Im Amtsblatt vom 29. Dezember 2017 Nr. 302 ist das Finanzgesetz für 2018 (G. 205 vom 27. Dezember 2017) veröffentlicht worden. Es ist mit 1. Jänner 2018 in Kraft getreten. Nachstehend die wichtigsten Neuerungen im Bereich der Mehrwertsteuer:
Vorsteuerabzug auf Eingangsrechnungen mit Ausstellungsdatum aus 2017
Zunächst zu einer Frage, die mit dem Haushaltsgesetz trotz vehementer Forderungen der Wirtschaftsverbände leider nicht geklärt worden ist: Wie mitgeteilt (siehe unser Rundschreiben Nr. 48/2017), ist nach dem Wortlaut der Bestimmungen in G.V. 50/2017 die Vorsteuer auf 2017 ausgestellte Rechnungen, die erst 2018 eingehen, nur mehr im Jahr 2017 (und hier spätestens in der MwSt.-Jahreserklärung im April 2018) absetzbar, nicht aber in 2018. Daraus folgt, dass die Mehrwertsteuer aus solchen Rechnungen entweder noch in der Abrechnung für Dezember (bzw. für das 4. Quatal) 2017 oder außerbuchhalterisch in der MwSt.-Jahreserklärung für 2017 abgezogen werden muss. Umgekehrt gilt: Ein Abzug der Mehrwertsteuer für 2017 ausgestellte Rechnungen in einer periodischen MwSt.-Abrechnung im Jahr 2018 (z. B. für Jänner 2018) ist nach dem Wortlaut der neuen Regelung nicht mehr zulässig! Die MwSt.- Jahreserklärung für 2017 ist im April abzugeben. Danach wäre die Vorsteuer für im Jahr 2017 ausgestellte Rechnungen nach einer strengen Auslegung überhaupt verloren. In der Fachpresse ist die Meinung einhellig: Eine solche Regelung widerspricht geltendem EU-Recht.
Hinweis: Soweit nicht in den nächsten Wochen eine amtliche Klarstellung erfolgt, empfehlen wir Ihnen aus praktischen Gründen, die MwSt.-Abrechnung für den Mo- nat Dezember 2017 nur provisorisch zu erstellen und erst mit Abgabe der MwSt.- Jahreserklärung im April endgültig zu schließen. Auf diese Weise können die in den nächsten Wochen und Monaten eingehenden Rechnungen mit Ausstellungsdatum 2017 noch mit Datum 31.12.2017 im Register der Eingangsrechnungen verbucht werden, und es wird eine aufwendige außerbuchhalterische Erfassung der Rechnun- gen vermieden. Falls die MwSt.-Abrechnung für Dezember 2017 zum 16. Jänner 2018 mit einem Guthaben schließt, ergibt sich durch diese Gestaltung kein Problem; sollte die MwSt.-Abrechnung mit einer Schuld schließen, welche zum 16. Jänner 2018 einzuzahlen ist, könnten Eingangsrechnungen auch nach erfolgter Einzahlung mit Datum 31.12.17 verbucht werden; es ergibt sich dann ein Guthaben in der Jah- reserklärung, das nach den allgemeinen Bestimmungen vorgetragen und verrechnet werden kann.
Wichtig: Die Neuerungen betreffen nicht innergemeinschaftliche Erwerbe von Gütern oder Dienstleistungen, weil dort die Vorschriften über die Registrierung stets Bezug auf den Erhalt der Rechnungen nehmen.
Elektronische Rechnungserteilung ab 1. Jänner 2019 (Abs. 909)
Hier erfolgt eine gravierende Änderung, die zwar erst mit 1. Jänner 2019 verbindlich wird, wofür aber sicher rechtzeitige Anpassungen in der betrieblichen Software not- wendig sein werden: Mit dem Vorwand, die Steuerhinterziehung eindämmen zu wol- len, wird verlangt, dass ab 1. Jänner 2019 allgemein zwischen in Italien ansässigen Unternehmen (B2B) und auch an Privatpersonen (B2C) nur mehr elektronische Rechnungen (ähnlich wie derzeit schon gegenüber der öffentlichen Verwaltung) aus- gestellt werden dürfen. Die Rechnungen sind im XML-Format auszustellen und über die Plattform der Einnahmenagentur SDI zu versenden. Ausgeschlossen sollen nur Kleinstunternehmen und Pauschalabrechner sein. Für Lieferungen und Leistungen an nicht in Italien ansässige Unternehmen, welche nicht über Zollbolletten dokumentiert sind, muss übrigens die Rechnung innerhalb des 5. des Folgemonats der Agentur der Einnahmen übermittelt werden, soweit sie nicht im neuen Format ausgestellt ist.
Die Vorschrift gilt auch für Umsätze gegenüber Privatpersonen. Diese erhalten die Rechnungen über die elektronischen Dienste der Einnahmenagentur (wahrscheinlich ist damit die steuerliche Info-Box gemeint („cassetto fiscale“). Der Lieferant hat aber auch eine Kopie auf Papier auszuhändigen. Für die Rechnungen an Nichtansässige sowie für die von diesen erhaltenen Rechnungen hat man die entsprechenden Daten über eine elektronische Meldung innerhalb des Folgemonats der Einnahmenagentur zu versenden, ausgenommen die über den Zoll abgewickelten Lieferungen.
Hinweis: Über die Details werden wir Sie informieren, sobald die notwendigen Durchführungsbestimmungen erlassen sind.
Elektronische Rechnungsertei- lung ab 1. Juli 2018 im Bauwesen (Abs. 917)
Bereits ab 1. Juli 2018 wird die Pflicht zur elektronischen Rechnung für die Subunternehmen im Bauwesen vorgesehen, die gegenüber den Auftragnehmern der öffent- lichen Verwaltung abrechnen. Es handelt sich in der Praxis um die Leistungen gegenüber den Unternehmen, die ihrerseits bereits jetzt zur elektronischen Rechnung verpflichtet sind. Auf den Rechnungen sind jeweils die Kennzahlen CUP und CIG anzugeben, wie sie vom auftragerteilenden Unternehmen gegenüber der öffentlichen Verwaltung in der Rechnung ausgewiesen werden.
Elektronische Rechnungserteilung ab 1. Juli 2018 Treibstoffhandel (Abs. 917)
Für die Lieferungen von Benzin und Diesel zwecks Motorantriebs (also offensichtlich für den Straßenverkehr) an Unternehmen muss ab 1. Juli 2018 auf jeden Fall eine elektronische Rechnung ausgestellt werden. Treibstoffabgaben an Private sind hingegen als Tagesinkasso elektronisch der Finanzverwaltung zu melden. Das genaue Verfahren wird über eigene Durchführungsbestimmungen festgelegt werden.
Tax free shopping
Für Südtirol nur von begrenztem Interesse ist schließlich die Verpflichtung der elektronischen Fakturierung im Bereich des sog. tax free shopping ab 1. September 2018.
Archivierung elektronischer Rechnungen
Um die Kosten für elektronische Archivierung zu reduzieren, soll es zulässig sein, die ausgestellten elektronischen Rechnungen auf dem System der Agentur der Ein- nahmen abzuspeichern.
Treibstoff- verkauf (Abs. 909)
Die Tageseinnahmen aus dem Verkauf von Benzin und Treibstoff zum Antrieb von Motoren (also für den Straßenverkehr, wie oben) sind durch die Tankstellen ab 1. Ju- li 2018 zwangsläufig täglich auf telematischem Wege der Finanzverwaltung zu übermitteln. Dies sollte nur gelten, soweit nicht ohnehin elektronische Rechnungen (bei B2B-Umsätzen) ausgestellt werden.
Treibstoffkarte (Abs. 926) und Zahlung Treibstoff
Ab 1. Juli 2018 werden die Aufwendungen für den Erwerb von Treibstoff für Zwecke der Einkommensteuern und die entsprechende Mehrwertsteuer in den Eingangsrechnungen nur mehr soweit absetzbar sein, als die entsprechende Zahlung über rückverfolgbare Zahlungsmittel erfolgt, und zwar mittels Kredit- oder Debitkarten (Bancomat) oder Prepaid-Karten. Für die Tankstellenbetreiber wird zum Ausgleich ein Steuerbonus in Höhe von 50% der ihnen anfallenden Bankkommissionen eingeführt.
Noch zu klären bleibt, welche Auswirkungen diese Neuerung auf die diversen Kartensysteme der Mineralölgesellschaften und der verschiedenen Dienstleister im Straßengüterverkehr hat.
Einfuhr Benzin und Diesel (Abs. 937- 943)
Bei der Einfuhr von Diesel und Benzin in ein Depot in Italien muss ab 1. Februar 2018 soll die MwSt.-Hinterziehung dadurch unterbunden werden, dass bei Einfuhr die gesamte MwSt. mittels F24 zu entrichten ist.
Für die praktische Umsetzung sollte in den nächsten Tagen eine Durchführungsbestimmung veröffentlicht werden
MwSt.- Sätze (Abs.s 2)
Die bereits 2014 vorgesehene Anhebung der MwSt.-Sätze von 10% und 22% wird auf 2019 verschoben werden, so dass zumindest für das laufende Jahr die beiden Hebesätze unverändert bleiben sollten.
Rindund Schweinefleisch (Abs. 506)
Die im Vorjahr vorübergehend eingeführte Anhebung der landwirtschaftlichen Kompensationssätze für Lebendvieh bei Rind auf 7,7% und bei Schwein auf 8% wird auch für 2018 bestätigt.
Verwaltungsstrafen bei höherem MwSt.- Satz (Abs. 935)
Die nachstehende Neuerung ist seit langem überfällig: Wird in einer Rechnung irrtümlicherweise eine zu hoher MwSt.-Satz abgerechnet (z. B. 22% statt 10% im Bauwesen) und abgeführt, so ist diese Vorsteuer vom Kunden bzw. Auftraggeber abzugsfähig; die Unachtsamkeit kann aber beim Kunden bzw. Auftraggeber (soweit selbst Unternehmer!) mit einer Verwaltungsstrafe in Höhe von 250 Euro bis 10.000 Euro geahndet werden.
Bisher galt, dass die irrtümlich angelastete MwSt. nicht als Vorsteuerabsetzbar war und dass Verwaltungsstrafen in Höhe von bis zu 90% der MwSt. (und zusätzlich u. U. Strafen wegen fehlerhafter MwSt.-Jahreserklärung) zur Anwendung kamen. Entsprechend ist die Neuerung ausdrücklich zu begrüßen, und sie sollte aufgrund der allgemeinen Vorteilsregel auch rückwirkend (auch für behängende Streitverfahren) zur Anwendung kommen.
Einführung der Organschaftsbesteuerung MwSt. (Abs. 984- 985)
Organschaftsbesteuerung und Mehrwertsteuer: Neben der derzeitigen MwSt.- Gruppenbesteuerung, die eigentlich nur eine Verrechnung von MwSt.-Guthaben und -schuld darstellt, wird – im Wesentlichen nach deutschem Vorbild – mit Wirkung 1. Jänner 2018 die Organschaft („gruppo IVA“) für die MwSt. eingeführt. Die entsprechenden Bestimmungen waren bereits im Vorjahr im Haushaltsgesetz enthalten, werden aber erst jetzt rechtswirksam. Mit dem neuen System kann die gesamte Gruppe als einziger Steuerpflichtiger mit einer einheitlichen MwSt.-Nummer auftreten. Zu einer Organschaft zusammenschließen können sich Unternehmen, unter denen zumindest seit dem 1. Juli 2017 des vorhergehenden Jahres sowohl ein organisatorisches als auch ein wirtschaftliches und finanzielles Beherrschungsverhältnis be- standen hat. Die finanzielle Beherrschung wird dabei über Art. 2359 ZGB definiert. Die Option für die Organschaftsbesteuerung hat vor allem zur Folge, dass gruppeninterne Lieferungen und Leistungen für die MwSt. irrelevant werden, sprich nicht mehr zu fakturieren sind. Zudem wird die MwSt.-Jahreserklärung nebst anderen Meldungen nur mehr vom Organträger abgegeben. Durch das vorliegende Haushaltsgesetz wurden insbesondere noch die Umsätze mit ausländischen Betriebsstätten geklärt. Für die praktische Umsetzung fehlen derzeit noch die Durchführungsbestimmungen. Eine Option für die neue Organschaftsbesteuerung kann innerhalb 30. September 2018 erfolgen und hätte dann ab 1. Jänner 2019 Rechtswirksamkeit.
Bedeutende Güter MwSt. 10% (Abs. 19)
Auf Anregung Südtiroler Wirtschaftsberater ist im Zuge der parlamentarischen Behandlung eine bedeutende Klarstellung im Zusammenhang mit dem verminderten MwSt.-Satz von 10% für bedeutende Güter bei ordentlichen und außerordentlichen Instandhaltungsarbeiten auf Wohngebäuden getroffen worden: Der Wert dieser be- deutenden Güter wird nur mit Bezug auf die Herstellungskosten (und nicht mit Bezug auf den gemeinen Wert!) ermittelt. Das Zubehör zählt nicht zum bedeutenden Gut, wenn dieses eine autonome Funktionalität besitzt. Die Neuerungen haben als gesetzliche Interpretation rückwirkende Geltung. Es werden allerdings keine Erstattungen vorgenommen.
Unentgeltliche Abgabe von Waren (Abs. 208)
Die übliche Vermutung eines Verkaufs zum gemeinen Wert greift nicht, wenn Lebensmittel, Medikamente, Reinigungsmittel und andere Güter, die mit eigener Verordnung festgelegt werden, unentgeltlich an öffentliche Körperschaften oder private Körperschaften ohne Gewinnabsicht abgegeben werden. Die Übergabe ist mittels Transportdokumente zu belegen, und der Schenkungsgeber muss der Finanzverwaltung mittels elektronischer Post innerhalb des 5. des Folgemonats eine monatliche Mitteilung über die Schenkungen machen; diese Meldepflicht entfällt für leicht ver- derbliche Waren und für Schenkungen, deren Wert Euro 15.000 nicht übersteigt. Der Schenkungsnehmer muss eine trimestrale Meldung über die erhaltenen Güter und de- ren Verwendung im Sinne der institutionellen Aufgaben abgeben; Zweckentfrem- dungen führen zur Nachbelastung von MwSt. und Einkommensteuern.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen
Josef Vieider