Ab 31. März 2015 elektronischen Rechnungen an alle öffentlichen Körperschaften obligatorisch
Wir haben Sie bereits mit unserem Rundschreiben Nr. 20/2014 im Vorjahr kurz darüber informiert: Die EU fordert in ihrer RL 2010/45 von den Mitgliedstaaten zwecks Eindämmung der Papierflut die Einführung der elektronische Rechnungserteilung als vorherrschende Methode innerhalb 2020. Bislang wurde diese Richtlinie vor allem in kleineren Mitgliedsstaaten wie Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland umgesetzt. Italien hat offensichtlich beschlossen, hier ebenfalls eine Vorreiterrolle einzunehmen.
Entsprechend dürfen bereits seit dem 6. Juni 2014 an Ministerien, Steuerämter und an nationale Sozial- und Fürsorgeeinrichtungen keine Rechnungen mehr in Papierform ausgestellt werden; zu den letzten Einrichtungen gehören vor allem INPS, INARCASSA, CNPADC, ENPAM, CIPAG und ENPACL.
Ab Dienstag, den 31. März 2015, wird die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungserteilung im Wesentlichen auf alle öffentlichen Körperschaften ausgedehnt und betrifft demnach auch alle Gebietskörperschaften wie Land und Gemeinden; ursprünglich war diese Erweiterung erst für den 6. Juni 2015 vorgesehen gewesen. Soweit Zweifel bestehen, ob ein Kunde nun als öffentliche Körperschaft im aufgezeigten Sinne einzuordnen ist und nur mehr eine elektronische Rechnung erhalten darf, kann dies unter http://www.indicepa.gov.it überprüft werden: In dem Verzeichnis sind alle Körperschaften angeführt, an welche ab 31. März 2015 nur mehr elektronische Rechnungen ausgestellt werden dürfen.
Um sicherzustellen, dass die Verpflichtung auch eingehalten wird, ist es den genannten Körperschaften untersagt worden, Rechnungen, die ab genanntem Datum noch in Papierform ausgestellt werden, zu bezahlen. Obwohl bislang nicht offiziell bestätigt, darf aber davon ausgegangen werden, dass auch für die anstehende Fälligkeit zum 31. März 2015 wie zum 6. Juni des Vorjahres eine Übergangsfrist von 3 Monaten gewährt wird. Demnach dürften noch vor dem 31. März 2015 in Papierform ausgestellte Rechnungen von den betroffenen Körperschaften bis Ende Juni 2015 angenommen und bezahlt werden.
Hinweis: Für die Umstellung ist weniger das Datum ausschlaggebend, zu welchem der zugrundeliegende Geschäftsvorfall getätigt worden ist, als vielmehr das Rechnungsdatum. Wer an öffentliche Körperschaften noch Rechnungen in Papierform ausstellen will, muss dies mit einem Datum bis zum 30. März 2015 tun; die Rechnung kann dann der jeweiligen Körperschaft voraussichtlich noch bis Ende Juni in Papierform zugestellt werden.
Die notwendigen amtlichen Anleitungen und Softwarepakete für die elektronische Fakturierung sind eigentlich bereits seit letztem Juni verfügbar; in der Zwischenzeit haben sich keine wesentlichen Änderungen ergeben, abgesehen von der Anpassung der Verfahren an das zum Jahreswechsel eingeführte Split Payment; hierfür ist die Kennzahl „S“ eingeführt worden.
Die Bestimmungen über die elektronische Fakturierung umfassen:
- die Ausstellung,
- den Versand und
- schließlich die elektronische Archivierung der Rechnungen.
Die Verpflichtungen zur elektronischen Rechnungserteilung betreffen grundsätzlich alle Unternehmer und Freiberufler mit MwSt-Nummer, welche eine Rechnung an eine öffentliche Körperschaft ausstellen; vorerst ausgenommen sind lediglich Unternehmen, die nicht in Italien ansässig sind.
- Ausstellung der elektronischen Rechnungen:
Unternehmen und Freiberufler dürfen, wie oben aufgezeigt, an öffentliche Körperschaften ab 31. März 2015 für Lieferungen und Leistungen nur mehr Rechnungen in elektronischer Form (i. d. R. Format XML) und zusätzlich mit digitaler Unterschrift ausstellen. Es handelt sich hierbei um eine Rechnung, die unabhängig von ihrem elektronischen Format, nur elektronisch versendet oder elektronisch empfangen und (vom Aussteller) elektronisch archiviert wird.
Hinweis: Soweit Sie sich für die Erstellung der Rechnung nicht eines anerkannten Vermittlers bedienen, wird es notwendig sein, sich die notwendige Software zur Rechnungserstellung zu besorgen und ferner auch die digitale Unterschrift; übergibt man die Erstellung der elektronischen Fakturierung Dritten, so sind diese auch für die Unterzeichnung in digitaler Form verantwortlich.
Neben den üblichen Inhalten muss die Rechnung zusätzlich folgende Daten enthalten:
- Die öffentlichen Körperschaften sind verpflichtet, sich selbst bzw. ihre zuständigen Büros auf einer eigenen Plattform zu registrieren. Der Rechnungsaussteller ist seinerseits angehalten, auf der Rechnung zwingend diesen „codice identificativo univoco“ der Körperschaft anführen. Die Kennzahl für jede Körperschaft und u. U. auch die Bezeichnung des zuständigen Amtes können der oben genannten Internetseite http://www.indicepa.gov.it entnommen werden. Übrigens: Sollte in der Anfangsphase eine Körperschaft noch über keine Kennzahl verfügen, so kann in der Rechnung das Feld mit „999999“ aufgefüllt werden.
- Um die Nachverfolgbarkeit der Zahlungen zu gewährleisten, ist auf den elektronischen Rechnungen zudem die Kennziffer der öffentlichen Ausschreibung (CIG-Nummer) anzuführen. Bei Instandhaltungsarbeiten u. ä. Umsätzen hingegen ist die Verfahrensnummer (CUP) anzuführen. Die beiden Kennzahlen dürfen nur in jenen Fällen weggelassen werden, wo dies von den einschlägigen Bestimmungen ausdrücklich vorgesehen ist. Das Fehlen von CIG und/oder CUP, soweit verlangt, stellt zudem einen Grund für die Nichtzahlung durch die zuständige öffentliche Körperschaft dar.
Übrigens: Die Erleichterungen für die sog. vereinfachten Rechnungen kommen auch für die elektronischen Rechnungen zur Anwendung. Demnach kann für Rechnungen mit einem Betrag bis zu 100 Euro anstatt der Bezeichnung und Anschrift des Rechnungsempfängers nur dessen Steuer- oder MwSt-Nummer angeführt werden.
Hinweis: Für die elektronischen Rechnungen ist unbedingt ein eigener Nummernkreis anzulegen, und es ist auch ein eigenes Register der Ausgangsrechnungen zu führen. Dies vor dem Hintergrund der elektronischen Archivierung. Andernfalls wäre man verpflichtet, sämtliche Buchhaltungsunterlagen elektronisch zu archivieren. Zu empfehlen wären das Präfix oder die Endung „E“, also z. B. Rechnung Nr. E/1 oder 1/E vom 31. März 2015.
Soweit für die Rechnungen Stempelsteuern geschuldet sind (weil u. U. unecht MwSt-frei), so ist diese mittels F24 innerhalb von 120 Tagen nach Ende der Steuerperiode abzuführen, da es offensichtlich nicht möglich ist, auf die elektronische Rechnung eine Stempelmarke aufzukleben. Zur Erinnerung: Soweit solche Rechnungen den Betrag von 77,47 Euro übersteigen, ist die Stempelsteuer in Höhe von 2,00 Euro geschuldet. Auf der Rechnung ist ein Verweis über die virtuelle Abfindung der Steuer anzubringen; eine präventive Ermächtigung für diese Art der Zahlung der Stempelsteuer ist seit dem Vorjahr nicht mehr notwendig.
- Versand der elektronischen Rechnungen:
Der Versand der Rechnung selbst muss entweder über
- die herkömmliche PEC-Adresse oder
- aufgrund eigener Konventionen über die Portale von SDICoop, SPCoop oder SDIFTP oder
- auch über das Portal www.fatturapa.gov.it
erfolgen.
Format und Versand der elektronischen Rechnung müssen die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts sowie die Lesbarkeit vom Zeitpunkt der Ausstellung bis zum Ende der Aufbewahrungszeit gewährleisten. Die Echtheit der Herkunft betrifft die sichere Identität des Lieferanten bzw. des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass der ursprüngliche Inhalt nicht geändert werden kann, auch wenn eine nachträgliche Bearbeitung in anderen elektronischen Formaten möglich ist. Daraus folgt: Die Versendung einer einfachen PDF-Datei durch eine normale E-Mail entspricht auf keinem Fall den erwähnten Voraussetzungen und stellt damit auch keine elektronische Rechnung dar.
Wichtig: Die elektronische Rechnung gilt erst dann als ausgestellt, wenn sie auch auf elektronischem Wege mit einem der genannten Verfahren verschickt worden ist. Daraus folgt, dass die Rechnungen spätestens am Tag der Durchführung des Geschäftsvorfalls oder - bei verzögerter Rechnungserteilung („fatturazione differita“) spätestens innerhalb 15. des Folgemonats - nicht nur ausgestellt, sondern auch verschickt werden müssen. Ein elektronischer Versand zu einem späteren Datum könnte u. U. einer unterlassenen oder verspäteten Rechnungserteilung gleichkommen, wofür erhebliche Verwaltungsstrafen anfallen.
Der aufgezeigte elektronische Versand der Rechnung kann – ebenso wie die Erstellung der Rechnung - durch den Aussteller selbst oder auch durch einen anerkannten Vermittler erfolgen.
Für Zwecke der Berechnung der Zahlungstermine bei der öffentlichen Körperschaft gilt die Rechnung übrigens erst dann als ausgestellt, wenn nicht nur eine Versands-, sondern auch eine Empfangsbestätigung vorliegt. Erfahrungsgemäß erhält man die Empfangsbestätigung innerhalb von 2 bis 3 Tagen; sollte die Körperschaft nicht innerhalb von 15 Tagen antworten, so erstellt das System eigenständig eine Empfangsbestätigung, und zwar mit dem Hinweis, dass die zuständige Körperschaft sich nicht gemeldet hat. Um auch zur Zahlung zu gelangen, ist es in diesem Fällen sicher ratsam, umgehend mit dem Rechnungsadressaten Kontakt aufzunehmen. Beruhigend ist, dass die Finanzverwaltung für diesen Fall bestätigt hat, dass die elektronische Rechnung für Steuerzwecke trotzdem als ausgestellt gilt und dass die fehlende Empfangsbestätigung nicht als unterlassene Fakturierung gewertet werden darf.
- Archivierung der elektronischen Rechnungen:
Die elektronischen Rechnungen müssen vom Aussteller zwingend in elektronischer Form archiviert werden (DM 23. Jänner 2004). Auch hier gilt, dass dies selbst oder über befähigte Dritte erfolgen kann. Die elektronische Archivierung muss innerhalb von drei Monaten nach Abgabetermin der Jahressteuererklärung erfolgen, bei einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Geschäftsjahr i. d. R. also innerhalb 30. Dezember des Folgejahres.
Hinweis: Die elektronische Archivierung von Buchhaltungsdaten muss in der Steuererklärung (Vordruck RS) eigens gemeldet werden.
Übrigens: Der Rechnungsempfänger, also die öffentliche Körperschaft, ist nicht zur elektronischen Archivierung verpflichtet, sondern darf die Rechnung auf Papier ausdrucken und damit als analoge Rechnung „umklassifizieren“.
Allgemeine Überlegungen:
Die Einführung der elektronischen Rechnungen wird in einer Übergangsphase sicher zu Problemen und Mehrkosten führen; kritisiert werden muss, dass keine Betragsuntergrenze vorgesehen ist. Mittelfristig darf aber davon ausgegangen werden, dass die Neuerung zu Einsparungen, zu beschleunigten Verwaltungs- und Zahlungsabläufen sowie zur Vermeidung von Fehlern beitragen wird. Zudem ist zu erwarten, dass mittelfristig alle Rechnungen zwischen Unternehmen auf diesem Weg erstellt, versandt und archiviert werden müssen.
Empfehlungen:
- Wie aufgezeigt, können sowohl Erstellung, Versand und Archivierung der elektronischen Rechnungen ausgelagert werden, wobei auch z. B. die Erstellung selbst durchgeführt werden kann und sodann nur Versand und/oder Archivierung Dritten überlassen werden können. Soweit Sie regelmäßig Umsätze mit öffentlichen Körperschaften tätigen, ist es sicher ratsam, zumindest die Erstellung und den Versand im Hause zu verwalten und entsprechend die Software zu aktualisieren und auch Mitarbeiter einschlägig zu schulen; derzeit werden zahlreiche Kurse zum Thema angeboten. Umgekehrt: Soweit Sie nur gelegentlich Umsätze mit öffentlichen Körperschaften tätigen, ist eine vollständige oder teilweise Auslagerung zu überlegen, zumal die Fehlerquellen groß sind. Die entsprechenden Kosten schwanken zwischen rund 1,00 Euro und 20,00 Euro pro Rechnung, abhängig davon, ob der Dienstleister auch die elektronische Erstellung der Rechnung durchführen muss oder nur deren Versand und Archivierung übernimmt.
Die Handelskammern stellen diesen Dienst unentgeltlich zur Verfügung, allerdings begrenzt auf maximal 24 Rechnungen im Jahr, und natürlich müssen die Rechnungen in diesem Fall selbst in das System eingegeben werden. Es wird eine elektronische Unterschrift in Form eines USB-Sticks, der persönlich bei der Handelskammer abgeholt werden muss, benötigt. Dieser kann persönlich bei den Schaltern der Handelskammer angefordert werden. Die Eingabe der Daten und der Versand erfolgen durch den Betrieb selbst und auf eigenes Risiko. Der Homepage der Handelskammer Bozen können nähere Informationen zum Dienst entnommen werden.
Gegebenenfalls ist Ihnen auch unser Büro bei Erstellung und/oder Versand und Archivierung der elektronischen Rechnungen behilflich.
Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Josef Vieider
Herunterladen R-16-06.03.2015 Elektronische Rechnungserteilung