Zur Erinnerung: Im Haushaltsgesetz für 2020 (Art. 1, Abs. 2019-224) ist eine Bestimmung enthalten, wonach für die im Jahr 2020 getragenen Kosten für die Instandhaltung der Fassaden von Gebäuden ein Absetzbetrag von 90% (neunzig Prozent) zuerkannt wird, und zwar ohne betragliche Obergrenze der Ausgaben. Die Baueingriffe können im Zuge von baulichen Umgestaltungen und Sanierungen, aber auch im Zuge von außerordentlichen oder ordentlichen (!) Instandhaltungen erfolgen. Eine arge Einschränkung stellt dar, dass sie Liegenschaften in A-Zonen (historische Zentren) und B-Zonen (Auffüllzonen) im Sinne der Verordnung 1444/1968 belegen sein müssen. Die zuerkannte Steuergutschrift ist über 10 Jahre in gleichen Raten verrechenbar.
Wie mitgeteilt, ist die Bestimmung äußerst unglücklich geschrieben, so dass der sachliche (nur Wohngebäude oder auch Bürogebäude?) und subjektive (nur natürliche Personen oder auch Unternehmen/Gesellschaften?) Anwendungsbereich nicht klar zu erkennen ist. Der Dachverband der Bauunternehmer (ANCE) hat bislang eine sehr vorsichtige Auslegung vertreten und den Anwendungsbereich auf Wohngebäude und natürliche Personen beschränkt.
Am 14. Februar 2020 hat die Agentur der Einnahmen mit Rundschreiben Nr. 2/E und gleichzeitig mit Veröffentlichung eines umfangreichen Leitfadens („Bonus facciate“) ihre Sichtweise kundgetan, und die Auslegung überrascht:
- Begünstigt sind Gebäude aller Katasterkategorien, und
- zum Steuerabsetzbetrag zugelassen sind neben den natürlichen Personen auch Unternehmen, Freiberufler, Gesellschaften und Körperschaften.
Umgekehrt muss befürchtet werden, dass die zugelassenen Arbeiten sich i. W. auf das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes nach Außen beschränken werden. Hier die Details des Rundschreibens:
Wesen der Begünstigung
Für die im Jahr 2020 getragenen Aufwendungen wird sowohl für Zwecke der IRPEF als auch für Zwecke der IRES (bei Kapitalgesellschaften und Körperschaften) eine Steuergutschrift im Ausmaß von 90% der getragenen Ausgaben zuerkannt. Die Gutschrift ist als Steuerabsetzbetrag in gleichen Raten über die nächsten 10 Jahre geltend zu machen. Eine Abtretung des Guthabens an Dritte oder ein Nachlass in der Rechnung werden ausdrücklich ausgeschlossen.
Wer hat Anrecht?
Der Steuerabsetzbetrag steht natürlichen Personen, und zwar auch Unternehmen und Freiberuflern, öffentlichen und privaten Körperschaften, einfachen Gesellschaften, Freiberuflervereinigungen, Personen- und Kapitalgesellschaften zu. Ausgeschlossen bleiben nur Unternehmen und Freiberufler mit pauschalen Abrechnungsformen. Anrecht haben, soweit sie die Kosten tragen, sowohl die Eigentümer der
Liegenschaften oder Inhaber anderer Realrechte wie Oberflächenrecht und Fruchtgenussrecht, als auch Mieter oder Leihnehmer sowie Leasingnehmer bei Leasingverträgen. Bei Miet- und Leihverträgen wird die ordnungsmäßige Registrierung des Vertrages verlangt. Zudem sind abzugsberechtigt, immer soweit sie die Kosten tragen, mit dem Eigentümer zusammenlebende Familienangehörige innerhalb des 3. Grades und Partner im Rahmen anerkannter Lebensgemeinschaften; in diesen Fällen ist allerdings verlangt, dass in dem Gebäude tatsächlich ein Zusammenleben möglich ist (unabhängig vom etwaigen Hauptwohnsitz), und im Umkehrschluss bleiben gewerblich genutzte Gebäude von einer erweiterten Absetzbarkeit durch die Familienangehörigen ausgeschlossen.
Zeitliche Zuordnung
Für natürliche Personen, Freiberufler und nicht gewerbliche Körperschaften steht der Abzug für die Zahlungen im Jahr 2020 zu. Im Rahmen von Unternehmenseinkünften hingegen ist auf die wirtschaftliche Zuordnung der Aufwendungen an das Jahr 2020 abzustellen. Bei Kondominien ist auf die Zahlung durch das Kondominium (und nicht auf die Zahlung durch die Miteigentümer an die Kondominiumskasse) zu achten. Für Kapitalgesellschaften mit abweichendem Geschäftsjahr steht die Begünstigung für das zum 31.12.2020 laufende Geschäftsjahr zu.
Welche Gebäude
Begünstigt sind Gebäude jeglicher Katasterkategorie, also z. B. Wohngebäude, Bürohäuser und auch Fabriksgebäude. Das Gebäude muss sich aber in einer A-Zone (historischer Kein) oder in einer B-Zone (Auffüllzone) befinden. Umgekehrt sind Gebäude in den urbanistischen Zonen C, D, E und F ausgeschlossen.
Welche Arbeiten?
Zu beachten: Begünstigt sind nur Arbeiten auf bestehenden Gebäuden; Arbeiten auf den Fassaden im Zuge eines Neubaus sind also nicht betroffen. Die zugelassenen Wiedergewinnungsarbeiten umfassen ordentliche und außerordentliche Instandhaltungen, Sanierungen und bauliche Umgestaltungen. Nicht begünstigt ist hingegen der Abbruch und Wiederaufbau, und zwar auch dann nicht, wenn er urbanistisch als bauliche Umgestaltung klassifiziert wird, weil z. B. ein Wiederaufbau mit gleichem Bauvolumen erfolgt.
Sehr restriktiv sind das vorliegende Rundschreiben und der Leitfaden, was den Inhalt der Arbeiten selbst anbelangt: Hier gilt: Es zählt der Schein. Entsprechend sind alle Arbeiten zur Wiedergewinnung auf den sichtbaren Außenfassaden bestehender Gebäude begünstigt, während Arbeiten auf Fassaden, die von der Straße oder von öffentlichen Plätzen aus nicht sichtbar sind, ausgeschlossen bleiben. Dies gilt für Durchgänge ebenso wie für Innenhöfe. Auch das Dach gehört nicht zur Außenfassade.
Nicht begünstigt sind Arbeiten auf den Innenwänden!
Und bei den Arbeiten auf diesen Außenfassaden zielt man in erster Linie auf die Reinigung und den Neuanstrich und die Gestaltung von Balkonen, Regenwasserleitungen, Ornamenten und Anlagen ab, während umgekehrt der Austausch von Fenstern, Türen und Umzäunungen grundsätzlich ausgeschlossen ist, ebenso wie die Sonnenschutzvorrichtungen und Markisen. Soweit es sich nicht nur um Arbeiten zur Reinigung oder zum Anstrich der Fassaden handelt, sondern auch thermische Eingriffe vorgenommen werden oder die Arbeiten mehr als 10% der Außenhülle betreffen, müssen
- die Mindestanforderungen für den Energieausweis und
- jene laut Tabelle 2 zur Anlage B zur Verordnung vom 11. März 2008 erfüllt sein, damit für diese Arbeiten der Abzug von 90% zusteht; andernfalls wird man sich mit dem allgemeinen Ökobonus oder mit dem Steuerabsetzbetrag für Wiedergewinnungen von Wohngebäuden begnügen müssen.
Hinweis: Achillesferse der ansonsten durchwegs zu begrüßender Begünstigung wird die genaue Abgrenzung der zugelassenen Arbeiten sein. Wir können nur hoffen, dass hier alsbald Klarheit herrscht, zumal die Begünstigung auf das Jahr 2020 beschränkt ist.
Zahlung
Nichtunternehmen sind verpflichtet, alle Zahlungen mit Bank- oder Postüberweisung durchzuführen, bei Angabe des Zahlungsgrundes und Ausweis der Steuernummer des Auftraggebers und der Mwst- oder Steuernummer des Begünstigten auf dem Überweisungsbeleg.
Sonstige Verpflichtungen
Um das Anrecht auf den Steuerabsetzbetrag zu wahren, sind weiters insbesondere folgende Vorkehrungen notwendig:
- Vor Baubeginn muss die einschlägige Meldung an das Amt für Arbeitssicherheit gemacht werden, soweit aufgrund der Bestimmungen über die Arbeitssicherheit erforderlich;
- Angabe der Katasterdaten des Gebäudes in der Steuererklärung;
- Aufbewahrung aller Unterlagen wie Rechnungen, Zahlungsbelege und Baugenehmigungen;
- soweit energetische Sanierungen durchgeführt werden, ist zudem die Meldung an die Körperschaft ENEA mit den entsprechend beeideten Gutachten notwendig. Und hier ist auch ein Energieausweis erforderlich.
Wir legen diesem Rundschreiben den Leitfaden der Agentur der Einnahmen und das Rundschreiben Nr. 2/E zur Vertiefung bei, insbesondere zur technischen Abgrenzung der begünstigen Arbeiten.
Anlagen: