Finanzgesetz für 2016 – Neuerungen im Bereich der Mehrwertsteuer

Finanzgesetz für 2016 – Neuerungen im Bereich der Mehrwertsteuer

Das zum 1. Jänner 2016 in Kraft getretene Finanzgesetz für 2016 (G. 208 vom 28. Dezember 2015) enthält auch zahlreiche Neuerungen  im Bereich der Mehrwertsteuer. Wie in den vorhergehenden Rundschreiben mitgeteilt, besteht das Gesetz aus einem einzigen Artikel, so dass die Rechtsbezüge jeweils die Absätze benennen. Nachstehend ein Überblick:

 
 

 

Ausstellung von Gutschriften (Abs. 126-127)

Im Wesentlichen neu geschrieben wurde Art. 26 MwStG, wo die Ausstellung von Gutschriften geregelt ist:

Zunächst ist es stets zulässig, Gutschriften für Lieferungen und Leistungen auszustellen, wenn die entsprechende Forderung trotz individueller Eintreibungsverfahren nicht mehr einbringlich ist. In diesem Sinne gilt ein Eintreibungsverfahren als erfolglos, wenn

- im Falle von Drittpfändungen aus dem amtlichen Pfändungsprotokoll hervorgeht, dass keine pfändbaren Güter oder Forderungen vorliegen;

- im Falle von Mobiliarpfändungen aus dem genannten Pfändungsprotokoll hervorgeht, dass keine Güter bestehen oder dass der Zutritt nicht möglich ist oder der Schuldner überhaupt nicht auffindbar ist;

- im Falle von drei erfolglosen Versteigerungen der gepfändeten Güter auf eine Fortführung wegen zu hoher Kosten verzichtet wird.

Die Regelung ist umgehend anwendbar und dürfte zu mehr Rechtssicherheit bei der Gutschrift der Mehrwertsteuer auf Forderungsausfälle führen.

Hinweis: Die Neuerung sollte es ermöglichen, bei Forderungsausfällen zumindest die nicht kassierte Mehrwertsteuer umgehend bei Eintreten der oben aufgezeigten Fälle wieder gutzuschreiben und damit bei der MwSt-Abrechnung in Abzug zu bringen.

 

Neu geregelt wird auch die Ausstellung von Gutschriften bei Verträgen für fortwährende oder periodische Lieferungen und Leistungen: Werden solche Verträge aufgrund der Nichterfüllung des Auftraggebers oder Erwerbers aufgelöst, so darf für jene Lieferungen und Leistungen, aufgrund welcher es zur Vertragsauflösung gekommen ist, umgehend eine Gutschrift ausgestellt werden. Auch diese Neuerung gilt ab sofort.

 

Schließlich ist es im Sinne von Art. 26 Abs. 10 MwStG nun möglich, dass bei Lieferungen und Leistungen, die dem sog. Reverse-Charge-Verfahren unterliegen, bei Minderungen des Umsatzes auch der Leistungsempfänger oder der Erwerber der Waren eine Gutschrift ausstellen darf. Auch diese Regelung gilt ab 1. Jänner 2016 und wird insbesondere die Geschäftsgebarung mit ausländischen Unternehmen erleichtern, wo diese Handhabung längst üblich ist.

Aber Vorsicht: Die Ausstellung einer Gutschrift durch den Rechnungsempfänger bleibt in Italien zumindest vorerst auf Geschäftsvorfälle im Reverse-Charge-Verfahren beschränkt. Eine Gutschrift mit Mehrwertsteuer ist daher nach wie vor nicht möglich.

 

 

MwSt und Insolvenzverfahren

Die wichtigste Änderung im Entwurf zum Haushaltsgesetz im Bereich MwSt hätte (!) die Insolvenzverfahren betroffen. Bekanntlich kann hier die MwSt im Sinne von Art. 26 MwStG derzeit erst dann gutgeschrieben werden, sobald das Verfahren abgeschlossen ist, i. d. R. also erst nach endgültiger Genehmigung des Aufteilungsplanes. Die Tatsache, dass sich solche Verfahren oft über Jahre (und Jahrzehnte!) hinziehen, bewirkt, dass die Steuerpflichtigen für diese Zeit die MwSt vorfinanzieren müssen. Im Entwurf zum Haushaltsgesetz war vorgesehen, dass ab 2016 die Berichtigung, sprich die Ausstellung einer Gutschrift für die MwSt, sofort bei Konkurserklärung oder Eröffnung eines anderen Insolvenzverfahrens vorgenommen werden könne. Leider wurde diese Regelung, die in anderen EU-Ländern zum Standard gehört, angesichts klammer Kassen vorerst auf das Jahr 2017 verschoben. Schade!
   
 

Online-Zeitschrift

(Abs. 637)

 

Bereits im Vorjahr war für Bücher in elektronischer Form der verminderte MwSt-Satz von 4% eingeführt worden, um eine Gleichstellung mit den Druckausgaben zu erreichen. Mit dem Haushaltsgesetz für 2016 wird der verminderte MwSt-Satz von 4% nun auch auf elektronisch verbreitete Zeitschriften (Online-Ausgaben) erweitert. Die Erleichterung gilt für Tageszeitungen, Wochenzeitungen u. ä. Veröffentlichungen (mit ISSN-Standard).

Die Änderung gilt für Umsätze ab 1. Jänner 2016. Vollständigkeitshalber muss aufgezeigt werden, dass die MwSt-Begünstigung nicht unbedingt im Einklang mit den einschlägigen EU-MwSt-Bestimmungen steht und dass hier durchaus Beanstandungen durch die EU möglich sind.

 

 

Regelsätze bleiben unverändert (Abs. 6)

Und noch eine gute Nachricht: Die Bestimmungen, wonach bei Nichteinhaltung bestimmter Verschuldungsparameter im Staatshaushalt die MwSt-Sätze von derzeit 10% und 22% angehoben werden können, wird für das Jahr 2016 ausgesetzt. Die derzeitigen reduzierten Sätze von 4% und 10% sowie der Regelsatz von 22% bleiben also zumindest für das laufende Jahr unangetastet.

Umgekehrt ist daran zu erinnern, dass der Entwurf des Haushaltsgesetzes im Oktober 2015 auch eine Reduzierung des MwSt-Satzes auf Holzpeletts von derzeit 22% auf 10% vorsah. Diese Erleichterung ist leider dem Sparstift zum Opfer gefallen.

 

 

Reverse Charge ausgeweitet (Abs. 128)

Unternehmen, die an ein Konsortium fakturieren, das seinerseits seine Lieferungen oder Leistungen ohne MwSt nach dem „split payment“-Verfahren  an öffentliche Auftraggeber fakturieren muss, können unter Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens an das Konsortium fakturieren. Die Neuerung soll dazu beitragen, die großen MwSt-Guthaben bei diesen Konsortien zu mindern. Für die konkrete Umsetzung ist allerdings noch die Zustimmung der EU notwendig; wir werden Sie umgehend informieren, sobald die Erleichterung anwendbar ist.
   
 

Neuer MwSt-Satz für Sozialgenossenschaften (Abs. 960 – 963)

Für Sozialgenossenschaften wird ein neuer MwSt-Satz von 5% vorgesehen. Er gilt vorwiegend für Fürsorge- und Erziehungsleistungen dieser Einrichtungen an bedürftige Personen, so dass die übliche Geschäftsgebarung von Unternehmen und Freiberuflern von dieser Neuerung kaum betroffen sein dürfte. Ansonsten bringt die Neuerung erhebliche Aufwendungen bei der Abänderung der EDV-Programme. Die Leistungen unterlagen bislang dem verminderten Satz von 4%.

Schwerwiegender dürfte allerdings sein, dass die gleichen Leistungen von „normalen“ Genossenschaften, die bislang ebenfalls mit 4% besteuert wurden, durch die Abänderung dem Regelsatz von 22% unterliegen, außer diese Genossenschaften optieren für die „unechte“ MwSt-Befreiung im Sinne von Art. 10 MwStG. Für Sozialgenossenschaften ist die Option für die MwSt-Befreiung aufgrund der Neuregelung im Haushaltsgesetz für 2016 übrigens nicht mehr möglich.

Die Neuerungen greifen für Umsätze ab dem 1. Jänner 2016.

 

 

Kompensationssätze MwSt in der Landwirtschaft

(Abs. 908)

Das Wirtschaftsministerium wird ermächtigt, mit einer Verordnung innerhalb 31. Jänner 2016 die Kompensationssätze in der Landwirtschaft für Milch- und Milchprodukte und weiters für Rinder und Schweine zu ändern. Im Detail können die genannten MwSt-Sätze bei Milch von 8,8% auf 10%, bei Rindern von 7% auf 7,7% und bei Schweinen von 7,3% auf 8% angehoben werden. Da die Kompensationssätze dazu dienen, die MwSt aus dem vereinbarten Kaufpreis herauszurechnen, führt die Erhöhung der MwSt-Sätze defacto zu einer Reduzierung der Einkaufspreise bei den jeweiligen gewerblichen Abnehmern.

Noch zur Landwirtschaft: Die im Entwurf zum Haushaltsgesetz im Oktober vorgesehene Abschaffung der MwSt-Befreiung für Umsätze bis zu 7.000 Euro wird nicht durchgeführt.

   

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-06-05.01.2016 Finanzgesetz fuer 2016 Mehrwertsteuer