Kontrollorgan in GmbHs – Bestellung wohl erforderlich

Auf die gesetzliche Regelung haben wir schon mehrfach hingewiesen: Laut Art. 2477 ZGB besteht in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in folgenden Fällen die Pflicht zur Bestellung eines Kontrollorgans:

a) Die Gesellschaft ist zur Erstellung des konsolidierten Jahresabschlusses verpflichtet.

b) Die Gesellschaft beherrscht eine Gesellschaft, die selbst zur Abschlussprüfung verpflichtet ist.

c) Die Gesellschaft übersteigt in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren jeweils zumindest einen der nachstehenden Schwellenwerte:

  • Bilanzsumme 4 Mio. Euro,
  • Umsatzerlöse 4 Mio. Euro,
  • 20 durchschnittlich Beschäftigte.

Bekanntlich wurden die Schwellen laut Buchst. c) in den letzten Jahren mehrfach geändert, und in der Fachpresse war vielfach angemerkt worden, dass man mit der aufgezeigten Lösung wohl deutlich übers Ziel hinausgeschossen hat, insbesondere mit der Forderung, dass bereits bei Überschreiten eines einzigen Grenzwertes in zwei aufeinanderfolgenden Jahren ein Kontrollorgan bestellt werden muss. Dann aber kam die Coronakrise, und die Fristen zur Bestellung wurden bis 2023 ausgesetzt. Die Hoffnung war groß, in der Zwischenzeit würden die Bestimmungen gelockert werden. Dem ist bis dato allerdings nicht so!

Aber damit nicht genug: Die oben aufgezeigten Schwellenwerte orientieren sich auch an der Definition der KMU-Unternehmen auf EU-Ebene, und das EU-Parlament hat mit EU-RL Nr. 2023/2775 im letzten Dezember die Schwellen zur Definition der Kleinunternehmen bei der Bilanzsumme von ehemals 4 Millionen Euro auf 5 Millionen Euro und bei den Umsatzerlösen von ehemals 8 Millionen Euro auf 10 Millionen Euro erhöht. Begründet wurde die Anhebung mit Bezug auf die durchschnittliche Inflation in der EU seit dem 1. Jänner 2013, wo die bisherigen Schwellenwerte in Kraft getreten sind. Die Mitgliedsstaaten haben Zeit bis Ende 2024, ihre Gesetzgebung anzupassen, und zwar ggf. rückwirkend ab dem 1. Jänner 2023.

Es liegt daher nahe, dass Italien im Zuge der Umsetzung der genannten EU-Richtlinie endlich auch klar Stellung bezieht, wie die Schwellenwerte bei den Kontrollorganen definiert werden sollen.

Bis dato ist in dieser Hinsicht aber nichts zu vernehmen. Entsprechend muss davon ausgegangen werden, dass Gesellschaften mit beschränkter Haftung, welche in den Jahren 2021 und 2022 zumindest einen der 3 Schwellenwerte überschritten haben, umgehend ein Kontrollorgan bestellen müssen.

In Mailand hat das Handelsregister bereits in den letzten Wochen säumige Gesellschaften angeschrieben und aufgefordert, innerhalb von 60 Tagen ein Kontrollorgan zu bestellen. Das Handelsregister in Bozen hat auf Nachfrage bestätigt, dass für die nächsten Zeit eine ähnliche Aktion geplant ist. Wenn man der Aufforderung zur Bestellung innerhalb der im Schreiben angeführten Frist nachkommt, dürfte es u. E. kaum zur Verhängung von Verwaltungsstrafen kommen.

Umgekehrt saniert man damit aber – zumindest nach derzeitiger Rechtslage – nicht die eigene Säumigkeit bei der Bestellung des Kontrollorgans. Und in diesem Zusammenhang geht es insbesondere darum, ob der Jahresabschluss für 2023 noch geprüft werden muss oder nicht. Die vorherrschende Doktrin (siehe Rundschreiben Assonime Nr. 1/2020) geht davon aus, dass ein anfangs 2024 bestellter Überwachungsrat erst für die Prüfung des Jahresabschlusses für 2024 zuständig sein wird. Stellt sich die Frage: Was passiert mit dem Jahresabschluss für 2023, wenn er nicht geprüft wird, die Gesellschaft aber ein Kontrollorgan hätte bestellen müssen?

Auch hier gehen Doktrin und Rechtsprechung vorwiegend davon aus, dass ein solcher Jahresabschluss gültig ist, ggf. aber angefochten werden könnte. Es gibt aber auch ein Urteil (Trib. Mailand Nr. 11595/2015), das in diesem Fall eine Nichtigkeit des Jahresabschlusses unterstellt.

Abschließend unsere Empfehlungen: Insbesondere in angespannten Situationen sollte sofort ein Kontrollorgan bestellt werden, das nach Möglichkeit auch noch den Jahresabschluss für 2023 prüft.

Abschließend nochmals zur Erinnerung die drei Möglichkeiten, ein Kontrollorgan namhaft zu machen:

1. Bestellung eines Überwachungsrates (oder Einzelüberwachers) nur für die Prüfung der Rechtskonformität und zusätzlich eines Abschlussprüfers (oder einer Revisionsgesellschaft);

2. Bestellung eines Überwachungsrates (oder Einzelüberwachers), der auch die Aufgabe der Abschlussprüfung übernimmt, oder

3. Bestellung eines Abschlussprüfers (oder einer Revisionsgesellschaft), der nur für die Abschlussprüfung zuständig ist.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Josef Vieider