21% gelten sollen, für Umsätze vor diesem Datum der „alte“ Satz von 20%.
Wie bereits in unserem Rundschreiben Nr. 34/2011 mitgeteilt, enthielt das Umwandlungsgesetz allerdings eine umständliche Sonderregelung, deren Sinn sich auch den Experten nicht erschlossen hat, und die der Gesetzgeber offensichtlich aus der letzten MwSt-Erhöhung im Jahre 1997 (irrtümlicher Weise) übernommen hat.
Mit Rundschreiben Nr. 45/E vom 12. Oktober 2011 hat die Agentur die MwSt-Erhöhung kommentiert und zunächst in einer einseitigen Abhandlung selbst festgestellt, dass die Norm, so wie sie geschrieben ist, keinen Sinn mehr ergibt und nicht wörtlich genommen werden darf; dann kommt die Agentur aber sinngemäß zu einer folgenschweren Schlussfolgerung:
Die Erhöhung der MwSt von 20% auf 21% kommt bei Umsätzen gegenüber öffentlichen Körperschaften auch bei Umsatztätigung vor dem 17. September 2011 zur Anwendung, wenn für diese Umsätze vor dem 17. September 2011 keine Rechnung ausgestellt worden ist. Die Forderung auch nach der Verbuchung der Rechnung, wie sie im Gesetz verankert war, wird hingegen verworfen.
Die Auswirkungen:
Die vorliegende Interpretation stellt eine völlig sinnlose Erschwernis und einen nicht zu unterschätzenden bürokratischen Mehraufwand dar. Auswirkungen hat sie in der Praxis nur auf die verzögerte Rechnungserteilung, wo also bei Vorliegen eines Lieferscheines mit Übergabe der Ware innerhalb 16. September 2011 erst nach diesem Datum die Rechnung ausgestellt worden ist, und zwar - entsprechend dem bisherigen Wissensstand – noch mit dem „alten“MwSt-Satz von 20%.
Während bei Umsätzen gegenüber Privaten und privaten Unternehmen bei Sammelrechnungen für den Monat September 2011 für Lieferungen mit Übergabe bis zum 16. September 2011 also noch der verminderte MwSt-Satz von 20% und erst für Lieferungen mit Übergabe ab dem 17. September 2011 der erhöhte MwSt-Satz von 21% zur Anwendung kommt, gilt diese Regelung nach der obigen Auslegung der Agentur der Einnahmen für Lieferungen an öffentliche Körperschaften nicht: Soweit für Lieferungen an öffentliche Körperschaften bis zum 16. September 2011 die Rechnung erst nach diesem Datum ausgestellt worden ist, muss bereits der neue Regelsatz von 21% angewandt werden. Für monatliche Sammelrechnungen für den Monat September 2011 darf also bei öffentlichen Körperschaften nur mehr der erhöhte MwSt-Satz von 21% in Rechnung gestellt werden.
- Mehr Zeit für Richtigstellungen
In einer ersten Pressemitteilung vom 16. September 2011 hatte die Finanzverwaltung festgehalten, keine Verwaltungsstrafen für fehlerhafte Rechnungen in Bezug auf die Erhöhung des MwSt-Satzes verhängen zu wollen, soweit der Fehlbetrag von 1% durch eine Lastschrift nachbelastet und jedenfalls in der MwSt-Abrechnung für September 2011 (am Montag, den 17. Oktober) oder für das dritte Quartal 2011 (am 16. November) berücksichtigt und eingezahlt wird.
Das vorliegende Rundschreiben Nr. 45/E vom 12. Oktober 2011 sieht angesichts technischer Probleme bei der Umstellung auf den erhöhten MwSt-Satz nun verlängerte Fristen für die Berichtung vor, und zwar können Lastschriften und die entsprechenden Einzahlungen für die MwSt-Erhöhung (1%) für Umsätze ab dem 17. September 2011 straffrei noch innerhalb folgender Fristen vorgenommen werden:
- bei monatlicher MwSt-Abrechnung innerhalb 27. Dezember 2011 mit Bezug auf Rechnungen, die innerhalb Ende November 2011 ausgestellt worden sind, und innerhalb 16. März 2012 für Rechnungen, die im Monat Dezember 2011 ausgestellt worden sind;
- bei Quartalsabrechnung innerhalb 27. Dezember 2011 für Rechnungen, die innerhalb September 2011 ausgestellt worden sind, und innerhalb 16. März 2012 für Rechnungen, die im 4. Quartal 2011 ausgestellt worden sind.
Die Nachzahlungen sind mit dem Zahlungsschlüssel des jeweiligen Monats bzw. Quartals durchzuführen. Es fallen bei Einhaltung der aufgezeigten Fristen keine Verwaltungsstrafen an; allerdings sind Zinsen geschuldet, soweit es durch die aufgezeigten Fälligkeiten zu einer Verzögerung gegenüber den ursprünglichen Einzahlungsterminen kommt.
Den Rechnungsempfängern schließlich wird ebenfalls eine verlängerte Frist eingeräumt, innerhalb welcher sie bei fehlerhafter Fakturierung zur Berichtigung (mit impliziter Anzeige des Rechnungsausstellers) verpflichtet sind, soweit die Rechnung nicht durch den Aussteller, wie oben aufgezeigt, berichtigt wird. Die Rechnungsempfänger haben entsprechend bis zum 30. April 2012 Zeit, etwaige Korrekturen vorzunehmen.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Viele Grüße
Dr. Josef Vieider
Herunterladen R-39-15.10.2011 Erhöhung MwSt-Satz von 20% auf 21% öffentl. Körperschaften