Steuergutschrift auf Investitionen – neues Rundschreiben der Agentur der Ein-nahmen

Die Agentur der Einnahmen hat mit Rundschreiben Nr. 9/E vom 23. Juli 2021 eine Reihe nützlicher Hinweise zur Steuergutschrift auf Neuinvestitionen gegeben. Die Klarstellungen erfolgen in Form eines Frage-Antwort-Spiels, das nicht immer einer systematischen Einordnung hilfreich ist.  Damit die neuen Anleitungen verständlich sind, hier vorerst nochmals die aktuelle Förderungslage, wie sie seit 16. November 2020 und voraussichtlich bis zum 31. Dezember 2022 (bei Vormerkung und Vorauszahlung von 20% innerhalb 31.12.22 bis zum 30. Juni 2023) gilt:

1. Überblick über die aktuellen Investitionsförderungen:

Zunächst also die geltenden Steuergutschriften für ordentliche Investitionen und solche im Bereich Industrie 4.0:

a) ordentliche Investitionen:

- Rückwirkend ab dem 16. November 2020 wird die frühere Steuergutschrift von 6% für Investitionen in Güter mit einem Afa-Satz ab 6,5% auf 10% erhöht. Für Sachanlagen und Software, die für die Organisation der Arbeit im Homeoffice dienen, wird der Bonus u. U. sogar auf 15% angehoben.

- Die maximal zugelassenen Investitionen für die Begünstigung betragen 2 Mio. Euro.

- Erstmals wird auch bei den „ordentlichen“ (außerhalb Industrie 4.0) Investitionen für immaterielle Güter eine Steuergutschrift zuerkannt, und zwar ebenfalls in Höhe von 10% und für Investitionen in Höhe von maximal 1 Mio. Euro.

- Für die ab 1. Jänner 2022 durchgeführten Investitionen soll dann wieder der alte Bonus von 6% gelten, aber unter Beibehaltung der neuen Investitionsobergrenzen für Sachanlagen und immaterielle Güter.

- Immobilien und Pkws bleiben von der Förderung ausgeschlossen und allgemein Güter mit einem Afa-Satz von weniger als 6,5%.

- Unabhängig von der Höhe der Umsatzerlöse dürfen für Investitionen in Sachanlagen im Jahr 2021 die zustehenden Steuergutschriften von 10% umgehend verrechnet werden; es ist also nicht die Aufteilung auf 3 bzw. 5 Steuerperioden notwendig.

b) Investitionen im Bereich Industrie 4.0:

Zur Erinnerung: Während die Steuergutschrift von 10% für Güter mit einem Afa-Satz ab 6,5% Unternehmen und Freiberuflern zusteht, gilt die Förderung für Investitionen im Bereich Industrie 4.0 nur für Unternehmen.

- Die Steuergutschrift für Investitionen im Bereich Industrie 4.0 wird ebenfalls ab dem 16. November 2020 von zuvor maximal 40% wie folgt angehoben:

- 50% für Investitionen bis zu 2,5 Mio. Euro;

- 30% für Investitionen zwischen 2,5 und 10 Mio. Euro;

- 10% für Investitionen zwischen 10 und 20 Mio. Euro;

- keine Gutschrift für den 20 Mio. Euro übersteigenden Teil.

- Die erhöhten Gutschriften gelten für Investitionen in der Zeit zwischen dem 16. November 2020 und dem 31. Dezember 2021 (bei Vormerkung und Anzahlung von zumindest 20% innerhalb 31. Dezember 2021 auch bis zum 30. Juni 2022). Ansonsten sollen für 2022 (bzw. im 1. Semester 2023) wieder die Fördersätze des Vorjahres gelten, allerdings mit den neuen Investitionsobergrenzen!

- Für die immateriellen Investitionen im Bereich Industrie 4.0 wird der Steuerbonus von 15% auf 20% erhöht. Die Obergrenze für das entsprechende Investitionsvolumen wird von früher 700.000 auf eine Million Euro angehoben. Unter die hier begünstigten Investitionen fallen auch Ausgaben für das sog. cloud computing.

- Bleibt noch zu ergänzen, dass Investitionen in Liegenschaften und Pkws auch hier nicht begünstigt sind.

- Bei Investitionen im Bereich Industrie 4.0 mit Kosten über 300.000 Euro (je Gut) ist eine beeidete Schätzung eines Sachverständigen notwendig. Wird die genannte Investitionsschwelle nicht überschritten, reicht eine Erklärung des rechtlichen Vertreters über die Eigenschaften der Güter im Sinne der Bestimmungen im Bereich Industrie 4.0. Ursprünglich wäre auch eine Meldung an das Wirtschaftsministerium verlangt gewesen; die entsprechenden Durchführungsbestimmungen sind aber bis dato nicht erlassen worden.

- Achtung: Für diese Steuergutschrift im Bereich Industrie 4.0 gibt es auch 2021 – unabhängig von der Höhe der Umsatzerlöse - keine (!) sofortige Verrechnung; das Guthaben ist in drei gleichen Raten ab dem Jahr der Vernetzung im Vordruck F24 zu kompensieren.

c) gemeinsame Regelungen:

- Die Steuergutschriften stehen ab dem Jahr der Inbetriebnahme der Güter bzw. deren Anschluss an die EDV (bei Industrie 4.0) zu und nicht erst ab dem Folgejahr, wie dies für Investitionen vor dem 16. November 2020 der Fall war.

- Angesichts der u. U. hohen Steuerguthaben ist auch darauf zu verweisen, dass ihre Verwendung nicht den allgemeinen Verrechnungsbeschränkungen für den Vordruck F24 unterliegt, und die Guthaben dürfen, auch im Rahmen der Gruppenbesteuerung verschoben werden.

Vorsicht: Nachdem in der aktuellen Regelung zu den aufgezeigten Steuergutschriften – im Unterschied zu früher – kein explizites Verbot zur Abtretung der Steuerguthaben an Dritte (z. B. an Banken) enthalten ist, war man allgemein davon ausgegangen, dass jetzt eine solche Abtretung zulässig wäre. Bis dato fehlen aber die notwendigen Durchführungsbestimmungen, und zuletzt hat auch Eurostat eine „Verkauf“ der Steuerguthaben abgelehnt, so dass man sich hier keine Hoffnungen mehr machen sollte!

- Wichtig: Die im Rahmen dieser Investitionsförderungen zuerkannten Guthaben sind von der IRES und der IRAP befreit und haben auch keinen Einfluss auf die Absetzbarkeit von Gemeinkosten und Passivzinsen.

- Kumulierbarkeit mit anderen Förderungen: Die Steuerguthaben sind mit anderen Förderungen kumulierbar, wichtig ist nur, dass Steuerguthaben und Förderungen in Summe nicht die Investitionskosten selbst übersteigen.

- Unverändert aufrecht bleiben hingegen die bisherigen Missbrauchsbestimmungen: Die geförderten Gegenstände dürfen für zwei Jahre nicht veräußert werden.

2. Klarstellungen der Agentur der Einnahmen:

Mit dem eingangs genannten Rundschreiben hat die Agentur der Einnahmen mit reichlicher Verspätung endlich Klarstellungen zu den aufgezeigten Förderungen veröffentlicht:

a) Leasingfinanzierungen

Da mit Bezug auf die Förderungen Industrie 4.0 im Finanzgesetz für 2021 eine ausdrückliche Erwähnung des Leasings vergessen worden war, gab es in der Fachpresse vereinzelt Zweifel, ob die Leasingfinanzierung weiterhin begünstigt wäre. Dieser Zweifel wird nun endgültig ausgeräumt. Auch Leasingfinanzierungen sind zugelassen. Und weiter: Für die Berechnung der Gutschrift zählen ausschließlich die Anschaffungskosten des Leasinggebers. Der spätere, bei der Ablöse bezahlte Betrag ist nicht relevant. Für die mit dem Steuerbonus erworbenen Geräte und Maschinen besteht ebenfalls eine Überwachungsfrist von drei Jahren (das laufende und die beiden Folgejahre). Erst nach dieser Frist dürfen Güter oder Leasingvertrag abgetreten werden. Davon ausgenommen sind lediglich die Ersatzinvestitionen.

b) Gestehungskosten bis zu 516,46 Euro

Die Agentur bestätigt zudem, dass die obgenannten Steuergutschriften von 10% bzw. 50% auch für geringwertige Wirtschaftsgüter mit Gestehungskosten bis zu 516,46 Euro zustehen, und zwar auch dann, wenn die Güter im Jahr der Anschaffung zur Gänze abgeschrieben werden.

c) Stichtag 16. November 2020

Die oben aufgezeigten Änderungen gelten bekanntlich für Investitionen seit dem 16. November 2020, wobei im Gesetz keinerlei Übergangsregelung enthalten ist. Erst mit vorliegendem Rundschreiben (und somit nach Genehmigung bzw. Hinterlegung der meisten Jahresabschlüsse für 2020) klärt die Agentur, dass alle Investitionen mit verbindlicher Bestellung und Anzahlung von zumindest 20% des Kaufpreises vor dem 16. November 2020 noch unter die ungünstigere „alte“ Regelung fallen. Bis dato war man in Ermangelung dieser erleuchtenden Anweisung davon ausgegangen, das Datum der Übergabe wäre ausschlaggebend.

Empfehlung: Zumal für die Anwendung der „alten“ Regelung (Steuergutschrift von 40% bzw. 6% statt 50% oder 10%) nicht nur die Anzahlung von 20%, sondern auch eine verbindliche Auftragserteilung vor genanntem Stichtag notwendig sind, sollte es in der Praxis möglich sein, zumindest die Verbindlichkeit des Angebotes „aufzuweichen“ und damit für Güter mit Übergabe ab dem 16. November 2021 die Voraussetzungen für die erweiterten „neuen“ Begünstigungen zu schaffen.

d) Zeitliche Inanspruchnahme

Wie oben aufgezeigt, ist für Investitionen vor dem 16. November 2020 die Aufteilung der Steuergutschrift auf 5 Jahre vorgesehen, ab diesem Stichtag gilt die Aufteilung auf 3 Jahre, ausgenommen die Normalinvestitionen in Sachanlagen (Steuergutschrift von 10%), für welche 2021 auch eine sofortige Verrechnung im Vordruck F24 zugelassen ist. Und hierzu stellt die Agentur klar:

- Die Aufteilung auf 3 oder 5 Jahre ist ein Mindestzeitraum; wer nicht die notwendigen Steuer- und Beitragsschulden hat, kann auch eine längere Aufteilung vornehmen und verliert dadurch nicht das Anrecht auf die Gutschrift. Und wenn der Steuerbonus aufgrund unzureichender Steuer- und Beitragsschulden nicht genutzt werden kann, darf der Steuerbonus auch auf die Folgejahre vorgetragen werden.

- Das Rundschreiben klärt auch, dass die oben aufgezeigten Schwelle der Umsatzerlöse von 5 Mio. Euro mit Bezug auf das Geschäftsjahr vor Inbetriebnahme des jeweiligen Gutes zu prüfen wäre.

- Wichtig: Verrechnungen über 5.000 Euro bedürfen keines vorherigen Bestätigungsvermerks durch einen Sachverständigen.

e) Vernetzung

Bei Investitionen im Bereich Industrie 4.0 darf die erhöhte Gutschrift von 50% bekanntlich erst nach der Vernetzung beansprucht werden. Fallen Inbetriebnahme und Vernetzung in zwei unterschiedliche Steuerperioden, stehen zunächst die Gutschrift von 10% und dann nach Vernetzung die erhöhte Gutschrift von 50% zu. Die Aufteilung auf drei Jahre hat dann auch für den Restbetrag zu erfolgen.

Bestätigt wird auch, dass die sachlichen Eigenschaften für die Vernetzung bereits bei der Inbetriebnahme des jeweiligen Gegenstandes grundsätzlich bestehen müssen; die spätere Vernetzung darf also nur betriebsseitige Gründe betreffen (z.B. ausständige Anpassung der Software).

Und noch eine Bestätigung: Für die Vernetzung besteht kein fester Termin.  Der Anschluss kann im Extremfall auch erst Jahre später erfolgen.

Übrigens: Die Vernetzung innerhalb des Betriebes und die Verwendung im Rahmen von „Industrie 4.0“ müssen ab Anschluss für die gesamte Verwendungsdauer des Gutes aufrecht bleiben!

f) Rechnungserteilung

Investitionsrechnungen, für welche die Gutschrift von 10% oder 50% beansprucht wird, müssen auf die Förderungsbestimmung laut Haushaltsgesetz 2019 (Ges. Nr. 160/2019 Art. 1 Abs. 184-197) oder laut Haushaltsgesetz 2021 (Ges. Nr. 178/2020 Art. 1 Abs. 1051-1063) verweisen.

Und wichtig: Sollte aufgrund der unklaren Übergangsbestimmungen der Hinweis fehlen oder falsch sein, kann die Rechnung vom Erwerber selbst korrigiert werden. Bei elektronischen Rechnungen kann diese Korrektur auch händisch auf einem Ausdruck auf Papier vorgenommen werden. Alternativ kann auch eine elektronische Ergänzung vornehmen, die über die SdI-Plattform an sich selbst versendet wird.

g) Beihilfen

Investitionsbeihilfen (z. B. des Landes) haben keinen Einfluss auf die Steuergutschrift. Wer z. B. für eine 4.0 Investition von 1 Mio. Euro eine Beihilfe des Landes über 200.000 Euro erhält, darf die Steuergutschrift von 50% trotzdem auf 1 Mio. Euro berechnen, und dies unabhängig von der Verbuchung der Beihilfen (als Minderung der Investitionskosten oder über passive Rechnungsabgrenzungen). Allerdings dürfen Steuergutschrift und Beihilfen in Summe nicht höher sein als die Investitionskosten selbst.

Für weitere Informationen stehen wir wie immer gerne zu Ihrer Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Josef Vieider