Mit Verordnung des Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen vom 13. Dezember 2017 wurde der gesetzliche Zinsfuß mit Wirkung ab 1. Jänner 2018 auf 0,3 (Null Komma drei Prozent) erhöht. Zu- vor hatte er seit 1. Jänner 2017 bekanntlich 0,10% betragen. Mit Verordnung vom 20. Dezember 2017, veröffentlicht im Amtsblatt Nr. 301 vom 28. Dezember 2017, wurden infolge auch die Koeffizienten zur Neuberechnung von Fruchtgenuss und nacktem Eigentum in Anlehnung an den reduzierten Zins- fuß neu festgelegt. Die Änderung hat auf mehrere zivil-, handels- und steuerrechtliche Sachverhalte sowie auf die Sozialabgaben unmittelbare Auswirkungen. Als Beispiele können angeführt werden die Zinsberechnung für die sogenannte freiwillige Berichtigung, die Verzinsung von Forderungen aus Schadenersatz und anderen Streitfällen sowie die Verzinsung der vom Mieter erteilten Kaution an den Mietherrn.
1. Schuldverhältnisse
Soweit nicht vertraglich oder gesetzlich ein anderer Zinsfuß festgelegt ist, kommt bei Schuldverhält- nissen ab 1. Jänner 2018 der gesetzliche Zinsfuß von 0,30% zur Anwendung. Dies gilt z. B. für die Verzinsung der vom Mieter hinterlegten Kaution an den Vermieter.
2. Bewertung des lebenslangen Fruchtgenussrechtes
Der lebenslängliche Fruchtgenuss wird wie folgt berechnet: Abhängig vom Alter des Fruchtnießers werden bestimmte Koeffizienten festgesetzt; multipliziert mit dem gesetzlichen Zinsfuß ergeben sie den jeweiligen Wert des Fruchtgenusses. Die aufgrund des neuen Zinsfußes überarbeitete Tabelle wurde im staatlichen Amtsblatt vom 28. Dezember 2017 veröffentlicht und gilt für Verträge, die ab 1. Jänner 2018 abgeschlossen werden. Wir legen die neue Übersicht diesem Rundschreiben unter Anlage
A) bei. In der Praxis wurden die Werte anteilig rund auf ein Drittel reduziert, zusätzlich aber auch ab dem 31. Lebensjahr an die geänderte Lebenserwartung angepasst.
Zuvor war z. B. beim 60. Lebensjahr ein Koeffizient von 600 vorgesehen; multipliziert mit dem ge- setzlichen Zinsfuß von 0,1% ergab sich ein Wert des Fruchtgenusses von 60%, während das nackte Eigentum 40% wert war. Jetzt, da der Zinsfuß 0,3% beträgt, wurde der Koeffizient – offensichtlich auch wegen der geänderten Lebenserwartung - auf 195 reduziert, sodass bei einer Multiplikation mit 0,3 sich ein Wert des Fruchtgenusses von 58,50% und des nackten Eigentums von 41,50% ergeben.
3. Auswirkungen im Steuerbereich
Unmittelbare Auswirkung hat die Reduzierung des gesetzlichen Zinsfußes auf die freiwilligen Berich- tigungen für unterlassene, verspätete oder unzureichende Steuerzahlungen (sog. „ravvedimento opero- so“), für welche ab 1. Jänner 2018 Zinsen im Ausmaß von 0,30% geschuldet sind. Bei Berichtigungen aus dem Vorjahr sind nunmehr die Zinsen aufgrund unterschiedlicher Zinssätze zu ermitteln. Wenn z. B. am 16. Dezember 2017 die MwSt-Zahlung zu gering war und im Jänner 2018 eine Nachzahlung er- folgen soll, so sind die Zinsen hierfür bis zum 31. Dezember 2017 mit 0,10% und ab dem 1. Jänner 2018 zum Zinsfuß von 0,3% zu ermitteln. Für vereinbarte Ratenzahlungen im Zuge von getroffenen Abfindungen von Streitverfahren bleibt hingegen im Sinne des Rundschreibens Nr. 28 vom 21. Juni 2011 der bei Abfindung mit dem Steueramt geltende Zinssatz aufrecht, d. h., im Vorjahr vereinbarte Raten können nicht neu berechnet werden. Ratenzahlungen für ab 1. Jänner 2018 zu treffende Abfin- dungen werden hingegen mit dem neuen Zinssatz von 0,3% berechnet werden.
Keine Auswirkungen hat die Erhöhung des Zinssatzes übrigens für die Ratenzahlungen auf die Ersatz- steuern bei der Aufwertung von Beteiligungen und Grundstücken, da hier der Zinsfuß für die Raten- zahlung (3%) eigens festgelegt worden war.
Im Bereich der Einkommensteuern gilt für gewährte Darlehen ein vermuteter Zinsertrag in Höhe des gesetzlichen Zinsfußes, falls nicht schriftlich eine andere Verzinsung vorgesehen ist; diese Zinsvermu- tung gilt sowohl im Bereich der Kapitaleinkünfte (Art. 45Abs. 2 EESt) als auch für die Einkünfte aus Unternehmen (Art. 89 Abs. 5 EESt). Soll eine andere Verzinsung zur Anwendung kommen, so ist hierfür eine Vereinbarung mit sicherem Datum (Einschreiben ohne Umschlag, Mitteilung über zertifi- zierte E-Mail-Adresse) erforderlich. Liegt keine abweichende Vereinbarung vor, gilt ab 1. Jänner 2018 die gesetzliche Verzinsung von 0,3%.
4. Auswirkungen bei Sozialabgaben
Der auf 0,3% erhöhte gesetzliche Zinsfuß hat zudem auch Auswirkungen auf die Verwaltungsstrafen
für unterlassene oder verspätete Zahlungen von Sozialabgaben, zumal in diesem Bereich die Strafen
auf den gesetzlichen Zinsfuß von 0,3% erhöht werden können, soweit die Vergehen auf objektive Un-
sicherheiten, schuldhaftes Verhalten Dritter oder auf außerordentliche Umstrukturierungen in Krisen-
situationen zurückzuführen sind.
Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen natürlich gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen
Josef Vieider
Tabelle Fruchtgenuss laut D.M. vom 20.12.2017
Alter des Begünstigen |
alter Koeffizient |
neuer Koeffizient |
von 0 bis 20 |
950 |
317,50 |
von 21 bis 30 |
900 |
300 |
von 31 bis 40 |
850 |
282,50 |
von 41 bis 45 |
800 |
265 |
von 46 bis 50 |
750 |
247,50 |
von 51 bis 53 |
700 |
230 |
von 54 bis 56 |
650 |
212,50 |
von 57 bis 60 |
600 |
195 |
von 61 bis 63 |
550 |
177,50 |
von 64 bis 66 |
500 |
160 |
von 67 bis 69 |
450 |
142,50 |
von 70 bis 72 |
400 |
125 |
von 73 bis 75 |
350 |
107,50 |
von 76 bis 78 |
300 |
90 |
von 79 bis 82 |
250 |
72,50 |
von 83 bis 86 |
200 |
55 |
von 87 bis 92 |
150 |
37,50 |
von 93 bis 99 |
100 |
20 |