Internationalisierungs- und Wachstumsverordnung (G.V. 147/2015) seit 7. Oktober 2015 in Kraft

Internationalisierungs- und Wachstumsverordnung (G.V. 147/2015) seit 7. Oktober 2015 in Kraft

Im Amtsblatt Nr. 220 vom 22. September 2015 ist die Mitte August von der Regierung erlassene gesetzesvertretende Verordnung Nr. 147/2015  veröffentlicht worden. Die Verordnung ist mit 7. Oktober 2015 in Kraft getreten, hat zum Teil aber bereits für die Gewinnermittlung des Jahres 2015 rückwirkende Bedeutung. Die Verordnung soll in Umsetzung des Gesetzes Nr. 23 vom 11. März 2014 die Transparenz und Wachstumsorientierung des italienischen Steuerrechts stärken. Die zahlreichen Neuerungen gehen von einem erweiterten internationalen Ruling über die Gruppenbesteuerung und die Hinzurechnungsbesteuerung bis hin zu verschiedenen Fragen über die Betriebsstätten und die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen aus Steuerparadiesen. Daneben erfolgen auch verschiedene Anpassungen inländischer Bestimmungen, so die Regelung über die Repräsentationsausgaben, die Zinsschranke, die Schuldzinsen für Immobilienunternehmen, die Registersteuer und Steuerbegünstigungen für hochqualifizierte, im Ausland ansässige Personen, die ihren Wohnsitz ins Inland verlegen. Falls Ihr Unternehmen international tätig ist, ist eine Vertiefung dringend zu empfehlen.

 

  1. Neuerungen im Außensteuerrecht:
     
Ruling im Außensteuerrecht (Art. 1) Die Möglichkeit verbindlicher Vorbescheide (Ruling) wird erweitert und direkt in die Abgabenordnung  (Art. 31-ter DPR 600/1973) aufgenommen. Im Einzelnen ist es möglich, für Unternehmen und Finanzverwaltung im Voraus verbindliche Vorbescheide zu den nachstehenden Fragen einzuholen:

-          Gruppeninterne Verrechnungspreise und Festsetzung der steuerlichen Wertansätze bei der Sitzverlegung ins Ausland oder aus dem Ausland, zumal künftig hier der gemeine Wert anzusetzen ist;

-          Gewinnermittlung der Betriebsstätten im Inland (für nichtansässige Unternehmen) sowie im Ausland (für ansässige Unternehmen);

-          Vorbescheid und Klarstellung der Sachverhalte über das Bestehen einer Betriebsstätte im Inland; und

-          Klärung von Sachverhalten über die Ausschüttung bzw. Auszahlung von Dividenden, Lizenzgebühren und Zinsen ins Ausland oder, umgekehrt, aus dem Ausland.

Die Bescheide haben, soweit sich die einschlägigen Voraussetzungen nicht grundlegend ändern,  eine Geltungsdauer von fünf Jahren. Für internationale Vorabverständigungsverfahren ist auch eine längere Geltungsdauer vorgesehen.

Während das Instrument des Vorbescheides („interpello“) i. d. R. nur anwendbar ist, wenn die Anfrage vor Durchführung der Geschäftsvorfälle gestellt wird, besteht hier auch die Möglichkeit einer rückwirkenden Anwendung. Die Unternehmen können gegebenenfalls eine freiwillige Berichtigung vornehmen oder eine Ergänzungserklärung nachreichen, und dies ohne Anwendung von Verwaltungsstrafen.

Mit einer Durchführungsverordnung, welche innerhalb von 90 Tagen ab dem 7. Oktober 2015 zu erlassen werden muss,  sollen die entsprechenden Modalitäten und die Fristen für die neuen Anträge  sowie die Kontrollen der Finanzverwaltung über die Einhaltung des Bescheides und die Erhebung der unter Umständen geänderten Voraussetzungen geregelt werden.

Hinweis: Das neue Instrument sollte insbesondere bei schwierigen Gestaltungen von Verrechnungspreisen (z. B. im Bauwesen) endlich eine Lösung anbieten, und wir bitten Sie, sich ggf. mit unserem Büro in Verbindung zu setzen.

 

 
 

Dividenden und Veräußerungsgewinne auf Beteiligungen aus Steuerparadiesen (Art. 3)

 

Dividenden aus Steuerparadiesen sind nach derzeitiger Regelung bei ihrem Empfänger in Italien bekanntlich zu 100% steuerpflichtig. Mit der Reform wird diese Benachteiligung auf die folgenden Fälle beschränkt, um eine Rückführung ausländischer Investitionen zu erleichtern:

-          direkte Beteiligung an einer Gesellschaft mit Sitz in einem Steuerparadies und

-          indirekten Beteiligung, wenn der italienische Gesellschafter eine beherrschende Beteiligung in der Gesellschaft hält, welche die Gewinne aus Steuerparadiesen bezieht, innehat.

Die volle Besteuerung greift weiters dort nicht, wo die Transparenzbesteuerung der sog. CFC-Gesellschaften im Sinne von Art. 167 Abs. 1 EESt anzuwenden ist oder dort, wo nachgewiesen werden kann (auch über das Auskunftsverfahren), dass keine Gewinnverlagerung in das Steuerparadies erfolgt.

Weiters gilt, dass für die bezogenen Dividenden die Anrechnung der ausländischen Steuerguthaben verlangt werden kann, wenn eine tatsächliche Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft im Steuerparadies belegt werden kann.

Die Anrechnung ausländischer Steuern gilt nun übrigens auch für Steuern im Falle von Veräußerungsgewinnen auf Beteiligungen an Gesellschaften in Steuerparadiesen.

Welche Länder bzw. Territorien als Steuerparadiese einzuordnen sind, soll mit einer eigenen Verordnung neu festgelegt werden. Die Neuerungen gelten rückwirkend für das zum 7. Oktober 2015 laufende Geschäftsjahr.

 

 
 

Betriebsstätte: Neuregelung Gewinnermittlung (Art. 7)

 

Weitgehend reformiert werden die Grundsätze zur Gewinnermittlung ausländischer Betriebsstätten in Italien. Zur Vorgeschichte: Die OECD hat zur Gewinnermittlung bei Betriebsstätten einen neuen Weg eingeschlagen. Betriebsstätten sollen wie rechtlich selbständige und wirtschaftlich unabhängige Unternehmen (functionally separate entity approach) behandelt und steuerlich den Kapitalgesellschaften gleichgestellt werden. Diese neue Sichtweise wurde durch die Aufnahme des Authorized OECD Approach (AOA) in  die Art. 151 ff. EESt im italienischen Steuerrecht verankert. Dieser OECD-Grundsatz für die Betriebsstättengewinnermittlung sieht im Wesentlichen vor, dass Stammhaus und Betriebsstätte wie zwei getrennte, unabhängige Einheiten zu betrachten sind und folglich der Gewinn nach der direkten Methode und nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu ermitteln ist.

Aufgrund der fingierten Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Betriebsstätte sind  Geschäftsvorfälle wie beispielsweise Nutzungsüberlassungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zwischen dem Stammhaus und der Betriebsstätte wie schuldrechtliche Geschäftsbeziehungen zu behandeln. Denn voneinander unabhängige ordentliche und gewissenhafte Geschäftsführer hätten auch Verträge geschlossen. Folglich müssen solche Geschäftsbeziehungen zunächst identifiziert und sodann für diese Beziehungen Verrechnungspreise auf der Grundlage der im ersten Schritt vorgenommenen Funktions- und Risikozuordnung ermittelt werden, die den Fremdvergleichsgrundsätzen standhalten. Wurden bisher beispielweise Zahlungen für eine Software-Lizenz, die das Stammhaus erworben hat, auf Basis des Nutzungsanteils zwischen Betriebsstätte und Stammhaus aufgeteilt, ist dies künftig nicht mehr möglich. Es muss stattdessen ein fremdübliches Entgelt inklusive angemessenem Gewinnaufschlag von der Betriebsstätte an das Stammhaus verrechnet werden. Infolge kann bei einer bestimmten Transaktion nicht mehr der Gesamtgewinn nach einem bestimmten Schlüssel aufgeteilt bzw. der Betriebsstättengewinn indirekt ermittelt werden (z.B. bei Montagebetriebsstätten).

Die Neuerungen werden große Umwälzungen bei der Gewinnermittlung von Betriebsstätten mit sich bringen. Vorerst kann nur mit Genugtuung festgestellt werden, dass sie zumindest erst ab 2016 zur Anwendung kommen.

Um jeden Zweifel auszuräumen, sei festgehalten, dass die hier aufgezeigten Änderungen einzig die Einkommensteuern und nicht auch die MwSt betreffen.

 

 
 

Betriebsstätte: Attraktionsprinzip gestrichen

 (Art. 7)

Und noch eine wichtige Neuerung bei der Besteuerung der Betriebsstätten. Bislang galt:  Hatte ein ausländisches Unternehmen eine Betriebsstätten in Italien, so wurden dieser nach dem sog. Attraktionsprinzip auch andere Einkünfte des Unternehmens in Italien zugerechnet, so z.B. Veräußerungsgewinne aus Beteiligungen außerhalb des Betriebsstättenvermögens. Diese Handhabung widersprach den geltenden OECD-Grundsätzen zur Doppelbesteuerung und wurde abgeschafft.

Die Neuerungen gelten für das nach dem 7. Oktober 2015 beginnende Geschäftsjahr und damit bei einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Geschäftsjahr i. d. R. ab 2016.

 

 
 

Freistellung ausländischer Betriebsstättengewinne in Italien (Art. 14)

Eine weitere Neuerung betrifft die wahlweise Freistellung der Betriebsstättengewinne (branch exemption). Im Sinne von Art. 168-ter wird für italienische Unternehmen die Möglichkeit einer Option vorgesehen, wonach die Gewinne und Verluste aller bestehenden und künftigen Betriebsstätten nur (!) im Ausland besteuert werden und damit in Italien steuerfrei bleiben.

Die Option muss alle ausländischen Betriebsstätten (Grundsatz „all in all out“) betreffen und sie ist unwiderruflich.

Ob die Option vorteilhaft ist, muss von Fall zu Fall gut geprüft werden, denn sie bringt auch mit sich, dass im Ausland bezahlte Steuern nicht angerechnet werden können und dass ausländische Verluste nicht mit italienischen Gewinnen verrechnet werden dürfen.

Verständlicherweise nur beschränkt anwendbar ist die Option auf Betriebsstätten in Steuerparadiesen. Es wird eine Übergangsbestimmung mit Nachholung der verwendeten Vorjahresverluste vorgesehen. Durch die Option ergibt sich nicht die Realisierung von latenten Veräußerungsgewinnen.

Zu diesem Zweck wird auch die Möglichkeit vorgesehen, ein verbindliches Auskunftsverfahren über die Existenz einer ausländischen Betriebsstätte bei der Agentur der Einnahmen einzuleiten.

Die Neuerungen gelten für das nach dem 7. Oktober 2015 beginnende Geschäftsjahr und damit bei einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Geschäftsjahr i. d. R. ab 2016.

 

 

 

Anrechnung ausl. Steuern in Italien (Art. 15)

Große Vorteile bringt die nächste Neuerung für die Anrechnung der ausländischen Steuern für Einkünfte, die auch in Italien erklärt werden müssen. Die ausländischen Steuern sind in Italien nun  in dem Jahr anrechenbar, in welchem die entsprechenden Einkünfte hier angemeldet werden, unter der Voraussetzung, dass diese Steuern im Ausland innerhalb des Termins der Steuererklärung für das Folgejahr endgültig veranlagt werden. Damit ist der Veranlagungstermin im Ausland um ein Jahr verlängert worden. Diese Möglichkeit gilt jetzt für alle Steuerpflichtigen, unabhängig von der Art der Einkünfte, und ist alternativ zur Regelung, wonach die Steuern erst in dem Jahr angerechnet werden dürfen, in welchem sie im Ausland definitiv bezahlt worden sind.

Vor- und Rücktrag von ausländischen Steuerguthaben: Zudem besteht nun für alle Einkunftsarten die Möglichkeit, die im Ausland entrichteten Steuern, welche auf die italienischen Steuern angerechnet werden können, vor- und zurückzutragen, soweit die Besteuerung der Einkünfte in Italien in einer im Vergleich zum Ausland abweichenden Steuerperiode erfolgt ist oder soweit die obige Frist aufgrund längerer Veranlagungsfristen im Ausland nicht eingehalten werden kann. Der Vor- bzw. Rücktrag kann jeweils bis zu 8 Steuerperioden betragen und somit insgesamt 16 Steuerperioden umfassen. Bislang waren Vor- und Rücktrag auf die Unternehmenseinkünfte beschränkt, und die hier erfolgte Erweiterung kann nur begrüßt werden.

Die praktische Handhabung dieser Verrechnungen ist übrigens von der Finanzverwaltung erst im letzten Winter[1] geklärt worden.

 

 

Betriebsstätte: anrechenbare Steuern (Art. 15)

Und noch eine wichtige Neuerung: Die Anrechnung ausländischer Steuern auf Betriebsstättengewinne bleibt nicht mehr zwangsläufig auf die Steuern beschränkt, die ausdrücklich im jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen angeführt sind; im Zweifelsfall kann das Auskunftsverfahren angewandt werden. Die Neuerung ist insbesondere bei gewinnabhängigen Lokalsteuern von Bedeutung, die vielfach im Abkommen nicht eigens geregelt sind.

Hinweis: Soweit Sie eine ausländische Betriebsstätte haben und Zweifel ob der Anrechenbarkeit von Steuern herrschen, sollte sobald als möglich ein entsprechender Antrag gestellt werden.

 

 

Gruppenbesteuerung

(Art. 6)

Eine weitere Anpassung betrifft die Gruppenbesteuerung in Art. 117 EEST und den entsprechenden Zugang für die nichtansässigen Unternehmen infolge der Verurteilung Italiens durch den EUGH. Zur Erinnerung: Italien ist wegen seiner Regelung zur internationalen Gruppenbesteuerung im Vorjahr gleich drei Mail vom EUGH maßgeregelt worden.[2]

Bislang galt nämlich, dass in Italien nicht ansässige Mutterunternehmen die Gruppenbesteuerung bei mehreren inländischen Tochtergesellschaften nur dann anwenden konnten, wenn sich der Sitz in einem EU-Mitgliedstaat (oder in einem EWR-Staat mit Doppelbesteuerungsabkommen) befand und zudem die Muttergesellschaft in Italien eine Betriebsstätte unterhielt. Die Anforderung der Betriebsstätte wird nun gestrichen.  Allerdings muss eine der italienischen Tochtergesellschaften als Vertreterin der Muttergesellschaft in Italien bestimmt werden und für Zwecke der Gruppenbesteuerung die Aufgaben des Gruppenträgers übernehmen.

Diese Neuerung stellt sicher eine nachhaltige Erleichterung für ausländische Investoren dar. Die Neuerungen gelten rückwirkend für das zum 7. Oktober 2015 laufende Geschäftsjahr.

 

 

 

Steuerparadiese (Art. 8)

Mit Bezug auf Tochtergesellschaften italienischer Unternehmen in Steuerparadiesen werden in Art. 167 und 168 EESt folgende Änderungen vorgenommen:

- Die Verpflichtung zum verbindlichen Vorbescheid zwecks Nichtanwendung der Regelungen für die Steuerparadiese in Art. 167 Abs. 5 EESt wird abgeschafft. In Zukunft ist der Vorbescheid fakultativ.

- Bei Beanstandungen im Zusammenhang mit Steuerparadiesen muss die Finanzverwaltung vor Ausstellung eines Steuerbescheides dem Steuerpflichtigen eine Mitteilung zustellen und ihm eine Frist von 90 Tagen einräumen, innerhalb welcher er Gründe für die Nichtanwendung der sog. CFC-Bestimmungen vorlegen kann.

- Schließlich wird die Transparenzbesteuerung der verbundenen black-list-Gesellschaften in Art. 168 EESt abgeschafft.

- In der Steuererklärung müssen beherrschte Beteiligungen in Steuerparadiesen getrennt angegeben werden, soweit für diese die CFC-Bestimmungen nicht angewandt wurden. Andernfalls droht eine Verwaltungsstrafe von pauschal 10% des Gewinns der ausländischen Gesellschaft im Vergleich zur gehaltenen Beteiligung, wobei die Mindeststrafe 1.000 Euro und die Höchststrafe 50.000 Euro beträgt.

  Die Neuerungen gelten rückwirkend für das zum 7. Oktober 2015 laufende Geschäftsjahr.
 
 

Wegzugsbesteuerung (Art. 11)

Die bestehenden Begünstigungen bei der sog. Wegzugsbesteuerung werden erweitert, und zwar: Die bestehende Steueraussetzung (siehe Art. 166 Abs. 2-quater EESt) im Falle der Verlegung des Rechtssitzes ins Ausland (Wegzugsbesteuerung) bis zum Zeitpunkte der tatsächlichen Realisierung eines Veräußerungsgewinnes aus den abgezogenen Gütern wird auf Umstrukturierungsmaßnahmen im Rahmen von Verschmelzungen, Einbringungen und Spaltungen ausgedehnt, um eine Ungleichbehandlung, nur in Abhängigkeit von der Verfahrensform zu vermeiden.

Die Neuerungen gelten rückwirkend für das zum 7. Oktober 2015 laufende Geschäftsjahr.

 

 

Sitzverlegung nach Italien - Zuzugsbesteuerung (Art. 12)

Sitzverlegung ausländischer Unternehmen nach Italien: Die Verordnung sieht schließlich ein eigenes Bewertungsverfahren für den Fall vor, wo Unternehmen einen ausländischen Sitz nach Italien verlegen, wobei unterschiedliche Verfahren gelten, abhängig davon, ob der Zuzug aus einem white-list-Staat oder aus einem anderen Land erfolgt, wobei kein Unterschied gemacht wird, ob der andere Staat eine Wegzugsbesteuerung verlangt oder nicht.

Bei Sitzverlegung aus einem white-list-Land werden die übernommenen aktiven und passiven Vermögensgegenstände auf jeden Fall zu ihrem Marktwert für Steuerzwecke in Italien übernommen. Soweit hingegen der Zuzug aus einem anderen Land erfolgt kann der gemeine Wert nur nach vorheriger Genehmigung durch die Agentur der Einnahmen angewandt werden, und es ist hierzu ein sog. Ruling-Verfahren notwendig. Ohne Ruling ist der niedrigere Wert aus Anschaffungskosten, Bilanzwert und Marktwert (bei den Passivposten der höchste aus den drei genannten Werten) für den steuerlichen Wertansatz in Italien heranzuziehen.

Die Werte sind (ähnlich wie bei der Einbringung von Privatgütern im Zuge der Gründung eines Einzelunternehmens) der Agentur der Einnahmen zu übermitteln. Die entsprechenden Durchführungsbestimmungen sind noch ausständig. Die Neuerung gilt allerdings rückwirkend für das zum 7. Oktober 2015 laufende Geschäftsjahr.

   

 

II. Neuerungen im nationalen Steuerrecht:

 

 

Ruling für Großinvestitionen (Art. 2)

 

Verbindliche Steuerauskünfte im Voraus bei Großprojekten: Wer in Italien eine Investition von zumindest 30 Millionen Euro mit wesentlichen Auswirkungen auch auf die Beschäftigung plant, erhält die Möglichkeit, im Voraus die hierfür notwendigen Geschäftsvorfälle und Umstrukturierungen durch die Finanzverwaltung prüfen zu  lassen, und zwar in Hinblick auf einen etwaigen Steuermissbrauch, Steuerumgehungen oder den Zugänge zu besonderen Besteuerungsverfahren.[3] Die Prüfung durch die Finanzverwaltung muss grundsätzlich innerhalb einer Frist von 120 Tagen erfolgen, verlängerbar um weitere 90 Tage.

Hierfür müssen allerdings noch eigene Durchführungsbestimmungen erlassen werden. Die Neuerung bietet Investoren endlich Rechtssicherheit zumindest in Steuerfragen und dürfte damit  wirklich ein Beitrag zur Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Italien sein.

 

 

Steuerparadiese (Art. 5)

Die Aufwendungen aus Steuerparadiesen im Sinne von Art. 110 Abs. 10 bis Abs. 12 EESt werden nun im Allgemeinen abzugsfähig, soweit sie nicht über dem gemeinen Wert im Sinne von Art. 9 EESt (sprich: Marktwert) liegen und die entsprechenden Geschäftsvorfälle tatsächlich erbracht worden sind. Es dürften hier die gleichen Regeln wie bei der Bestimmung der Verrechnungspreise anzuwenden sein. Dies stellt eine große Erleichterung dar. Nur wenn der Parameter des gemeinen Wertes überschritten wird, hat man für die Abzugsfähigkeit des Unterschiedsbetrages als Ausschlussgrund das tatsächliche wirtschaftliche Interesse nachzuweisen.

Die bislang geltende, erste Ausschlussmöglichkeit mit Bezug auf den Nachweis der vorwiegenden Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit durch das Unternehmen mit Sitz im Steuerparadies wird hingegen gestrichten, weil die Finanzverwaltung eingesehen hat, dass dieser Nachweis in der Praxis kaum erbracht werden kann!

Allerdings müssen die Aufwendungen auch in Zukunft getrennt in der Steuererklärung getrennt angeführt werden.

Die Neuerungen gelten rückwirkend für das zum 7. Oktober 2015 laufende Geschäftsjahr.

 

 

Repräsentationsausgaben (Art. 9)

Höhere Schwellen bei Repräsentationsausgaben: In Art. 9 der Verordnung werden, offensichtlich auch um den Wirtschaftsstandort Italien attraktiver zu gestalten, einige Nachbesserungen bei den Bestimmungen über die Abzugsfähigkeit der Repräsentationsausgaben vorgenommen. Im Einzelnen werden die Schwellen erhöht, und es wird endlich der umstrittene Verweis auf die „Angemessenheit“ gestrichen, auch weil die Schwellen selbst schon eine Limitierung der Ausgaben mit Bezug auf den Umsatz (und damit auf die Angemessenheit) darstellen. Unverändert aufrecht bleibt die Anforderung an die betriebliche Zweckmäßigkeit („inerenza“) der genannten Repräsentationsausgaben.

Nachstehend die neuen Schwellen für die Absetzbarkeit der Repräsentationsausgaben, immer mit Bezug auf die Umsatzerlöse (Positionen A.1 und A.5 der GuV-Rechnung):

-          1,5 (statt 1,3) Prozent für Umsätze bis zu 10 Mio. Euro,

-          0,6 (statt  0,5) Prozent für Umsätze bis zu 50 Mio. Euro und

-          0,4 (statt 0,1) Prozent für Umsätze von mehr als 50 Mio. Euro.

Die Neuerungen gelten für das nach dem 7. Oktober 2015 beginnende Geschäftsjahr und damit bei einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Geschäftsjahr i. d. R. ab 2016.

Unverändert bleibt hingegen die Schwelle von 1% bei den Freiberuflern.

 

 

 

Änderung Zinsschranke bei ausländischen Dividenden

( Art. 4)

Die Einschränkungen bei der Zinsschranke (Art. 96 EESt) werden mit Bezug auf ausländische Dividenden wie folgt abgeändert:  Für die Berechnung der Zinsschranke und der Grundlage (EBITDA) der Schwelle von 30% kann man nun auch die kassierten Dividenden aus nichtansässigen beherrschten Unternehmen einschließen. Im Gegenzug darf aber bei der Gruppenbesteuerung der virtuelle EBITDA der ausländischen Gesellschaften nicht mehr berücksichtigt werden.

In der Fachpresse wird diese Neuerung zwar als Vereinfachung begrüßt, gleichzeitig wird aber festgestellt, dass durch den Verzicht auf die Anrechnung des virtuellen EBITDAs in der Gruppenbesteuerung im Allgemeinen eine Schlechterstellung der Unternehmen erfolgen wird.

Die Neuerungen gelten für das nach dem 7. Oktober 2015 beginnende Geschäftsjahr und damit bei einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Geschäftsjahr i. d. R. ab 2016.

 

 

Hypothekardarlehenszinsen Finanzierung vermieteter Liegenschaften (Art. 4)

Eine wichtige Klarstellung betrifft die Finanzierungsaufwendungen der Immobilienunternehmen. Für diese Unternehmen ist bekanntlich die beschränkte Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen (Zinsschranke) für bestimmte Sachverhalte ausgesetzt. Dies gilt zuerst für die Finanzierung von Immobilien im gewillkürten Betriebsvermögen (Wohnungen, vermietete landwirtschaftliche Grundstücke; also keine betrieblichen Immobilien). Diese Aussetzung betrifft aber auch, unter engeren Voraussetzungen, die Kapitalgesellschaften für die hypothekarisch gesicherten Schuldzinsen aus dem Erwerb von Immobilien im Umlaufvermögen und von betrieblichen Immobilien, die für die Vermietung zweckbestimmt sind. Hier wird nun folgende Einschränkung vorgesehen: Damit die Hypothekardarlehenszinsen auf zur Vermietung bestimmte Liegenschaften voll absetzbar sind, muss es sich hier um Gesellschaften handeln, die tatsächlich und vorwiegend in der Verwaltung von Immobilien tätig sind. Voraussetzung dazu ist,

- dass das vorhandene Reinvermögen vorwiegend aus Immobilienwerten besteht, die auf der Grundlage des Verkehrswertes zu berücksichtigen sind. Der Verkehrswert der vermieteten Immobilien muss also mehr als 50 Prozent des Reinvermögens ausmachen.

- Die Umsatzerlöse müssen zudem mehr als zwei Drittel der gesamten Umsatzerlöse ausmachen.

Die genannten Neuerungen gelten ab der Steuerperiode 2016.

 

 

Zinsen Obligationsdarlehen

(Art. 4)

Abschaffung der Schwellenwerte für Obligationsdarlehen: Endlich wieder abgeschafft wird die Bestimmung aus der sog. Prodi-Verordnung aus dem Jahr 1995 (Art- 3 Abs. 115 G. 549/95), mit welcher die Abzugsfähigkeit der Zinsen aus Obligationsdarlehen i. W. auf das Doppelte des Diskontsatzes (derzeit 0,05%) bei in EU- oder EWR-Ländern bzw. mittels öffentlichen Angebots ausgegebenen Obligationen und auf fünf Drittel des Diskontsatzes in anderen Fällen beschränkt wurde.

Diese Reform eröffnet für Klein- und Mittelbetriebe wiederum neue Möglichkeiten der Finanzierung. Für die Absetzbarkeit der entsprechenden Zinsen wird also nur die allgemeine Schwelle von 30% des EBITDA gelten.

Die genannten Neuerungen gelten ab der Steuerperiode 2016.

 

 

Forderungsverluste (Art. 13)

Erleichtert wird schließlich die steuerliche Anerkennung von Forderungsverlusten. Offensichtlich haben die einschlägigen Hürden auch viele ausländische Investoren abgeschreckt. Hier die Änderungen:

- Die von einem befähigten Freiberufler bestätigten Sanierungspläne (Art. 67 Abs. 1 Buchst. d Konkursgesetz) werden für Zwecke der Forderungsverluste den ordentlichen Konkursverfahren gleichgestellt mit der Folge, dass dieses Verfahren für Steuerzwecke auch zur vollen Ausbuchung der Forderung berechtigt. Bislang berechtigten diese Sanierungspläne nicht wie die übrigen Insolvenzverfahren automatisch zur steuerlichen Absetzbarkeit der Forderungsverluste.

- Es wird zudem gesetzlich festgehalten, dass die Abzugsfähigkeit bei Insol­venzverfahren auch für die gleichwertigen Verfahren im Ausland gilt.

- Eine wichtige Klarstellung betrifft auch die wirtschaftliche Zuordnung der Forderungsverluste aus Insolvenzverfahren.

Grundsätzlich galt bisher  aus steuerlicher Sicht, dass Forderungsverluste im Geschäftsjahr der  Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgezogen werden, aus handelsrechtlicher Sicht ist hingegen eine Wertberichtigung in Bezug auf die Realisierungsmöglichkeit vorzunehmen. Die Neuerung: Nun gilt die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Bestimmungen: Die steuerliche Abzugsfähigkeit richtet sich nach der Abwertung in der GuV-Rechnung.

Konkret hat die Bestimmung zur Folge: Wer bislang eine Forderung nicht im Jahr der Eröffnung des Konkursverfahrens voll ausbuchte, weil u. U. Hoffnungen berechtigt waren, einen Teil noch zu kassieren, konnte für Steuerzwecke den Verlust auch in den Folgejahren nicht geltend machen. Nun ist die steuerliche Absetzbarkeit auch in späteren Jahren zulässig, falls handelsrechtlich erst in den Folgejahren die Abwertung erfolgt.

Der aufgezeigte Maßgeblichkeitsgrundsatz der Handelsbilanz gilt zudem für geringfügige Forderungen[4], welche ebenfalls in dem Jahr als Forderungsverlust steuerlich geltend gemacht werden können, in welchem der entsprechende Ausweis in der GuV erfolgt, auch wenn u. U. die steuerrechtlichen Anforderungen der Sicherheit und Bestimmbarkeit des Verlustes schon in einem früheren Geschäftsjahr gegeben gewesen wären.

Die Neuerungen gelten rückwirkend für das zum 7. Oktober 2015 laufende Geschäftsjahr.

   
 

Forderungsverzicht durch Gesellschafter

 

Bei den Forderungsverzichten der Gesellschafter wird hingegen eine Missbrauchsbestimmung vorgesehen. Zur Erinnerung: Der Verzicht auf eine Forderung seitens der Gesellschafter stellt derzeit bei der Gesellschaft keinen außerordentlichen Ertrag dar, auch weil er über das Reinvermögen und nicht über die GuV zu verbuchen ist. Die Neuerung sieht vor, dass diese Steuerbefreiung nur bis zur Höhe des steuerlichen Wertansatzes der Forderung gilt. Offensichtlich soll durch diese Maßnahme vermieden werden, dass der Gesellschafter eine Forderung eines Dritten gegenüber der Gesellschaft zu einem geringeren Wert erwirbt und der entsprechende Verzicht für den höheren Nennwert der Forderung steuerfrei bleibt. Der steuerliche Abzug wird also auf die Anschaffungskosten des Gesellschafters beschränkt.

Die Neuerungen gelten für das nach dem 7. Oktober 2015 beginnende Geschäftsjahr und damit bei einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Geschäftsjahr i. d. R. ab 2016. Empfehlung: Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ein etwaiger Forderungsverzicht noch im heurigen Jahr nicht unter die Missbrauchsbestimmung fällt und entsprechend geprüft werden sollte!

 

 

Verrechnungspreise Inland (Art. 5)

 

Ansässige Unternehmen und Verrechnungspreise: Zwischen inländischen Unternehmen gelten die einschlägigen Einschränkungen für die internationalen Verrechnungspreise nicht. Es wird endlich klargestellt, dass die Bestimmungen über die internationalen Verrechnungspreise (Art. 110 Abs. 7 EESt) nicht auf Geschäftsvorfälle zwischen in Italien ansässigen verbundenen/beherrschten/beherrschenden Unternehmen Anwendung finden. Es handelt sich hier um eine gesetzliche Interpretation mit rückwirkender Anwendung. In der Vergangenheit hatte es hier immer wieder Zweifel und Beanstandungen gegeben, und die längst überfällige Klärung wird sicher zur Archivierung zahlreicher Beanstandungen führen.

 

 

Registersteuer und Einkommensteuern

(Art. 5)

 

Erhebungen von Mehrwerten  bei der Registersteuer für Einkommensteuer nicht relevant: Und noch eine Klarstellung, die eine Vielzahl von Steuerstreitverfahren schließen sollte. Mit einer gesetzlichen Interpretation werden die vielfach von Steuerämtern und Prüfern vermuteten Zusammenhänge zwischen Registersteuer und Ertragsteuern ausdrücklich gestrichen, nachdem die Rechtsprechung zuletzt die Auslegung der Finanzverwaltung zusehends unterstützt hatte.

Es geht im Einzelnen um die entgeltliche Übertragung von Liegenschaften und diesbezüglichen Realrechten sowie von Betrieben oder Teilbetrieben: Für die Registersteuer gilt als Bemessungsgrundlage der Verkehrswert, für die Ertragsteuern im Allgemeinen das vertraglich vereinbarte Entgelt, und es ist dem Steueramt im Sinne der nun vorliegenden gesetzlichen Interpretation nicht erlaubt, automatisch auch eine Nachschätzung auf den Verkehrswert auch für Zwecke der Einkommensteuern vorzunehmen.

Die Auslegung findet rückwirkend Anwendung.

 

 

Besteuerung „kluger Köpfe“, die nach Italien kommen

(Art. 16)

Rückkehr der klugen Köpfe: Vermindert werden hingegen die geltenden Anreize zugunsten „kluger Köpfe“, die nach Italien kommen. Vorausgeschickt werden muss, dass die derzeitigen Begünstigungen für ausländische Wissenschaftler und hochqualifiziertes Personal (jedenfalls Akademiker) im Sinne von G. 238/2010 mit Jahresende 2015 auslaufen, von den betroffenen Steuerpflichtigen (Rückkehrer im Jahre 2015) aber noch maximal bis Ende 2017 unverändert beansprucht werden können.

Für Steuerpflichtige, die ab 1. Jänner 2016 nach Italien ziehen, ergeben sich folgende Neuerungen:

- Die steuerliche Begünstigung betrifft ab 2016 nur mehr unselbstständige Arbeitnehmer (bislang galt sie auch für Selbstständige).

- Es sind nun aber keine Altersbeschränkungen vorgesehen (derzeit gilt die Erleichterung nur für Steuerpflichtige, die nach dem 1. Jänner 1969 geboren sind).

- Es wird nur verlangt, dass die betreffenden Personen in den letzten fünf Jahren nicht in Italien ansässig waren. Derzeit ist ein Auslandsaufenthalt von 2 Jahren ausreichend.

- Die Begünstigung wird schließlich erheblich reduziert: Sind derzeit nur 30% (Männer) bzw. 20% (Frauen) des Einkommens der zurückkehrenden klugen Köpfe zu besteuern, so erhöht sich die Bemessungsgrundlage für Zuzugspersonen ab 2016 für beide Geschlechter auf 70% des Einkommen.

- Die verminderte Besteuerung wird, im Gegensatz zur derzeitigen Regelung, für eine Dauer von 5 Jahren (und nicht nur 3) zuerkannt.

- Voraussetzung ist schließlich, dass man für zumindest zwei Jahre in Italien verbleibt.

Die Neuerung gilt, wie oben aufgezeigt, für Personen, die ab 1. Jänner 2016 nach Italien ziehen, und hat eine Dauer von vier Jahren (also bis Ende 2019). Bis Ende maximal Ende 2017 bleiben allerdings die Begünstigungen der heutigen Rückkehrer aufrecht.

Mit Durchführungsverordnung werden die beruflichen und wissenschaftlichen Voraussetzungen der Akademiker festgelegt.

Empfehlung: Im Allgemeinen muss man hier von einer wesentlichen Reduzierung der Steuererleichterung sprechen, und es ist ggf. zu prüfen, ob nicht noch in diesem Jahr eine Rückkehr empfohlen werden soll. Die Vorteile der Neuerung bestehen eigentlich nur im Wegfall der Altersgrenze und in der längeren Dauer.

 

 

Abschließend ist festzuhalten, dass die konkreten Auswirkungen vieler der oben aufgezeigten Neuerungen sicher erst in den nächsten Monaten im Zuge weiterer amtlicher Anleitungen voll erkennbar sein werden. Sollten Sie Fragen zu einzelnen Themen haben, stehen wir für weitere Informationen gerne zur Verfügung.

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-46-19.10.2015 Internationalisierungsverordnung

 

[1] Siehe Rundschreiben Nr. 9/E vom 5. März 2015

[2] Urteile Nr. C-39/13, C-40/13 und C41/13 vom 12. Juni 2014.

[3] Der Begleitbericht führt in diesem Zusammenhang beispielhaft die Gruppenbesteuerung, die Nichtanwendung von CFC-Bestimmungen, die PEX, MwSt-Bestimmungen und das Bestehen eines Betriebes an.

[4] Dies sind bekanntlich Forderungen bis zu 5.000 Euro bei Unternehmen mit einem Umsatz ab 100 Millionen Euro und Forderungen bis zu 2.500 Euro für andere Unternehmen.