Neue Regelungen zu Verzugszinsen und Zahlungsterminen für ab 1. Jänner 2013 abgeschlossene Verträge

Neue Regelungen zu Verzugszinsen und Zahlungsterminen für ab 1. Jänner 2013 abgeschlossene Verträge

Seit 1. Jänner 2013 gelten neue strengere Bestimmungen über Zahlungsfristen, Zahlungsverzug und automatische Verzugszinsen. Die Neuerungen wurden mit D.lgv. Nr. 192/2012 in Umsetzung einschlägiger EU-Richtlinien (u. a. RL 2011/7) eingeführt und sind zum Jahreswechsel in Kraft getreten. Mit Rundschreiben vom 23. Jänner 2013 hat das Wirtschaftsministerium erste amtliche Erläuterungen bekannt gegeben. Ziel der Reform ist offensichtlich eine Verbesserung der schleppenden Zahlungsmoral, und Zahlungen sollten i. d. R. innerhalb von 30 Tagen erfolgen. Die Bestimmungen sind allerdings weniger streng als jene über die landwirtschaftlichen Produkte und Lebensmittel, die seit 26. Oktober 2012 gelten (siehe unser Rundschreiben Nr. 42/2012); so sind vor allem keine Verwaltungsstrafen vorgesehen, und die Vertragsparteien können weiterhin einvernehmlich, und sofern sich keine grobe Benachteiligung ergibt, auch längere Zahlungsfristen festlegen.

 

 

Anwendungsbereich

Die Neuerungen betreffen Lieferungen und Dienstleistungen infolge von ab dem 1. Jänner 2013 mit öffentlichen Verwaltungen und privaten Unternehmen abgeschlossenen Verträgen. Unter den Begriff „Unternehmer“ fallen im konkreten Fall ausdrücklich auch alle Freiberufler. Entgegen ersten Zweifeln finden die Neuerungen auch auf das Bauwesen Anwendung. Umgekehrt sind Geschäftsbeziehungen mit Privatpersonen bzw. dem Endverbraucher sowie die Zahlungen für Schadensersatz nicht betroffen.

 

 
automatische Verzugszinsen nach 30 Tagen In den aufgezeigten Fällen müssen die Zahlungen grundsätzlich innerhalb von 30 Tagen durchgeführt werden. Ab dieser Frist werden automatisch Verzugszinsen berechnet, ohne dass hierfür zuvor eine formelle „Inverzugsetzung“ des Schuldners notwendig ist. Der Gläubiger hat zudem ausdrücklich das Recht, die Erstattung der mit der Eintreibung der Forderung anfallenden Spesen (vor allem Honorare und Spesen des Rechtsanwalts) zu verlangen, und zudem steht ihm ein Pauschalbetrag für den erlittenen Schaden in Höhe von 40,00 Euro zu, soweit nicht ein höherer Schaden nachgewiesen werden kann. Sowohl Schadensersatz als auch Verzugszinsen können automatisch verlangt werden, also ohne vorherige vertragliche Vereinbarung und ohne dass der Schuldner zuvor in Verzug gesetzt worden ist.

 

 
Berechnung der Fristen Die Fristberechnung erfolgt mit Bezug auf das Eingangsdatum der Rechnung und ist in diesem Punkt strenger als bei den Lebensmitteln, wo die Frist erst ab dem letzten Tag des Erhaltsmonats läuft. Wenn dieses Datum nicht eindeutig festgelegt werden kann, ist auf das Datum der Lieferung bzw. der Annahme oder Prüfung der Leistung  Bezug zu nehmen. Keine Zweifel ob des Eingangsdatums der Rechnungen bestehen bei einem Versand durch das EDI-Verfahren oder über eine zertifizierte Mail-Box (PEC), und wir empfehlen Ihnen, die Inanspruchnahme dieser Verfahren zu prüfen, nachdem inzwischen ja alle Unternehmen zur Eröffnung einer entsprechenden Adresse verpflichtet sind.

 

 
 

Zahlungstermin 60 Tage

Wie eingangs erwähnt, ist es den Vertragsparteien erlaubt, weiterhin längere Zahlungsfristen zu vereinbaren, soweit diese nicht grob nachteilig für den Gläubiger sind. Zahlungsfristen von mehr als 60 Tagen müssen aber auf jeden Fall schriftlich festgesetzt werden. Als grob nachteilig gilt in diesem Sinne auf alle Fälle eine Vertragsklausel, welche die Anwendung von Verzugszinsen oder die Weiterbelastung der Eintreibungskosten völlig ausschließt.

Wichtig für das Bauwesen: Abnahme- und Überprüfungsverfahren dürfen grundsätzlich nicht mehr als 30 Tage dauern. Diese Frist darf nur überschritten werden, wenn es sich um besonders komplexe Verträge handelt und wenn dies ausdrücklich im Vertrag und in den Vergabeunterlagen vereinbart ist und wieder, sofern dies für den Gläubiger nicht grob nachteilig ist.

 

 
Berechnung der Verzugszinsen Die gesetzlichen Verzugszinsen bestehen aus einem variablen und einem festen Teil: Der variable Teil wird halbjährlich mit Bezug auf den Referenzzinssatz der Europäischen Zentralbank festgelegt, während der feste Teil seit 1. Jänner 2013 fix 8 Prozent beträgt. Den Vertragsparteien steht es zu, auch andere Formen der Berechnung der Verzugszinsen zu vereinbaren. Bei Verträgen mit öffentlichen Körperschaften hingegen kommen nur diese gesetzlichen Verzugszinsen zur Anwendung. Im Amtsblatt Nr. 14 vom 17. Jänner 2013 wurden die gesetzlichen Verzugszinsen für das 1. Semester 2013 wie folgt festgelegt:

-          8,75% (0,75% zuzgl. Erhöhung um 8 Prozent), allgemeiner Satz,

-          erhöht auf 10,75% (0,75% zuzgl. 10 Prozentpunkte) für den Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten und Lebensmitteln.

 

Achtung: Für Verträge, die vor dem 1. Jänner 2013 abgeschlossen worden sind, kommen weiterhin die bisherigen Bestimmungen über die Berechnung der Verzugszinsen zur Anwendung. Nachstehend die Tabelle für die Ermittlung der Verzugszinsen für Verträge vor dem 1. Jänner 2013:

 

 
  Zeitraum Allg. Verzugszinsen in % Verzugszinsen in % für landw. Produkte u. Lebensmitteln mit Vertrag ab 24/10/2012) Veröffentlicht im Amtsblatt:
  07/11/2002 -31/12/2002 10,35 12,35 G.U. n.33 del 10.02.2003
  01/01/2003 - 30/06/2003 9,85 11,85 G.U. n.33 del 10.02.2003
  01/07/2003 - 31/12/2003 9,1 11,1 G.U. n.160 del 12.07.2003
  01/01/2004 - 30/06/2004 9,02 11,02 G.U. n.11 del 15.01.2004
  01/07/2004 - 31/12/2004 9,01 11,01 G.U. n.159 del 09.07.2004
  01/01/2005 - 30/06/2005 9,09 11,09 G.U. n.5 del 08.01.2005
  01/07/2005 - 31/12/2005 9,05 11,05 G.U. n.175 del 29.07.2005
  01/01/2006 - 30/06/2006 9,25 11,25 G.U. n.10 del 13.01.2006
  01/07/2006 - 31/12/2006 9,83 11,83 G.U. n.158 del 10.07.2006
  01/01/2007 - 30/06/2007 10,58 12,58 G.U. n.29 del 05.02.2007
  01/07/2007 - 31/12/2007 11,07 13,07 G.U. n.175 del 30.07.2007
  01/01/2008 - 30/06/2008 11,2 13,2 G.U. n.35 dell’11.02.2008
  01/07/2008 - 31/12/2008 11,1 13,1 G.U. n.169 del 21.07.2008
  01/01/2009 - 30/06/2009 9,5 11,5 G.U. n.26 del 02.02.2009
  01/07/2009 - 31/12/2009 8 10 G.U. n.199 del 28.08.2009
  01/01/2010 - 30/06/2010 8 10 G.U. n.40 del 18.02.2010
  01/07/2010 - 31/12/2010 8 10 G.U. n.190 del 16.08.2010
  01/01/2011 - 30/06/2011 8 10 G.U. n.31 dell’8.02.2011
  01/07/2011 - 31/12/2011 8,25 10,25 G.U. n.165 del 18.07.2011
  01/01/2012 - 30/06/2012 8 10 G.U. n.22 del 27.01.2012
  01/07/2012 - 31/12/2012 8 10 G.U. n.162 del 13.07.2012
  01/01/2013 - 30/06/2013 7,75 9,75 G.U. n.14 del 17.01.2013

 

Sonderregelung für öffentliche Körperschaften Besondere Regelungen gelten für Lieferungen und Dienstleistungen an öffentlichen Körperschaften. Hier kann auch mit schriftlichen Vereinbarungen kein Zahlungsziel vereinbart werden, das länger als 60 Tage ist. Eine weitere Sonderregelung wird zudem den Körperschaften zuerkannt, die im Gesundheitswesen tätig sind, und jenen, für welche die EU-Transparenzbestimmungen (D.Lgs. Nr. 333/2003) gelten: Hier beträgt das allgemeine Zahlungsziel nicht mehr 30, sondern 60 Tage.

 

Steuerliche Aspekte Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Lieferer und Leistungserbringer berechtigt, aber nicht verpflichtet sind, die aufgezeigten Verzugszinsen zu berechnen. Unter steuerrechtlichen Aspekten ist zu beachten, dass fakturierte Verzugszinsen erst in dem Geschäftsjahr ertragswirksam werden, in welchem sie auch kassiert werden. Man vermeidet damit, dass durch die Fakturierung von solchen Zinsen u. U. Erträge zu besteuern sind, die im Nachhinein gar nicht kassiert werden können; umgekehrt sind die Verzugszinsen erst in dem Geschäftsjahr als Betriebsausgaben absetzbar, in welchem sie auch tatsächlich bezahlt werden.

Für Zwecke der Mehrwertsteuer ist zudem daran zu erinnern, dass die Zinsen nicht steuerbar im Sinne von Art. 15 DPR 633/1972 sind. Infolge ist aber auf etwaigen Zahlungsbestätigungen, welche dem Schuldner zum Zeitpunkt des Inkassos ausgehändigt werden, eine Stempelmarke in Höhe von 1,81 Euro anzubringen, soweit der kassierte Betrag 77,47 Euro übersteigt.

 

Keine rückwirkende Anwendung Größter Kritikpunkt an der gesamten Reform ist der Umstand, dass die verkürzten Zahlungsziele erst für die ab 1. Jänner 2013 abgeschlossenen Verträge gelten. Vor allem im öffentlichen Bereich führt dies zu Befürchtungen, dass Zahlungen aufgrund neuer Verträge i. W. unter Beachtung der neuen Fristen erfolgen werden, während man auf ältere Zahlungen angesichts leerer Kassen umso länger wird warten müssen.

 

Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen natürlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-08- 15.02.2013 Verzugszinsen