Neue „Aufschwungsverordnung“ in Kraft

Neue „Aufschwungsverordnung“ in Kraft

Unter dem Arbeitstitel „Decreto svluppo“ hat die Regierung am 5. Mai 2011ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Wiederbelebung der Wirtschaft geschnürt. Dieses ist als Gesetzesverordnung Nr. 70/2011 im Amtsblatt Nr. 110 vom 13. Mai 2011 veröffentlicht worden und am letzten Samstag, den 14. Mai 2011, in Kraft getreten. Es ist von einem großen Bürokratieabbau und von einem Ende schikanierender Betriebsprüfungen die Rede. Die tatsächlichen Maßnahmen sind allerdings sehr bescheiden.

Von unmittelbarem Interesse dürften vorab die Erleichterungen im Bauwesen, die Wiedereröffnung der Termine für die Aufwertung von Baugrundstücken und Beteiligungen und die Vereinfachungen im Zusammenhang mit der Steuerbegünstigung von 36% und schließlich im Bereich der „Privacy“ sein.

Am meisten diskutiert wurde die Verordnung in den letzten Wochen im Zusammenhang mit der Neuregelung der Nutzung von Badestränden (Art. 2) und einer Steuerbegünstigung für Neueinstellungen im „Mezzogiorno“ (Art. 3); beide Begünstigungen sind hierzulande aber nur von begrenztem Interesse.

In einigen Fällen müssen für die tatsächliche Umsetzung der Verordnung noch eigene Durchführungsbestimmungen erlassen werden. Zudem muss die Verordnung, um als Gesetz ratifiziert zu werden, innerhalb von 60 Tagen die Zustimmung beider Kammern des Parlaments erlangen und sie wird dabei sicher die eine oder andere Änderung erfahren.

Nachstehend ein erster Überblick über die Neuerungen, wie sie sich aus heutiger Sicht darstellen:

 

1. Änderungen für Unternehmen
 

Steuergutschrift für Forschung und Entwicklung – Art. 1

Es wird eine neue Steuergutschrift für Forschung und Entwicklung eingeführt. Die Begünstigung steht Unternehmen zu, welche in den Jahren 2011 und 2012 Forschungstätigkeiten durchführen. Im Vergleich zu früheren ähnlichen Erleichterungen bestehen allerdings zwei wesentliche Besonderheiten:

- Die Gutschrift steht nur für Initiativen in Zusammenarbeit mit Universitäten und anderen öffentlichen Forschungsanstalten zu;

- Sie beträgt 90 Prozent der Steigerung der Forschungsausgaben in den Jahren 2011 bis 2012 im Vergleich zum Durchschnitt im Dreijahreszeitraum 2008 – 2010.

Der Bonus ist als solcher weder für Zwecke der IRES noch für Zwecke der IRAP steuerpflichtig. Die Inanspruchnahme ist nur über Verrechnungen mit dem Vordruck F24 möglich, wobei aber – und auch dies ist eine besondere Neuigkeit – eine Verrechnung mit Sozialabgaben weitgehend ausgeschlossen ist. Es gilt allerdings nicht die allgemeine Obergrenze von 250.000 Euro für die Inanspruchnahme von Steuerguthaben.

Für die Inanspruchnahme ist noch eine eigene Verordnung des Ministeriums für Unterricht, Universität und Forschung notwendig, mit welchem insbesondere die Universitäten und Forschungseinrichtungen festgelegt werden, mit welchem die notwendige Kooperation zulässig ist. Gleichzeitig wurde die Steuergutschrift für Forschungsausgaben, wie sie mit dem letzten Finanzgesetz (G. 220/2010) eingeführt worden ist, wieder gestrichen; diese wird durch die neue Maßnahme ersetzt.

Hinweis: Sobald die Verordnung veröffentlicht ist, werden wir Sie über die Details dieser Förderungsmaßnahme informieren.

   
 

 

Vereinfachungen bei den Kundenlisten (Art. 7)

Zur Erinnerung: Mit dem Sparpaket im Mai 2010 (D.L. 78/2010) wurden, angeblich um die Verwendung „falscher“ Rechnungen zu unterbinden, Unternehmer und Freiberufler verpflichtet, alle Geschäftsvorfälle im Wert von mehr als 3.000 Euro (Euro 3.600,00 bei Kassenbeleg und Steuerquittung) der Agentur der Einnahmen in elektronischer Form zu melden. Unterlassungen werden mit Strafen zwischen 258 und 2.065 Euro geahndet. Die praktische Umsetzung der aufwendigen Verpflichtung hat sich zum Glück verzögert: Die Listen sind für ab 1. Jänner 2011 getätigte Umsätze gegenüber Unternehmen abzugeben, und für Umsätze gegenüber Privatpersonen tritt die Verpflichtung gar erst für Umsätze in Kraft, die ab 1. Juli 2011 getätigt werden. Die Abgabe der Liste erfolgt als Jahresmeldung.

Die vorliegenden Notverordnung Nr. 70/2011 sieht nun folgende Vereinfachung vor: Von der Meldung sind all jene Umsätze befreit, die mit Kreditkarten oder Debitkarten (Bancomat und ähnliche) gezahlt werden, soweit diese von Kredit- und Finanzinstituten ausgegeben sind, die zu den entsprechenden Meldungen an die Finanzverwaltung verpflichtet sind. Der Grund: Die Finanzverwaltung kann aufgrund der von den Kreditinstituten übermittelten Datensätze die Umsätze im Detail verfolgen. Dies bedeutet aber auch, dass die Befreiung offensichtlich nur für die inländischen Kreditkarten gilt; die Probleme mit den Touristen bleiben aufrecht.  Keine Befreiung ist für die Zahlungen mittels Bankscheck vorgesehen, obwohl das Argument der Nachverfolgbarkeit auch hier gewährleistet wäre.

Hinweis: Hier besteht kein besonderer Handlungsbedarf; wahrscheinlich ist es bei der Erstellung der Kundenlisten einfacher, alle zu melden, als jene herauszufiltern, die zufällig mittels Kreditkarte bezahlt worden sind.

   
 

Vereinfachung Treibstoffkarte (Art. 7)

In die gleiche Kerbe schlägt auch die nächste Vereinfachung: Unternehmen und Freiberufler, die den Treibstoff ausschließlich mittels Kredit- oder Debitkarten (z.B. Bancomat oder ähnliche) erwerben, werden von der Führung der Treibstoffkarte befreit. Auch hier muss es sich anscheinend um inländische (oder gleichgestellte) Zahlkarten handeln. Ungeklärt ist allerdings, wie in diesen Fällen der Abzug der Vorsteuer dokumentiert wird; nach einer vorsichtigen Interpretation muss davon ausgegangen werden, dass die Mehrwertsteuer ohne Treibstoffkarte nicht absetzbar ist. Ungeklärt ist weiters auch, ob und wie die Aufzeichnung des Km-Standes zum Monatsende erfolgen muss. Und ungeklärt ist auch die Frage: Kann die Abrechnung der Kreditkartengesellschaft als Buchungsbeleg verwendet werden? Wie kann mit diesem Beleg die Zuordnung der Aufwendungen an ein bestimmtes Fahrzeug dokumentiert werden? Wahrscheinlich ist es einfacher, die Treibstoffkarte beizubehalten.

Unsere Empfehlung: Solange nicht alle Auswirkungen genau geklärt sind, sollte auf diese Vereinfachung verzichtet und die Treibstoffkarte beibehalten werden:

Achtung: Die aufgezeigte Bestimmung betrifft nicht die Wertkarten, wie sie von zahlreichen Dienstleistern für das Transportgewerbe und auch von Mineralölgesellschaften ausgegeben werden (z. B. UTA, DKV, Shell, Esso, AGIP usw.). In diesen Fällen werden bekanntlich die Treibstofflieferungen in Rechnung gestellt, so dass auf jeden Fall die Treibstoffkarte durch die Rechnung ersetzt wird.

   
 

Vereinfachte Buchhaltung – neue Grenzwerte

(Art. 7)

Die Schwellen für die Zulassung zur vereinfachten Buchhaltung werden seit 2001 erstmals wieder erhöht, und zwar wie folgt:

- von bisher 309.874,14 Euro auf  Euro 400.000,00 im Falle von Unternehmen, welche Dienstleistungen ausführen, und

- von bisher  516.456,90 Euro auf in Zukunft 700.000,00 Euro im Falle von Unternehmen mit anderen Tätigkeiten, so u. a. Produktion oder Handel.

In Anlehnung an die letzte Erhöhung im Jahr 2001 muss davon ausgegangen werden, dass die Anhebung bereits für das laufende Geschäftsjahr rechtswirksam ist; Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die im Vorjahr die aufgezeigten Schwellen nicht überschritten haben, könnten sich demnach ab 14. Mai 2011 auf die Führung der vereinfachten Buchhaltung beschränken.

Hinweis: Bislang waren die Schwellen für die vereinfachte Buchhaltung einerseits und die trimestrale Abrechnung der Mehrwertsteuer andererseits stets identisch. Hier ist zu beachten, dass durch die vorliegende Verordnung Nr. 70/2010 die MwSt-Bestimmungen nicht geändert worden sind. Dort bleiben also die alten Grenzwerte aufrecht.

   
 

Erhöhung Schwelle bei Vernichtung Wirtschaftsgüter (Art. 7)

Von allgemeinem Interesse ist hingegen die nächste Änderung: Bekanntlich ist es notwendig,  die Vernichtung überholter oder nicht mehr verwendbarer Wirtschaftsgüter und Waren im Voraus der Finanzverwaltung mitzuteilen, die zu diesem Zweck auch Finanzbeamte schicken kann, um den Vernichtungsprozess zu überwachen (in diesem Sinne die Bestimmungen in D.P.R. Nr. 441/1997). Nur bei Beträgen bis zu 5.164,57 Euro war es bislang möglich, Vernichtung oder Verlust der Güter auch über eine Ersatzerklärung zu belegen. Die entsprechende Schwelle wird ab 14. Mai 2011 auf Euro 10.000,00 erhöht.

Hinweis: Falls Sie Betriebsgüter oder Waren in Inanspruchnahme dieser Bestimmung vernichten möchten, können wir Ihnen gerne eine Vorlage für die hierfür notwendige Ersatzerklärung übermitteln.

   
 

Erhöhung Schwelle für Sammelbuchung (Art. 7)

Der Grenzwert für Sammelbuchungen für Zwecke der Mehrwertsteuer wird mit 14. Mai 2011 von ehemals zu 154,94 Euro auf 300,00 Euro (inklusive MwSt) angehoben. Bekanntlich dürfen ausgestellte oder erhaltene Rechnungen bis zu diesem Betrag über monatliche Sammelbuchung aufgezeichnet werden. Der Sammelbuchung darf erstmals auch für Eigenrechnungen verwendet werden. Bekanntlich sind auf dem Sammelbeleg die Nummern der Rechnungen und die Beträge getrennt nach MwSt-Sätzen anzuführen.

Hinweis: Sammelbuchungen von Ein- und Ausgangsrechnungen sind mit EDV-Programmen kaum verwaltbar. Die Erleichterung ist nur für jene von Bedeutung, die händisch die Buchhaltung führen.

   
 

Keine Abgrenzung bei Kleinausgaben (Art. 7)

Steuerpflichtige mit vereinfachter Buchhaltung können geringfügige Ausgaben für Dauerlieferverträge, periodische Leistungen oder Versicherungen in Höhe bis zu 1.000 Euro in jenem Geschäftsjahr in Abzug bringen, in welchem sie die entsprechende Rechnung erhalten und ersparen sich damit etwaige Rechnungsabgrenzungen. Insbesondere wird man für Telefon, Strom, Mieten, Wasser und Versicherungen, soweit die Obergrenze von 1.000 Euro nicht überschritten wird, in Zukunft von der Berechnung von Abgrenzungen absehen können.

Hinweis: Zumal die Erleichterung nur bei vereinfachter Buchhaltung zusteht, sind die Auswirkungen sicher beschränkt.

   
 

Vereinbarung zur Betriebsübergabe

Im vom Ministerrat am 5. Mai 2011 genehmigten Entwurf zur Verordnung war eine interessante Reform im Familienrecht zur vertraglichen Regelung von Betriebsübergaben vorgesehen; diese hätte es erlaubt, nach deutschem Vorbild juristisch anerkannte Erbschaftsverträge für Unternehmen abzuschließen. Leider ist diese Reform im Zuge der Vorprüfung der Verordnung verloren gegangen und in der im Amtsblatt veröffentlichten Version nicht mehr enthalten. Es bleibt zu hoffen, dass sie im Zuge der Behandlung der Verordnung im Parlament nochmals aufgegriffen wird.
   
Steuerruling (Art. 8) Zur Erinnerung: Aufgrund einer Bestimmung in D.L. Nr. 78/2010 gilt, dass Unternehmen mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedsland, die in Italien eine neue Tätigkeit beginnen,  für die in Italien erzielten Einkünften wahlweise

- das Steuersystem ihres Herkunftslandes oder

- auch das Steuersystem eines anderen EU-Mitgliedsstaates  beanspruchen können.

Konkret ermöglicht es die Norm, für das günstigste Steuersystem der EU zu optieren. Diese Möglichkeit wird nun auch auf Einkünfte aus der Leitung und Koordinierung ausgedehnt. Offensichtlich soll durch diese Maßnahme ein Anreiz zur Ansiedelung von Holding-Tätigkeiten in Italien geschaffen werden.

 

2. Neuerungen für Liegenschaften

 
 

Vereinfachung bei Baugenehmigungen (Art. 5)

Der Antrag auf Ausstellung einer Baugenehmigung gilt als „stillschweigend“ angenommen, wenn die öffentliche Verwaltung nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen tätig wird. Hiervon ausgeschlossen sind lediglich Baumaßnahmen in Gebieten mit Denkmal- und Ensambleschutz. Die Fristen für die stillschweigende Genehmigung variieren zwischen 90 und 210 Tagen, abhängig davon, ob es sich um Städte mit mehr oder weniger als 100.000 Einwohnern handelt. Erleichterungen werden zudem bei der Meldung des Baubeginns vorgesehen.
   
 

Kubaturbonus (Art. 5)

Unter bestimmten Voraussetzungen, so auch beim Abbruch mit Wiederaufbau, sind Erweiterungen und Erhöhungen des Bauvolumens möglich, und zwar im nachstehenden Ausmaß: Bis zu 20 Prozent bei Wohngebäuden und bis zu 10 Prozent bei gewerblichen Einheiten. Dabei ist es offensichtlich sogar möglich, das überschüssige Bauvolumen zu verlegen bzw. zu verkaufen. Die Begünstigung wird vorerst für 120 Tage eingefroren. Diese Frist wird Regionen und Provinzen gewährt, um die eigene Gesetzgebung an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen. Sollten Provinzen und Regionen untätig bleiben, kommen die staatlichen Bestimmungen umgehend zur Anwendung.

Wie weit die Neuerung einen Bauboom auslöst oder gar zu einer Entwertung bestehender Bausubstanz führt, werden die nächsten Monate zeigen. Eine ähnliche Maßnahme des Staates im Vorjahr ist ohne großen Erfolg geblieben. Damals oblag die Zuständigkeit aber ausschließlich den Regionen und Provinzen. Jetzt wird bei deren Untätigkeit die staatliche Gesetzgebung wirksam.

Für die praktische Umsetzung dieser Bestimmung bedarf es also noch einschlägiger Durchführungsbestimmungen, und es ist sicher, dass auch die verschiedenen Interessensverbände mit Bezug auf die aufgezeigte Neuerung tätig werden.

   
 

Kubaturverkauf (Art. 5)

Erstmals gesetzlich geregelt wird der sog. „Kubaturverkauf“: Es wird festgehalten, dass solche Verträge mittels notarieller Urkunde abzuschließen und im Immobilienregister (bei uns im Grundbuch) anzumerken sind. In diesem Sinne wird der Art. 2643 ZGB ergänzt.

Die Neuerung führt zu erheblich mehr Rechtssicherheit. Bisher handelte es sich hier um einen atypischen Vertrag, und über seine Gestaltung lagen die verschiedensten Auslegungen vor.

Abzuwarten ist noch, ob die Neuerung auch Auswirkungen auf die Registrierung dieser Verträge haben wird. Für Einkommensteuerzwecke dürfte sich keine Änderung ergeben. Hier liegen bereits einschlägige Entscheidungen über die Besteuerung unter den sonstigen Einkünften vor.

   
Kulanz bei kleinen Bauvergehen  (Art. 5) Bauvergehen, bei denen es zu minimalen Abweichungen kommt, werden offensichtlich nicht mehr geahndet. Im Detail wird vorgesehen, dass dann kein Bauvergehen vorliegt, wenn die Abweichungen bei Bauhöhe, Abstand, Bauvolumen oder bebauter Fläche für die einzelne Baueinheit nicht um mehr als 2% im Vergleich zum Projekt beträgt.
   
Polizeiliche Meldung von Immobilienübertragungen (Art. 5) Die Registrierung von Verträgen, welche die Übertragung dinglicher Rechte an Immobilien zum Gegenstand haben, ersetzt auch die polizeiliche Meldung dieser Übertragungen. Bekanntlich waren Übertragungen von Liegenschaften bislang innerhalb von 48 Stunden der Quästur zu melden. Dieser bürokratische Aufwand, der im Zusammenhang mit der Terrorbekämpfung 1978 eingeführt worden war, ist mit 14. Mai 2011 endlich abgeschafft worden.
   
Neuverhandlung Darlehen (Art. 8) Weitere Begünstigungen betreffen die gesetzliche Möglichkeit von Neuverhandlungen von Hypothekardarlehen mit einer ursprünglichen Schuld von höchstens 150.000 Euro für den Ankauf oder die Wiedergewinnung von Wohngebäuden, und zwar zwecks Umstieg von ehemals variablen Raten und Zinssätzen auf einen fixen jährlichen Zinssatz.
   
 

Vereinfachungen bei

Steuerabsetzbetrag 36% (Art. 7)

Nachhaltige Vereinfachungen wurden schließlich im Zusammenhang mit dem Steuerabsetzbetrag von 36% für Wiedergewinnungsarbeiten auf Wohngebäuden eingeführt:

- Zunächst ist es nicht mehr notwendig, vor Baubeginn eine eigene Meldung an die Steuerdienststelle von Pescara zu schicken; diese Unterlassung hat in der Vergangenheit viele Steuerpflichtige um die Begünstigung gebracht. Im Gegenzug wird es nun ausreichend sein, in der jeweiligen Steuererklärung auch die Katasterdaten des Gebäudes anzugeben, auf welchem die Wiedergewinnungsarbeiten durchgeführt worden sind. Bei Miet- oder Leihvertrag sind in der Steuererklärung die Registrierungsdaten dieser Verträge zu melden. Im Gegenzug sollen die Steuerpflichtigen verpflichtet werden, Unterlagen aufzubewahren und im Zuge einer Kontrolle vorzuweisen, und zwar in einer Art, wie sie noch mit einer eigenen Verordnung festgelegt werden.

- Ebenfalls abgeschafft worden ist die Verpflichtung für die beauftragten Bauunternehmen, in den Rechnungen getrennt die Lohnkosten auszuweisen. Im Klartext: Für ab 14. Mai 2011 ausgestellte Rechnungen für Wiedergewinnungsarbeiten im Anwendungsbereich der Steuerbegünstigung 36% benötigt man keinen getrennten Ausweis der Lohnkosten mehr.

Achtung: Der Ausweis der Lohnkosten kann offensichtlich nur für Zwecke des Steuerabsetzbetrages von 36% unterbleiben, für Zwecke des Absetzbetrages von 55% im Zusammenhang mit der energetischen Sanierung hingegen bleibt die Verpflichtung anscheinend aufrecht.

   
3. Rentner und Lohnabhängige
 
Zu Lasten lebende Familienmitglieder (Art. 7) Nach den früheren Bestimmungen mussten Lohnabhängige und Rentner jährlich dem Arbeitgeber die Steuerabsetzbeträge für die zulasten lebenden Familienangehörigen bestätigen. Diese Erklärung wird nun abgeschafft; sie ist nur mehr dann erforderlich, wenn tatsächlich Änderungen im Vergleich zu den Vorjahren eintreten.
   
4. Neuerungen bei Steuerfestsetzungen und Steuereinhebung
   
Nur mehr eine Betriebsprüfung je Semester (Art. 7) Um die Flut von Betriebsprüfungen durch Arbeitsamt, Zollbehörde, Sozialämter und Finanzämter einzuschränken, wird verfügt, dass die genannten Ämter ihre Betriebsprüfungen koordinieren müssen und höchstens einmal pro Semester das Unternehmen vor Ort kontrollieren dürfen. Die Erleichterung gilt allerdings nur für KMU-Unternehmen nach der geltenden Definition der EU-Kommission. Ausnahmen bei Verzug und bei gerichtlichen Untersuchungen sind zulässig. Als KMU-Unternehmen gelten bekanntlich solche, die nicht mehr als 2 der nachstehenden Schwellen übersteigen: 250 Mitarbeiter, Umsatz 50 Mio. Euro, Bilanzsumme 43 Mio. Euro.
   
 

Dauer von Betriebsprüfungen (Art. 7)

Für Betriebsprüfungen wird zudem eine Höchstdauer vorgesehen: Sie dürfen in KMU-Unternehmen grundsätzlich nicht länger als 15 Tage dauern, wobei eine einmalige Verlängerung um weitere 15 Tage zulässig ist. Bei größeren Unternehmen darf die Dauer 30 Tage nicht überschreiten, wobei auch hier eine Verlängerungsmöglichkeit um weitere 30 Tage zusteht.

Was auf den ersten Blick als eine begrüßenswerte Erleichterung erscheint, ist in Wirklichkeit ein Rückschritt. Der Grund: Bereits bisher hatte das Statut der Steuerzahler eine Obergrenze von 30 Tagen vorgesehen, und gerade in den letzten Monaten hatte sich in der Rechtsprechung die These durchgesetzt, nach welcher bei der Ermittlung des Zeitraums nicht auf die tatsächliche Anwesenheit der Prüfer im Betrieb, sondern auf die absolute Dauer der Prüfung abzustellen wäre.

Nun wird in einer Art gesetzlichen Interpretation klar gestellt, dass für die Berechnung der Dauer nur jene Tage zählen, an welchen sich die Prüfer tatsächlich im Unternehmen aufhalten. Daraus folgt, dass sich Prüfungen leider weiterhin über Monate hinziehen können, in welchen Räume und Unterlagen versiegelt bleiben. Es reicht, dass die Prüfer sich nicht für mehr als 15 bzw. 30 Tage im Betrieb aufhalten.

   
 

Aussetzung Steuereintreibung (Art. 7)

Zur Erinnerung: Im Sinne des sog. Sparpakets aus dem Vorjahr (D.L. 78/2010)  werden für die ab 1. Juli 2011 zugestellten Feststellungsbescheide für Steuerperioden ab 2007 keine Steuerzahlkarten mehr ausgestellt werden. Die vorgeschriebenen Beträge werden nach 60 Tagen sofort fällig. Hier werden nun folgende Änderungen verfügt:

- Die Reform gilt zunächst bereits für die ab 1. Juli 2011 ausgestellten, und nicht erst für die ab diesem Datum „zugestellten“ Bescheide, und sie gilt ausdrücklich auch für die IRAP.

- Für die unterlassene Zahlung wird nicht die Verwaltungsstrafe von 30 Prozent berechnet.

- Wird zudem ein Antrag auf Zahlungsaussetzung bei der Steuerkommission eingereicht, wird das Eintreibungsverfahren für höchstens 120 Tage ausgesetzt.

   
Erleichterung bei Zahlungen Weitere Zahlungserleichterungen werden für die Zahlungsvorschreibungen aus den automatisierten Kontrollen eingeführt (Art. 36-bis, 36-ter DPR Nr. 600/1973 sowie Art. 54-bis MwStG). Insbesondere wird die Ratenzahlung immer zugelassen, unabhängig vom Betrag und von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Steuerschuldners; damit unterbleiben die umständlichen Nachweise der wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die bisher für die Gewährung einer Ratenzahlung erforderlich waren. Eine Sicherstellung ist nur für Beträge über 50.000 Euro notwendig.
   
Verrechnung statt Erstattung (Art. 7) Wer in der  Steuererklärung die Erstattung eines Guthabens beantragt hat, kann die Einkommens- und die IRAP-Erklärungen nachträglich innerhalb einer Frist von 120 Tagen (in der Praxis also innerhalb 28. Jänner des Folgejahres) korrigieren, um den Antrag in einen Vortrag bzw. in eine Verrechnung abzuändern, dies unter der Voraussetzung, dass das Guthaben in der Zwischenzeit nicht schon erstattet worden ist. Zu diesem Zweck muss offensichtlich eine neue Steuererklärung abgegeben werden.
   
 

 

Fristverlängerung bei Fälligkeit am Samstag (Art. 7)

Endlich geändert wird eine Bestimmung, die bei den Intra-Meldungen in den letzten Jahren zu unzähligen Verwaltungsstrafen geführt hat. Bereits bisher galt nämlich, dass die meisten Fälligkeiten, die auf einen Samstag oder einen Feiertag fielen, auf den nächsten Arbeitstag aufgeschoben wurden. Davon ausgenommen war aber die Intra-Meldung an einem Samstag.

Nun wird endlich geklärt: Alle Vorschriften und Zahlungen, die von der Finanzverwaltung oder der Einnahmenagentur verfügt werden, auch jene in elektronischer Form, deren Frist auf einen Samstag oder einen Feiertag fällt, werden auf den nächsten Werktag aufgeschoben. Und dies gilt nun auch für die Intra-Meldungen.

   
5. Sonstige Neuerungen

 

 

Aufwertung von Beteiligungen und Baugrundstücken (Art. 7)

Die Möglichkeit, Grundstücke und Beteiligungen, die nicht von Unternehmen gehalten werden, gegen Zahlung einer Ersatzsteuer aufzuwerten, ist abermals verlängert worden. Hier die Details:

Natürliche Personen, nicht gewerbliche Körperschaften  und einfache Gesellschaften sowie nicht ansässige Körperschaften ohne Betriebsstätte in Italien können die Mehrwerte aus Beteiligungen und Grundstücken durch eine begünstigte Ersatzsteuer freistellen und so den steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn und entsprechend die Steuern bei der künftigen Veräußerung vermindern.

Die Freistellung betrifft die Vermögensgegenstände – nicht börsennotierte Beteiligungen sowie Bau- und landwirtschaftliche Grundstücke –, die sich zum 1. Juli 2011 in ihrem  Eigentum befinden. Wichtig ist, dass die Gegenstände nicht im Betriebsvermögen gehalten werden; diese Anforderung betrifft insbesondere Einzelunternehmen.

Der Wert zum 1. Juli 2011 muss über eine beeidete Schätzung eines Sachverständigen bestätigt werden; Termin für die Schätzung und Einzahlung der Ersatzsteuer ist der 30. Juni 2012. Bei Grundstücken ist darauf zu achten, dass die Anleitungen anlässlich früherer Aufwertung stets das Vorliegen einer Schätzung vor dem Datum eines etwaigen Verkaufs verlangt. Wenn also eine Liegenschaft vor dem 30. Juni 2012 verkauft wird, so muss zumindest die Schätzung nach diesen Anleitungen früher erstellt werden.

Die Höhe der Ersatzsteuer ist im Vergleich zu den letzten Aufwertungsgesetzen unverändert geblieben: Sie ist auf dem Schätzwert zu berechnen und beträgt 4 Prozent für Baugrundstücke und  wesentliche Beteiligungen sowie 2 Prozent für die nicht wesentlichen Beteiligungen.

Im Wesentlichen handelt es sich also um eine Neuauflage der Aufwertung, wie wir sie inzwischen seit rund 10 Jahren kennen, allerdings mit einigen interessanten neuen Aspekten:

- Erstmals wird in Hinblick auf den Stichtag, zu welchem der Steuerpflichtige Eigentümer sein muss, nicht auf ein in der Vergangenheit liegendes Datum Bezug genommen, sondern auf einen zukünftigen Termin. Dies könnte durchaus neue Gestaltungsräume schaffen, z. B. Ankauf einer Beteiligung im Juni, Aufwertung zum Stichtag 1. Juli und späterer Verkauf.

- Erstmals ist es möglich, die Ersatzsteuer aus früheren Aufwertungen anzurechnen. Bisher galt z. B.: Wer in den neunziger Jahren ein Grundstück billig (z. B. um 10 Euro/qm) erwarb und dieses z. B. 2001 im Zuge der ersten Aufwertung auf 100 Euro/qm frei stellte, musste im Vorjahr, wollte er das Grundstück auf den aktuellen Marktwert von z. B. 300 Euro aufwerten, die Ersatzsteuer von 4% erneut auf den Betrag vollen Betrag von 300 Euro entrichten. Die erste Aufwertung auf 100 Euro wurde nicht berücksichtigt. Nun reicht hingegen die Ersatzbesteuerung der Differenz von 200 Euro.

Um hier gravierende Benachteiligungen zu Lasten jener Steuerpflichtigen, die in der Vergangenheit die Ersatzsteuer z. T. doppelt entrichtet haben, auszugleichen, wird die Möglichkeit eines anteiligen Erstattungsantrages innerhalb von 12 Monaten vorgesehen. Die Erstattung aufgrund eines geringeren Wertes wird jedoch ausgeschlossen.

   
 

Öffentliche Bauaufträge (Art. 4)

Die wohl wichtigsten Änderungen der „Aufschwungsverordnung“ betreffen die Vergaben öffentlicher Arbeiten. Sie werden sicher Gegenstand von Studien und Mitteilungen durch die jeweiligen Fachverbände in den nächsten Wochen und Monaten sein. Zu prüfen ist auch, welche Neuerungen in Südtirol aufgrund der autonomen Zuständigkeiten unmittelbar zum Tragen kommen. Hier nur ein Überblick über die wichtigsten Neuerungen:

- Die Schwelle für Privatverhandlungen wurde von 500.000 Euro auf 1 Mio. Euro angehoben, wobei die Zahl der einzuladenden Mitbewerber je nach Umfang der Arbeiten steigt (bis zu 100.000 Euro 3, bis zu 500.000 Euro 5, bis zu 1 Mio. Euro 10).

- Für reine Arbeitsvergaben wird die Schwelle für Privatverhandlungen von 1 Mio. Euro auf 1,5 Mio. Euro angehoben, wobei in diesem Fall zumindest 20 Mitbewerber einzuladen sind.

- Preisanpassungen aufgrund von Kostensteigerungen über 10% werden halbiert.

- Vorbehalte dürfen auf keinen Fall 20% des Vertragswertes übersteigen.

- Die Projektfinanzierung wird auch auf das Leasing ausgedehnt.

- Einführung eines eigenen Verzeichnisses von Unternehmen, die nicht unter Verdacht stehen, mit der Mafia in Verbindung zu stehen.

- Erweiterung des Anwendungsbereichs der Ersatzerklärungen.

   
 

 

Privacy (Art. 6)

Während die bürokratischen Erleichterungen im Bereich der Buchhaltung marginal sind, werden wesentliche Vereinfachungen im Bereich des Datenschutzes (Stichwort „Privacy„) erlassen. Die Verordnung enthält zwei wesentliche Vereinfachungen:

- Die Bestimmungen über den Datenschutz (D.Lgs. Nr. 196/2003) sind nicht auf die Beziehungen zwischen Unternehmen anzuwenden. Insbesondere braucht es keine gegenseitige Zustimmung über die Verwendung von persönlichen Daten durch juristische Personen, Unternehmen, Körperschaften und Vereinigungen, soweit die Daten die Verwaltung bzw. die Buchhaltung betreffen. Ausgenommen ist hier allerdings das sog. Telemarketing. Aber auch für das Telemarketing bei Unternehmen gilt in Zukunft der Grundsatz des „opt-out“. Daraus folgt: Die Adressen im Telefonbuch können durch Dritte frei für Werbezwecke verwendet werden, außer der Telefonteilnehmer hat ausdrücklich die Eintragung seiner Telefonnummer und seiner Anschrift in ein eigenes Verzeichnis verlangt, in welches die Teilnehmer aufgenommen werden, die keine Verwendung wünschen. Dieses Verzeichnis wird bekanntlich von der Stiftung Ugo Bordoni geführt.

- Mit der Verordnung wird weiters im Bereich der Datensicherheit das sog. „Documento programmatico per la sicurezza“ oder „DPS“ zu Lasten all jener Unternehmen abgeschafft, die keine sensiblen Daten - außer jenen ihrer Lohnabhängigen und Mitarbeiter-  verwalten. Das aufwendige Dokument wird durch eine Eigenerklärung des Unternehmers ersetzt.

Für weitere Erleichterungen im Bereich der Privacy, insbesondere mit Bezug auf KMU-Unternehmen, Freiberufler und Handwerker wird zudem eine Verordnung des Garanten für die Datensicherheit angekündigt.

Hinweis: Sobald die ersten Anleitungen zu dieser Neuerung bekannt sind, werden wir mit einem eigenen Rundschreiben auf die Neuerungen bei der Privacy eingehen.

 

Wie eingangs erwähnt, wird die Notverordnung im Zuge der Umwandlung sicher Änderungen erfahren. Über diese sowie über die ausstehenden Durchführungsbestimmungen werden wir Sie laufend informieren.

 

Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-22-17.05.2011 Aufschwungsverordnung