Begünstigte Zuweisungen bzw. begünstigter Verkauf von nicht betrieblich genutzten Betriebsgütern an die Gesellschafter oder Umwandlung in eine einfache Gesellschaft
Innerhalb 30. September 2016 können Personen- und Kapitalgesellschaften nicht betrieblich genutzte Liegenschaften und Fahrzeuge begünstigt ihren Gesellschaftern zuweisen bzw. an diese übertragen oder unter bestimmten Umständen die Gesellschaft selbst in eine einfache Gesellschaft umwandeln. Die Regelung ist in Art. 1, Abs. 115 – 120, des Stabilitätsgesetzes für 2016 (G. 208 vom 28. Dezember 2015) enthalten. Es wird seit Monaten über eine Fristverlängerung auf den 30. November 2016 diskutiert, und im Entwurf zur sog. Vereinfachungsverordnung wurde letzte Woche die Verlängerung erstmals auch offiziell in Aussicht gestellt.
Mit Rundschreiben Nr. 26/E vom 1. Juni 2016 wurden übrigens auch bereits die notwendigen amtlichen Anleitungen veröffentlicht. Mit Pressemitteilung vom 7. September 2016 hat die Agentur der Einnahmen zudem die Veröffentlichung eines weiteren Rundschreibens angekündigt, mit welchem noch technische Details erläutert werden sollen. Hier die wichtigsten Details aus heutiger Sicht:
Subjektiver Anwendungsbereich |
Die Erleichterung gilt für Personen- und Kapitalgesellschaften, nicht aber für sonstige gewerbliche oder nichtgewerbliche Körperschaften. Die begünstigte Zuweisung oder der begünstigte Verkauf sind an jene Gesellschafter möglich, die zum 30. September 2015 als solche aufschienen. Einzige Ausnahme betrifft die Erben bei einem Todesfall nach dem erwähnten 30. September. Nicht notwendig ist hingegen, dass sie Höhe der Beteiligung seit dem 30. September 2015 unverändert geblieben ist. Die Gesellschafter können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein.
Handelsrechtlich entspricht die Zuweisung der Güter einer Verteilung von Kapital bzw. von Kapitalrücklagen oder von Gewinnen bzw. von Gewinnrücklagen an die Gesellschafter in Form von Sachwerten. Entsprechend können mit der Zuweisung auch eine Reduzierung des Gesellschaftskapitals mit Rücktritt eines Gesellschafters oder im Extremfall sogar die Auflösung der Gesellschaft einhergehen. Bei Fruchtgenuss hat man hinsichtlich Status und Stand der Gesellschafter auf den nackten Eigentümer abzustellen. Hier werden allerdings noch Klarstellungen im angekündigten Rundschreiben erwartet.
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Sachlicher Anwendungsbereich |
Zugewiesen werden können Liegenschaften und in öffentlichen Registern eingetragene Güter (z.B. Fahrzeuge, Flugzeuge und Boote), die zum Zeitpunkt der Zuweisung nicht betrieblich genutzt werden. In der Praxis interessant ist die Erleichterung eigentlich nur für Immobilien, auf die wir uns hier konzentrieren wollen. Die Zuweisung kann sowohl Wohnungen als auch gewerbliche Liegenschaften betreffen, wenn diese vermietet oder verliehen oder anderweitig nicht betrieblich genutzt werden. Ausdrücklich zugelassen wird auch die Zuweisung von Liegenschaften im Umlaufvermögen (z.B. Bauträger oder Immobilienhändler). Auf jeden Fall ausgeschlossen ist eine begünstigte Zuweisung hingegen jener Liegenschaften, die – obwohl zum sachlichen Betriebsvermögen gehörig – von der Gesellschaft zur Ausübung ihrer Tätigkeit genutzt werden. Es darf nur das volle Eigentum zugewiesen werden; falls ein beschränktes Recht besteht (z.B. Fruchtgenuss), kann dieses Recht nur an den Inhaber des anderen Rechts (an den nackten Eigentümer) zugewiesen werden. Nicht Gegenstand der Zuweisung kann hingegen sog. zweckbestimmtes Betriebsvermögen sein.
Eine wichtige Aussage im Rundschreiben Nr. 26/E betrifft den Zeitpunkt dieser sachlichen Voraussetzung der nicht direkten Verwendung: Diese muss zum Zeitpunkt der tatsächlichen Zuweisung (also u. U. am 30.11.2016) bestehen. Eine Änderung der Verwendung auch zeitnah kurz vor der Zuweisung gilt ausdrücklich nicht als Missbrauch. Es handelt sich offensichtlich um eine legale Nutzung eines Steuervorteils. Zu beachten ist allerdings, dass in diesem Zusammenhang kein Scheingeschäft durchgeführt werden darf denn dann läge eine Steuerhinterziehung vor, die nicht mehr gedeckt ist. Die Notare empfehlen zudem (Studie Nr. 20-2016/T), in der Zuweisungsurkunde die nicht betriebliche Nutzung eigens festzuhalten.
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Verfahren der Übertragung an die Gesellschafter |
Die Übertragung von nicht betrieblich genutzten Betriebsgütern an die Gesellschafter kann über 3 Rechtsgeschäfte erfolgen:
- Zuweisung der Güter an die Gesellschafter bei gleichzeitiger Reduzierung von Kapital- und/oder Gewinnrücklagen; - Verkauf an Gesellschafter ohne Auswirkungen auf das Reinvermögen der Gesellschaft; - Umwandlung der Personen- oder Kapitalgesellschaft in eine einfache Gesellschaft.
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Die Besteuerung bei der Gesellschaft |
Die Steuerbegünstigung besteht in der Anwendung einer Ersatzsteuer für die etwaigen Veräußerungsgewinne. Die Ersatzsteuer auf die latenten Mehrwerte beträgt 8%, erhöht auf 10,5%, wenn die Gesellschaft in 2 der letzten 3 Jahre nicht operativ war. Der Mehrwert bzw. die Bemessungsgrundlage für die Ersatzsteuer wird als Differenz zwischen dem gemeinen Wert und dem steuerlichen Wertansatz ermittelt. Der gemeine Wert kann wahlweise auf der Grundlage des Katasterwertes festgelegt werden. Es handelt sich dabei um den Katasterwert, der nach den Regeln der Registersteuer mit einem vorgesehenen Multiplikator oder Koeffizienten ermittelt wird:
Liegenschaft Koeffizient Grundstücke 112,5 Kat. C/1 und E 42,84 Kat. A/10 und D 63 Kat. B 176,40 Erstwohnung 115,5 Alle anderen Gebäude 126
Für Baugrundstücke hingegen ist der Marktwert heranzuziehen. Hinweis: Wie nachstehend noch erläutert, kommt die Zuweisung beim Gesellschafter einem Kauf gleich; bei Gebäuden ist also ab der Zuweisung die Spekulationsfrist von 5 Jahren für den Weiterverkauf einzuhalten, andernfalls erfolgt die Besteuerung der Veräußerungsgewinne im Rahmen von Art. 67 EESt. In diesem Zusammenhang kann es also auch durchaus interessant sein, die Zuweisung zu einem höheren Wert als zum Katasterwert vorzunehmen, denn die Ersatzsteuer wird i. d. R. geringer sein als die Steuer auf etwaige zukünftige Veräußerungsgewinne. Durch die Zuweisung aufgelöste Gewinnrücklagen unter Steueraussetzung (z. B. nicht freigestellte Aufwertungsrücklagen) bei Kapitalgesellschaften werden mit einer Ersatzsteuer von 13% abgefunden. Die im Zuge der Zuweisung eventuell anfallende Registersteuer wird halbiert (i. d. R. 4,5%). Hypothekar- und Katastersteuer kommen hingegen zum Fixbetrag von jeweils 50 Euro zur Anwendung. Zu ergänzen bleibt noch, dass im Sinne von Rundschreiben Nr. 26/E etwaige Veräußerungsverluste, die sich durch die Zuweisung ergeben könnten, steuerlich nicht absetzbar wären. Hier erwartet man noch nähere Klarstellungen.
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Die Besteuerung beim Gesellschafter
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Die Zuweisung wirkt sich aber auch auf die Gesellschafter aus, wobei aber jener Teil, der als Veräußerungsgewinn bei der Gesellschaft ersatzbesteuert worden ist, nicht nochmals beim Gesellschafter besteuert werden darf: Bei Zuweisung von Gewinnen oder Gewinnrücklagen sind diese nur bei Kapitalgesellschaften als Dividenden zu besteuern; bei Zuweisung von Kapitalrücklagen wirkt sich dies hingegen auf den Wertansatz der Beteiligung aus, der sich entsprechend vermindert. Etwaige Dividenden sind nach den allgemeinen Grundsätzen zu besteuern, abhängig davon, ob es sich um eine wesentliche oder unwesentliche Beteiligung handelt.
Bei Personengesellschaften hingegen reduziert sich auf jeden Fall der anerkannte steuerliche Wert der Beteiligung um den gemeinen Wert der Zuweisung, und erst bei einer Reduzierung „unter Null“ ergibt sich ein steuerbares Einkommen für den Gesellschafter. Aufgrund der Transparenzbesteuerung sind Gewinnausschüttungen irrelevant. Die Probleme der Besteuerung beim Gesellschafter entfallen, wenn ein Verkauf zum Katasterwert durchgeführt wird.
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Zahlung der Ersatzsteuer |
Die Ersatzsteuer von 8% bzw. 10,5% ist in zwei Teilbeträgen zu entrichten, und zwar sind 60% innerhalb 30. November 2016 und 40% innerhalb 16. Juni 2017 geschuldet. Die Zahlung hat über den Vordruck F24 zu erfolgen, und es ist eine Verrechnung mit Steuerguthaben nach den allgemeinen Bestimmungen zulässig. Mit Erlass vom 13. Sept. 2016 sind auch die notwendigen Zahlungsschlüssel festgelegt worden, und zwar:
1836 für die Ersatzsteuer von 8% bzw. 10,5% auf die Veräußerungsgewinne im Zuge von Zuweisung, Verkauf oder Umwandlung sowie 1837 für die Ersatzsteuer von 13% auf die Freistellung von Rücklagen unter Steueraussetzung, die im Zuge von Zuweisung oder Umwandlung aufgedeckt werden.
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Steuerliche Wirkung |
Für zukünftige Veräußerungsgewinne beim Gesellschafter kommt die Zuweisung einem Kauf gleich. Der im Zuge der Zuweisung gemeldete Wert gilt für den Gesellschafter als Grundlage für die steuerlich anerkannten Kosten. Daraus folgt: Veräußerungsgewinne auf Gebäuden innerhalb von 5 Jahren nach Zuweisung sind nach den allgemeinen Grundsätzen zu besteuern. Die Haltezeit der Liegenschaften durch die zuweisende Gesellschaft wird nicht berücksichtigt.
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Mehrwertsteuer, Registersteuer und Hypotherkar- und Katastersteuer |
Wichtig: Im Unterschied zu früheren Privatisierungen und Zuweisungen gibt es heuer keine Begünstigung für die Mehrwertsteuer, auch weil etwaige Erleichterungen im Widerspruch zu den geltenden EU-Richtlinien stünden. Die Zuweisung kommt grundsätzlich einem Eigenverbrauch gleich, und entsprechend ist der gemeine Wert der MwSt zu unterwerfen. Im Sinne der Klarstellungen im vorgenannten Rundschreiben Nr. 26/E kann als Marktwert aber i. d. R. der Restbuchwert herangezogen werden, der um etwaige Verbesserungen zu erhöhen ist (soweit diesbezüglich die Vorsteuer abgezogen worden ist). In diesem Sinne berücksichtigt das Rundschreiben die Judikatur des EUGH (Fall Fischer). Kein Eigenverbrauch und Umsatz für Zwecke der MwSt besteht übrigens in all jenen Fällen, wo im Zuge der Anschaffung keine Vorsteuer in Abzug gebracht worden ist (z. B. Ankauf von Privatpersonen, Ankauf vor dem 1. Jänner 1973 oder Ankauf von Wohnungen ohne Vorsteuerabzug). Besonderheiten gelten bei Erwerb über Leasing.
Wichtig: Bei der Zuweisung gewerblicher Liegenschaften wird es sich i. d. R. um MwSt-freie Umsätze im Sinne von Art. 10 MwStG handeln, außer die Fertigstellung liegt noch nicht 5 Jahre zurück. Bei den Grundstücken ist zu unterscheiden, ob es sich um Baugrundstücke oder um nicht bebaubare Grundstücke handelt. Im ersteren Fall ist die Zuweisung steuerpflichtig, im zweiten Fall nicht steuerbar im Sinne von Art. 10 MwStG. Bei den steuerfreien Zuweisungen abschreibbarer Gebäude (i. d. R. bei gewerblichen Gebäuden) ist der spezifische Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit den Liegenschaften in den letzten 10 Jahren anteilig zu berichtigen. Soweit die Zuweisung der MwSt unterliegt (auch bei MwSt-freien Umsätzen), kommen Register-, Hypothekar- und Katastersteuer zum Fixbetrag zur Anwendung. Wohnungen und landwirtschaftliche Grundstücke hingegen werden i. d. R. im Anwendungsbereich der Registersteuer übertragen werden, und hier gelten folgende Hebesätze: - grundsätzlich 4,5% (anstatt 9%); - 1% (anstatt 2%) bei Erstwohnungen; - 7,5% (anstatt 15%) bei landwirtschaftlichen Grundstücken; - 2% (anstatt 4%) für die Zuweisung von Baueinheiten, die spezifisch für gewerbliche Tätigkeiten bestimmt sind, sowie die entsprechenden Baugrundstücke (i. d. R. nicht anwendbar wegen MwSt). Die Hypothekar- und Katastersteuern werden schließlich mit der Fixgebühr von jeweils 50 oder 200 Euro abgerechnet. Die Anwendung des Katasterwertes im Sinne der sogenannten automatischen Wertfestsetzung muss in der Zuweisungsurkunde ausdrücklich beantragt werden. |
Verkauf an Gesellschafter |
Die aufgezeigten Erleichterungen gelten auch für entgeltliche Übertragungen von Gütern an die Gesellschafter, soweit der Kaufpreis zumindest dem gemeinen Wert bzw. dem Katasterwert der Gebäude, wie oben aufgezeigt, entspricht. In diesem Fall kommen die Bestimmungen über die Rücklagenverwendung bzw. über die Dividendenbesteuerung nicht zum Tragen.
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Umwandlung in einfache Gesellschaft |
Gesellschaften, die vorwiegend oder ausschließlich die Verwaltung nicht betrieblich genutzter Liegenschaften zum Gegenstand haben (i. d. R. Immobiliengesellschaften) können in einfache Gesellschaften umgewandelt werden. Bei Kapitalgesellschaften sind durch die Umwandlung die bestehenden Gewinnrücklagen beim Gesellschafter zu besteuern. Eine Umwandlung ist nur möglich, wenn zum Zeitpunkt der Umwandlung die gleiche Gesellschaftersituation herrscht wie zum 30. September 2015; die Änderung nur in der Höhe der Beteiligung einzelner Gesellschafter ist dabei aber nicht schädlich. Die Besteuerung bei Gesellschaft und Gesellschaftern ist i. W. identisch wie bei der begünstigten Zuweisung, auch für Zwecke der Mehrwertsteuer.
Wichtig: Die Umwandlung ist immer dann von Vorteil, wenn kurzfristig ein Verkauf der Liegenschaften geplant ist, denn zwecks Berechnung der Spekulationsfrist von 5 Jahren wird – im Unterschied zu Zuweisung und Verkauf - auch die Haltedauer der Gesellschaft mitgerechnet.
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Allgemeine Überlegungen:
- Soweit Zuweisung, Verkauf oder Umwandlung in Erwartung eines zukünftigen Verkaufs der Liegenschaft durchgeführt werden, um durch die Ersatzsteuer eine Steuerersparnis zu erzielen, so ist zu beachten, dass der zukünftige Verkauf nicht mehr der MwSt, sondern der Registersteuer unterliegen wird, mit entsprechenden Mehrkosten bei einem gewerblichen Käufer.
- Soweit die Zuweisung in Erwartung einer Steuerersparnis beim zukünftigen Verkauf durchgeführt wird, ist zu berücksichtigen, dass die Spekulationsfrist von 5 Jahren ab dem Datum der Zuweisung läuft.
- Begünstigte Zuweisung und begünstigter Verkauf können im Rahmen der Regelung zur Betriebsnachfolge ein interessantes Instrument darstellen.
Soweit Sie in Ihrer Gesellschaft eine der aufgezeigten Operationen durchführen möchten, bitten wir Sie, sich sobald als möglich mit unserem Büro in Verbindung zu setzen.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Josef Vieider
Hunterladen R-35-13.09.2016 Beguenstigte Zuweisungen an Gesellschafter