Europagesetz 2015-2016
Am 23. Juli 2016 ist das sog. „Europagesetz 2015-2016“ (G. 122/2016 vom 7. Juli 2016) in Kraft getreten. Es enthält ein Sammelsurium von Bestimmungen, mit welchen die italienische Gesetzgebung in verschiedensten Bereichen an geltendes europäisches Recht angepasst werden soll. Aus steuerrechtlicher Sicht sind die folgenden Aspekte interessant:
- Dividendenbesteuerung – Erweiterung Mutter-Tochter-Richtlinie
Die PEX-Besteuerung für ausländische Dividenden wird erweitert: Bis Ende 2015 galt die Steuerbefreiung im Ausmaß von 95% nur für Erträge aus Aktien und ähnlichen Wertpapiere, welche Gewinne ausgeschüttet haben, die bei der ausschüttenden Gesellschaft nicht abzugsfähig waren. Nicht anwendbar war die Befreiung hingegen für Papiere, die zum Teil auch zinsähnliche Vergütungen vorsahen, welche ihrerseits zur Gänze oder teilweise von der ausschüttenden Gesellschaft als Betriebsausgabe in Abzug gebracht werden konnten. Insbesondere galt die PEX-Besteuerung nicht für sog. stillte Beteiligungen.
Rückwirkend zum 1. Jänner 2016 gilt nun, dass auch bei solchen Wertpapieren und vor allem bei stillen Beteiligungen die Steuerbefreiung von 95% gilt, aber nur anteilig für jene Erträge, die im Ausland nicht absetzbar sind. Vorausgesetzt wird, dass der Dividendenempfänger zumindest für 1 Jahr ununterbrochen eine Beteiligung von 10% an der ausschüttenden Gesellschaft gehalten hat. Zudem wurde die Anwendbarkeit Mutter-Tochter-Richtlinie auf diese Wertpapiere ausgedehnt (wichtig für Quellensteuer).
- Informationsaustausch zu Kapitalerträgen
Im Sinne der EU-RL 2014/107 gilt seit 1. Jänner 2016 der automatische Informationsaustausch für Kapitalerträge. Daraus folgt, dass Zins- und andere Kapitalerträge des Jahres 2016 bis 30. Juni 2017 bzw. 30. September 2017 automatisch der Finanzverwaltung des Wohnsitzstaates in elektronischer Form weitergeleitet werden. Folgerichtig werden mit Art. 28 des vorliegenden Europagesetzes die bisherigen Meldepflichten aus der EU-Zinsrichtlinie (RL 2003/48/EG) rückwirkend mit 1. Jänner 2016 abgeschafft. Gleichzeitig wird die EU-Quellensteuer im Ausmaß von 35% (i. W. für nicht informationswillige Länder wie Österreich) wieder abgeschafft.
Für Österreich und die Schweiz wird die Neuerung um ein Jahr aufgeschoben. Für 2016 wird demnach weiterhin die EU-Quellensteuer abgezogen (vorbehaltlich Verzicht auf die Anonymität und Bestätigung der Einnahmenagentur), und die automatische Meldung mit Informationsaustausch erfolgt erst im Jahr 2018 für die Zins- und Kapitalerträge des Jahres 2017.
- Spielgewinne aus Spielcasinos
Hier muss vorausgeschickt werden, dass Italien mit zwei Entscheiden vom 22. Oktober 2014 des EUGH (Urteile 344/13 und 367/13) gerügt worden ist, weil Gewinne italienischer Kasinos steuerfrei sind, solche aus ausländischen Kasinos hingegen hier zu besteuern wären. Nun wird die Steuerbefreiung auch auf Spielgewinne ausgedehnt, die in zugelassenen Spielhäusern in anderen EU-Mitgliedstaaten und in EWR-Staaten (Norwegen und Island) erzielt werden. Keine Änderungen ergeben sich hingegen für Spielgewinne aus Lotterien u. ä. Spielen; sie bleiben weiterhin in der bisherigen Form steuerpflichtig.
- MwSt-Sätze für Gewürze
Der MwSt-Satz für die Gewürze bzw. die entsprechenden Pflanzen für Basilikum, Salbei, Rosmarin und Origano wird auf 5% vereinheitlicht. Nur zur Erinnerung: Bislang galt für frische Gewürze der verminderte Satz von 4%, für die Basilikum-, Salbei- und Rosmarinpflanzen der MwSt-Satz von 10%, und für Origano der Regelsatz von 22%. Der MwSt-Satz für Lebensmittelzubereitungen für Risotto hingegen wird von bislang 4% auf 10% erhöht. Außerdem wird der MwSt-Satz für Trüffel von 22% auf 10% reduziert.
Die neuen MwSt-Sätze gelten für ab dem 23. Juli 2016 getätigte Umsätze.
- Mitarbeiterschutz bei Übertragung von Werkverträgen.
Der in Art. 2112 ZGB für die Arbeitnehmer vorgesehene Schutz im Falle von Übertragungen von Betrieben und Betriebszweigen wird nun auch auf die Übertragung von Werksverträgen ausgedehnt. Im Detail wird die Übertragung eines Werkvertrages einer Betriebsübertragung gleichgestellt, wenn das Personal des früheren Auftragnehmers übernommen wird und der neue Auftragnehmer keine eigene Betriebsstruktur besitzt
- Sonstige Bestimmungen
Die Verordnung enthält weitere Änderungen, die hierzulande aber nur von marginaler Bedeutung sein dürften:
- Amateursammler von Trüffel unterliegen einer Abgeltungssteuer von 23% auf 78% ihrer Erlöse.
- Die pauschale Besteuerung der Reedereien wird geändert.
- Es werden die steuerlichen Erleichterungen für die landwirtschaftlichen Konsortien geändert.
- Pkws von Nichtansässigen: Es wird eine Befreiung von der Kfz-Steuer für vorübergehend eingeführte Fahrzeuge von Nichtansässigen aus Drittländern vorgesehen. Die Befreiung gilt für ein Kalenderquartal. Es wird auch eine Steuerbefreiung für die Fahrzeuge der nichtansässigen Studenten vorgesehen.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Josef Vieider