Änderungen Zeitpunkt der Umsatztätigung für internationale und innergemeinschaftliche Dienstleistungen – erste amtliche Anleitungen
Mit Gesetz Nr. 217 vom 15. Dezember 2011, veröffentlicht im staatlichen Amtsblatt Nr. 1 vom 2. Jänner 2012, wurden in Italien verschiedener EU-Richtlinien (Nr. 2008/117, Nr. 2009/69 und Nr. 2009/162) umgesetzt (siehe hierzu auch unser Rundschreiben Nr. 15/2012). Die Neuerungen sind bereits zum 17. März 2012 in Kraft getreten. Die wichtigste praktische Änderung betraf den Zeitpunkt der Umsatztätigung bei internationalen und innergemeinschaftlichen Dienstleistungen. Nach Ablauf mehr als eines Jahres hat die Agentur der Einnahmen mit Rundschrieben Nr. 16/E vom 21. Mai 2013 erste Verwaltungsanleitungen zu dieser Reform veröffentlicht. Fast zeitgleich hat auch die Kammer der Wirtschaftsprüfer von Mailand die Verhaltensnorm Nr. 187 veröffentlicht, mit welcher sie die Auswirkungen der Reform auf internationale und innergemeinschaftliche Vermittlungsleistungen analysiert. Nachstehend eine Zusammenfassung: | |||||||||||
Zeitpunkt der Umsatztätigung bei Dienstleistungen |
Zur Erinnerung: Im Sinne von Art. 6 MwStG gilt im Inland der allgemeine Grundsatz, dass Dienstleistungen für Zwecke der Mehrwertsteuer dann als getätigt gelten, sobald sie bezahlt werden, außer es wird bereits zuvor die Rechnung ausgestellt.
Dieser Grundsatz gilt seit dem Vorjahr nur mehr für innerstaatliche Leistungen, nicht aber für die meisten Dienstleistungen innergemeinschaftlicher oder internationaler Natur. Diese gelten dann als getätigt, wenn sie abgeschlossen sind, bzw. bei periodischen Dienstleistungen, wenn die anteiligen Entgelte angereift sind (und nicht erst bei Zahlung!). Umgekehrt: Werden Anzahlungen geleistet, entstehen auch hier der Steueranspruch bzw. die Umsatzerbringung mit der Zahlung für den entsprechenden Betrag. Für kontinuierliche Leistungen mit einer Ausführungsdauer von mehr als einem Jahr, falls keine periodischen Zahlungen oder keine Anzahlungen vereinbart sind, gilt eine Sonderregelung: In diesem Fall gelten die Leistungen anteilig am Ende jedes Jahres als ausgeführt; als Bemessungsgrundlage zählen die im betreffenden Jahr angefallenen Aufwendungen. Daraus folgt: Eine abgeschlossene Leistung muss in Rechnung gestellt werden, auch wenn sie noch nicht bezahlt wird.
Die Reform betrifft - die von einem inländischen Auftraggeber aus einem anderen EU-Mitgliedstaat oder einem Drittland erhaltenen „allgemeinen“ Dienstleistungen (Art. 7-ter MwStG) sowie - die von einem Inländer gegenüber einem Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland erbrachten innergemeinschaftlichen bzw. internationalen Dienstleistungen, ausgenommen jene laut Art. 7-quater und Art. 7-quinquies MwStG). Von der Neuregelung ausgenommen sind also vor allem die Grundstücksleistungen (Bauarbeiten), die von Art. 7-quater MwStG geregelt sind. Für Beratungen, Bearbeitungen beweglicher Güter und vor allem auch für alle Arten von Vermittlungsleistungen sind die neuen Vorschriften aber zu beachten. Nachstehend noch eine zusammenfassende Übersicht: |
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Erläuterungen im Rundschreiben Nr. 19/E |
Das eingangs erwähnte Rundschreiben Nr. 19/E der Agentur der Einnahmen bezieht sich zwar grundsätzlich auf den Bereich der Telekommunikation; trotzdem sind darin aber einige allgemeine Erkenntnisse enthalten:
- Zunächst nimmt die Agentur zur Kenntnis, dass es in der Praxis schwer sein kann, den Moment der Vollendung einer Dienstleistung objektiv und eindeutig zu ermitteln. Laut Einnahmenagentur hat man dabei grundsätzlich auf die vertraglichen Vereinbarungen abzustellen. Daher unsere Empfehlung: Auch um u. U. horrende Strafen zu vermeiden, ist es zu empfehlen, den Zeitpunkt des Abschlusses der betroffenen internationalen und innergemeinschaftlichen Dienstleistungen möglichst klar zu definieren. Dies gilt auch für gruppeninterne Leistungen, die zum Jahresende abgerechnet werden, und bei denen die Rechnung dann vielfach erst bei Aufstellung des Jahresabschusses erstellt wird. - Und noch ein interessanter praktischer Hinweis der Agentur: Man darf davon ausgehen, dass bei Erhalt der Rechnung die Leistung vollendet ist, und dass mit diesem Zeitpunkt folglich die Steuerschuld entsteht, unabhängig von der etwaigen Zahlung. Durch diese Klarstellung wird vor allem ein Zweifel beseitigt, der in der Vergangenheit in der Fachpresse arg diskutiert worden war: Die MwSt auf erhaltene Akontorechnungen ist absetzbar. Mit der Umsatztätigung hat der inländische Leistungsempfänger die Erwerbsbesteuerung vorzunehmen, die erhaltene Rechnung zu ergänzen und spätestens bis zum Fünfzehnten des Folgemonats die Rechnung aufzuzeichnen (mit Bezug auf den Vormonat bzw. in der entsprechenden MwSt-Abrechnung des Vormonats).
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Erweiterte Fakturierungspflicht seit 1. Jänner 2013
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Die aufgezeigten Verpflichtungen sind auch im Zusammenhang mit den neuen Fakturierungspflichten zu sehen, wie sie seit 1. Jänner 2013 gelten (siehe auch unser Rundschreiben Nr. 3/2012). Bekanntlich ist seit 1. Jänner 2013 die Verpflichtungen zur Rechnungserteilung erweitert worden, und zwar auf bestimmte Umsätze, die in Italien aufgrund des Fehlens der territorialen Voraussetzung nicht steuerbar sind. Konkret sind seit 1. Jänner 2013 im Sinne des neuen Abs. 6-bis in Art. 21 MwStG auch für die nachstehenden aktiven Geschäftsvorfälle Rechnungen auszustellen:
- alle in Italien aufgrund der Art. 7 bis 7-septies in Ermangelung der territorialen Voraussetzungen nicht steuerpflichtigen Lieferungen und Leistungen (abgesehen die Finanzdienstleistungen unter Zi. 1 - 4 sowie Zi. 9 in Art. 10 MwStG) an Unternehmen, auf welche die Steuerschuldnerschaft in einem anderen Mitgliedsland der Europäischen Union übergeht, und zwar immer mit dem Hinweis: „Umkehrung der Steuerschuldnerschaft“; - alle Lieferungen und Leistungen, die territorial als außerhalb der Europäischen Union ausgeführt gelten, und zwar unabhängig davon, ob der Empfänger bzw. Auftraggeber Unternehmer oder Privatperson ist, und immer mit dem Hinweis: „Geschäftsvorfall nicht steuerbar“. - Für Beratungsleistungen an Unternehmen in anderen EU-Mitgliedsstaaten ist eine Rechnung als nicht steuerbar im Sinne von Art. 7-ter MwSt auszustellen.
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Vermittlungsleistungen und Leitsatz Nr. 187 |
Wie eingangs erwähnt, gibt es seit einigen Tagen erste Verwaltungsanleitungen zum Thema auch von der Kammer der Wirtschaftsberater von Mailand; sie hat mit ihrem Leitsatz Nr. 187 die Auswirkungen auf die Vermittlungsleistungen aufgezeigt:
- Erhält ein italienischer Unternehmern von einem nichtansässigen Handelsagenten Vermittlungsleistungen, so können solche Leistungen nicht als Dauerdienstleistungen klassifiziert werden. Die Entstehung der Steuer ergibt sich daher (soweit keine vorherige Zahlung erfolgt) zum Zeitpunkt der Vollendung der Leistung. Entsprechend ist für die Fakturierung (Eigenrechnung bzw. Ergänzung der Rechnung) auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Leistung zu achten. - Und weiter: Vermittlungsleistungen gelten dann als vollendet, wenn beim Vermittler der Anspruch auf die Vergütung, sprich auch die Vermittlungsprovision, erwächst, und zwar in der Regel bei Abschluss des vermittelten Geschäftes. Genau mit Bezug auf diesen Zeitpunkt hat der der italienische Auftraggeber seine Erwerbsbesteuerung über die Ergänzung der Eingangsrechnung vorzunehmen bzw. bei Handelsagenten aus einem Drittland die Eigenrechnung auszustellen. Der Anspruch auf die Provision entsteht nach ital. Rech übrigens im Allgemeinen (Art. 1748 ZGB) bei Abschluss des vermittelten Geschäfts zwischen dem Kunden und dem Geschäftsherrn und der Bestätigung durch den letzteren.
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Vermittlungsleistungen und Rechnungserteilung |
Die Leitlinie Nr. 187 geht dann auf die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Rechnungserteilung (im Lichte der aufgezeigten Änderungen seit 1. Jänner 2013) ein, und die entsprechenden Erkenntnisse sind für alle Leistungen, die nicht fortwährender Natur sind, von Bedeutung:
- Der ausländische Handelsagent hat die Rechnung innerhalb des Fünfzehnten des Folgemonats nach Vollendung seiner Vermittlungsleistung auszustellen. Der Auftraggeber hat dann spätestens innerhalb Fünfzehnten des Folgemonats nach Erhalt der Rechnung diese zu ergänzen (Erwerbsbesteuerung) und mit Bezug auf den Erhaltsmonat in der entsprechenden MwSt-Abrechnung zu berücksichtigen. Geht die Rechnung nicht innerhalb des zweiten Folgemonats nach Umsatzerbringung ein, muss der Auftraggeber spätestens bis zum Fünfzehnten des dritten Folgemonats eine Eigenrechnung ausstellen. Bei Vermittlungsleistungen an einen italienischen Auftraggeber durch einen außerhalb der EU ansässigen Vermittler muss der Auftraggeber spätestens bis zum Fünfzehnten des Folgemonats nach der Umsatzerbringung (Vollendung der Leistung) eine Eigenrechnung auszustellen |
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Strafen |
Die Agentur der Einnahmen hält in ihrem Rundschreiben Nr. 16/E zudem fest, dass für verspätete Rechnungserteilungen natürlich die allgemeinen Verwaltungsstrafen zur Anwendung kommen. Dann zeigt sie aber auf, dass immer dann keine Ahndung möglich ist, wenn die Rechnung zu früh erstellt wird bzw. auch die Erwerbsbesteuerung zu früh vorgenommen wird.
Daher unsere Empfehlung: Immer dann, wenn eine genaue Bestimmung des Zeitpunkts der Umsatztätigung schwer fällt, sollte besser früh genug die Rechnung ausgestellt bzw. die Erwerbsbesteuerung vorgenommen werden. Die ausgestellten Rechnungen sind i. d. R. ohne MwSt und führen daher zu keiner Zahlungsverpflichtung, und auch die Erwerbsbesteuerung bzw. die Eigenrechnung führen, vorausgeschickt man ist zum vollen Vorsteuerabzug zugelassen, zu keinen finanziellen Belastungen. |
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Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Josef Vieider
Herunterladen R-19- 27.05.2013 MwSt ig Dienstleistungen