Anbei einige Hinweise auf Neuerungen bei Immobilien und für das Bauwesen der letzten Wochen. Zu beachten sind insbesondere die Einschränkungen bei der Inanspruchnahme der diversen Steuergutschriften auf Wiedergewinnungsarbeiten.
1. Weitere Einschränkungen für Abtretungen von Steuerguthaben und Nachlass in Rechnungen für Steuerguthaben
Aufgrund angeblicher Missbräuche (wie diese angesichts der überbordenden Prüfmechanismen überhaupt möglich sind, bleibt mir ein Rätsel!) wird die Verwendung der Steuergutschriften aus Wiedergewinnungsarbeiten weiter beschränkt: Mit G.V. Nr. 39 vom 29. März 2024 (in Kraft seit 30. März 2024) sind zusätzliche Begrenzungen für die Abtretungen von Steuerguthaben an Dritte und für die Gewährung von Nachlässen in den Ausgangsrechnungen, eben für solche Guthaben, getroffen worden, nachdem der Anwendungsbereich bereits im Vorjahr gewaltig reduziert worden war. Die Restriktionen betreffen also jene Fälle, für die im Vorjahr (G.V. 11/2023 – siehe unsere einschlägigen Rundschreiben) noch Schlupflöcher offengelassen worden sind, also
- Baumaßnahmen, für welche vor dem 17. Februar 2023 eine Baugenehmigung erteilt oder eine beeidete Baubeginnsmeldung (Cilas) eingereicht worden sind, und
- Baumaßnahmen der Wohnbauinstitute, der Wohnbaugenossenschaften mit ungeteiltem Eigentum, der gemeinnützigen Einrichtungen Onlus sowie der Einrichtungen des Dritten Sektors.
Nun werden auch diese beiden Schlupflöcher geschlossen, mit Ausnahme der laut Baugenehmigung oder Baubeginnsmeldung bereits begonnenen Arbeiten, für welche bis zum 29. März 2024 aufgrund von ausgestellten Rechnungen diesbezügliche Ausgaben getätigt wurden.
Es muss sich dabei um Rechnungen für ausgeführte Arbeiten handeln, und nicht um Vorfakturierungen oder einfache Anzahlungen.
2. Abtretungen vom 4. April 2024 – keine Sanierung möglich!
Wie zuletzt mit unserem Rundschreiben Nr. 17/2024 mitgeteilt, hatten Steuerpflichtige, die im letzten Jahr für die diversen Wiedergewinnungsarbeiten noch Anrecht auf einen entsprechenden Nachlass in der Rechnung des Lieferanten hatten oder aber das Guthaben an Dritte abtreten durften, bis zum 4. April 2024 Zeit, diese Abtretungen der Agentur der Einnahmen mit eigenen Vordrucken zu melden. Wer dabei einen Fehler gemacht hat, um den ist es schlecht bestellt.
Mit G.V. 39/2024 wurde nämlich die bislang mögliche, nachträgliche Fristeinsetzung (remissione in bonis) bis zum 15. Oktober (Abgabefrist der Steuererklärung) gestrichen, wonach innerhalb genannter Frist noch Korrekturen oder Nachmeldungen hätten durchgeführt werden können. Ebenfalls wurde die Möglichkeit gestrichen, innerhalb des 5. des Folgemonats die Meldungen zu ersetzen oder zu annullieren. Meldungen des Monats März konnten ausnahmsweise noch bis zum 4. April 2024 korrigiert werden.
Inzwischen haben sich zahlreiche Interessenverbände, darunter auch die Kammer der Wirtschaftsberater, gegen diese restriktive Regelung ausgesprochen. Man darf gespannt sein, ob sich die Tür nochmals um einen Spalt öffnen wird.
3. Sondermeldung für Superbonus
Steuerpflichtige, welche aufgrund diverser Übergangsbestimmungen in den Jahren 2024 und 2025 noch Anrecht auf den sog. „Superbonus“ haben, sind verpflichtet, mit einer eigenen Meldung, welche bei energetischen Sanierungen an die Körperschaft ENEA und bei erdbebensicherem Bauen an das Portal für die Erdbebenklassifizierungen zu schicken ist,
- die bis zum 30. März 2024 getragenen Kosten und
- die für die Jahre 2024 und ggf. 2025 noch zu erwartenden Kosten
mitteilen. Die hierfür notwendigen Durchführungsbestimmungen sollten innerhalb 29. Mai 2024 erlassen werden.
Wir werden Sie mit eigenem Rundschreiben informieren, sobald die notwendigen Durchführungsbestimmungen verfügbar sind.
4. Abtretungssperre auch für den Abbau architektonische Barrieren
Über die Berechnung und über die Verwendung der Steuergutschriften von 75% seit dem 1. Jänner 2022 zum Abbau architektonischer Barrieren haben wir Sie mehrfach informiert. Der Anwendungsbereich und auch die Verwendung der Gutschriften wurden zuletzt aber zusehends eingeschränkt. Inzwischen sind für diese Begünstigungen in Höhe von 75% drei unterschiedliche Zeiträume mit jeweils unterschiedlichen Erleichterungen zu verzeichnen:
- nahezu uneingeschränkter Zugang und Abtretungsmöglichkeiten bis zum 31. Dezember 2023;
- erste Einschränkungen durch G.V. 212/2023 für die Zeitspanne zwischen nach dem 31. Dezember 2023 und dem 29. März 2024 und
- begrenzter Anwendungsbereich seit dem 30. März 2023.
Die drei Abschnitte können wie folgt zusammengefasst werden:
1. Für Baueingriffe, die in der Zeit zwischen dem 1. Jänner 2022 und dem 30. Dezember 2023 begonnen worden sind, steht eine Steuergutschrift von 75% zu, welche an Dritte abgetreten werden oder über den Nachlass in der Rechnung beansprucht werden darf. Der sachliche Anwendungsbereich ist noch sehr weit. Diese Begünstigungen gelten vorerst noch bis zum 31. Dezember 2025.
2. Soweit die obigen Voraussetzungen nicht gegeben sind, steht für die Ausgaben in der Zeit zwischen dem 1. Jänner 2024 und dem 30. März 2024 der Steuerabsetzbetrag nur mehr für bestimmte Baueingriffe im Sinne der G.V. Nr. 212/2023 zu: Treppen, Rampen, Aufzüge, Treppenlifte, Plattformhebebühnen und ähnliche. Nicht mehr begünstigt sind unter anderem die Fenster oder die Domotik. Zudem müssen die durchgeführten Arbeiten durch eine beeidete Erklärung eines befähigten Technikers bestätigt werden. Die Abtretung der Steuergutschrift oder ein entsprechender Nachlass in der Rechnung des Lieferanten werden in dieser Zeit auf folgende Fälle eingeschränkt:
a) Es muss sich um die Hauptwohnung des Eigentümers handeln, und das Einkommen (Familienquotient) darf nicht die Schwelle von 15.000 Euro übersteigen (berechnet nach den Regeln laut Art. 119 Abs. 8-bis1 G.V. Nr. 34/2020) oder
b) Baueingriffe auf Gemeinschaftsanteilen von Kondominien mit vorwiegendem Wohnungsanteil.
3. Ab 31. März 2024 hingegen ergibt sich durch die G.V. 39/2024 eine weitere Einschränkung: Die Abtretung der Gutschrift oder ein Nachlass in der Rechnung durch den Lieferanten werden grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Übergangsregelung erlaubt Verrechnung und Rechnungsnachlass nur noch in folgenden Fällen: Es bestehen eine bis 30. März 2024 erteilte Baugenehmigung oder Baubeginnsmeldung, oder es wurde eine nachweisbare Verpflichtung bzw. ein Vertrag mit dem Lieferanten abgeschlossen und dafür eine entsprechende Anzahlung für durchgeführte Arbeiten entrichtet.
Soweit nicht die Ausnahmen der Punkte 2) oder 3) vorliegen, darf ab 30. März 2024 die Gutschrift für den Abbau architektonischer Barrieren nicht mehr abgetreten und auch nicht über einen Nachlass in der Rechnung beansprucht werden. Die Steuerabsetzbeträge können allerdings nur mehr als Abzug in der Steuererklärung beansprucht werden, aufgeteilt auf vier Jahre; und dies setzt eine entsprechende Steuerschuld beim Begünstigten voraus!
5. Eingeschränkte Verrechnung bei überfälligen Steuerschulden
Im Sinne von Art. 4 G.V. 39/2024 wird die Verrechnung über den Zahlungsvordruck F24 von Steuerabsetzbeträgen für Wiedergewinnungsarbeiten, energetischen Maßnahmen und den verschiedenen anderen baulichen Begünstigungen (unter anderem Superbonus, Abbau architektonischer Barrieren) gesperrt, wenn der Begünstigte überfällige Steuerschulden aufgrund von Zahlbescheiden von mehr als 10.000 Euro aufweist.
Es handelt sich um eine vorübergehende Aussetzung, bis die Schuld beglichen wurde. Kritische Situationen können sich ergeben, wenn die Nachzahlungen nicht umgehend durchgeführt werden und in der Zwischenzeit die Steuerabsetzbeträge verfallen.
6. Widerruf von Abtretungen:
Mit Rundschreiben Nr. 6/2024 hat die Agentur der Einnahmen eine Reihe von Anleitungen erteilt, wie man sich verhalten soll, wenn abgetretene Steuerguthaben oder gemeldete Nachlässe in den Rechnungen irrtümlich angenommen worden sind oder deren Übertragung nachträglich rückgängig gemacht werden soll. Sollte Sie die Thematik betreffen, setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung, denn es sind genaue Vorgaben zu beachten.
7. Ankauf Erstwohnung „under 36“
Zur Erinnerung: Die mit G.V. 73/2021 eingeführten Erleichterungen für den Ankauf von Wohnungen durch Steuerpflichtige unter 36 Lebensjahren wurden mit dem Haushaltsgesetz für 2023 für das Jahr 2023 verlängert und abgeändert. Die Erleichterung ist dann trotz vehementer Proteste der Bauwirtschaft aber mit 31. Dezember 2023 ausgelaufen.
Nun ist im Zuge der Umwandlung der G.V. 215/2013 vom Jahresende aber zumindest eine Hintertür geöffnet worden: Soweit ein bis zum 31. Dezember 2023 abgeschlossener und registrierter Kaufvorvertrag vorliegt, können die Erleichterungen auch noch für bis zum 31. Dezember 2024 abgeschlossene notarielle Kaufverträge in Anspruch genommen werden. Und: Wer in den ersten 2 Monaten dieses Jahres einen Kaufvertrag abgeschlossen hat und auf die erst nachträglich eingeführte Erleichterung Anspruch gehabt hätte, erhält eine Steuergutschrift, die ab 2025 verrechnet werden darf. Hier nochmals die Erleichterungen in Stichworten:
Wer eine Erstwohnung kauft und im Jahr des Ankaufs (!) das 36. Lebensjahr nicht erreicht, dem werden beim Kauf die Mehrwertsteuer (4%) bzw. die Registersteuer (2%) nebst Hypothekar- und Katastersteuer vollständig erlassen. Voraussetzung ist allerdings, dass das jährliche Einkommen für Zwecke des sog. „ISEE“ (gesamtstaatlicher Indikator für die Einkommens- und Vermögenslage) die Schwelle von 40.000 Euro nicht übersteigt. Während bei der Registersteuer eine völlige Befreiung zuerkannt wird, erhält der Käufer bei der MwSt eine entsprechende Steuergutschrift, die dann verrechnet werden kann. Die Erleichterung gilt nicht nur für Kaufverträge für das volle Eigentum, sondern auch für die Übertragung anderer dinglichen Rechte. Neben den vorgenannten Anforderungen an Alter und Einkommen müssen auch alle einschlägigen Voraussetzungen bestehen, wie sie für die Steuererleichterungen für den Ankauf einer Erstwohnung verlangt werden. Aber damit nicht genug: Daneben werden auch Darlehen, die zum Kauf, Bau oder Umbau der Erstwohnung aufgenommen werden, von der allgemeinen Ersatzsteuer befreit, immer bei Vorliegen der obgenannten Voraussetzungen. Ausgeschlossen sind die Verträge für Luxuswohnungen (Kat. A/1, A/8 und A/9). Zubehörseinheiten (z. B. Keller und Garagen) sind im Gesetz nicht eigens erwähnt, die Agentur der Einnahmen hat aber mit Rundschreiben Nr. 12/2021 geklärt, dass die Erleichterungen auch für je eine Zubehörseinheit der Kategorien C/2, C/6 und C/7 zustehen (immer im Rahmen der Begünstigungen für den Kauf der Erstwohnung).
Die Erleichterung gilt nach vorherrschender Auslegung in der Fachpresse für Käufer, die nach dem 1. Jänner 1989 geboren sind.
8. Steuergutschriften und ENEA-Meldung:
Und nun noch eine gute Nachricht: Der Kassationsgerichtshof hat mit Urteil Nr. 7657 vom 21. März 2024 (hinterlegt anfangs April) eindeutig bestätigt, dass die verspätete oder unterlassene Meldung an die Körperschaft ENEA für Baumaßnahmen zur energetischen Sanierung nicht zur Aberkennung der entsprechenden Steuergutschrift von 65% oder 50% führen dürfen. Es wird damit ein früherer Beschluss aus dem Jahr 2022 revidiert (Nr. 34151/2022 vom 21. November 2022). Das Urteil ist aber eine Bestätigung von mehreren gleichlautenden Entscheiden regionaler und provinzialer Steuerkommissionen der letzten Jahre. Die Meldung ist bekanntlich binnen 90 Tagen an die Energie- und Umweltagentur Enea in elektronischer Form zu versenden. Diese dient laut dem erwähnten Urteil hauptsächlich für statistische Zwecke und darf daher laut Höchstgericht nicht Voraussetzung für die Zuerkennung einer Steuergutschrift sein, auch weil dies nicht im Gesetz als Verfallsgrund vorgesehen ist. Die Einnahmenagentur hat bislang im Falle von Unterlassungen die Anwendung des Steuerabsetzbetrages beanstandet (siehe Rundschr. Nr. 28/2022 und Nr. 17/2023).
9. Wasserkonzessionen und Registersteuer
Mit Erlass Nr. 77 vom 22. März 2024 hat die Agentur der Einnahmen eine interessante Entscheidung hinsichtlich Registersteuer auf die diversen Wasserkonzessionen (für Bewässerung oder auch für E-Werke) getroffen. Die Registersteuer ist auf die Summe der Konzessionsgebühr und aller Nebenleistungen für die gesamte Vertragsdauer zu berechnen, und soweit dieses Entgelt bei Abschluss der Konzession nicht im Detail bekannt ist, sind spätere Ausgleichszahlungen im Sinne von Art. 35 Registersteuergesetz geschuldet.
Der Entscheid betrifft eine Südtiroler Anfrage mit Bezug auf eine Wasserableitung zur Herstellung von Mineralwasser, dürfte aber umfassende Auswirkungen vor allem auf die vielen Ableitungskonzessionen für Wasserkraftwerke haben.
10. Neue IMU-Vordrucke
Mit Verordnung vom 24. April 2024 hat das Wirtschaftsministerium neue Vordruck für die IMU-Erklärungen veröffentlicht. Diese sind bereits für etwaige notwendige Meldungen für das Jahr 2023, welche innerhalb 1. Juli 2024 einzureichen sind, zu verwenden.
Es ist noch nicht geklärt, ob auch für Südtirol, wo anstelle der IMU bekanntlich die GIS zu entrichten ist, neue Vordrucke erlassen werden.
11. Erleichterungen für Junglandwirte
Mit G. Nr. 36/2024 wurden eine Reihe von Erleichterungen für Junglandwirte (unter 41 Jahren) eingeführt:
- Soweit die entsprechenden Einkünfte im Rahmen der Einkünfte aus Unternehmen besteuert werden, unterliegen sie einer Abfindungssteuer von 12,5%.
- Register-, Hypothekar- und Katastersteuern bei Ankauf von Liegenschaften werden um 40% reduziert.
- Den Junglandwirten wird ein Privileg im Rahmen des landwirtschaftlichen Vorkaufsrechts eingeräumt.
- Zudem wird eine Steuergutschrift für Weiterbildungstätigkeiten in Höhe von 80% der 2024 getragenen Kosten zuerkannt.
Die Erleichterung gilt auch für landwirtschaftliche Personen- und Kapitalgesellschaften, soweit sie von „jungen“ Landwirten beherrscht werden. Für Details zu den Neuregelungen setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung.
12. Übertragung von Gebäuden während der Wiedergewinnung
Auf sich im Bau befindliche Gebäude, die unter Anwendung der Mehrwertsteuer übertragen werden, kommen Register-, Hypothekar- und Katastersteuer zum Fixbetrag zur Anwendung. Bis heute war man, auch in Anlehnung an die Studie der Notare Nr. 88-2009/T, davon ausgegangen, dass für Gebäude, welche während einer Wiedergewinnungsphase mit Option für die MwSt übertragen werden, die gleiche Behandlung gilt, sprich, dass in diesem Fall die Hypotherkar- und Katastersteuer von insgesamt 4% nicht geschuldet sind. Entsprechend wurden in vielen Fällen vor Übertragung notwendige Umbauarbeiten in Angriff genommen, um so diese zusätzliche Belastung bei der Übertragung zu vermeiden. Damit dürfte jetzt Schluss sein. Mit Urteil Nr. 9800 vom 11. April 2024 klärt das Höchstgericht, dass ein einmal fertiggestelltes und im Kataster eingetragenes Gebäude, welches später umgebaut wird, in dieser Umbauphase nicht mehr in den Genuss der reduzierten Hypothekar- und Katastersteuern kommen kann.
Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Vieider