Umwandlung Sparpaket 2010 – Steuerrechtliche Auswirkungen auf Unternehmen

Umwandlung Sparpaket 2010 – Steuerrechtliche Auswirkungen auf Unternehmen

Wie mitgeteilt, wurde die Notverordnung Nr. 78/2010 vom 31. Mai 2010 mit dem Umwandlungsgesetz Nr. 122/2010 vom 30. Juli 2010 ratifiziert. Dieses Umwandlungsgesetz ist mit 31. Juli 2010 in Kraft getreten.

Wir haben bereits mit unserem Rundschreiben Nr. 20/2010 über die Änderungen berichtet. Nachstehend informieren wir Sie über die definitiven Neuerungen nach erfolgter Ratifizierung des Sparpakets, soweit es unmittelbar Unternehmen und Freiberufler betrifft:

 

 

Steuermissbrauch bei Unternehmensgründungen (Art. 23)

Unternehmen, die innerhalb eines Jahres (365 Tagen) nach Meldung des Tätigkeitsbeginns ihre Tätigkeit wieder einstellen, werden in eine Sonderprüfliste bei Steuerämtern, Finanzwache und Sozialversicherungen eingetragen.

Leider noch nicht geklärt worden ist im Zusammenhang mit Gesellschaften, ob bei der Bestimmung des Zeitraums auf das Datum der Anmeldung der Steuernummer oder auf jenes des Tätigkeitsbeginns beim Handelsregister Bezug genommen wird. Die Regelung gilt nicht für Freiberufler, sondern ausschließlich für Unternehmen.

   
Kontrolle von Unternehmen mit „systematischen“ Verlusten (Art. 24) Besondere Kontrollen sind auch für Unternehmen vorgesehen, die über mehrere Jahre Steuerverluste anmelden, soweit diese nicht durch an Geschäftsführer und Gesellschafter ausgezahlte Vergütungen bedingt sind. Soweit der Steuerverlust durch die genannten Vergütungen verursacht ist, sollen Maßnahmen unterbleiben, zumal ja diese Vergütungen den Einkommensteuern unterworfen werden.

Im Zuge der Umwandlung wurden zudem jene Unternehmen von der Kontrolle ausgenommen, welche im gleichen Geschäftsjahr eine entgeltliche Kapitalerhöhung beschließen und vollständig einzahlen, und zwar zumindest im Ausmaß des angefallenen Steuerverlustes.

 

Die beiden aufgezeigten Bestimmungen bringen eigentlich keine wesentlichen Neuerungen, sondern führen nur zu einer gesetzlichen Verankerung gängiger Verwaltungspraxis der Finanzämter.

   
 

 

Verrechnungspreise  für Geschäfte gegenüber nahe stehenden Personen im Ausland (Art. 26)

Ausnahmsweise nicht mit der Peitsche, sondern mit Zuckerbrot sollen die neuen OECD-Bestimmungen im Bereich der Verrechnungspreise übernommen werden: Unternehmen werden eingeladen, eine angemessene Dokumentation zu den Verrechnungspreisen zu erstellen. Wer dieser Aufforderung nachkommt, vermeidet bei etwaigen Betriebsprüfungen die Verhängung von Verwaltungsstrafen.

Der Hintergrund: Unternehmen, welche Geschäftsbeziehungen mit nahe stehenden Personen im Ausland unterhalten, sind im Sinne von Art. 110 Abs. 7 EESt verpflichtet, diese Lieferungen und Leistungen zum gemeinen Wert bzw. zu Marktpreisen, also zu Preisen, die auch einem unabhängigen Dritten gegenüber angewandt worden wären, abzurechnen. Soweit im Zuge einer Betriebsprüfung eine geeignete Dokumentation über die Angemessenheit dieser Verrechnungspreise vorgelegt werden kann, schränkt dies zwar keineswegs die Prüfungs- und Berichtigungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung ein, es werden auf etwaige höhere Steuern aber keine Verwaltungsstrafen angelastet. Der Steuerpflichtige ist allerdings verpflichtet, bei einer Betriebsprüfung unmittelbar die erstellte Dokumentation vorzulegen.

Innerhalb September soll mit einer eigenen Durchführungsbestimmung festgelegt werden, wie genau diese Dokumentation der Verrechnungspreise zu erfolgen hat. Sobald diese Bestimmungen vorliegen, werden wir mit einem eigenen Rundschreiben darauf eingehen.

   
Neue Kundenliste für Umsätze über 3.000 Euro  (Art. 21) Um die Verwendung „falscher“ Rechnungen zu unterbinden, werden Unternehmer und Freiberufler verpflichtet, alle Geschäftsvorfälle im Wert von mehr als 3.000 Euro der Agentur der Einnahmen in elektronischer Form zu melden. Unterlassungen werden mit Strafen zwischen 258 und 2.065 Euro geahndet. Die Modalitäten und Fristen müssen mit einer eigenen Verordnung des Direktors der Einnahmenagentur erlassen werden.

Die Verpflichtung ist im Umwandlungsgesetz bestätigt worden. Die notwendigen Durchführungsbestimmungen sind allerdings noch ausständig. Durch diese zusätzliche Vorschrift sind Unternehmen und Freiberufler u. U. angehalten, Rechnungen 3fach der Finanzverwaltung zu melden (Kundenliste, Intrastat und Umsätze gegenüber Steuerparadiesen); Forderungen nach einer Zusammenlegung haben bisher kein Gehör gefunden.

   
 

Verrechnungsverbot  bei unbez. Kartellen (Art. 31) und Verrechnung Forderungen mit Steuerrollen

Ab 1. Jänner 2011 gilt ein generelles Verrechnungsverbot von Steuerguthaben mit geschuldeten Steuern und Sozialabgaben über den vereinheitlichten Zahlungsvordruck F24, soweit der Steuerpflichtige offene Steuerschulden aus verfallenen und nicht bezahlten Steuerzahlkarten von mehr als 1.500 Euro vorliegen hat. Vergehen werden mit einer Strafe in Höhe von 50% der nicht zulässigen Kompensation geahndet. Im Zuge der Umwandlung der Notverordnung wurde die Bestimmung insofern geändert, als die Vorschreibung endgültig sein muss, also ein abgeschlossenes Streitverfahren betreffen muss. Das Verrechnungsverbot gilt für jenen Teil des Guthabens, welcher die ausstehende Schuld nicht übersteigt: Beispiel: Es liegt ein verrechenbares Steuerguthaben von 5.000 Euro vor, das mit Steuerrückbehalten von 7.000 Euro verrechnet werden könnte. Gleichzeitig wurde aber eine Steuerkartelle in Höhe von 3.000 Euro nicht bezahlt. Vom Guthaben können 2.000 Euro verrechnet werden, und es müssen somit 5.000 Euro eingezahlt werden.

 

Im Gegenzug wurde allerdings die Möglichkeit eingeführt, in Steuerrollen vorgeschriebene Steuern auch mit bestehenden Guthaben aus den gleichen Steuern zu verrechnen. Die praktische Inanspruchnahme dieser Erleichterung verlangt noch eigene Durchführungsbestimmungen, welche innerhalb Jänner 2011 erlassen werden sollten. Konkret soll es dann z. B. möglich sein, über Steuerkartellen eingeforderte MwSt-Nachzahlungen auf früheren Geschäftsjahren mit aktuellen Steuerguthaben zu verrechnen.

Zudem wurde im Zuge der Umwandlung der Notverordnung noch eine Bestimmung eingeführt, wonach es ab 1. Jänner 2011 möglich sein soll, nicht verjährte, sichere, fällige und einbringliche Guthaben gegenüber Regionen, Gebietskörperschaften und Sanitätseinheiten aus Dauerlieferungen, Lieferungen und Werkverträgen mit Schulden aus Steuerkartellen zu verrechnen. Diese neue Verrechnungsmöglichkeit entspricht i. W. einer Forderungsabtretung pro soluto, denn der Steuereinheber kann bei Nichtzahlung durch die öffentliche Körperschaft nach Ablauf von 60 Tagen sich unmittelbar am Vermögen der Körperschaft befriedigen.

   
 

Keine EU-Umsätze innerhalb der ersten 30 Tage ab Tätigkeitsbeginn  (Art. 27)

Der anscheinend immer noch sehr verbreitete Missbrauch von MwSt-Nummern im Zusammenhang mit innergemeinschaftlichen Umsätzen soll eingedämmt werden. Zu diesem Zweck müssen Unternehmen und Freiberufler in Zukunft bei Tätigkeitsbeginn melden, ob innergemeinschaftliche Umsätze durchgeführt werden. Die Finanzverwaltung kann dann im Nachhinein, nach entsprechender Prüfung, diese Tätigkeit ablehnen. In diesem Sinne ist es nach einer vorsichtigen Auslegung innerhalb der ersten 30 Tagen ab Anmeldung des Tätigkeitsbeginns untersagt, innergemeinschaftliche Umsätze durchzuführen.

Es wird eine zusätzliche Datenbank der Steuerpflichtigen vorgesehen, die innergemeinschaftliche Umsätze ausführen. Die Neuerung betrifft vorerst nur jene Steuerpflichtigen, die eine Tätigkeit neu anmelden.

Über die Form der Ablehnung des Antrages bzw. einen Widerruf sollen mit einer eigenen Durchführungsbestimmung die notwendigen Unterlagen veröffentlicht werden. Sie ist noch ausständig.

   
 

Ausländische Forscher (Art. 44)

Forscher mit Hochschulabschluss, die nicht nur vorübergehend im Ausland ansässig waren und dort nachweislich Tätigkeiten als Forscher oder Dozenten ausübten, werden begünstigt, wenn sie innerhalb einer Frist von 5 Jahren ab dem 31. Mai 2010 ihren Wohnsitz nach Italien verlegen und hier ihre wissenschaftliche Tätigkeit fortsetzen. Die Begünstigungen: Das Einkommen ist zu 90 Prozent steuerbefreit, und die Vergütungen unterliegen nicht der IRAP. Die Erleichterung gilt ab 1. Jänner 2011 und gilt für das Jahr der Rückkehr und die 2 Folgejahre.
   
 

Ruling für Unternehmen aus anderen EU-Ländern (Art. 41)

Unternehmen mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedsland sowie deren Mitarbeiter, die in Italien eine neue Tätigkeit beginnen, können beantragen, wahlweise für die in Italien erzielten Einkünfte

- das Steuersystem ihres Herkunftslandes oder

- auch das Steuersystem eines anderen EU-Mitgliedsstaates zu beanspruchen.

Dieses „Steuersystem zur europäischen Anziehung“ benötigt allerdings noch der Zustimmung durch die EU-Kommission. Im Zuge der Umwandlung des Gesetzes wurde zudem festgelegt, dass die Besteuerung nach den Maßgaben eines anderen EU-Landes auf einen Zeitraum von 3 Geschäftsjahren beschränkt ist und zudem nicht Tätigkeiten betreffen darf, welche vor dem 31. Mai 2010 begonnen worden sind.

Die Details sollen dann in einer eigenen Durchführungsverordnung festgelegt werden. Für die notwendigen Anträge sind die Steuerämter in Rom und Mailand zuständig.

   
 

Geldwäsche und Steuerparadiese (Art. 36)

Unternehmen und Freiberufler, die den Bestimmungen über die Geldwäsche unterliegen, wird es untersagt, nachhaltigen Beziehungen zu Trusts, Treuhandgesellschaften, anonymen Gesellschaften und diesbezüglichen Tochtergesellschaften zu unterhalten sowie Beratungsleistungen gegenüber solchen Mandanten auszuführen, soweit diese Auftraggeber ihren Wohnsitz in einem Steuerparadies haben. Die Bestimmung betrifft in erster Linie Rechtsanwälte, Wirtschafts- und Steuerberater und Notare. Zu diesem Zweck soll zum wiederholten Male eine Liste der betroffenen Steuerparadiese veröffentlicht werden. Vergehen werden mit Strafen bis zu 250.000 Euro geahndet.
   
 

Begünstigungen für Kooperationen (Art. 42)

Das Sparpaket sieht schließlich wieder einmal „fiskalische, verwaltungsmäßige und administrative Erleichterungen“ für Unternehmenskooperationen (Cluster oder Netzwerke) vor. Die konkrete Umsetzung soll durch eine eigene Verordnung der Agentur der Einnahmen geregelt werden. Insbesondere soll eine Steuerbefreiung für Gewinne zuerkannt werden, welche einer Reinvestitionsrücklage zugeführt werden, soweit innerhalb des Folgejahres die geplanten Investitionen im Interesse der Gruppe durchgeführt werden.

Leider muss festgestellt werden, dass es derartige Bestimmungen in den letzten Jahren immer wieder gegeben hat, und immer ist die konkrete Umsetzung an den Erlass einer Durchführungsbestimmung gebunden worden. Leider sind diese Durchführungsbestimmungen nie veröffentlicht worden, so dass die Gesetze toter Buchstabe geblieben sind. Bleibt die Hoffnung, dass man aus den Fehlern gelernt hat.

   
Handwerker- und Kaufleuteversicherung (Art. 12, Abs. 11) Verwalter von Personengesellschaften und GmbHs, welche in der Handwerker- oder Kaufleuteversicherungen eingetragen sind, müssen für etwaige Geschäftsführervergütungen weiterhin Beiträge auch an die Sonderpensionskasse entrichten. Der Kassationsgerichtshof hatte mit einem Urteil vom 12.02.2010 die Verpflichtung zur doppelten Eintragung in die Handwerkerversicherung und Sonderbeitragskasse für die Geschäftsführervergütungen der Verwalter in Handwerks-GmbHs als gesetzeswidrig erklärt. Über eine gesetzliche Interpretation wird die Doppelbelastung beibehalten. Die Verpflichtung ist im Umwandlungsgesetz unverändert übernommen worden.

 

Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-29- 07.09.2010 Sparpaket 2010 - Unternehmen und FB