Stabilitätsgesetz für 2017 – Neuerungen für Unternehmen und Freiberufler
Im Amtsblatt vom 21. Dezember 2016 Nr. 297 ist das Finanzgesetz für 2017 (G. 232 vom 11. Dezember 2016) veröffentlicht worden. Es ist mit 1. Jänner 2017 in Kraft getreten. Um eine Verabschiedung des Gesetzeswerkes fristgerecht zu ermöglichen, wurden auch heuer wieder zahlreiche Normen ungegliedert in wenige Artikel (insgesamt 19) zusammengepresst, wovon allerdings die wesentlichen Bestimmungen im ersten Artikel mit 638 Absätzen enthalten sind, dies mit entsprechenden Auswirkungen auf die Lesbarkeit. Inhaltlich werden aber die wesent-lichen Neuerungen, wie sie im letzten Oktober angekündigt worden sind (siehe auch unser Rundschreiben Nr. 39/2016) umgesetzt, vielleicht auch weil wegen der Regierungskrise keine Zeit für tiefgreifende Diskussionen und Änderungen war. Was die Neuerungen bei der Unter-nehmensbesteuerung betrifft, so muss vorbehaltslos anerkannt werden, dass das vorliegende Ge-setzeswerk starke Investitionsanreize enthält, und zwar einmal durch Sonder- und Hyperab-schreibungen sowie Steuergutschriften bei den Unternehmen selbst, und ferner durch Erleichte-rungen bei der Finanzierung z. B. über sog. individuelle Sparpläne (PRI) und das Crowdfunding. Insgesamt stehen den Unternehmen mit dem neuen Jahr große Umwälzungen bevor, weil nicht nur die Änderungen des Haushaltsgesetzes wirksam werden, sondern auch jene des sog. Begleit-gesetzes (GV 193/2016, umgewandelt mit Gesetz Nr. 225/2016), worüber wir Sie mit Rund-schreiben Nr. 46/2016 informiert haben, und zudem die Neuerungen bei der Bilanzierung (sie-he hierzu unser Rundschreiben Nr. 41/2016). Nachstehend die wichtigsten Neuerungen für die Besteuerung von Unternehmen und Freiberuflern, wie sie zum 1. Jänner 2017 durch das Stabi-litätsgesetz 2017 verfügt werden:
Hebesatz IRES (Abs. 61 und 65 Stabilitäts-gesetz 2016)
Hebesatz IRES 24%: Die gute Nachricht vorweg, wenngleich sie noch auf das Stabilitätsgesetz für 2016 zurückzuführen ist: Ab 1. Jänner 2017 wird der IRES-Hebesatz von 27,5% auf 24% gesenkt. Für Gewinne des Vorjahres ist zwar noch der höhere Hebesatz geschuldet, für latente Steuern muss aber auf jeden Fall der verminderte Satz berücksichtigt werden.
Außer-buchhalte-rische Ab-schreibung von 140% wird ver-längert (Abs. 8) Sonderabschreibung 140%: Die mit dem Haushaltsgesetz für 2016 (G. 208/2015) für Investitionen in neue Anlagegüter mit einem steuerlichen Abschreibungssatz von nicht weniger als 6,5% eingeführte Sonderabschreibung von 140% wird um ein weiteres Jahr, also für Investitionen in der Zeit vom 1. Jänner 2017 bis zum 31. Dezember 2017, verlängert. Damit aber nicht genug: Um bereits jetzt einem Inves-titionsstau bei Auslaufen der Begünstigung zum Jahresende 2017 vorzubeugen, wird verfügt, dass die Sonderabschreibung auch noch für Anschaffungen bis zum 30. Juni 2018 geltend gemacht werden kann, wenn innerhalb 31. Dezember 2017 der Beschaffungsauftrag erteilt und eine Anzahlung von zumindest 20% der An-schaffungskosten geleistet werden. Die Sonderabschreibung von 140% kommt wie im Vorjahr Unternehmen und Freiberuflern zugute.
Die Sonderabschreibung gilt nur für die Einkommensteuern IRPEF und IRES, nicht hingegen für die IRAP. Es handelt sich im Wesentlichen um eine außer-buchhalterische Erhöhung des steuerlichen Wertansatzes: In der Steuererklärung wird die Abschreibung in der Mehr-Weniger-Rechnung um 40% erhöht.
Investitionen in Liegenschaften bleiben von der Begünstigung weiterhin ausge-schlossen, und zwar auch dann, wenn im Extremfall der Abschreibungssatz über 6,5% liegen sollte. Für 2017 gilt eine zusätzliche Einschränkung für Pkws: Die Sonderabschreibung gilt hier nur mehr für die betriebsnotwendigen Pkws, also oh-ne welche die betriebliche Tätigkeit nicht ausgeübt werden kann; sie kommt i. W. also nur mehr Fahrschulen, Taxiunternehmen oder Autoverleihern zugute. Im Un-terschied zu den Anschaffungen des Vorjahres sind also Pkws, welche Mitarbei-tern zur gemischten Nutzung überlassen werden, seit 1. Jänner 2017 von der Er-leichterung ausgeschlossen.
Steuervo-rauszah-lungen in 2017 Einen erheblichen Mehraufwand wird die nachfolgende Bestimmung verursachen: Die Steuervorauszahlungen für IRPEF und IRES im Jahr 2017 müssen derart be-rechnet werden, als hätte es keine Sonderabschreibung (140%) im Jahr 2016 gege-ben.
Hyperab-schreibung von 250% für Investi-tionen in Industrie 4.0
(Abs. 9-11) Hyperabschreibung 250%: Investitionen in die technologische und digitale Inno-vation (Stichwort „Industrie 4.0“) zwischen dem 1. Jänner 2017 und dem 31. De-zember 2017 können für Steuerzwecke im Ausmaß von 250% abgeschrieben wer-den; die figurativen Abschreibungen in der Steuererklärung werden also nicht nur um 40%, sondern um 150% (!) erhöht. Von der Methodik her funktioniert sie gleich wie die Sonderabschreibung (Abzug in Steuererklärung), und auch sie gilt nur für die IRPEF bzw. die IRES, nicht aber für die IRAP. Im Unterschied zur Sonderabschreibung von 40% gilt sie aber nur für Unternehmer und nicht auch für Freiberufler! Natürlich muss es sich auch hier um neue Güter handeln.
Was die zeitliche Zuordnung anbelangt, so wird – ebenfalls wie bei der Sonderab-schreibung von 40% – im Sinne von Art. 109 EESt auf die Übergabe der Güter im Jahr 2017 abgestellt. Nicht notwendig ist, dass die Güter auch tatsächlich im Jahr 2017 in Betrieb gehen.
Zu prüfen ist, ob umgekehrt Güter, die bereits 2016 erworben worden sind, die aber erst 2017 in Betrieb gehen und die Voraussetzungen für die neue Hyperab-schreibung erfüllen, noch begünstigt sind. Obwohl im Gesetz nicht eindeutig ge-regelt, spricht sich zumindest der Unternehmerverband Confindustria in einer ers-ten Analyse dafür aus, dass die Erleichterung auch in diesem Fall zusteht.
Auch für die Hyperabschreibung gilt, dass die Begünstigung ebenfalls bis zum 30.06.2018 verlängert wird, wenn innerhalb 31.12.2017 ein Auftrag erteilt und zumindest 20% der Anschaffungskosten angezahlt werden.
Was unter die technologische und digitale Innovation „Industrie 4.0“ fällt, ist in einer eigenen Tabelle als Anhang zum Haushaltsgesetz geregelt. Wir legen die Ta-belle diesem Rundschreiben nochmals bei. Begünstigt sind rund 50 Produktgat-tungen, die auf drei Bereiche aufgeteilt sind:
1. Automatisierte Werkzeugmaschinen und Anlagen (darunter CNC-Maschinen, Industrieroboter, automatisierte Lager und Verpackungsmaschinen, automatische Filteranlagen),
2. Systeme für die Qualitätssicherung und die Umweltverträglichkeit,
3. Geräte für die Verbesserung der Ergonomie und der Sicherheit auf dem Arbeits-platz.
Daneben werden im Zuge der Reform auch die Software und Plattformen für die vorgenannten technologischen Investitionen, für die Automatisierung und Steue-rung der Produktionsprozesse, das Produktmanagement und -monitoring sowie diesbezügliche Datenbanken gefördert. Für diese Investitionen kommt zwar nicht die Hyperabschreibung zur Anwendung, sie kommen ab 2017 aber in den Genuss der Sonderabschreibung von 40%.
Wir legen die Liste der begünstigten Güter bei, wobei die 3 Gruppen von Sachan-lagen in der Gruppe A (Sonderabschreibung 150%) und die immateriellen Anla-gen in der Gruppe B (Sonderabschreibung 40%) enthalten sind.
Zwecks Klassifikation der begünstigten Güter sollen Eigenerklärungen der gesetz-lichen Vertreter vorgesehen werden; bei Investitionen über 500.000 Euro wird zudem die beeidete Schätzung eines Sachverständigen verlangt.
Hinweis: Obwohl im Gesetz nicht ausdrücklich geklärt, darf davon ausgegangen werden, dass die Begünstigung auch im Falle von Leasingfinanzierungen und Bau in Eigenregie (mittels Werkvertrag) greift (in diesem Sinne zumindest die Ausle-gung von Confindustria).
Steuergut-schrift F&E (Abs. 15-16) Erhöhung der Steuergutschriften für F&E: Die Steuergutschrift für Investitionen in die Forschung und Entwicklung wird verlängert und in ihrem Anwendungsbe-reich erheblich erweitert:
- Zunächst wird die Erleichterung bereits heute um ein Jahr bis Ende 2020 (statt 2019) verlängert.
- Sodann wird die Steuergutschrift ab 2017 allgemein mit 50% der Mehrausgaben im Vergleich zu den vorhergehenden drei Jahren festgelegt. Bislang standen nur für die Aufwendungen für spezialisiertes Fachpersonal 50% zu, während für das restliche im Bereich F&E beschäftigte Personal und für Investitionen in Sachanla-gen nur eine Gutschrift in Höhe von 25% der Mehrausgaben zuerkannt wurde. Diese Anhebung ist durchwegs zu begrüßen, insbesondere weil dadurch die schwerfällige Unterscheidung in spezialisierte und weniger spezialisierte Mitarbei-ter wegfällt.
- Der Berechnungsmodus der Gutschrift ist – in Anlehnung an die früheren Tre-monti-Förderungen – ist unverändert geblieben: Die Ausgaben für F&E im Jahr müssen zumindest 30.000 Euro betragen, die Gutschrift von nunmehr 50% wird auf die Steigerung im Vergleich zu den durchschnittlichen Ausgaben im vorherge-henden Triennium zuerkannt.
- Für die Berechnung der Gutschrift werden nun Kosten bis zu maximal 20 Mio. Euro zugelassen (bislang 5 Mio. Euro).
- In den Genuss der Förderung kommen nun auch Unternehmen und Betriebsstät-ten, die in Italien Auftragsforschung für ausländische Unternehmen betreiben.
Die aufgezeigten Neuerungen gelten für das nach dem 31. Dezember 2016 begin-nende Geschäftsjahr.
Gesetzlich geklärt wird nun auch, dass die Gutschrift bereits ab dem Folgejahr für Verrechnungen genutzt werden darf, und nicht erst ab dem 2. Folgejahr. Hierbei handelt es sich aber nur um eine Korrektur, denn die Nutzung ab dem Folgejahr war bereits in einer Verordnung vom 27. Mai 2015 verfügt worden. Die Klarstel-lung kommt also auch bereits für die Gutschriften des Jahres 2016 zur Anwen-dung.
Investitio-nen in Start-up-Unterneh-men (Abs. 66-69) Förderung der Investitionen in Start-up-Unternehmen: Und wir bleiben bei der Innovationsförderung: Für Investitionen in innovative Start-up-Unternehmen wird ab 2017 ein Steuerabsetzbetrag bzw. Steuerabzug von 30% sowohl für Zwecke der IRPEF (bisher hier nur 19%) als auch für Zwecke der IRES (anstatt wie bis-her 20%) zuerkannt. Zusätzlich wird bei natürlichen Personen die Obergrenze für anerkannte Investitionen von bisher 500.000 Euro auf eine Million Euro im Jahr verdoppelt; bei IRES-Subjekten bleibt die Obergrenze unverändert bei 1,8 Mio. Euro. Im Gegenzug wird allerdings die Haltefrist der Beteiligung bei beiden auf 3 Jahre erhöht.
Die dargestellte Begünstigung wird übrigens als dauerhafte Regelung eingeführt.
Zudem wurden einige Verfahren bei der Gründung dieser Gesellschaften geklärt.
Hinweis: Die dauerhafte Festschreibung von Steuerabzügen für Investitionen in Start-up-Unternehmen im Einkommensteuerrecht ist zweifelsohne ein wesentlicher Beitrag zur Innovationsförderung; sollten Sie hierzu und zu den betroffenen Start-up-Unternehmen nähere Unterlagen oder Informationen benötigen, setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung.
Equity Crowdfun-ding (Abs. 70) Finanzierung über Equity-Crowdfunding: Und zum Thema Innovation und Risi-kokapital passt auch die nächste Neuerung im vorliegenden Haushaltsgesetz: End-lich wird nämlich auch in Italien das Equity-Crowdfunding KMU-Unternehmen allgemein zugänglich gemacht.
Bekanntlich wird mit dem sog. Crowdfunding bei einer breiten Öffentlichkeit um die finanzielle Unterstützung einer Idee bzw. eines Projektes ersucht wird. Abge-sehen von den innovativen Start-up-Unternehmen mit einer recht engen Definition mussten sich Unternehmer in Italien aber bislang auf das sog. “reward-Crowdfunding“ beschränken, bei welchem dem Investor ggf. die bevorzugte Lie-ferung eines zu entwickelnden Produktes oder eine ideelle Anerkennung in Aus-sicht gestellt wurden. Umgekehrt war es nicht zulässig, dem breiten Investoren-publikum eine Beteiligung am Gewinn oder am Kapital des Unternehmens anzu-bieten (sog. „Equity- Crowdfunding). Durch eine Änderung im Stabilitätsgesetz für 2017 wird nun allen KMU-Unternehmen grundsätzlich der Zugang zu diesem Equity-Crowdfunding“ ermöglicht.
Überlegung: Durch die Regelung im Haushaltsgesetz würde der Zugang zum Ri-sikokapitalmarkt für mittelständische Unternehmen erheblich erleichtert; bleibt nur zu hoffen, dass nicht im letzten Moment neue Hürden auftreten, weil offensicht-lich durch die Reform nicht alle handelsrechtlichen Bestimmungen angepasst worden sind.
Steuerbe-freiung der Erträge aus indivi-duellen Sparplänen (Abs. 100-114) Individuelle Sparpläne Privater zur Förderung der lokalen Wirtschaft: Das Haus-haltsgesetz enthält noch ein weiteres interessantes Instrument zur Refinanzierung außerhalb des Bankensystems, nämlich die Finanzierung von Unternehmen über sog. individuelle Sparpläne der Privaten. Der Clou: Den privaten Investoren wird innerhalb gewisser Grenzen die Steuerbefreiung ihrer Finanzerträge und sonstigen Erträge aus diesen Investitionen zugesichert. Konkret wird durch das vorliegende Finanzgesetz verfügt, dass mit Wirkung 1. Jänner 2017 Kapitalerträge und sonsti-ge Einkünfte natürlicher Personen, soweit sie nicht im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit erzielt werden, steuerfrei sind, wenn sie aus sog. individuellen Sparplä-nen (sog. „PRI“) herrühren. Im Detail können natürliche Personen jährlich bis zu 30.000 Euro mit einer Obergrenze von 150.000 Euro in solche Sparpläne investie-ren, deren Mittel italienischen Unternehmen oder auch Unternehmen in EWS-Raum (mit Informationsaustausch) überlassen werden, wobei eine Kapitalbindung von zumindest 5 Jahren verlangt wird. Die Sparpläne können über zugelassene Finanzvermittler (Banken und Versicherungen) abgeschlossen werden. Offensicht-lich um das Risiko der Investoren breit zu streuen, wird verfügt, dass maximal 10% der Anlagen dem gleichen Unternehmen (bzw. der gleichen Unternehmens-gruppe) überlassen werden dürfen.
Hinweis: Soweit das Instrument mit der notwendigen Sorgfalt angewandt wird, könnte es eine einmalige Gelegenheit bieten, private Ersparnisse in lokale Unter-nehmen zu investieren.
Sabatini-ter (Abs. 52-57) Neuauflage „Legge Sabatini“: Die Investitionsförderung für die KMU-Unternehmen laut Gesetz „Sabatini-Ter“ wird bis Ende 2018 verlängert. Konkret werden für bestimmte Investitionen in Maschinen mit Kosten zwischen 20.000 Euro und 2 Mio. Euro für eine Dauer von maximal 5 Jahren Zinszuschüsse in Hö-he von 2,75% gewährt. Soweit es sich um innovative Investitionen handelt, wer-den diese Zuschüsse sogar auf 3,575% erhöht. Die entsprechenden Anträge kön-nen bereits seit 2. Jänner 2017 eingereicht werden. Für weitere Details verweisen wir u. a. auf unser Rundschreiben Nr. 50/2016.
Neue Steuer auf Unternehmensgewinne (IRI) in Höhe von 24%: Seit Jahren wird in Italien über die Einführung einer rechtsformneutralen Unternehmensbesteu-erung diskutiert. Mit dem vorliegenden Haushaltsgesetz ist man diesem Ziel ein gutes Stück näher gekommen:
IRI (Abs. 547-548) - Einzelunternehmer,
- offene Handelsgesellschaften und
- einfache Kommanditgesellschaften sowie
- GmbHs, die für die Transparenzbesteuerung im Sinne von Art. 116 EESt (Be-steuerung bei den natürlichen Personen) optiert haben,
können ab dem Geschäftsjahr 2017 dafür optieren, thesaurierte (also nicht ent-nommene) Gewinne einer proportionalen Einkommensteuer für Unternehmen (sog. „IRI“) mit einem Steuersatz von 24%, wie er für die IRES bei den Kapitalgesell-schaften gilt, zu unterwerfen
Hinweis: Durch die Reform wird i. W. eine einheitliche Unternehmensbesteuerung eingeführt, die unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens (Einzelunter-nehmen, Personen- oder Kapitalgesellschaft) ist.
Für den Zugang zur neuen Besteuerungsform gibt es keine Schwellen hinsichtlich Umsatz oder Kapital. Verlangt wird allerdings, dass das Unternehmen die ordent-liche Buchhaltung führt. Im Umkehrschluss: Unternehmen, die ab 1. Jänner 2017 die Ist-Besteuerung anwenden, sind vom System ausgeschlossen.
Die Option selbst ist erst im Nachhinein zu treffen. Wer also für 2017 die neue Besteuerungsform in Anspruch nehmen will, muss sich erst bis Ende September 2018 entscheiden. Einmal getroffen, ist die Option dann allerdings für zumindest 5 Jahre bindend.
Die neue Besteuerungsform funktioniert derart,
- dass die natürlichen Personen nur mehr die tatsächlich entnommenen Gewinne der progressiven Einkommensteuer IRPEF (mit Steuersätzen zwischen 23% und 43%) unterwerfen müssen.
- Im Unternehmen hingegen wird die neue IRI von 24% auf den jährlich erzielten steuerpflichtigen Unternehmensgewinn, ermittelt nach der traditionellen Mehr-Weniger-Rechnung, berechnet, allerdings nach Abzug der etwaigen Gewinnent-nahmen durch Einzelunternehmer oder Gesellschafter.
Eine Doppelbesteuerung wird also einfach dadurch vermieden, dass die ausge-schütteten Gewinne beim Unternehmen selbst von der IRI-Grundlage abgezogen und nur beim Unternehmer oder Gesellschafter der persönlichen progressiven Ein-kommensteuer IRPEF unterworfen werden. Soweit die ausgeschütteten Unter-nehmensgewinne höher sind als der erwirtschaftete Gewinn, wird diese Differenz für Zwecke der IRI als Verlust qualifiziert, der zur Gänze auf die fünf Folgejahre vorgetragen werden kann; dabei gilt die traditionelle Begrenzung der Verlustver-rechnung von 80% des Gewinns nicht; allerdings lebt die zeitlicher Begrenzung von 5 Jahren wieder auf. Bei einer Rückkehr zur normalen Besteuerung müssen die mit der IRI besteuerten Rücklagen der Einkommensteuer IRPEF unterworfen werden. Dies erfolgt aber schrittweise erst dann, wenn diese Rücklagen ausge-schüttet werden.
Hinweis: Bei der Rücklagenausschüttung gilt die Vermutung, wonach zuerst die früheren, bereits besteuerten Rücklagen als verwendet gelten. Entnahmen von Gewinnen, die vor Durchführung der Option erzielt worden sind, bleiben beim Steuerpflichtigen also irrelevant; entsprechend wird es notwendig sein, die bis Ende 2016 angereiften Gewinnrücklagen im Jahresabschluss klar zu kennzeichnen, denn nur sie dürften im Falle einer Option für die IRI in Zukunft steuerneutral be-hoben werden. Und zukünftige Entnahmen (z. B. auch indirekt für „private“ Zah-lungen für Unternehmer und Gesellschafter) sind klar zu verbuchen und zu bele-gen.
Bewertung: Die vorliegende Reform ist grundsätzlich zu begrüßen! Ob die Option aber im Einzelfall auch sinnvoll ist, wird man mit großer Sorgfalt abwägen müs-sen. So kann die bisherige Transparenzbesteuerung für Gesellschafter mit hohen privaten Sonderausgaben oder Steuerabsetzbeträgen (z. B. aus der energetischen Sanierung) durchaus von Vorteil sein. Außerdem wären z. B. Gewinne, die durch die neuen Sonder- und Hyperabschreibungen steuerfrei sind, im Falle einer Option für die IRI bei den natürlichen Personen im Entnahmefall voll zu besteuern.
Wieweit es notwendig oder zweckmäßig ist, im Zusammenhang mit der Option für die IRI auch die Satzungen der Personengesellschaften zu ändern oder die Entnahmen durch zusätzliche Nebenvereinbarungen zu regeln und zu dokumentie-ren, um die Ausschüttungen transparenter zu regeln, werden die Diskussionen in den nächsten Monaten zeigen.
Keine Auswirkungen hat die Option übrigens für die Beiträge an die Handwerks- und Kaufleuteversicherung. Für Zwecke dieser Prämien wird auch bei Option für die IRI eine transparente Besteuerung nach bisherigem Muster unterstellt.
Die IRI gilt übrigens, wie der Name schon sagt, nicht für Freiberufler und Freibe-ruflervereinigungen!
Ist-Besteue-rung für Kleinun-ternehmen (Abs. 17-23) Kassaprinzip für Kleinunternehmen mit vereinfachter Buchhaltung: Durch eine Änderung in Art. 66 EESt wird vorgesehen, dass Kleinunternehmen, die zur Füh-rung der vereinfachten Buchhaltung zugelassen sind, ab dem Jahr 2017 ihren Ge-winn nach dem Kassaprinzip zu ermitteln haben, außer sie optieren für die or-dentliche Buchhaltung. Von der Neuerung betroffen sind Dienstleistungsunter-nehmen mit Umsätzen bis zu 400.000 Euro und andere Unternehmen mit Umsätzen bis zu 700.000 Euro, welche in der Form von Einzelunternehmen, Familienunternehmen oder Personengesellschaften geführt werden. Die Rege-lung gilt sowohl für die IRPEF, als auch für die IRAP.
Eigentlich handelt es sich um eine Mischform zwischen Kassa- und Kompetenz-prinzip, denn bei genauer Analyse gilt:
- Erlöse, Dividenden und Zinsen und die entsprechenden Aufwendungen sind nach dem Kassaprinzip zu berücksichtigen, während zumindest nach dem Wort-laut des Gesetzes die nachstehenden Positionen weiterhin nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Zuordnung eingerechnet werden:
- Zuschreibungen für Eigenverbrauch des Unternehmers bzw. seiner Familienan-gehörigen;
- Einkünfte aus Immobilien (Art. 90 Abs. 1 EESt);
- Veräußerungsgewinne (Art. 86 EESt) und
- außerordentliche Erträge (Art. 88 EESt).
- Veräußerungsverluste und außerordentliche Aufwendungen werden nach dem Kompetenzprinzip in Abzug gebracht.
- Nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Zuordnung berücksichtigt werden zu-dem Abschreibungen, Forderungsverluste und Rückstellungen (vor allem für die Abfertigung der Lohnabhängigen) sowie (zumindest nach dem derzeitigen Geset-zestext) auch die Personalkosten.
- Anfangs- und Endbestände werden nicht mehr berücksichtigt, abgesehen vom ersten Jahr des Übergangs auf das neue System; da kann der Anfangsbestand noch abgezogen werden, wurde er doch im Vorjahr erfolgswirksam erfasst. Eben-so wird verfügt, dass Erlöse und Aufwendungen, die in Vorperioden bereits nach dem Kompetenzprinzip erfasst worden sind, nicht bei Inkasso oder Zahlung nochmals zu berücksichtigen sind.
Ungeklärt ist, was passiert, wenn sich durch die Bereinigung des Gewinns für 2017 um die Endbestände von 2016 ein Verlust ergibt. Dieser ist nach der derzei-tigen Rechtslage bei der Ist-Besteuerung nicht vortragbar und könnte damit zu ar-gen Verzerrungen führen.
Was die vereinfachte Buchhaltung an sich anbelangt, so sieht das Stabilitätsge-setz für 2017 zusätzliche Aufzeichnungsverpflichtungen vor, weil – im Unter-schied zu früher – durch das Kassaprinzip ja auch die Zahlungen und Inkassos buchhalterisch erfasst werden müssen. Was den Aufwand für die Buchhaltung anbelangt, besteht zur ordentlichen Buchhaltung also kein großer Unterschied mehr.
Details zum neuen Abrechnungssystem müssen noch über eine Durchführungsbe-stimmung erlassen werden. Wir werden zu gegebener Zeit näher informieren. Be-reits heute kann aber festgestellt werden:
Der Übergang auf die Ist-Besteuerung ist sehr gut zu überlegen und sicher immer dann absolut nicht zu empfehlen, wenn die Zahlungen in unregelmäßigen Abstän-den erfolgen. Interessant kann sie z. B. für eine kleine Bar oder für einen Friseur-salon mit konstanten Einnahmen sein. Bereits für einen mittleren Handwerker, der u. U. bei einem größeren Auftrag in einem Jahr keine Einnahmen hat, weil die Zahlung etwas verzögert erfolgt, kann das System zu groben Verwerfungen füh-ren. Hinweis: Kleinunternehmen, die aufgrund der aufgezeigten Umsatzschwellen in die vereinfachte Buchhaltung fallen, vermeiden die Ist-Besteuerung nur dadurch, dass sie für die ordentliche Buchhaltung optieren. Wer die Ist-Besteuerung anwendet, ist zudem von der neuen proportionalen IRI von 24% ausgeschlossen.
Obergren-ze Pkws (Abs. 37) Pkw-Langzeitmiete der Handelsagenten: Die Obergrenze für Mietausgaben bei Langzeitmieten für Pkws wird bei Handelsagenten auf 5.164,57 Euro im Jahr an-gehoben. Die Schwelle für die anerkannten Anschaffungskosten von Pkws beträgt bei Handelsagenten weiterhin 25.822,84 Euro. Zur Erinnerung: Handelsagenten dürfen 80% der anerkannten Anschaffungskosten und der Betriebsausgaben für Pkws steuerlich geltend machen. Für alle anderen Unternehmen hingegen gilt un-verändert die Schwelle von 18.075,99 Euro bei den Anschaffungskosten und von 3.615,20 Euro/Jahr bei den Langzeitmieten.
Verminde-rung Ei-genkapital-förderung ACE (Abs. 550-553) Vorteile bei ACE werden reduziert: Die figurative Verzinsung des Eigenkapitals (Stichwort ACE) wird ab 2017 auf 2,3% reduziert. Ab 2018 soll sie wieder auf 2,7% angehoben werden. Für das abgelaufene Geschäftsjahr 2016 bleibt allerdings noch der bisherige Koeffizient von 4,75% aufrecht. Parallel werden neue Maß-nahmen zur Vermeidung des Missbrauchs eingeführt.
Viel gravierender dürften aber die Auswirkungen einer Neuerung zu Lasten der Personengesellschaften und Einzelunternehmen sein: Bei diesen kann die ACE nun ebenfalls nur mehr auf den Reinvermögenszuwachs, und nicht auf das absolu-te Reinvermögen, berechnet werden. Und diese Neuerung gilt rückwirkend bereits für die Steuerperiode 2016, so dass Personengesellschaften und Einzelunterneh-men mit einem hohen Eigenkapital mit einer erheblichen Mehrbelastung rechnen müssen.
Verlustvor-träge (Abs. 549) Verlustvortrag bei Zinsschranke und ACE: Die eingeschränkte Verrechnung von Verlustvorträgen im Ausmaß von 80% des jeweiligen Steuergewinns gilt ab 2017 auch für die vorgetragenen nicht absetzbaren Zinsen (Zinsschranken) und die vor-getragene ACE.
Wiederge-winnungs-arbeiten der Beher-bergungs-betriebe
(Abs. 4-7) Steuergutschrift von 65% für Beherbergungsbetriebe: Beherbergungsbetrieben wird in den Jahren 2017 und 2018 für Wiedergewinnungsarbeiten, für den Abbau architektonischer Barrieren und für den Erwerb von Einrichtungsgegenständen ei-ne Steuergutschrift im Ausmaß von 65% (bislang waren es 30%) der Kosten zu-erkannt, und die Erleichterung wird nun auch auf den Agrotourismus (Urlaub auf dem Bauernhof) ausgedehnt werden. Der Höchstbetrag der Steuergutschrift bleibt mit 200.000 Euro unverändert. Die Gutschrift selbst kann in den zwei Folgejahren nach erfolgter Investition über den Vordruck F24 verrechnet werden. In der Pra-xis ist diese Förderung an die sekundengenaue Abgabe eines Beitragsgesuchs („Click day“) gebunden und auch angesichts der bereitgestellten Finanzmittel eher ein Lotteriespiel.
Wir haben Sie bereits mit unserem Rundschreiben Nr. 3/2016 über diese Neuerung informiert und insbesondere über die Inanspruchnahme der Erleichterung für In-vestitionen des Jahres 2016. Für Details verweisen wir auf das vorgenannte Rund-schreiben.
Pensions-fonds (Abs. 99) Pensionsfonds: Seit 1. Jänner 2017 unterliegen Urkunden zur Gründung, Um-wandlung, Spaltung oder Zusammenlegung von Pensionsfonds der Register-, Hy-pothekar- und Katastersteuer von jeweils 200 Euro.
Verlustab-tretungen (Abs. 76-80) Verlustabtretungen in der Gruppe: Für neu gegründete Unternehmen, an denen mittelbar oder unmittelbar börsennotierte (auch vorbörslicher Handel) Unterneh-men mit zumindest 20% beteiligt sind, wird die Möglichkeit vorgesehen, die Steu-erverluste der ersten drei Geschäftsjahre abzutreten, und zwar nach den allgemei-nen Grundsätzen der Abtretung von Steuerguthaben. Die Voraussetzungen sind auch bei indirekter Beteiligung eines in einem anderen EU-Land oder Staat des EWR-Raums börsennotierten Unternehmens gegeben. Übrigens: Eine nur teilwei-se Abtretung des Steuerverlustes ist nicht zugelassen. Hinweis: Durch die Bin-dung an die Börsennotierung ist der Anwendungsbereich dieser Erleichterung arg eingeschränkt.
Zuweisung oder Ver-kauf von Betriebsgü-tern an Ge-sellschafter bzw. Um-wandlung in eine ein-fache Ge-sellschaft (Abs. 565-566) Fristverlängerung für Privatisierungen: Wie seit Monaten versprochen, wird mit dem Haushaltsgesetz für 2017 die Frist für den begünstigten Verkauf und die be-günstigte Zuweisung von Betriebsgütern an die Gesellschafter verlängert. Zur Er-innerung: Die Möglichkeit war im Finanzgesetz für 2016 vorgesehen, allerdings wurden erst wenige Tage vor der Fälligkeit am 30. September 2016 die notwendi-gen Anleitungen veröffentlicht, und deshalb auch jetzt die Neuauflage. Zuwei-sungen und Verkauf können zu gleichen Bedingungen wie im Vorjahr rückwir-kend ab 1. Oktober 2016 und bis 30. September 2017 erfolgen.
Begünstigt sind Liegenschaften und in öffentlichen Registern eingetragene be-wegliche Güter, also vor allem Fahrzeuge. Interessant ist die Begünstigung eigent-lich nur für Grundstücke und Gebäude. Begünstigt sind dabei Liegenschaften, die nicht ausschließlich betrieblich für die eigene Tätigkeit genutzt werden, darunter aber ausdrücklich auch jene, die von Bauunternehmen im Umlaufvermögen gehal-ten werden. Die Zuweisung bzw. der Verkauf können zum Katasterwert erfolgen, und der Veräußerungsgewinn unterliegt einer Ersatzsteuer von 8% (10,5% bei nicht operativen Gesellschaften). Die Ersatzsteuer ist zu 60% innerhalb 30. No-vember 2017 und für den Rest im Juni 2018 zu entrichten. Die bei der Übertra-gung anfallende Registersteuer wird um 50% reduziert.
Ebenso wird die mögliche Umwandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften in einfache Gesellschaften bis zum 30.09.2017 verlängert. Eine solche Umwand-lung, soweit nach den einschlägigen Bestimmungen möglich, hat den Vorteil, dass beim nachfolgenden Verkauf von Gebäuden die Spekulationsfrist von 5 Jahren nicht neu berechnet werden muss.
Hinweis: Für weitere Einzelheiten verweisen wir auf unser Rundschreiben Nr. 45/2016, zumal durch die Fristverlängerung keine wesentlichen Änderungen er-folgt sind.
Privatisie-rung von Betriebsgü-tern durch Einzelunter-nehmen (Abs. 565-566 Privatisierung in Einzelunternehmen: Gleichzeitig wurde auch die Möglichkeit der Privatisierungen von Betriebsgütern, die von Einzelunternehmen zum 31. Oktober 2016 gehalten wurden, verlängert, und zwar bis zum 31. Mai 2017. Notwendig ist, dass die Güter auch noch zum 31. Dezember 2016 im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens aufschienen.
Aufwer-tung von Betriebsgü-tern (Abs. 556-564) Aufwertung von Betriebsgütern in Unternehmen: Die Aufwertung von Betriebs-gütern in Unternehmen wird ebenso neu aufgelegt, allerdings i. W. nach den Best-immungen des Vorjahres, womit sie auch heuer nur in extremen Ausnahmefällen interessant sein dürfte. Im Detail können zum 31. Dezember 2016 in der Bilanz ausgewiesene Unternehmensgüter, die auch schon im Jahresabschluss des Vorjah-res (31.12.2015) aufschienen, gegen Zahlung einer Ersatzsteuer von 12% für nicht abschreibbare Güter und von 16% für abschreibbare Güter ausschließlich für Steu-erzwecke aufgewertet werden. Die steuerliche Wirkung dieser Aufwertung gilt al-lerdings für Zwecke der Abschreibungen verzögert erst ab 2019 und für Zwecke der Veräußerungsgewinne gar erst ab 2020. Die Freistellung der Aufwertungs-rücklagen kann weiterhin gegen Zahlung einer Ersatzsteuer von 10% erkauft wer-den. Die Maßnahme hat einmal den Makel der verzögerten Wirksamkeit; zudem ist zu beachten, dass in der Zwischenzeit die Regelbesteuerung mit 24% erheblich reduziert worden ist, womit keine wesentliche Ersparnis mehr gegeben ist.
Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen natürlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Vieider
Herunterladen R-05-09.01.2017 Stabilitaetsgestz 2017 - Unternehmen u. Freiberufler
Anlage: Aufstellungen zu Hyperabschreibung
Herunterladen R-05 Anlage Hyperabschreibung-