Neuerungen im Bausektor

Mit vorliegendem Rundschreiben möchten wir Sie über einige aktuelle Sachverhalte im Bauwesen informieren:

1. Verlängerung 110%-Bonus und Nachweis 30% zum 30. September 2022

Zur Erinnerung: Die Begünstigung des Steuerabsetzbetrages von 110% hätte für Einfamilien- und Reihenhäuser sowie eigenständige Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern (soweit sie nicht unter Kondominien fallen) eigentlich mit 30. Juni 2022 auslaufen sollen; allerdings gilt eine verlängerte Frist bis zum 31. Dezember 2022 unter der Voraussetzung, dass zum 30. September 2022 zumindest 30% der geplanten Baumaßnahmen durchgeführt worden sind. Und hier stellt sich die Frage: Wie ist diese Schwelle zu berechnen und zu belegen? Klare amtliche Anleitungen fehlen bis dato, in der Doktrin hat sich allerdings folgende Herangehensweise verfestigt:

- Der Nachweis sollte durch den Bauleiter erfolgen.

- Es reicht zu diesem Zweck aber nicht nur eine eidesstattliche Erklärung des Bauleiters aus, sondern es muss auch eine angemessene Dokumentation erstellt werden, aus welcher die bis zum 30. September 2022 durchgeführten Arbeiten hervorgehen, bestehend u. a. aus Massenberechnungen, fotografischen Bestandsaufnahmen, Rechnungsdokumenten, Lieferscheinen und Arbeitsberichten.

- Unseres Erachtens muss die Dokumentation nicht innerhalb 30. September 2022, sondern möglichst zeitnah in den ersten Oktobertagen erstellt werden und sich auf den 30. September 2022 beziehen. Dabei ist ein sicheres Datum notwendig. Die zuständige Beratungskommission für öffentliche Arbeiten schlägt in diesem Zusammenhang den Versand mittels PEC oder Einschreibens an den Auftraggeber und an die ausführenden Unternehmen vor. Unseres Erachtens ist eine solche Vorgangsweise nicht unbedingt zielführend, zumal der private Auftraggeber nur in seltenen Fällen über eine PEC-Adresse verfügen wird und auch den ausführenden Unternehmen nicht unbedingt die vollständigen Unterlagen (u. U. auch Dritter) übermittelt werden können. Ein sicheres Datum könnte u. E. auch dadurch erreicht werden, dass der Bauleiter die erarbeiteten Unterlagen mittels PEC an den beauftragten Steuerberater weiterleitet.

- Worauf sind die 30% zu berechnen: Hier steht es dem Steuerpflichtigen offensichtlich frei, das Erreichen der Schwelle entweder nur mit Bezug auf die zur Begünstigung 110% zugelassenen Arbeiten oder aber mit Bezug auf alle Arbeiten laut Baugenehmigung unter Einbeziehung auch nicht begünstigter Arbeiten zu belegen. Ausschlaggebend ist nicht etwa die Bezahlung von 30% der Arbeiten, sondern deren Durchführung (in diesem Sinne parlamentarische Anfrage Nr. 5-08270 vom 21. Juni 2022).

Übrigens: Wird die Schwelle von 30% nicht erreicht, so kann der erhöhte Steuerabsetzbetrag von 110% nur für die bis Ende Juni 2022 ausgeführten Arbeiten in Anspruch genommen werden.

Bleibt zu ergänzen, dass Baumaßnahmen im Rahmen von Miteigentumsgebäuden (sog. Kondominien) von den aufgezeigten Fristen nicht betroffen sind. Für diese Arbeiten gilt der Steuerabsetzbetrag von 110% bekanntlich noch für Arbeiten bis zum 31. Dezember 2023 und wird dann im Jahr 2024 voraussichtlich auf 70% und 2025 auf 65% reduziert.

2. Steuerabsetzbetrag 75% für architektonische Barrieren auch für Unternehmen

Zur Erinnerung: Mit dem Haushaltsgesetz ist für das Jahr 2022 eine eigene Steuergutschrift im Ausmaß von 75% eingeführt worden; sie ist in gleichen Teilen über 5 Jahre zu verrechnen. Es muss sich um Baueingriffe auf bestehenden Gebäuden handeln. Bei den Baueingriffen werden folgende Obergrenzen für die Kosten vorgesehen:

- 50.000 Euro für alleinstehende Gebäude oder für unabhängige Wohnungen in Mehrfamilienhäusern;

- 40.000 Euro je Baueinheit, wenn das Gebäude aus 2 bis 8 Einheiten besteht und

- 30.000 Euro je Baueinheit, wenn das Gebäude aus mehr als 8 Baueinheiten besteht.

Zumal die Zugangsvoraussetzungen eigentlich die gleichen waren wie für die Steuerbegünstigung von 110%, ist bislang allgemein davon ausgegangen worden, dass Unternehmen diese Absetzbeträge nicht beanspruchen dürften. Kürzlich hat die Agentur der Einnahmen mit Antwort Nr. 444 vom 6. September 2022 aber geklärt, dass die Erleichterung auch von Unternehmen genutzt werden darf, und zwar unabhängig von der Eigenart des Gebäudes.

Im Klartext: Auch wer in einem Bürohaus architektonische Barrieren abbaut, hat Anrecht auf den aufgezeigten Bonus, und es ist unwesentlich, ob das Gebäude vom Unternehmen im Anlage- oder im Umlaufvermögen gehalten wird.

3. Abtretung Superbonus

Letzten Woche haben Senat und Kammer die Umwandlung der zweiten Hilfsverordnung (G.V. 15/2022) in Gesetz genehmigt. Aufgrund von Änderungen wird eine zweite Lesung im Senat notwendig sein, die für den 20. September eingeplant ist. Wichtig ist aber schon jetzt, dass die abgeänderte Notverordnung die solidarische Haftung der Banken bei Abtretungen von Steuerguthaben auf Fälle von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beschränkt. Das sollte zur Folge haben, dass in den nächsten Wochen Abtretungen von Steuerguthaben an Banken wieder möglich werden.

4. Fassadenbonus und Unternehmen

Für die Steuerperiode 2022 steht der Fassadenbonus noch im verminderten Ausmaß von 60% zu. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass bei Unternehmen das Kompetenzprinzip gilt, sprich, der Steuerbonus steht Unternehmen für die im Jahr 2022 ausgeführten und übergebenen Arbeiten zu, während für Privatpersonen das strikte Kassaprinzip gilt, sprich, es muss heuer gezahlt werden, auch wenn die Arbeiten u. U. erst im nächsten Jahr abgeschlossen werden, und nur die bezahlten Rechnungen berechtigen zur Inanspruchnahme der Begünstigung.

Für weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Josef Vieider