Am gestrigen Freitag ist das Landesgesetz Nr. 4 vom 8. Mai 2020 in Kraft getreten. Es schreibt den Südtiroler Sonderweg in der Phase II in der Coronakrise fest. Im Wesentlichen werden die Fristen für die Wiedereröffnung im Vergleich zu den staatlichen Plänen um rund 1 Woche vorweggenommen.
Insbesondere ist Südtirol ab sofort die Bewegungsfreiheit innerhalb der Provinz wieder hergestellt, und es braucht keinerlei Selbsterklärungen mehr, um das Haus zu verlassen oder den Arbeitsplatz zu erreichen.
Die wesentlichen Fristen für die Wirtschaft sind in Art. 1, Absätze 13) bis 19), enthalten:
- Ab Inkrafttreten des Gesetzes (8. Mai 2020) sind alle Einzelhandelstätigkeiten wieder zugelassen.
- Ab Montag, den 11. Mai 2020, dürfen auch die Tätigkeiten an der Person (i. W. Schönheitspfleger und Friseure) wieder ausgeübt werden.
- Ebenfalls ab Montag, den 11. Mai 2020, dürfen die Tätigkeiten der Gastronomie sowie zur Verabreichung von Speisen und zum Ausschank von Getränken (i. W. Bars und Restaurants) wieder aufgenommen werden.
- Ab Montag, den 11. Mai 2020, dürfen auch Museen, Bibliotheken und Jugendzentren wieder öffnen.
- Ab 25. Mai 2020 schließlich dürfen touristische Beherbergungsbetriebe (Hotels) wieder öffnen, und auch touristische Seilbahnanlagen wieder ihren Betrieb aufnehmen.
- Bestätigt wird schließlich, dass alle Produktionstätigkeiten der Industrie und des Handels wieder zulässig sind; diese Erleichterung gilt allerdings bereits seit dem 4. Mai 2020.
Die Wiederaufnahme der Tätigkeit ist bekanntlich nur unter Einhaltung strengster Sicherheitsvorkehrungen zulässig. Die Details sind in Anlage A zu L.G. Nr. 4/2020 geregelt (Mindestabstand in Bars und Restaurants, Kunden pro Fläche beim Einzelhandel usw.), auf welche wir hier verweisen. Weitere Einschränkungen sind in mehreren Einvernehmensprotokollen der Sozialpartner enthalten, die ebenfalls dem genannten Gesetz beiliegen.
Wir können an dieser Stelle nur empfehlen, diese Vorschriften peinlichst zu beachten. Insbesondere das INAIL hat nämlich vor wenigen Tagen klargestellt, dass Ansteckungen der Mitarbeiter am Arbeitsplatz als Arbeitsunfälle klassifiziert werden. Für den Arbeitgeber bedeutet dies, dass das Institut i. d. R. immer dann, wenn ein strafrechtlich relevanter Tatbestand vorliegt, von seinem Regressrecht Gebrauch machen wird. Erschwerend kommt hinzu, dass die Regierung bei der Kritik des Südtiroler Sonderweges nicht müde wird, darauf zu verweisen, dass die für die Phase II notwendigen Einvernehmensprotokolle der Sozialpartner noch nicht oder noch nicht in der geeigneten Form vorliegen würden und es somit theoretisch nicht gar möglich wäre, den notwendigen Sicherheitsbestimmungen gerecht zu werden; der Wink mit dem Zaunpfahl dürfte allerdings nur jene Bereiche betreffen, wo Südtirol tatsächlich früher öffnet als das restliche Italien.
Unsere Empfehlung: Prüfen Sie mit ihrem Versicherungsagenten oder -broker umgehende ihre Haftpflichtversicherungspolizzen (RCT/O – responsabilità civile verso terzi e operai) und stellen Sie sicher, dass Sie ggf. vor Regressansprüchen des INAIL bei „Arbeitsunfällen“ der Mitarbeiter oder Dritter im Zusammenhang mit einer Ansteckung am Arbeitsplatz durch Covid-19 versichert sind!