Internationale Verrechnungspreise – Dokumentation innerhalb 28. Dezember 2010 erstellen

Internationale Verrechnungspreise – Dokumentation innerhalb 28. Dezember 2010 erstellen

 

Rechtsgrundlagen

Zur Erinnerung: Mit Art. 26 der Sommerverordnung Nr. 78/2010 wurde ein Anreiz eingeführt, die geltenden OECD-Bestimmungen im Bereich der Verrechnungspreise auch in Italien zu übernehmen: Konkret werden Unternehmen eingeladen, eine angemessene Dokumentation zu den Verrechnungspreisen zu erstellen. Mit Verordnung vom 29. September 2010 wurden die hierfür notwendigen Durchführungsbestimmungen erlassen.
   
 

Wesen der Neuerung:  Schutzbestimmung gegen Verwaltungsstrafen

Der Hintergrund: Unternehmen, welche Geschäftsbeziehungen mit nahe stehenden Personen im Ausland unterhalten, sind im Sinne von Art. 110 Abs. 7 EESt verpflichtet, diese Lieferungen und Leistungen zum gemeinen Wert bzw. zu Marktpreisen, also zu Preisen, die auch einem unabhängigen Dritten gegenüber angewandt worden wären, abzurechnen. Und hier knüpft die Neuerung an:

- Soweit im Zuge einer Betriebsprüfung eine geeignete Dokumentation über die Angemessenheit dieser Verrechnungspreise vorgelegt werden kann, schränkt dies zwar keineswegs die Prüfungs- und Berichtigungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung ein, es werden auf etwaige höhere Steuern aber keine Verwaltungsstrafen angelastet.

- Zudem wird nach herrschender Doktrin auch die Beweislast umgekehrt, sprich: Die Finanzverwaltung muss nachweisen, dass die angewandten Verrechnungspreise nicht angemessen sind.

Die Neuerung ist also als Schutzbestimmung ausgelegt: Gegen Inländische Unternehmen mit Tochtergesellschaften im Ausland oder umgekehrt, gegen inländische Unternehmen, die von ausländischen Gesellschaften beherrscht werden, sollen keine Verwaltungsstrafen für unvollständig erklärte Einkommen verhängt werden, wenn diese Gesellschaften eine Dokumentation über die Berechnung der Verrechnungspreise ausgearbeitet haben und im Falle einer Prüfung diese der Finanzverwaltung vorlegen können.

Im Umkehrschluss: Es besteht also in diesem Sinn keinerlei Pflicht zur Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation. Wird sie nicht erstellt, bleibt hinsichtlich Prüfung und Verwaltungsstrafen alles wie bisher, d. h.: Verwaltungsstrafen zwischen 100% und 200% der zusätzlichen Steuern und Beweislast zu Lasten des Steuerpflichtigen.

   
 

Wer ist betroffen?

Zur Erstellung der Dokumentation sind Holdinggesellschaften, Subholdinggesellschaften, beherrschte Unternehmen und italienische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen verpflichtet. Leider enthält die Verordnung keine genaue Definition der Beherrschung. Vorsichtshalber wird darunter nicht nur die rein gesellschaftsrechtliche Beherrschung im Sinne von Art. 2359 ZGB zu verstehen sein, sondern auch die wirtschaftliche Kontrolle, wie dies mit Rundschreiben Nr. 32/1980 nahe gelegt worden ist.
   
 

Zusammensetzung der Dokumente

Die Dokumentationsvorschriften sehen in Übereinstimmung mit den OECD-Richtlinien (in der Fassung vom 22. Juli 2010) und dem EU-Verhaltenskodex vom 27. Juni 2006 zwei verschiedene Dokumentationseinheiten vor:

1. Masterfile:  Dieses Dokument ist für alle Konzerngesellschaften relevant und soll allgemein die Tätigkeit und die Verrechnungspreispolitik der Gruppe darstellen. Dieses Masterfile ist von den in Italien ansässigen Gruppen bzw. den inländischen Holdinggesellschaften und den Zwischenholdinggesellschaften zu erstellen.

2. Countryfile: Dieses Dokument hingegen gibt die Lage im einzelnen Land (country) wieder; in Italien ist das Dokument grundsätzlich von den beherrschten inländischen Tochtergesellschaften und Betriebsstätten zu erstellen, aber auch von den inländischen Holding- und Subholdinggesellschaften.

Die zu erstellenden Unterlagen sind also unterschiedlich, je nachdem ob es sich um eine Holding, eine Sub-holding, eine beherrschte Gesellschaft oder um eine italienische Betriebsstätte ausländischer Gesellschaften handelt.

- Holing- und Sub-Holdinggesellschaften haben den Masterfile zu erstellen;

- für beherrschte in Italien ansässige Gesellschaften und italienische Betriebsstätten hingegen reicht die Erstellung des Countryfile aus.

   
 

Inhalte der Dokumente

Kernstück der Dokumentation eine Vergleichbarkeitsanalyse und die Begründung der gewählten Verrechnungspreismethode, die einzeln für die jeweiligen gruppeninternen Geschäfte dargestellt werden müssen (Nr. 5 im Countryfile). Im Wesentlichen sind dabei die Merkmale, Eigenschaften und Inhalt der Lieferungen und Leistungen, die Vertragsbedingungen sowie die jeweiligen Vergütungen anzuführen. In Flussdiagrammen sind die Abläufe aufzuzeigen. Die bestehenden gruppeninternen Vereinbarungen sind beizulegen, bzw. falls nicht vorhanden, umgehend zu erstellen.

Außerdem ist die angewandte Verrechnungspreismethode zu beschreiben. Bekanntlich sehen die OECD-Richtlinien vier  Verfahren vor, und zwar die drei traditionellen Methoden:

-          Preisvergleichsmethode,

-          Wiederverkaufspreismethode und

-          Kostenaufschlagsmethode sowie

-          schließlich die von den USA bevorzugte Gewinnaufteilungsmethode.

Wird eine gewinnorientierte Methode verwendet (laut den neuen OECD-Verrechnungspreisgrundsätzen beschränkt möglich), ist eigens zu begründen, wieso diese zielführender ist als eine der traditionellen Methoden. Innerhalb der drei traditionellen Verfahren hingegen ist der etwaige Vorzug gegenüber der Preisvergleichsmethode zu begründen.

Hinweis: Die Vorteilsbestimmung, dass keine Verwaltungsstrafen verhängt werden, geht verloren, wenn die Dokumentation nicht die in diesen Vorschriften enthaltenen Mindestangaben enthält oder wenn die Angaben nicht der Wahrheit entsprechen.

 
 

 

Inhalt Masterfile

Nachstehend ein Überblick über die Inhalte der beiden Dokumentationseinheiten:

Inhalte des Masterfile:

1. Beschreibung der Gruppe: Geschichte, Entwicklung, Tätigkeitsbereiche, wirtschaftliches Umfeld

2. Struktur der Gruppe und Beteiligungsverhältnisse

3. Allgemeine Strategien der Gruppe und Änderungen im Vergleich zum Vorjahr

4. Allgemeine Beschreibung der konzerninternen Geschäftsvorfälle mit Beschreibung der Bewegungen materieller und immaterieller Güter, der Finanzflüsse und der Rechnungserteilungen

5. Gruppeninterne Geschäftsbeziehungen im Einzelnen mit Vergleichbarkeitsanalysen und Angabe und Begründung der gewählten Verrechnungspreismethode

6. Angabe der wahrgenommenen Funktionen und der übernommenen Risiken

7. Eigentum an immateriellen Vermögenswerten und etwaige erhaltene oder bezahlte Lizenzgebühren auf Gruppenebene

8. Verrechnungspreispolitik der Gruppe sowie Verrechnungspreisanalyse und Begründung der angewandten Methoden

9. Vereinbarungen mit Finanzverwaltungen in Bezug auf Verrechnungspreise

   
 

 

Inhalt Countryfile

Inhalte des Countryfile:

1. Beschreibung der Gesellschaft

2. Tätigkeitsfelder der Gesellschaft

3. Operative Struktur der Gesellschaft

4. Strategien und etwaige Änderungen zum Vorjahr

5. Angabe und Beschreibung der Geschäftsvorfälle auf Gruppenebene (Lieferungen materieller und immaterieller Güter, Dienstleistungen, Finanzgeschäfte) mit Vergleichbarkeitsanalyse sowie Angabe und Begründung der gewählten Verrechnungspreismethode

6. Angabe zu Kostenumlageverträgen und daran beteiligten Gesellschaften

   
Unterzeichnung Die Dokumentation ist auf jeder Seite vom rechtlichen Vertreter der Gesellschaft zu unterzeichnen.
   
 

Sprache

Die beiden Dokumentationseinheiten sind grundsätzlich in italienischer Sprache abzufassen; in Südtirol müsste auf jeden Fall auch die Abfassung in deutscher Sprache zulässig sein. Das Masterfile kann hingegen auch in englischer Sprache erstellt werden.
   
Elektronische Abspeicherung Die Dokumentation muss in elektronischer Form erstellt werden. Man kann diese aber auch in Papierform vorlegen, ohne dass dadurch die Vorteilsbestimmung der Strafbefreiung verloren geht. Allerdings muss sie auf etwaiges Verlangen der Finanzverwaltung auch nachträglich in elektronischer Form übergeben, die dafür eine angemessene Frist gewähren muss.
 
 

Mitteilung an Finanzverwaltung

Um die Anwendung der Neuerung bzw. die Befreiung von der Verwaltungsstrafe zu erzielen, muss das Bestehen der Verrechnungspreisdokumentation der Finanzverwaltung mitgeteilt werden. Im Regelfall bzw. für die künftigen Steuerperioden hat dies im Nachhinein in der Steuererklärung zu erfolgen. Als Übergangslösung für die Steuerperiode 2009 und die vorherigen Perioden (bzw. für die Perioden vor dem zum 31. Mai 2010 laufenden Geschäftsjahr) wird Folgendes festgelegt: Es ist binnen 28. Dezember 2010 (90 Tage nach Erlass der Verordnung) eine elektronische Mitteilung an die Finanzverwaltung zu richten, in der das Bestehen der Dokumentation festgehalten wird. Grundsätzlich kann diese Meldung auch zu einem späteren Zeitpunkt versandt werden, vorausgesetzt  es haben in der Zwischenzeit keine etwaigen Prüfungshandlungen der Finanzverwaltung begonnen.

Empfehlung: Soweit technisch irgendwie möglich, ist es zu empfehlen, die Meldung innerhalb der empfohlenen Frist zu versenden, um keine unnötigen Risiken einzugehen.

 
Frist für die Vorlage bei Finanzkontrolle Im Falle etwaiger Kontrollen durch die Finanzverwaltung muss die Verrechnungspreisdokumentation innerhalb von 10 Tagen ab einer entsprechender Anfrage vorgelegt werden. Sollten Ergänzungen notwendig sein, sind diese binnen 7 Tagen nachzureichen, vorbehaltlich einer längeren Frist, die aufgrund der Datenbearbeitung notwendig sein sollte. Werden diese Vorlagefristen nicht eingehalten, geht die oben erwähnte Befreiung der Verwaltungsstrafen verloren.
 
 

Jährliche Überarbeitung

Die Dokumentation ist grundsätzlich jährlich zu erstellen bzw. zu überarbeiten. Eine Vereinfachung ist nur für die Klein- und mittleren Unternehmen vorgesehen, denen es erlaubt wird, die Dokumentation nur alle drei Jahre zu aktualisieren, soweit keine wesentlichen Änderungen eintreten. Als Klein- und mittlere Unternehmen gelten im Sinne der Verordnung vom 29. September 2010 Unternehmen mit Umsatzerlösen bis zu 50 Mio. Euro.
 
Erstellung der Dokumentation Unser Büro unterstützt Sie gerne beim Aufbau der aufgezeigten Unterlagen; für die genaue Darstellung der Verrechnungspreise wird es sicher notwendig sein, die Veröffentlichung der noch ausständigen amtlichen Anleitungen abzuwarten. In der Zwischenzeit können allerdings bereits Ordner erstellt werden, in welchen Unterlagen über den Aufbau der Gruppe und die bestehenden Beziehungen dargestellt werden, und insbesondere ist darauf zu achten, dass für etwaige Konzerndienstleistungen klare Verträge vorliegen.

 

Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen

Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-35-16.10.2010 - Verrechnungspreise