Neue Regelungen für Mitarbeiterentsendungen nach Italien ab 27. Dezember 2016

Neue Regelungen für Mitarbeiterentsendungen nach Italien ab 27. Dezember 2016

Nicht in Italien ansässige Unternehmen, welche Mitarbeiter nach Italien entsenden, müssen zu diesem Zweck zuvor hier einen Vertreter gegenüber INPS , INAIL und Arbeitsinspektorat und einen weiteren Vertreter gegenüber den Sozialpartnern namhaft machen. Entsendungen sind zudem spätestens innerhalb 24.00 Uhr des Vortrages elektronisch anzumelden. Die entsprechenden Bestimmungen sind in der Verordnung Nr. 136/2016 vom 17. Juli 2016, veröffentlicht im Amtsblatt Nr. 169 vom 21. Juli und in Kraft ab dem Folgetag (22.07.16), enthalten. Italien hat damit i. W. die EU-Richtlinie Nr. 2014/67 umgesetzt, welche die Einhaltung von Mindeststandards bei internationalen Mitarbeiterentsendungen im Sinne der EU-RL Nr. 96/71 gewährleisten soll. Am 27. Oktober 2016 sind auch die notwendigen Durchführungsbestimmungen zur vorgenannten Verordnung Nr. 136/2016 im Amtsblatt veröffentlicht worden. Sie treten am 26. Dezember 2016 in Kraft. Die Neuerungen werden vor allem das Bauwesen betreffen. Ausdrücklich in den Anwendungsbereich fällt aber auch der sog. Kabotageverkehr. Nachstehend ein Überblick:

 

Zunächst (Art. 3) werden die Prüfbehörden aufgefordert, zu kontrollieren, ob überhaupt eine Mitarbeiterentsendung vorliegt, sprich, ob überhaupt ein reguläres Arbeitsverhältnis im Ausland besteht; ist dies nicht der Fall, so gilt der Mitarbeiter als Lohnabhängiger des aufnehmenden Unternehmens in Italien. Letzteres gilt insbesondere bei Versendungen durch sog. Briefkastenfirmen. Scheinentsendungen werden mit 50 Euro je Mitarbeiter und Tag und einer Mindeststrafe von 5.000 Euro geahndet. Viele italienische Unternehmen haben mit Entsendungen aus dem Ausland schon schlimme Erfahrungen gemacht; in Zukunft ist hier noch größere Vorsicht zu empfehlen.

 

Sodann wird in der Verordnung (Art. 4) grundsätzlich festgeschrieben, dass für den entsandten Mitarbeiter in Italien die gleichen Arbeitsbedingungen gelten müssen, wie sie für die lohnabhängigen Mitarbeiter am Entsendungsort herrschen, wobei diese Bedingungen auch die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und die Regeln der geltenden Kollektivverträge umfassen. Die Gleichstellung des entsandten Mitarbeiters umfasst insbesondere die nachstehenden Bereiche:

  • maximalen Arbeitszeit und Ruhezeiten,
  • der Entlohnung, der Ruhezeiten
  • Mindestansprüche auf entlohnten Urlaub im Jahr
  • Mindestentlohnung einschließlich der Überstunden
  • Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit
  • Kinderschutz usw.
  • Gleichbehandlung der Geschlechter und

Zur Entlohnung muss festgehalten werden, dass im Unterschied zu vielen anderen Ländern in Italien bisher kein allgemeiner Mindestlohn besteht. Den nach Italien entsandten Mitarbeitern stehen vor den italienischen Verwaltungs- und Zivilgerichten zudem die vollen Rechte zu.

Wichtig: Entsendendes Unternehmen und aufnehmendes Unternehmen haften solidarisch für die Einhaltung dieser Bestimmungen.

 

Zudem wird eine eigene Beobachtungsstelle eingerichtet, die sich mit diesen Mitarbeiterendsendungen beschäftigen muss, und es wird ein umfangreicher Informationsaustausch mit anderen EU-Staaten vorgesehen. Die hierfür notwendigen Durchführungsbestimmungen sind bis heute noch ausständig.

 

Neue Meldepflichten:

Von unmittelbarem Interesse sind die nachstehenden Meldepflichten (Art. 10):

Das entsendende Unternehmen ist verpflichtet, etwaige Entsendungen spätestens innerhalb 24.00 Uhr des Vortrages vor Beginn der Entsendung dem Arbeitsministerium mitzuteilen. Ein Widerruf ist innerhalb von 24 Stunden möglich. Etwaige Änderungen sind jeweils innerhalb von 5 Tagen zu melden. Unterlassene Meldungen werden mit einer Verwaltungsstrafe von 150 bis 500 Euro je Mitarbeiter geahndet. Form, Inhalt und Versendung sind in der eingangs genannten Durchführungsbestimmung, veröffentlicht im Amtsblatt vom 27. Oktober, enthalten.

 

Aufbewahrungspflichten:

Während der gesamten Entsendungsdauer und für die zwei Folgejahre müssen in italienischer Sprache folgende Unterlagen zur Kontrolle bereitgehalten werden:

  • Arbeitsvertrag
  • Lohnstreifen,
  • Übersicht über Arbeitszeiten
  • Nachweis über die erfolgte Lohnzahlung
  • Nachweis Arbeitssicherheit.

Zumindest in Südtirol sollte es zulässig sein, die genannten Unterlagen auch in deutscher Sprache zu erstellen. Verstöße werden mit Verwaltungsstrafen zwischen 500 und 3.000 Euro je Mitarbeiter geahndet.

 

Bestellung eigener Vertreter in Italien:

Zwecks Überprüfung der Unterlagen sind die entsendenden Unternehmen angehalten, einen eigenen Referenten (Vertreter) mit Sitz in Italien zu bestellen, der befugt ist, Dokumente zu erhalten bzw. zu verschicken. Er muss befugt sein, die Kontakte mit INPS, INAIL und Arbeitsinspektorat zu pflegen. Wird die Bestellung unterlassen, drohen Verwaltungsstrafen zwischen 2.000 und 6.000 Euro und gilt als Zustellungsadresse jene des aufnehmenden Unternehmens auch für das entsendende Unternehmen.

Ein zweiter Referent (Vertreter) muss bestellt werden, um die Verhandlungen mit den Sozialpartnern (Gewerkschaften) zu führen, und auch hier drohen bei Unterlassungen Verwaltungsstrafen zwischen 2.000 und 6.000 Euro.

Die Meldung dieser Vertreter ist anhand des Vordruckes UNI_Distacco_UE vorzunehmen, welcher von der Homepage des Arbeitsministeriums heruntergeladen werden kann.

 

Auswirkungen auf den Fernverkehr:

Neben den klassischen Mitarbeiterentsendungen betrifft die Neuregelung auch den internationalen Güterverkehr, allerdings nur soweit, als ausländische Unternehmen in Italien Kabotagebeförderungen durchführen. Und hier hat Italien ebenfalls nur eine längst überfällige EU-Verordnung in nationales Recht umgesetzt. Zur Erinnerung: Die EU-Kabotagevorschriften (EU-Verordnung 1072/2009) regeln, dass die EU-Entsende-RL auf Kabotagebeförderungen anzuwenden ist. Somit liegt für die Dauer der Kabotage grundsätzlich eine Entsendung des Arbeitnehmers vor.  Während in Frankreich seit 1. Juli 2016 die Bestimmungen für die Mitarbeiterentsendung für Kabotagebeförderungen und zusätzlich für den internationalen Warenverkehr mit Abgangs- oder Bestimmungsort in Frankreich Anwendung finden, ist die italienische Regelung nur auf den reinen Kabotageverkehr anzuwenden. Bekanntlich dürfen im Sinne der genannten EU-Verordnungen innerhalb von sieben Tagen nach der in den Aufnahmemitgliedstaat eingeführten Lieferung bis zu drei Kabotagebeförderungen durchgeführt werden. Die Güterbeförderung z. B. von Deutschland nach Italien und umgekehrt ist von den Neuerungen nicht betroffen, da hier im Sinne der vorgenannten EU-Verordnung auch keine Mitarbeiterentsendung vorliegt.

 

Empfehlung: Nichtansässige Unternehmen, welche Mitarbeiterentsendungen nach Italien durchführen, sollten umgehend die hierfür notwendigen Referenten (Vertreter) bestellen (anzuraten wären i. d. R. Arbeitsberater), damit sie Ende Dezember für die neuen Auflagen gerüstet sind.

 

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-38-07.11.2016 Mitarbeiterentsendungen nach Italien