Kontrollorgan in GmbHs – Bestellung wohl erforderlich

Die gesetzliche Regelung ist bekannt: Im Sinne von Art. 2477 ZGB besteht in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in folgenden Fällen die Pflicht zur Bestellung eines Kontrollorgans:

a) Die Gesellschaft ist zur Aufstellung des konsolidierten Jahresabschlusses verpflichtet.

b) Die Gesellschaft beherrscht eine Gesellschaft, die selbst zur Abschlussprüfung verpflichtet ist.

c) Die Gesellschaft übersteigt in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren jeweils zumindest einen der nachstehenden Schwellenwerte:

  • Bilanzsumme 4 Mio. Euro,
  • Umsatzerlöse 4 Mio. Euro,
  • 20 durchschnittlich Beschäftigte.

Bekanntlich wurden die Schwellen laut Buchst. c) in den letzten Jahren mehrfach geändert, und in der Fachpresse war vielfach angemerkt worden, dass man mit der geltenden Regelung wohl deutlich übers Ziel hinausgeschossen hat, insbesondere mit der Forderung, dass bereits bei Überschreiten eines einzigen Grenzwertes in zwei aufeinanderfolgenden Jahren ein Kontrollorgan bestellt werden muss. Dann aber kam die Coronakrise, und die Fristen zur Bestellung wurden bis 2023 ausgesetzt. Die Hoffnung war groß, in der Zwischenzeit würden die Bestimmungen gelockert werden. Dem ist bis dato allerdings nicht so, und folglich wird es notwendig sein, in vielen Fällen ein Kontrollorgan namhaft zu machen. Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung, welche in den Jahren 2021 und 2022 zumindest einen Schwellenwert überschritten habe, gibt es nun 3 Möglichkeiten:

1. Bestellung eines Überwachungsrates (oder Einzelüberwachers) nur für die Prüfung der Rechtskonformität und zusätzlich eines Abschlussprüfers (oder einer Revisionsgesellschaft);

2. Bestellung eines Überwachungsrates (oder Einzelüberwachers), der auch die Aufgabe der Abschlussprüfung übernimmt, oder

3. Bestellung eines Abschlussprüfers (oder einer Revisionsgesellschaft), der nur für die Abschlussprüfung zuständig ist.

Die kostengünstigste Lösung ist sicher die Ernennung „nur“ eines Abschlussprüfers, weil dieser geringere Aufgaben, beschränkt auf die Buchhaltung und Jahresabschluss, zu erfüllen hat, während ein Einzelüberwacher oder Überwachungsrat auch die Geschäftsgebarung der Verwalter, die Angemessenheit der Organisationsstruktur und die Einhaltung von Satzung und Gesetz zu kontrollieren muss. Wofür man sich entscheidet, wird am Ende von der Größe und der Risikointensität des jeweiligen Unternehmens abhängen.

Im Sinne von Art. 2477 Abs. 1 ZGB besteht der Überwachungsrat bei den GmbHs grundsätzlich nur aus einer Person (Einzelüberwacher), soweit in den Satzungen nicht eine andere Regelung enthalten ist. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob es notwendig ist, die Satzungen zu ändern, wenn dort ggf. noch von einem 3köpfigen Kontrollorgan die Rede ist. Die zentralen Notariatskammer vertritt hier eine sehr moderate Auffassung: Wenn die in der Satzung enthaltene Regelung nur eine Wiederholung oder einen Verweis auf die frühere Regelung von Art. 2477 ZGB vorsieht, ist dies nicht als Wahl oder Absicht der Gesellschafter zu werten, einen Überwachungsrat mit drei Personen einsetzen zu wollen. Entsprechend sollte auch ohne Änderung älterer Satzungen in den meisten Fällen auch die Bestellung einer einzelnen Person möglich sein.

Noch einige Hinweise zur Berechnung der oben angeführten Schwellenwerte für die Jahre 2021 und 2022:

  • Die Bilanzsumme ergibt sich aus der Summe der in der Bilanz angeführten Aktiva, also abzüglich Abschreibungsfonds und anderer Wertberichtigungen;
  • die Umsatzerlöse ergeben sich aus der Position A.1 der GuV-Rechnung (es geht also nicht um die Gesamtleistung);
  • die Anzahl der durchschnittlich Beschäftigten ist mit Bezug auf die Vollzeitäquivalente zu berechnen (VZÄ) zu ermitteln. Es sind dabei anteilsmäßig auch die Arbeitnehmer mit befristetem Arbeitsverhältnis, die Teilzeitbeschäftigten und nach einer vorsichtigen Auslegung auch die freien Mitarbeiter sowie die Gesellschafter zu berücksichtigen, die für ihre Tätigkeit eine Vergütung erhalten.

Übrigens: Bleiben die Gesellschafter untätig, erfolgt die Bestellung im Extremfall durch das Gericht, und zwar auf Anfrage jeder interessierten Person. Dies wird im Allgemeinen auf Hinweis des Handelsregisterführers erfolgen. Für die Verwalter ergibt sich ein Verwaltungsvergehen wegen der unterlassenen Einberufung der Gesellschafterversammlung.

Presseberichte der letzten Tage, wonach die Handelskammern des „Triveneto“ schon dabei wären, Mahnschreiben an säumige Gesellschaften zu verschicken, wurden zumindest vom Handelsregister in Bozen dementiert. Trotzdem will man aber nicht ausschließen, dass die betroffenen Gesellschaften im Kulanzwege in nächster Zeit an die Bestellungspflicht erinnert werden, bevor tatsächlich eine Eingabe des Handelsregisters bei Gericht erfolgt, so wie in Art. 2477 Abs. 5 ZGB vorgesehen.

Aus heutiger Sicht muss davon ausgegangen werden, dass sich – entgegen früheren Erwartungen – an den gesetzlichen Rahmenbedingungen wohl so schnell nichts ändern wird, und auch auf eine erneute Fristverlängerung darf derzeit nicht gehofft werden. Entsprechend können wir Ihnen nur empfehlen, umgehend die Ernennung eines Kontrollorgans in die Wege zu leiten, wenn die aufgezeigten Voraussetzungen vorliegen.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Josef Vieider