Zur Erinnerung: Seit 1. Jänner 2020 gilt bekanntlich für alle Steuersubstituten die Verpflichtung, bei Dienstleistungs- und Werkverträgen die Einzahlung der Lohnsteuern zu überprüfen.
Diese Kontrollfunktion greift nach den letzten Änderungen immer dann, wenn Aufträge erteilt werden,
- bei welchen die Arbeitsleistung gegenüber dem Materialeinsatz überwiegt und
- bei welchen vorwiegend Geräte, Werkzeuge und Maschinen zum Einsatz kommen, die vom Auftraggeber selbst beigestellt werden und
- die an Betriebsstätten („sedi di attività“) des Auftraggebers ausgeführt werden.
Sollten diese drei Voraussetzungen gemeinsam vorliegen, so ist das ausführende Unternehmen verpflichtet, die Lohnsteuern für die Mitarbeiter getrennt nach Auftraggebern einzuzahlen (die korrekte Aufteilung dürfte eine bürokratische Meisterleistung werden) und innerhalb von 5 Tagen nach der Fälligkeit (erstmals also innerhalb 21. Februar 2020) dem Auftraggeber mittels Vordrucks F24 und detaillierter Aufstellungen der eingesetzten Mitarbeiter mit den jeweiligen Entlohnungen nachzuweisen, dass es die Lohnsteuern für die vor Ort beschäftigten Arbeiter korrekt eingezahlt hat. Aber damit nicht genug: Bei der Einzahlung der Lohnsteuern sind zudem keinerlei Verrechnungen mit anderen Steuerguthaben zulässig, damit auch der Staatshaushalt sein Fett von der Reform abbekommt!
Von diesem Bürokratiemonstrum darf allerdings abgesehen werden,
- wenn der Auftragswert den Betrag von 200.000 Euro im Jahr nicht übersteigt oder
- wenn der Auftragnehmer nachweist, in den letzten 3 Jahren
a) mit seinen Steuererklärungen in Ordnung zu sein,
b) über sein Steuerkonto zumindest 10% seiner Umsatzerlöse eingezahlt zu haben und
c) keine behängenden Steuervorschreibungen oder Feststellungsbescheide von mehr als 50.000 Euro zu haben.
Und um das Vorhandensein dieser 3 Befreiungsgründe nachzuweisen, muss der Auftragnehmer beim zuständigen Steueramt eine eigene Bescheinigung anfordern und dem jeweiligen Auftraggeber vorlegen. Diese hat dann eine Gültigkeit von jeweils 4 Monaten.
Mit Verordnung vom 6. Februar 2020 hat die Agentur der Einnahmen endlich die notwendigen Durchführungsbestimmungen erlassen und einen Mustervordruck für eine solche Freistellungsbescheinigung erarbeitet. Im Sinne der Verordnung soll es möglich sein, die Bescheinigung mit Bezug auf den letzten Tag des Vormonats (z. B. 31.01.2020) ab dem 3. Arbeitstag des Folgemonats (für Jänner also seit dem 5 Februar) bei einem beliebigen territorial zuständigen Amt der Agentur der Einnahmen durch einen rechtlichen Vertreter des Auftragnehmers anzufordern und abzuholen. Einzig Großunternehmen (mit Umsatzerlösen über 100 Mio. Euro) müssen sich an die jeweilige Regionaldirektion (in Südtirol Provinzialdirektion in Bozen) wenden.
Soweit alles in Ordnung ist, sollte die Agentur die Bescheinigung nach der beiliegenden Vorlage umgehend ausdrucken und aushändigen, und dieser Vordruck kann dem Auftraggeber übergeben werden, womit
- einmal die aufgezeigten Verpflichtungen zum Nachweis von Entlohnung und Einzahlung der Lohnsteuern entfallen und
- wodurch auch der Auftraggeber von weiteren Kontrollpflichten befreit wird.
Wir legen diesem Rundschreiben den veröffentlichten Vordruck für die Bescheinigung bei.
Hinweis: Sollten die Voraussetzungen für die neue Kontrollpflicht der Lohnsteuern vorliegen, können wir Ihnen nur empfehlen, umgehend die aufgezeigte Bescheinigung beim Steueramt anzufordern, weil dadurch die Verpflichtungen entfallen,
- am 16. Februar 2020 die Lohnsteuern getrennt nach Arbeitsstelle (und zudem ohne Verrechnungsmöglichkeit!) einzuzahlen und
- weiters die aufgezeigten Unterlagen über die Zahlung dem Auftraggeber innerhalb 21.02.2020 auszuhändigen. Dem Auftraggeber muss nur eine Kopie der Bescheinigung überlassen werden.
Bleibt zu ergänzen, dass für die nächsten Tage (hoffentlich vor dem 16.02.20) ein Rundschreiben der Agentur der Einnahmen erwartet wird, in welchem weitere Details zu den neuen Kontrollpflichten erläutert werden sollen. Vorweggenommen werden darf, dass in den Konferenzen des sog. „telefisco“ geklärt worden ist, dass die neue Verpflichtung nur für Entgelte greift, die ab 1. Jänner 2020 angereift sind; im Umkehrschluss: Für Lohnzahlungen im Jänner, welche kompetenzmäßig früheren Perioden zuzurechnen sind, kommt die neue Kontrollpflichte nicht zur Anwendung. Ebenso wurde klargestellt, dass die oben aufgezeigte Grenze von 200.000 Euro als Jahreslimit zu sehen ist, und nicht begrenzt auf einzelne Aufträge.