Rundschreiben Nr. 37/2019
Bozen, 4. Dezember 2019
Es gehört zu den allgemeinen Grundregeln, dass man Gesetzesentwürfe und -abänderungen nicht für bare Münze nehmen soll, bevor sie nicht im Amtsblatt veröffentlicht sind. Ob der großen Auswirkungen auf die Organisation aller Unternehmen zum Jahreswechsel mag man mir aber verzeihen, wenn ich diesen Grundsatz hier gravierend verletzte:
Wir haben Sie mit unserem Rundschreiben Nr. 33/2019 darüber informiert: Mit Art. 4 der G.V. Nr. 124/2019 (in Kraft seit 27. Oktober 2019) wurde verfügt, dass ab 1. Jänner 2020 bei Werk- und Dienstleistungsverträgen grundsätzlich die Regel gilt, wonach der Auftraggeber – soweit selbst Steuersubstitut - die Lohnsteuern für das vom Auftragnehmer eingesetzte Personal einzuzahlen hätte. Der jeweilige Arbeitgeber müsste hierfür dem Auftraggeber 5 Tage vor Fälligkeit (i. d. R. also innerhalb 11. des Folgemonats) die für das eingesetzte Personal geschuldete Lohnsteuer mitteilen und diesem auch die notwendigen Geldmittel bereitstellen, damit letzter – also der Auftraggeber (!) - mit Vordruck F24 die Einzahlung der Lohnsteuer für die Mitarbeiter seines Auftragnehmers vornehmen kann.
Diesem Irrsinn hat die Regierung letzte Woche durch einen Abänderungsantrag, der in den nächsten Tagen in Kraft treten sollte, zum Glück ein vorzeitiges Ende gesetzt; das neue Regelwerk sollte durchaus geeignet sein, gravierende Fälle der Schwarzarbeit einzudämmen. Hier die voraussichtlichen Neuerungen zum Jahreswechsel:
Die Verpflichtung des Auftraggebers, jeweils die Lohnsteuer für Dritte einzuzahlen, wird völlig gestrichen und durch eine Kontrollfunktion ersetzt. Und auch diese Funktion greift nur, wenn Aufträge erteilt werden,
- bei welchen die Arbeitsleistung gegenüber dem Materialeinsatz überwiegt und
- bei welchen vorwiegend Geräte, Werkzeuge und Maschinen zum Einsatz kommen, die vom Auftraggeber (!) bereitgestellt werden und
- die am Sitz des Auftraggebers ausgeführt werden.
Mit Bezug auf die letzte Anforderung muss befürchtet werden, dass hier nicht nur der Rechtssitz gemeint ist, sondern dass z. B. auch längerfristige Baustellen betroffen sind. Ansonsten werden aber nur mehr Dienstleistungen betroffen sein, die bereits heute an der Grenze zu verdeckten Arbeitsverhältnissen stehen, insbesondere weil nur Leistungen einbezogen werden, wo vorwiegend Arbeitsgeräte des Auftraggebers zum Einsatz kommen.
Zudem greift die Kontrollpflicht erst
- bei einem Auftragswert pro Jahr von mehr als 200.000 Euro,
- und sie kann dann unterbleiben, wenn der Auftragnehmer nachweist, in den letzten 3 Jahren mit seinen Steuererklärungen in Ordnung zu sein, über sein Steuerkonto zumindest 10% seiner Umsatzerlöse eingezahlt zu haben und keine behängenden Steuervorschreibungen oder Feststellungsbescheide von mehr als 50.000 Euro zu haben. Zumindest die Einzahlungsschwelle von 10% dürfe bei personalintensiven Unternehmen immer überschritten werden, soweit die Lohnsteuern auch entrichtet worden sind. Einschränkend muss festgehalten werden, dass neu gegründete Unternehmen hier einen Nachteil haben.
Sollten auch diese Befreiungen nicht zur Anwendung kommen, ist der Auftragnehmer verpflichtet, innerhalb von 5 Tagen nach der Fälligkeit der Lohnsteuern (i. d. R. also innerhalb 21. des Folgemonats) dem Auftraggeber mittels Vordrucks F24 und detaillierter Aufstellungen der eingesetzten Mitarbeiter mit den jeweiligen Entlohnungen nachzuweisen, dass er die Lohnsteuern für die vor Ort beschäftigten Arbeiter korrekt eingezahlt hat.
Sollte dieser Nachweis nicht erbracht werden, greift die Kontrollfunktion, und der Auftraggeber muss:
- vom geschuldeten Entgelt 20% oder auch einen geringeren Anteil in Höhe der geschuldeten Lohnsteuern einbehalten und
- spätestens innerhalb von 90 Tagen eine Mitteilung an die Agentur der Einnahmen machen, sprich seinen Auftragnehmer bei der Steuerbehörde anzeigen.
Kommt er dieser Kontrollpflicht nicht nach, unterliegt er den gleichen Verwaltungsstrafen, wie der Auftragnehmer selbst für die unterlassene Einzahlung der Lohnsteuern.
Über die Details der neuen Kontrollpflicht werden zu gegebener Zeit sicher umfangreiche Anleitungen veröffentlicht werden, und es muss befürchtet werden, dass trotz allem ein erheblicher Verwaltungsmehraufwand auf alle Unternehmen zukommen wird. Inzwischen darf man aber aufatmen, denn wäre die ursprüngliche Regelung aufrecht geblieben, hätte sie sicher ab Februar einen guten Teil der Wirtschaftskreisläufe blockiert.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Vieider