Das Haushaltsgesetz für 2024 wurde mit G. Nr. 213 vom 30. Dezember 2023 verabschiedet und am gleichen Tag im Amtsblatt Nr. 303 veröffentlicht. Es ist seit 1. Jänner 2024 in Kraft. Im Unterschied zu früheren Jahren können die darin enthaltenen Änderungen fast mit den Fingern abgezählt werden. Das heißt aber nicht, dass zum Jahresende nicht trotzdem eine Unmenge von Änderungen rechtswirksam geworden sind, denn gleichzeitig treten in diesen Tagen die Änderungen aus der sog. Begleitverordnung (G.V. 145/2023), die Änderungen aus der Verordnung zur „Rettung Superbonus“ (G.V. 212/2023), das Silvesterdekret (sog. „Milleproroghe“, G.V.215/2023) und eine Reihe von Durchführungsverordnungen zur Steuerreform des Vorjahres in Kraft, und zwar die Internationalisierungsverordnung D.Lgs. Nr. 209/2023), die erste Verordnung zur Abänderung der Einkommensteuern der natürlichen Personen (D.Lgs. Nr. 216/2023), die Verordnung zur Abänderung der Charta des Steuerzahlers (D.lgs. Nr. 219/2023), die Verordnung zur Änderung der Steuergerichtsbarkeit (D.Lgs. Nr. 220/2023) und die Verordnung über die Zusammenarbeit mit der Finanzverwaltung (D.Lgs. Nr. 221/2023) sowie zuletzt noch die sog. Vereinfachungsverordnung (D.lgs. Nr. 1/2024), und für den Steuerpflichtigen macht es am Ende keinen Unterschied, wo die Neuerungen herrühren.
Hier ein erster Überblick über die Änderungen für Unternehmen und Freiberufler, wie immer ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Mit getrennten Rundschreiben werden wir die Neuerungen für Liegenschaften und das Bauwesen, die Neuerungen im Bereich der Mehrwertsteuer sowie sonstige Änderungen und insbesondere die Internationalisierungsverordnung erörtern.
1. Neuerungen, Streichungen und Änderungen bei diversen Steuerbegünstigungen
Wir beginnen, wie es sich für das neue Jahr gehört, wieder mit den guten Nachrichten zu diversen Steuererleichterungen:
Investitionen Sachanlagen Industrie 4.0: Reduzierung wirksam
Verlängerung und Reduzierung der Steuergutschriften auf Investitionen
Wie bereits im Haushaltsgesetz für 2023 verfügt, wird die Förderung im Bereich Industrie 4.0 für die Jahre 2023, 2024 und 2025 wesentlich reduziert:
- 20% für Investitionen bis zu 2,5 Millionen Euro,
- 10% für Investitionen von mehr als 2,5 und bis zu zehn Millionen Euro, und
- 5% für Investitionen von mehr als zehn und bis zu höchstens 20 Millionen Euro.
Wichtig: Im Unterschied zu früher gelten die obgenannten Schwellen nicht für die einzelnen Jahre, sondern einheitlich für den gesamten Dreijahreszeitraum 2023 - 2025. Wer demnach bereits 2023 20 Millionen investiert hat, erhält in den Folgejahren keine Förderung mehr.
Auch für 2024 ist bei Investitionen im Bereich Industrie 4.0 für Investitionen mit Kosten über 300.000 Euro die beeidete Schätzung eines Sachverständigen notwendig. Wird die genannte Investitionsschwelle nicht überschritten, reicht eine Erklärung des rechtlichen Vertreters über die Eigenschaften der Güter im Sinne der Bestimmungen im Bereich Industrie 4.0.
Entgegen diversen Meldungen zum Jahresende ist mit dem Silvesterdekret keine Verlängerung für verspätete Übergaben erlassen worden. Zum Jahresende gab es nämlich zahlreiche Meldungen, wonach die mit 30. November 2023 verfallene Frist für die Übergabe von im Jahr 2022 vorgemerkten Gütern hätte auf den 30. Juni 2024 verschoben werden sollen. Bitte beachten, dass diese Fristverlängerung nicht umgesetzt worden ist!
Zur Erinnerung: Für diese Investitionen ist auf den Rechnungen stets der Vermerk über die Steuerbegünstigung (Bezug auf Abs. 1051 – 1063 Art. 1 G. 178/2020) anzubringen (ggf. auch mit einem Stempel), und hierzu hat die Agentur der Einnahmen nach einigen widersprüchlichen Aussagen mit Antwort vom 10. Jänner 2024 geklärt, dass zumindest auf den Lieferscheinen der genannte Rechtsbezug nicht notwendig ist, vorausgesetzt, die Kenndaten dieser Lieferscheine gehen aus der Rechnung hervor.
Investitionen in immaterielle Anlagen Industrie 4.0
Für das Jahr 2024 aufrecht bleibt die Förderung von Investitionen in immaterielle Anlagen im Bereich Industrie 4.0; sie gilt bekanntlich noch bis zum 31. Dezember 2025 (mit der üblichen Übergangsregelung bis zum 30. Juni 2026). Der zur Förderung zugelassene Höchstbetrag beträgt jeweils 1 Mio. Euro pro Jahr, und die Steuergutschrift beträgt 2024 15% und wird 2025 auf 10% reduziert.
Nachzahlung der Steuergutschrift F+E
Steuerbonus F+E (G.V. 145/2023)
Die Frist für die Nachzahlung (ohne Strafen und Zinsen) etwaiger zu Unrecht beanspruchter Steuergutschriften im Zusammenhang mit Forschung und Entwicklung in den letzten Jahren wird abermals verlängert, und zwar vorerst auf den 30. Juli 2024. Zudem stellt der Beginn von Überprüfungen durch die Finanzverwaltung keinen Ausschlussgrund für diese Sanierung mehr dar; erst die Ausstellung eines Erhebungsprotokolls mit einschlägigen Beanstandungen versperrt den Zugang zur begünstigten Nachzahlung. Damit sind auch Zweifel über die begünstigte Abfindung all jener Fälle beseitigt, wo in den letzten Monaten schon Fragebögen der Agentur der Einnahmen zu den Gutschriften zugestellt worden sind. Interessant ist auch folgende Regelung: Wer bereits einen Antrag auf Sanierung im Sinne bisheriger Bestimmungen gestellt, die Zahlung aber noch geleistet hat, kann den alten Antrag bis 30. Juni 2024 widerrufen und auf den neuen Sanierungsprozess hoffen. Soweit nicht abermals eine Verlängerung erfolgt, werden wir Sie rechtzeitig über die notwendigen Maßnahmen informieren.
Sabatini-Förderung (Art. 1 Abs. 256 HG)
Die Frist für die Fertigstellung von Gütern, für welche in der Zeit zwischen dem 1. Jänner 2022 und dem 31. Dezember 2023 um eine Finanzierung angesucht wurde, wird um 6 Monate auf insgesamt 18 Monate verlängert.
Zudem werden die Förderungen für Neuinvestitionen laut Gesetz Sabatini-ter für 2024 neu finanziert.
Abschaffung der ACE (Art. 5 D.Lgs. 216)
Die Eigenkapitalförderung für Unternehmen in Form einer fiktiven Verzinsung wird abgeschafft, und zwar für die Steuerperiode, welche nach dem 31. Dezember 2023 beginnt. Positiv hervorgehoben werden muss, dass Überschüsse aus den Vorjahren zeitlich unbegrenzt vorgetragen und verwendet werden dürfen. Im Jahresabschluss für das Jahr 2023 darf die ACE noch berechnet werden, die fiktive Eigenkapitalverzinsung beträgt allerdings bescheidene 1,3% p.a.!
Freistellung Super-ACE
An dieser Stelle aber auch eine gute Nachricht: Ab 1. Jänner 2024 verfällt die Sperrfrist von 3 Jahren für jene Unternehmen, welche im Jahresabschluss für 2020 (immer bei einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Geschäftsjahr) die damalige Super-ACE von 15% für Erhöhungen des Reinvermögens beansprucht haben. Diese Begünstigung verlangte insbesondere, dass diese Erhöhungen für zumindest 3 Jahre nicht ausgeschüttet würden, bei anderweitigem Verfall. Und diese Sperrfrist ist nun ausgelaufen, so dass ab 1. Jänner 2024 wieder Ausschüttungen zulässig sind.
Steuergutschrift Transportunternehmer (Art. 1 Abs. 296-297 HG)
Transportunternehmen mit Eintragung im Verzeichnis der Güterbeförderer auf Rechnung Dritter mit Fahrzeugen mit einer Traglast ab 7,5 t wird nachträglich auch für den Monat Juli 2022 eine Steuergutschrift in Höhe von maximal 12% der Treibstoffkosten zuerkannt, und zwar für Fahrzeuge ab der Schadstoffklasse Euro 5. Bislang war die Förderung auf den Zeitraum bis zum 30. Juni 2022 begrenzt gewesen.
Neuregelung Deminimis (Regl. EU 2831 und 2832/2023)
Für den Zeitraum 1. Jänner 2024 bis 31. Dezember 2030 wird die Schwelle für sog. Deminimis-Beihilfen neu geregelt: Die bisherige Obergrenze von 200.000 Euro wird auf 300.000 Euro im 3Jahreszeitraum angehoben. Zudem werden die Regelungen zur zeitlichen Berechnung geändert: Bislang galten als Beobachtungsraum das laufende und die 2 vorhergehenden Kalenderjahre. Die neue Formulierung legt nahe, dass es sich um einen rollenden Termin handelt, so dass bei jeder Beitragsgewährung das jeweilige Datum und der vorhergehende 3Jahreszeitraum (z. B. 5. Jänner 2024 – 5. Jänner 2021) zu berücksichtigen sind. Unter die Deminimis-Regelung fällen nun auch Transportfahrzeuge, so dass die Staaten auch die Möglichkeit haben, die Förderungen auf den Güterverkehr zu erweitern.
Unterlassene Meldungen von Steuerguthaben in Erklärung führen nicht zur Aberkennung (Art. 13 D.lgs. 1/2024)
Durch diese Neuerung dürfte vielen ein Stein vom Herzen fallen: Die korrekte Meldung der diversen Steuerguthaben in der jährlichen Steuererklärung hat zuletzt viele zur Verzweiflung gebracht, auch weil die Anleitungen über eine korrekte periodische Zuordnung der Beihilfen alles andere als eindeutig waren. Nun wird geklärt, dass die unterlassene Meldung in der Steuererklärung zumindest nicht zur Aberkennung der Guthaben führen darf, wenn die restlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung gegeben sind.
Bestraft sind all jene, die aufgrund von fehlerhaften Meldungen bereits Rückzahlungen leisten mussten. Sie können keine Erstattung beantragen.
Bereits für 2023 ist es nach bisherigen Informationen nicht mehr notwendig, alle Steuerguthaben im Vordruck RU anzugeben.
Veräußerung aufgewerteter Anlagegüter
Wer im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2020 Anlagegüter aufgewertet hat, darf diese seit 1. Jänner 2024 unter Berücksichtigung der Aufwertung veräußern. Zur Erinnerung: Bei etwaigen Veräußerungen aufgewerteter Güter innerhalb der Sperrfrist von 3 Jahren wäre die Aufwertung aberkannt worden. Nun hingegen werden etwaige Veräußerungsgewinne nur mehr auf die Differenz zwischen Verkaufserlös und aufgewerteten Gestehungskosten ermittelt.
Steuergutschrift Filmwelt (Art. 1 Abs. 54 HG)
Die bisherigen Steuergutschriften für das Filmgeschäft werden grundlegend überarbeitet. Sollten Sie hier betroffen sein, setzten Sie sich bitte mit unserem Büro für weitere Details in Verbindung.
2. Änderungen bei der Gewinnermittlung
Berichtigung des Warenlagers (Art. 1 Abs. 78-85 HG)
Wie bereits mit Rundschreiben Nr. 51/2023 mitgeteilt, wurde nach rund 20 Jahren wiederum die Möglichkeit eingeführt, gegen Zahlung einer Ersatzsteuer die Anfangsbestände im Warenlager zu berichtigen: Unternehmen, welche die nationalen Rechnungslegungsgrundsätze OIC (ausgeschlossen ist umgekehrt, wer nach IFRS bilanziert!) anwenden, können, unabhängig von ihrer Rechtsform (Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften) für das zum 30. September 2023 laufende Geschäftsjahr die Anfangsbestände laut Art. 92 EESt zu Beginn des Geschäftsjahres (i. d. R. also zum 01.01.2023) berichtigen. Berichtigt werden können Anfangsbestände an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Halbfertigwaren, Fertigwaren und Handelswaren. Umgekehrt muss laut Wortlaut des Gesetzes (in diesem Sinne auch das seinerzeitige Rundschreiben Nr. 115/2000) davon ausgegangen werden, dass Anfangsbestände an laufenden Arbeiten und Dienstleistungen nicht berichtigt werden können.
Möglich sind sowohl eine Streichung überhöhter Anfangsbestände als auch eine Einschreibung zusätzlicher Bestände zu Beginn des Geschäftsjahres, wobei im Detail bei einer Minderung sowohl quantitative Reduzierungen als auch nur Abwertungen zulässig sind, während bei Zuschreibungen (zumindest lauf Auslegung im Rundschreiben Nr. 115/2000) nur quantitative Erhöhungen zulässig sind und nicht auch reine Aufwertungen der Anfangsbestände ohne quantitative Änderungen der Bestände.
Auf die Differenz ist eine Ersatzsteuer für IRPEF, IRES und IRAP in Höhe von 18% geschuldet. Bei einer Streichung von Endbeständen wird allgemein von einem Schwarzverkauf ausgegangen, und entsprechend wird verlangt, dass auf die Differenz zusätzlich die Mehrwertsteuer zu den Durchschnittssätzen des Geschäftsjahres 2023 auf die Differenz nachgezahlt wird; diese Mehrwertsteuer muss übrigens mit einem Aufwertungssatz berichtigt werden, dessen Höhe mit einer eigenen Verordnung festgelegt werden soll.
Bei Zuschreibungen in der Vergangenheit „vergessener“ Bestände kann die Korrektur zu erheblichen Steuerersparnissen führen; Minderungen werden nur in Sonderfällen sinnvoll sein!
Die Ersatzsteuer und die Mehrwertsteuer (bei Minderungen) sind in zwei Raten innerhalb der Termine für die Steuerzahlung für 2023 und innerhalb der Frist für die zweite Vorauszahlung für 2024 zu entrichten.
Die so durchgeführten Korrekturen werden sowohl für handels- als auch für steuerrechtliche Zwecke anerkannt und dürfen zu keinerlei Strafen führen, ausgenommen der Fall, dass bei Inkrafttreten des Haushaltsgesetzes 2024 bereits einschlägige Erhebungsprotokolle vorliegen. Bleibt noch zu ergänzen, dass die Ersatzsteuer für Einkommensteuerzwecke natürlich nicht absetzbar ist.
Kritisch muss angemerkt werden, dass die Maßnahme deckungsgleich mit jener im Jahr 2000 ist; in der Zwischenzeit haben sich die Bestimmungen über die Verantwortung von Verwaltungs- und Überwachungsrat aber grundlegend geändert, und es wird zu beachten sein, wie die Doktrin in den nächsten Monaten die Neuerung aufnimmt.
Capital gain nicht ansässiger Gesellschaften (Art. 1 Abs. 59 HG)
In der EU oder im EWR ansässige Kapitalgesellschaften ohne Betriebsstätte in Italien, die in Italien Veräußerungsgewinne aus Beteiligungen erzielen und diese im Sinne des jeweiligen DBAs auch hier besteuern müssen, haben Anrecht auf die sog. PEX (Besteuerung nur von 5% des Gewinns), soweit die einschlägigen Voraussetzungen, wie sie für italienische Gesellschaften gelten, gegeben sind. Die Gesetzesänderung trägt einem jüngsten Urteil der Kassation (Nr. 21261/2023) Rechnung. Auf die so reduzierten Veräußerungsgewinne kommt eine Ersatzsteuer von 26% zur Anwendung.
Interessant ist, dass die nicht ansässigen Kapitalgesellschaften etwaige Veräußerungsverluste im Ausmaß von 5% verrechnen dürfen, während bei ansässigen Kapitalgesellschaften bekanntlich eine 100%ige Nichtabsetzbarkeit gegeben ist.
Kooperative Compliance (D.lgs. 221/2023)
Nach den Empfehlungen der OECD sollen die Steuerprüfungen möglichst zeitnah und nicht erst im Nachhinein erfolgen. Das Verfahren der „Cooperative Compliance“, also der begleitenden Kontrolle, die derzeit nur für Großunternehmen mit Umsatzerlösen über 750 Millionen Euro gilt, soll schrittweise bis 2028 auf Unternehmen mit Erlösen bis zu 100 Millionen Euro ausgedehnt werden. Zu diesem Zweck wird nun die Errichtung eines steuerlichen internen Kontrollsystems (IKS oder SKS oder TCF – tax control framework) vorgesehen. Dieses muss von einem Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder einer anderen befähigten Person geprüft und bestätigt werden. Es ermöglicht die Verkürzung der Verjährungsfristen und die Verminderung der Verwaltungsstrafen. Wir werden Sie hier über die weiteren Entwicklungen zeitnah informieren!
OIC Nr. 34
Wie bereits mitgeteilt, werden mit 1. Jänner 2024 die Bestimmungen des OIC Nr. 34 über die korrekte Erfassung der Erlöse wirksam. Wir verweisen auf unser Rundschreiben zum Thema.
3. Sonstige Änderungen für Unternehmen und Freiberufler:
Zucker- und Plastiksteuer (Art. 1 Abs. 44 HG)
Die beiden mit dem Haushaltsgesetz 2020 eingeführten und immer wieder aufgeschobenen Steuern werden abermals aufgeschoben, aufgrund der knappen Finanzmittel aber zunächst nur bis zum 1. Juli 2024.
Verrechnung Sozialabgaben (Art. 1 Abs. 94-97 HG)
Auch für Guthaben aus Sozialabgaben (INPS und INAIL) darf ab 1. Juli 2024 die Verrechnung über den Zahlungsvordruck F24 nur mehr über die Plattform der Einnahmenagentur vorgenommen werden. Das Guthaben darf erst ab dem zehnten Tag nach Abgabe der Erklärung verwendet werden, aus welcher das Guthaben hervorgeht.
F24: Verrechnungsverbot bei Steuerbescheiden über 100.000 Euro (Art. 1 Abs. 94 HG)
Bei überfälligen Zahlungsbescheiden aus Steuerfestsetzungen von in Summe mehr als 100.000 Euro wird die Verrechnung von Steuerguthaben über den Zahlungsvordruck F24 zur Gänze verboten. Die Einschränkung gilt ab 1. Juli 2024. Das Verbot gilt nicht, wenn im Zuge eines Steuerstreitverfahrens eine Aussetzung der Zahlung zuerkannt worden ist. Allerdings wäre nach derzeitiger Formulierung die etwaige Zulassung zur Ratenzahlung, ggf. auch mit korrekter Zahlung der 1. Rate, bei einem überfälligen Betrag von mehr als 100.000 Euro ein Grund für das Verrechnungsverbot. Hier ist zu hoffen, dass bis Juli noch eine Änderung erlassen wird.
Zur Beachtung: Bereits bislang galt eine Regelung, wonach bei verfallenen Zahlungsbescheiden von mehr als 1.500 Euro eine Verrechnung ausgeschlossen war; dieses Verrechnungsverbot ist allerdings auf den Betrag des Zahlungsbescheides beschränkt. Wenn z. B. ein verfallener Bescheid von 10.000 Euro vorliegt, das Guthaben aber 100.000 Euro beträgt, so dürfen 90.000 Euro verrechnet werden, ggf. mit dem notwendigen Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers. Die neue Regelung hingegen sieht bei Überschreiten der Schwelle von 100.000 Euro ein absolutes Verrechnungsverbot vor. Und wichtig: Die „alte“ Regelung ist nicht abgeschafft worden, sondern gilt weiterhin, aber eben nur bis zu 100.000 Euro. Laut einer wörtlichen Auslegung der neuen Bestimmung sind vom Verrechnungsverbot auch Steuerguthaben aus Wiedergewinnungsarbeiten im Bauwesen betroffen.
Versicherungspflicht Unwetterschäden (Art. 1 Abs. 101 – 111 HG)
Alle Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätte in Italien sind verpflichtet, spätestens bis 31. Dezember 2024 eine Versicherung zur Deckung von Schäden an Grundstücken, Gebäuden und Sachanlagen abzuschließen, die unmittelbar durch Naturkatastrophen (Überschwemmungen, Erdbeben, Erdrutsche) verursacht werden können. Der Selbstbehalt darf 15% des Schadens nicht übersteigen. Bei Unterlassungen drohen Kürzungen bei Beihilfen und Unterstützungen im Katastrophenfall.
Gegen Versicherungsgesellschaften, welche entsprechende Versicherungen ablehnen, können Verwaltungsstrafen zwischen 100.000 Euro und 500.000 Euro verhängt werden.
Überwachungsrat
Mit 1. Jänner 2024 werden für Überwachungsräte in Aktiengesellschaften, GmbHs und Genossenschaften neue Kontrollvorschriften wirksam. Die Neuerungen betreffen insbesondere die sog. totalitäre Gesellschafterversammlung, den Bereich „whistleblowing“ und Krisensituationen des Unternehmens.
Quellensteuer für Versicherungsagenten (Abs. 89–90 Art. 1 HG)
Bekanntlich waren die von den Versicherungsgesellschaften an die Agenten ausgezahlten Provisionen bislang von der Quellensteuer befreit. Für die Zahlungen ab 1. April 2024 fällt diese Befreiung. Die künftigen Zahlungen unterliegen nach den allgemeinen Bestimmungen für Provisionen einer verrechenbaren Quellensteuer von 23% auf 50% der Provisionen, reduziert auf 20% der Provisionen, wenn der Versicherungsagent seinem Auftraggeber mitteilt, sich ständig der Mitarbeit von Arbeitnehmern oder Dritten zu bedienen.
Neuerungen Steuersubstitute (D.Lgs Nr. 1/2024)
Interessante Vereinfachungen gibt es für Steuersubstituten, allerdings mit verzögerter Wirksamkeit. Ab 2025 müssen Steuerpflichtigen, die für das Pauschalsystem optiert haben, keine CU-Bescheinigungen mehr ausgehändigt werden. Die Verpflichtung war ohnehin nie ganz nachvollziehbar, wird hier doch keine Quellensteuer einbehalten. Aber Vorsicht: Zum 16.März 2024 müssen diese Bescheinigungen für 2023 noch erstellt werden. Zudem soll im Zuge eines Versuchsverfahrens für kleinere Unternehmen (bis zu 5 Lohnabhängige) erprobt werden, ob nicht die Einzahlungen über den Vordruck F24 mit zusätzlichen Meldungen die Meldung 770 ersetzen könnte. Sobald die notwendigen Durchführungsbestimmungen erlassen sind, werden wir Sie über diesen Punkt informieren.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Josef Vieider