Mit unserem Rundschreiben Nr. 23/2021 haben wir Sie über die sog. Verlustbeiträge des Landes Südtirol für Kleinbetriebe informiert. Alternativ zu den genannten Verlustbeiträgen kann demnächst um sog. „Fixkostenbeiträge“ im Rahmen der Coronahilfen angesucht werden. Die Südtiroler Landesregierung hat mit Beschluss Nr. 373 vom 27. April 2021 die notwendigen Durchführungsbestimmungen verabschiedet. Das Portal zur Vorlage der Anträge soll angeblich anfangs Juni freigeschaltet werden. Die Beihilfe beträgt, abhängig von der Höhe der sog. „Fixkosten“ des Jahres 2019 (!), maximal 100.000 Euro. Notwendig ist i. d. R. ein Umsatzrückgang von zumindest 30%. Hier die wichtigsten Details:
Wer hat Anrecht?
Beihilfeberechtigt sind grundsätzlich Freiberufler und Einzelunternehmen sowie Personen- und Kapitalgesellschaften, die in Südtirol eine oder mehrere nachstehende Tätigkeiten ausüben:
- Handwerk, Industrie, Handel,
- Gastgewerbe, Privatzimmervermietung,
- Dienstleistungen, mit Ausnahme von Finanzdienstleistungen (Banken), Versicherungen und Pensionskassen sowie
- Gärtnereien, Milch- und Weinwirtschaftsbetriebe.
Die Umsatzerlöse (für Einkommensteuerzwecke!) aus den zulässigen Tätigkeiten müssen mindestens 70% der gesamten Umsatzerlöse des antragstellenden Unternehmens ausmachen.
Ausdrücklich ausgeschlossen sind:
- die Sozietäten und die Skischulen, falls alle oder einige der beteiligten Freiberufler/Freiberuflerinnen bzw. Skilehrer selbst für dieselbe Tätigkeit einen Zuschuss im Sinne dieser Richtlinien beantragen;
- Unternehmen, welche im Landesverzeichnis der Tourismusorganisationen eingetragen sind;
- Unternehmen, welche die Covid-Zuschüsse gemäß Beschluss 307 vom 30.03.2021 beantragt haben (Es handelt sich um die eingangs genannten Verlustbeiträge – siehe unser RS 23/2021);
- Unternehmen in Schwierigkeiten und jene, die Falscherklärungen abgegeben haben.
- Ausgeschlossen sind zudem auch Einzelunternehmen, Freiberufler und andere Selbstständige, deren Bruttoeinkommen in den Jahren 2019 und 2020 nicht vorwiegend aus den obgenannten Tätigkeiten herrührt, weil dieses sich z. B. vorwiegend Miet- oder Kapitaleinkünfte beziehen. Vorsicht: Soweit hier nicht noch eine andere Auslegung erfolgt, sind Freiberufler und Einzelunternehmen mit Verlusten in den genannten Jahren und geringsten anderen Einkünften von der Beihilfe ausgeschlossen.
Zugangsvoraussetzung ist zudem, dass in der innerhalb 31.12.2019 abgeschlossenen Steuerperiode Umsatzerlöse (für Einkommensteuerzwecke!) in Höhe von mindestens 30.000 Euro, erzielt worden sind; bei Gärtnereien, Milchverarbeitung und Weinherstellung werden Umsatzerlöse von 200.000 Euro verlangt.
Wichtig: Eine Obergrenze für Unternehmenseinkünfte ist nicht vorgesehen!
Umsatzrückgang:
Damit um die Beihilfe angesucht werden darf, muss im Zeitraum 1. April 2020 bis 31. März 2021 im Vergleich zum Vorjahr ein Umsatzeinbruch von zumindest 30% vorliegen. Dabei sind hier die Umsätze für Zwecke der Mehrwertsteuer (Summe der ausgestellten Rechnungen, Belege und Tagesinkassi, unabhängig vom tatsächlichen Zahlungseingang, und bereinigt um den Verkauf von Anlagegütern) heranzuziehen, und es sind also die MwSt-Aufzeichnungen der beiden Vergleichszeiträume zugrunde zu legen.
Für Vergleichszwecke muss der MwSt-Umsatz des Bezugszeitraums 01.04.2020-31.03.2021 zudem um nachstehende Beträge erhöht werden:
- die erhaltenen staatlichen Verlustbeiträge im Sinne von Art. 25 des Gesetzesdekretes 34/2020.
- die erhaltenen Landeszuschüsse im Sinne der Beschlüsse n. 270/2020 und 355/2020.
- die erhaltenen staatlichen „Ristori“ und „Ristori bis“ (Gesetzesdekrete 137/2020 und 149/2020).
- die erhaltenen Beiträge im Sinne des Gesetzesdekretes 172/2020.
- die erhaltenen Beiträge für besonders betroffen Branchen laut Beschluss Nr. 699/2020, i.g.F..
- die zustehenden Beiträge für Sporthallen, Fitnesszentren und Tanzkurse laut Beschluss der Landesregierung Nr. 289/2021.
Hinweis: Zunächst sind also die MwSt-Umsätze der Vergleichszeiträume zu berechnen und um etwaige Anlagenverkäufe (sie zählen nach allgemeiner Leseart nicht zum Umsatz!) zu bereinigen; dann ist der Umsatz des Zeitraumes 01.04.2020-31.03.2021 noch um in diesem Zeitraum kassierte Beihilfen zu erhöhen, ausgenommen offensichtlich Sporthallen u. ä., wo der Grundsatz der wirtschaftlichen Zuordnung gilt. Und dann darf festgestellt werden, wie hoch der Rückgang im Vergleichszeitraum 2020/2021 ausfällt, was – wie nachstehend aufgezeigt – maßgeblich ist für die Höhe der Beihilfe.
Unternehmen, welche die Tätigkeit ab dem 1. April 2019 aufgenommen haben, müssen hingegen keinen Umsatzrückgang nachweisen. Hier wird nur verlangt, dass sie einen durchschnittlichen Umsatz von zumindest 700,00 Euro/Monat erreichen und jedenfalls mindestens 70% ihres Umsatzes aus der zugelassenen Tätigkeit erwirtschaftet haben.
Berechnung der Beihilfe:
Liegen die aufgezeigten Zugangsvoraussetzungen vor, so wird die Beihilfe – abhängig vom Ausmaß des Umsatzeinbruchs – auf der Grundlage der Fixkosten des Jahres 2019 (zweitausendneunzehn!) wie folgt berechnet:
- Umsatzrückgang von 30 bis 40%: 30% der jährlichen Fixkosten 2019
- Umsatzrückgang von mehr als 40% bis 50%: 40% der jährlichen Fixkosten 2019
- Umsatzrückgang von mehr als 50%: 50% der jährlichen Fixkosten 2019
- Für Neugründer: 30% der jährlichen Fixkosten 2020
Die Beihilfe zugunsten von antragstellenden Unternehmen und Freiberuflern, die ihre Tätigkeit erst ab dem 1. April 2019 aufgenommen haben, wird im Ausmaß von 30% der Fixkosten für das Jahr 2020 festgelegt. Für Antragsteller, welche die Tätigkeit ab dem 1. April 2020 aufgenommen haben, können die Kosten der letzten 12 Monate bis 31. März 2021 herangezogen werden.
Der Zuschuss bei diesen Neugründern kann in jedem Fall nicht höher als der Geschäftsverlust des berücksichtigten Zeitraumes sein. Hier wird also ein eigener Abschluss für den Zeitraum Tätigkeitsbeginn bis 31. März 2021 zu erstellen sein, um den tatsächlichen Fehlbetrag als Vergleichswert zu ermitteln. Zu beachten ist, dass hier nicht auf einen etwaigen Verlust für Steuerzwecke abgestellt wird, sondern die Formulierung „Geschäftsverlust“ lässt die Schlussfolgerung zu, dass ein handelsrechtlicher Fehlbetrag gemeint ist.
Zudem bestehen folgende Deckelungen:
- Die Beihilfe darf auf keinen Fall höher sein als 100.000,00 Euro sein; und hier ist bei verbundenen Unternehmen darauf zu achten, dass bei sog. Partnerunternehmen gemäß Anhang I zur Verordnung (EU) Nr. 651/2014 die Schwelle von 100.000 Euro insgesamt nicht überschritten werden darf.
- Die Beihilfe darf nicht höher sein als die Fixkosten 2020. Hier ist offensichtlich nicht der Bezugszeitraum 01.04.2020-31.03.2021 gemeint, sondern das Kalenderjahr 2020, was allerdings wirklich nur bei Kleinstunternehmen der Fall sein dürfte. Sollte man nachträglich feststellen, dass die Beihilfe diese Schwelle überschritten hat, so muss der übersteigende Teil unter Anrechnung der gesetzlichen Zinsen (0,01%) zurückgezahlt werden.
Zugelassene Fixkosten:
Was als Fixkosten definiert wird und damit als Bemessungsgrundlage für die Beihilfe heranzuziehen ist, folgt sicher nicht unbedingt einer betriebswirtschaftlichen Logik, sondern rührt offiziösen Berichten zufolge aus dem SEAC-Kontenplant her, wie der von der HGV-Buchhaltung verwendet wird; zumal der Spielraum für Unternehmen und Freiberufler aber relativ weit ist, soll dies hier nicht kritisiert werden. Es werden die Fixkosten gemäß der Steuererklärung für die zum 31.12.2019 abgeschlossene Steuerperiode und in Bezug auf die Niederlassung/en in Südtirol berücksichtigt. Hier die offizielle Liste der zugelassenen Fixkosten:
1. Strom
2. Heizung
3. Einkauf Energie von Dritten
4. Wasser
5. Gas
6. Telefon
7. Postspesen
8. Versicherungen
9. Fahrzeugversicherungen
10. Pflichtversicherungen
11. Fahrzeugpflichtversicherungen
12. Werbung und Verkaufsförderung
13. Spesen für Datenverarbeitung/ Steuerberatung/Personalverwaltung
14. Wachdienst
15. Franchisinggebühr
16. Studien und Forschungen
17. Reinigungsspesen
18. Abfallgebühren
19. Bankdienstleistungskosten
20. Abfälle
21. Sonderabfälle
22. Mietnebenspesen
23. Wartungsspesen Software
24. Betriebsspesen Interne Homepage
25. Berufliche Weiterbildung
26. Ausg. Bescheinig./Ausricht./Forschung
27. Dienstleistungen für das Personal
28. Desinfektionsspesen
29. Kantine für das Personal
30. Vergütungen für Datenverarbeitung
31. Instandhaltungsspesen Betriebsgüter
32. Instandhaltungsspesen eigene Güter
33. Wartungsspesen Fahrzeuge
34. Instandhaltungsspesen Güter Dritter
35. Wartungsspesen Fahrzeuge Dritter
36. Instandhaltungsspesen Gebäude
37. Instandhaltungsspesen Gebäude Dritter
38. Kondominiumsspesen Betriebsgebäude
39. Mietaufwand für Immobilien
40. Kondominiumsspesen Gebäude Dritter
41. Aufwendungen für Betriebspacht
42. Aufwendungen Betriebspacht für Gebäude
43. Konzessionen Besetzung öffentlicher Flächen
44. Mietaufwand für andere Güter
45. Mietaufwand Fahrzeuge
46. Nutzungsgebühren Software/Jahresgebühr Buchungssysteme
47. Zinsen Leasing Liegenschaften
48. Zinsen Finanzierungsleasing
49. Zinsen Finanzierungsleasing Fahrzeuge
50. Andere Abgaben
51. Lokale Abgaben
52. TASI
53. Verkehrssteuer
54. KFZ-Steuer
55. Konzessionsgebühren
56. Konzessionsgebühr MwSt.-Nr.
57. Stempelgebühren
58. Virtuelle Stempelgebühr
59. GIS betriebliche Immobilien
60.
Andere Steuern
61. Mitgliedsbeiträge
62. Jahresbeitrag Berufskammer/-kollegium
63. Handelskammergebühr
64. Stempelwerte
65. Spesen für vermietete Liegenschaften
66. Kondominiumsspesen Zivilgebäude
67. Bankspesen
68. Passivzinsen auf Finanzierungen
69. Passivzinsen Finanzierung Fahrzeuge
Ausgeschlossen sind:
• die Kosten für Personenkraftwagen und gemischt genutzte Fahrzeuge. Ausnahme der Unternehmen im Bereich Personenbeförderung;
• die Kosten, die sich auf die Einkommens- und Vermögenssteuer beziehen, inbegriffen die Wertschöpfungssteuer;
• Personalkosten.
Hinweis: Auf die Summe der so ermittelten Fixkosten darf die Beihilfe in Höhe von 30%, 40% oder 50% mit der Obergrenze von 100.000 Euro ermittelt werden.
Vorlage des Antrages:
Die Gesuche können voraussichtlich ab Juni bis zum 30. September 2021 über eine eigene Online-Plattform von einem Wirtschaftsberater bzw. einer Körperschaft eingereicht werden, die zur Steuer- und Buchhaltungstätigkeit befähigt ist. Es ist eine Stempelgebühr von 16 Euro zu bezahlen.
Die Landesregierung und die Südtiroler Banken (Sparkasse, Volksbank, Raiffeisen) haben sich zudem darauf verständigt, dass den anspruchsberechtigten Unternehmen, die aufgrund eines Umsatzrückgangs von mindestens 30% Covid-19-Fixkostenzuschüsse des Landes erhalten, eine entsprechende Vorfinanzierung gewährt werden kann.
Wie bereits mitgeteilt, ist der Fixkostenbeitrag nicht kompatibel mit dem sog. „Verlustbeitrag“ des Landes. Die Ämter haben zu diesem Zweck eine eigene Exceltabelle vorbereitet, mit welcher man die Opportunität der einen oder anderen Beihilfe ermitteln kann. Wir legen die Tabelle bei.
Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen natürlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Anlage: Vergleichstabelle Beihilfen