Die Regierung hat vor einigen Tagen ein drittes Hilfspaket verabschiedet, das am letzten Freitag, den 23. September 2022, als G.V. 144/2022 im Amtsblatt veröffentlicht worden ist. Das Paket enthält wiederum Hilfsmaßnahmen für private Haushalte sowie für Unternehmen und Freiberufler. Wir konzentrieren uns hier vor allem auf die zweite Gruppe, und dabei liegt der Fokus wiederum bei den Steuergutschriften, um die gravierenden Teuerungen bei Gas, Treibstoffen und Strom abfedern.
Beihilfen für stromintensive Unternehmen 4. Quartal 2022 (Art. 1)
Nochmals zur Erinnerung: Als energieintensive Unternehmen (Fachbegriff „imprese energivore“) gelten Unternehmen mit einem Stromverbrauch im Jahr von mehr als einer GW/h (Gigawattstunde), welche zusätzlich eine der nachstehenden Anforderungen erfüllen:
- Tätigkeit in einem Bereich laut Anlage 3 eines eigenen Leitfadens der EU;
- Tätigkeit in einem Bereich laut Anlage 5 des genannten Leitfadens und zusätzlich Energiekosten von zumindest 20% des Produktionswertes (sog. „VAL“ laut einer eigenen Berechnung) oder
- Unternehmen, die in den Listen CSEA 2013 und 2014 enthalten sind.
Für diese stromintensiven Unternehmen wird für das vierte Kalenderquartal 2022 (1. Oktober 2022 - 31. Dezember 2022) ein Steuerbonus von 40% für den Energieanteil der Stromkosten (es muss sich um im 4. Quartal erworbene und verbrauchte Energie handeln) vorgesehen. Voraussetzung ist, dass die Energiekosten im dritten Quartal 2022 um mehr als 30% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Jahres 2019 gestiegen sind. Zur Erinnerung: Im 3. Quartal (Juli – September 2022) hatte die Gutschrift nur 25% betragen.
Beihilfe für gasintensive Unternehmen 4. Quartal 2022 (Art. 1)
Als gasintensives Unternehmen (Stichwort „imprese gasivore“) wird im Sinne einer eigenen Ministerialverordnung vom 21. Dezember 2021 ein Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von mehr als 1 GWh/Jahr definiert, wobei zusätzlich die Tätigkeit in eigens definierten ATECO Kennzahlen und ein Gaskostenanteil von mehr als 20% des VAL (Produktionswert) oder von mehr als 2% des Umsatzes verlangt wird.
Diesen Unternehmen wird für das 4. Quartal 2022 ebenfalls eine Steuergutschrift in Höhe von 40% der Gaskosten (auch hier gilt: Kosten des im 4. Quartal angekauften und verbrauchten Gases) gewährt werden. Voraussetzung ist, dass der Gaspreis im dritten Quartal 2022 um mehr als 30% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Jahres 2019 gestiegen ist. Auch hier betrug die Förderung im 3. Quartal nur 25%.
Steuerbonus für nicht gasintensive Unternehmen 4. Quartal 2022 (Art. 1)
Auch für nicht gasintensive Unternehmen wird jetzt ein Steuerbonus von 40% der im vierten Kalenderquartal 2022 getragenen Gaskosten (auch hier gilt: Kosten des im 4. Quartal angekauften und verbrauchten Gases) gewährt. Bis zum 30. September 2022 beträgt die Gutschrift noch 25%. Zugangsvoraussetzung: Die Gaskosten müssen im dritten Kalenderquartal 2022 gegenüber dem dritten Kalenderquartal 2019 um mindestens 30% gestiegen sein.
Hinweis: Berücksichtigt man, dass die aufgezeigte Gutschrift von 40% nicht auf die Preissteigerung, sondern auf Grundlage der Gesamtkosten ermittelt wird und dass die Gutschrift zudem von den Einkommensteuern befreit ist, verbleibt bei einer Verdreifachung des Strom- oder Gaspreises „nur“ mehr eine Preissteigerung von rund 40% übrig.
Steuerbonus für nicht energieintensive Unternehmen 4. Quartal 2022 (Art. 6)
Auch für nicht energieintensive Unternehmen mit einem Stromanschluss von 4,5 kW oder höher wird ein Steuerbonus von 30% der im vierten Kalenderquartal 2022 getragenen Stromkosten (Kosten für angekaufte und im Quartal verbrauchte Energie) gewährt. Zugangsvoraussetzung: Die Stromkosten, beschränkt auf den Energieanteil, im dritten Kalenderquartal 2022 nach Abzug etwaiger anderer Beihilfen müssen gegenüber dem dritten Kalenderquartal 2019 um mindestens 30% angestiegen sein.
Auch hier ist eine wesentliche Verbesserung gegenüber der Vergangenheit festzustellen: Einmal wird der Anwendungskreis der begünstigten Unternehmen wesentlich erweitert: Bis zum 30. September 2022 sind nur Unternehmen mit einem Anschluss von zumindest 16,5 KW zugelassen, ab 1. Oktober wird die Schwelle auf 4,5 KW herabgesetzt. Und die Förderung wird von derzeit15% ab 1. Oktober 2022 auf 30% erhöht.
Hier kann festgestellt werden, dass bei einer angenommenen Verdreifachung des Strompreises (Preissteigerung 200%) noch rund 80% der Steigerung beim Unternehmen verbleiben.
Mitteilung durch den Energie- und Gaslieferanten:
Nicht energie- oder gasintensive Unternehmen können von ihrem Lieferanten die notwendigen Bezugsdaten für die Berechnung der obigen Steuerguthaben verlangen, und diese sind verpflichtet, innerhalb von 60 Tagen die notwendigen Auskünfte zu erteilen. Hier sind in der Zwischenzeit auch Zweifel hinsichtlich des vorgenannten Termins geklärt worden: Für das 3. Quartal kann man umgehend um diese Berechnung ansuchen, und der Lieferant ist verpflichtet, innerhalb 29. November 2022 die notwendigen Berechnungen auszuhändigen. Umgekehrt ist es aber nicht so, dass das Anrecht auf die Berechnung verfällt, sollte jemand nicht innerhalb der 60 Tage um die Berechnung ansuchen. Es kann trotzdem nur empfohlen werden, umgehend um die Berechnung zunächst für das 3. Quartal 2022 anzusuchen; die Vordrucke haben wir Ihnen bereits übermittelt.
Verwendung der Steuergutschriften:
Was die Verwendung der vorgenannten Steuergutschriften angelangt, gelten die bisherigen Regelungen:
a) Der Steuerbonus kann nur durch Verrechnung über den Zahlungsvordruck F24 beansprucht werden (Abzug von geschuldeten Steuern oder Sozialabgaben).
b) Er ist für Zwecke der Einkommensteuern und der IRAP steuerfrei und beeinträchtigt auch nicht den Abzug von Gemeinkosten und Passivzinsen.
c) Der Bonus kann mit anderen Beihilfen kumuliert werden, vorausgesetzt, der Gesamtbetrag der Beihilfen nach Berücksichtigung auch des Vorteils aus der Steuerbefreiung übersteigt nicht die Kosten.
Bei der Verrechnung gelten zudem nicht die einschlägigen Obergrenzen von 2 Mio. Euro bzw. 250.000 Euro, und es bedarf auch keines Bestätigungsvermerks bei Beträgen über 5.000 Euro.
Die Verrechnung muss innerhalb 31. März 2023 erfolgen, sonst ist das Guthaben verloren; ggf. sollte eine Abtretung an Dritte geprüft werden.
Wichtig: Auch die Fälligkeit für die Verrechnung der Guthaben, die im 3. Quartal 2022 angereift sind, wird nachträglich auf 31.03.2033 verlängert; für die Verrechnung der Guthaben aus dem 1. und 2. Quartal hingegen bleibt nach dem Wortlaut der Bestimmung weiterhin der Endtermin 31.12.2022 aufrecht.
Innerhalb 16. Februar 2022 wird zudem eine eigene Meldung an die Agentur der Einnahmen über die Inanspruchnahme der aufgezeigten Steuerguthaben notwendig sein. Die Details müssen mit einer eigenen Durchführungsbestimmung geklärt werden; Unterlassungen bewirken den Verlust der Förderung.
Bleibt zu ergänzen, dass Forderungen diverser Interessensverbände, die aufgezeigten Steuerguthaben auch Freiberuflern zuzuerkennen, bislang nicht nachgekommen worden ist.
Steuergutschrift Landwirtschaft 4. Quartal 2022 (Art. 2)
Für landwirtschaftliche Unternehmen und Fischereibetriebe wird auch für das 4. Quartal 2022 eine Steuergutschrift von 20% auf die Kosten für Benzin und Diesel zuerkannt. Während bislang nur die Treibstoffkosten für landwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge anerkannt waren, werden im 4. Quartal 2022 auch die Treibstoffe zur Beheizung von Gewächshäusern und von Gebäuden für die Viehzucht zur gleichen Förderung zugelassen. Die Aufwendungen müssen durch Eingangsrechnungen belegt sein.
Die Verrechnung muss ebenfalls spätestens innerhalb 31.03.2023 erfolgen, und es ist auch hier eine Meldung innerhalb 16.02.2023 einzureichen.
MwSt 5% auf Naturgas (Art. 4)
Der verminderte MwSt-Satz von 5% auf die Lieferung von Naturgas war schon mit G.V. 115/2022 bis zum Jahresende 2022 verlängert worden. Die gleiche Reduzierung für das Gas, welches für den Autoverkehr und Gütertransport bestimmt ist, galt bislang nur bis zum 17. Oktober 2022 (in diesem Sinne zuletzt Verordnung vom 13. Sept. 2022); jetzt ist die Begünstigung vorerst bis zum 31. Oktober 2022 verlängert worden.
Allgemeine Reduzierung Mineralölsteuer vorerst bis zum 31. Oktober 2022 (Art. 4)
Um die Preissteigerungen bei Benzin und Diesel zu begrenzen, wird die anteilige Reduzierung der Mineralölsteuer abermals verlängert, und zwar vorerst bis zum 31. Oktober 2022 (bislang galt nur eine Verlängerung bis zum 17. Oktober 2022 durch die Verordnung vom 13. September 2022). Das Ausmaß der Begünstigung ist unverändert geblieben und beträgt:
- für Benzing mit 478,40 Euro je 1.000 Liter und
- für Diesel mit 367,40 Euro je 1.000 Liter sowie
- GPL für den Straßenverkehr 182,61 je 1.000 kg.
- Naturgas für den Straßenverkehr: keine Mineralölsteuer.
Innerhalb 10. November 2022 werden Betreiber von Treibstofflagern und Tankstellen eigens ihre Bestände zum 30. Oktober 2022 dem Zollamt mitteilen müssen.
Sonderförderungen Transportwesen, Kino und Theater
Für Sondermaßnahmen zur Unterstützung von Gütertransportunternehmen, Kinos und Theaterbetrieben werden eigene Mittel im Staatshaushalt abgestellt, offensichtlich auch, um ausreichende Mittel für die zuletzt gewährte Steuergutschrift von 28% im Transportwesen zu haben.
Rückzahlung Steuergutschrift Forschung und Entwicklung 2015 – 2019
Die Anleitungen zur Inanspruchnahme der diversen Steuergutschriften bei Forschung und Entwicklung in den letzten Jahren waren nicht die klarsten, und so gibt es sicher zahlreiche Fälle, in welchen Unternehmen im guten Glauben Gutschriften beansprucht haben, die im Lichte der heute vorliegenden Doktrin und Verwaltungspraxis nicht oder nur in einem geringeren Ausmaß zustehen. Die Agentur hat in vielen Fällen auch schon Einladungen an die Unternehmen verschickt, die beanspruchten Gutschriften nochmals zu überprüfen.
In diesem Sinne kann innerhalb 31. Oktober 2022 ein Antrag auf Berichtigung dieser Steuerguthaben gestellt werden. Etwaige zu Unrecht beanspruchte Begünstigungen können dann innerhalb 16. Dezember 2022 straf- und zinsfrei zurückgezahlt werden; ggf. kann auch für eine Zahlung in drei gleichen Jahresraten, jeweils zum 16. Dezember 2022, 2023 und 2024, optiert werden, und zwar zu den gesetzlichen Zinsen.
Hinweis: Eine kritische Prüfung der beanspruchten Förderungen ist sicher angebracht, zumal die Nachzahlung ohne Zinsen und Strafen erfolgen darf.
Steuerfreie Zuwendungen Freiberufler 150 Euro (Art. 20)
Freiberufler mit steuerpflichtigen Einkünften bis zu 20.000 Euro im Jahr 2021 haben zusätzliche zu den Zuwendungen von 200 Euro, wie sie in der G.V. 115/2022 vom August vorgesehen waren, Anrecht auf eine steuerfreie Sonderzuwendung von 150 Euro. Die Details zum Antrag müssen noch festgelegt werden.
Übrigens: Am letzten Freitag ist gemeinsam mit der vorliegenden Notverordnung auch die Durchführungsbestimmung veröffentlicht worden, nach welcher Freiberufler um den Zuschuss in Höhe von 200 Euro ansuchen können, wie er mit der vorgenannten G.V. 115/2022 eingeführt worden ist. Für diese Förderung galt im August übrigens noch eine Obergrenze des steuerpflichtigen Einkommens von 35.000 Euro.
Steuerfreie Zuwendungen 150 Euro an diverse Steuerpflichtige (Art. 18 und 19)
Im Monat November können u. a. Lohnabhängige, Rentner, Haushaltsgehilfen, Arbeitslose, freie Mitarbeiter, gelegentliche Mitarbeiter und Tür-zu-Türverkäufer eine steuerfreie Sondervergütung von 150 Euro beziehen, um die Preissteigerungen im Energiesektor zu lindern. Zugangsvoraussetzung ist insbesondere bei Lohnabhängigen, dass man im Monat November 2022 nicht ein Entgelt bezieht, das die Schwelle von 1.538 Euro übersteigt. Die Zuwendung wird bei Lohnabhängigen durch den Arbeitgeber im November ausgezahlt und von diesem mit den INPS/NISF Zahlungen verrechnet.
Das NISF/INPS wird hier die notwendigen Anleitungen erlassen müssen.
Für weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Vieider