Steuerliche Neuerungen im Haushaltsgesetz für 2015 – Änderungen bei der Gewinnermittlung von Unternehmen bzw. Überschussermittlung der Freiberufler

Steuerliche Neuerungen im Haushaltsgesetz für 2015 – Änderungen bei der Gewinnermittlung von Unternehmen bzw. Überschussermittlung der Freiberufler

Das Haushaltsgesetz (inzwischen als „Stabilitätsgesetz“ bezeichnet) für 2015 ist als Gesetz Nr. 190 vom 23. Dezember 2014 am 29. Dezember 2014 im Amtsblatt Nr. 300 veröffentlicht worden und am 1. Jänner 2015 in Kraft getreten. Mit unserem Rundschreiben Nr. 7/2015 haben wir Sie über die Änderungen im Bereich der Mehrwertsteuer informiert. Nachstehend die wichtigsten Änderungen bei der Ermittlung der Unternehmensgewinne und der Überschüsse der Freiberufler. Soviel vorweg: Die Neuerungen sind durchwegs Erleichterungen für den Steuerpflichtigen.

Zunächst eine Ergänzung zu unserem Rundschreiben Nr. 07/2014: Wie mitgeteilt, wurde mit Wirkung 1. Jänner 2015 für Lieferungen und Leistungen an öffentliche Körperschaften das sog. „split payment“ eingeführt, wonach die Körperschaften die in der Rechnung ausgewiesene MwSt nicht mehr an den Lieferer oder Dienstleister zahlen, sondern unmittelbar an den Fiskus abführen. Die Regelung betrifft nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht nur die ab diesem Stichtag durchgeführten Umsätze, sondern auch die früheren Umsätze, für welche ab diesem Datum die Steuerschuld entstanden ist (Umsätze mit aufgeschobener Steuerschuld; Art. 6 Abs. 5 MwStG – sog. „esigibilità differita“). Mit Pressemitteilung vom 9. Jänner 2015 macht die Agentur der Einnahmen hier einen Rückzieher: Das Split Payment gilt demnach nur für die ab 1. Jänner 2015 fakturierten Geschäftsvorfälle. Damit kommen zumindest die befürchteten Probleme mit vorfinanzierten Rechnungen nicht zum Tragen.

 

1. Neuerungen für Unternehmen:

 

Patent  box (Abs. 36-45)

 

Die interessanteste Neuerung für Unternehmen betrifft sicher die Einführung der sog. „Patent box“ in unser Rechtssystem; es soll einen Innovationsschub auslösen oder zumindest die Abwanderung des „Made in Italy“ einschränken.

Konkret können Unternehmen dafür optieren, erzielte Einkünfte aus der Nutzungsüberlassung von Marken, Patentrechten, Urheberrechten, Autorenrechten, Designrechten u. ä. nur im Ausmaß von 50% zu besteuern, und zwar für Zwecke von IRPEF, IRES und IRAP. Dabei soll diese Begünstigung stufenweise erreicht werden: 2015 30%, 2016 40% und 2017 50%. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Erleichterung ist, dass das Unternehmen überhaupt selbst Forschung und Entwicklung betreibt, auch evtl. über die Zusammenarbeit mit Universitäten und Forschungseinrichtungen. Notwendig ist ferner, dass die genannten Rechte und immateriellen Güter überhaupt geschützt werden können (Problem bei sog. Verfahrensmustern).

Veräußerungsgewinne aus der Abtretung solcher Rechte und immaterieller Güter bleiben sogar völlig steuerfrei, soweit sie zu 90% innerhalb der zwei Folgejahre wiederum in die Innovation investiert werden.

Die Begünstigung steht auch in anderen Ländern ansässigen Unternehmen zu, vorausgesetzt dass mit dem jeweiligen Staat ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Bei direkter Nutzung durch ein Tochterunternehmen ist ein Ruling erforderlich.

Ähnliche Begünstigungen bestehen bereits in mehreren anderen EU-Ländern, und die EU-Kommission hat zuletzt 2008 im Zusammenhang mit Spanien bestätigt, dass es sich bei diesen Erleichterungen nicht um Beihilfen handelt (wichtig für De-Minimis); unlängst sind ähnliche Begünstigungen in Luxemburg aber wieder arg in die Kritik geraten.

Die Option für die Patent Box ist unwiderruflich und hat eine Dauer von 5 Jahren.

Für die konkrete Umsetzung eine eigene Durchführungsbestimmung notwendig. Dabei muss insbesondere geklärt werden, ob die Begünstigung auch für Formen und Muster sowie für Produktionsverfahren beansprucht werden kann.

Soweit nicht über die Durchführungsbestimmungen völlig untragbare Einschränkungen erlassen werden, könnte es sich bei dieser Maßnahme wirklich um ein Instrument handeln, das eine interessante Steuerplanung für viele Unternehmen erlaubt.

   
Steuerguthaben für F&E (Abs. 35) Die erst Ende 2013 mit G.V. 145/2013 eingeführte Förderung der Grundlagenforschung wird leicht abgeändert und erweitert. Begünstigt sind dabei bekanntlich die Ausgaben für Personalkosten, Anschaffungskosten und Abschreibung für Laborausrüstung und -geräte sowie für Auftragsforschung mit Universitäten und anerkannte Forschungseinrichtungen.

Konkret wird für fünf Jahre, und zwar für 2015 bis 2019, ein Steuerbonus in Höhe von 25% (für Aufwendungen für Maschinen und Geräte  in Labors u. ä.) bzw. 50% (für Personalkosten für wissenschaftlich-technisches Personals sowie für Forschungsaufträge an Universitäten u. ä. Einrichtungen) der Ausgaben für Grundlagenforschung, industrielle Forschung oder experimentelle Entwicklung gewährt, soweit sie den Durchschnitt der entsprechenden Ausgaben für die drei Vorjahre 2012–2014 übersteigen. Der Steuerbonus (25% bzw. 50%) wird also nur auf die Erhöhung der Ausgaben gegenüber dem genannten Vergleichszeitraum zuerkannt. Die Ausgaben müssen zumindest 30.000 Euro betragen. Der Steuerbonus betrifft alle Unternehmen. Für die Inanspruchnahme ist übrigens der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers bzw. Überwachungsrates oder eines Steuerberaters notwendig.

Für die konkrete Umsetzung der Maßnahme ist eine eigene Durchführungsbestimmung erforderlich, und wir werden Sie im Detail informieren, sobald diese vorliegt.

   
Elektronische Essensgutscheine (Abs. 16 und 17) Bei elektronischen Essensgutscheinen für Mensaersatzleistungen wird der nicht steuerpflichtige Betrag für den Mitarbeiter auf 7,00 Euro erhöht; bei den traditionellen Essensgutscheinen in Papierform hingegen bleibt der Grenzwert bei 5,29 Euro. Die Neuerung gilt ab 1. Juli 2015, so dass eine angemessene Zeit für die Umstellung bleibt.

Die Neuerung dürfte allerdings nicht die Mensaersatzleistungen über elektronische Abrechnungssysteme betreffen: Die entsprechenden Aufwendungen sind nämlich im Sinne des Entscheides Nr. 63/2005 bereits zur Gänze bei der Gewinnermittlung für IRES/IRPEF und auch von der Bemessungsgrundlage der IRAP (Rundschreiben Nr. 27/2009) absetzbar. Es ist also nicht verständlich, welche elektronischen Essensgutscheine von der Neuerung überhaupt betroffen sein sollten, oder ob die Neuerung sogar eine Einschränkung darstellt. Soweit Sie bereits solche elektronischen Kartensysteme nutzen, kann nur empfohlen werden, sich alsbald mit dem jeweiligen Dienstleister in Verbindung zu setzen.

   
 

Autotransportunternehmen (Abs. 233 – 234)

Die Steuergutschriften für die Mineralölsteuer zu Gunsten der Autotransportunternehmen wird ab 2015 nicht mehr für Fahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 0 zuerkannt. Zudem wird verfügt, dass die genannte Steuergutschrift bis 2019 nicht von der Reduzierung um 15% im Rahmen des Stabilitätspaktes betroffen ist.
   
WIFI in Gastbetrieben (Abs. 149) Der mit G.V. Nr. 83/2014 eingeführte Steuerbonus für WIFI-Anschlüsse von Gastbetrieben wird nur mehr zuerkannt, wenn der Betrieb seinen Gästen den Zugang zum Internet unentgeltlich gewährt und die Geschwindigkeit zumindest 1 Megabit/s beträgt.
   
Absetzbarkeit von GIS und IMU (Abs. 508) Mit Abs. 508 des Stabilitätsgesetzes wurde eine Regelung eingeführt, wonach auch die Gemeindesteuer GIS in Südtirol bei der Gewinnermittlung nach den gleichen Kriterien wie die IMU auf Staatsebene absetzbar ist. Die Steuer für die gewerblich genutzten Baueinheiten darf damit im Ausmaß von 20% abgezogen werden. Nach dem Wortlaut des Gesetzes kommt diese Erweiterung erst ab 2015 zum Tragen, obwohl die Änderung zweifelsohne bereits für 2014 erforderlich wäre.

 

Katastereintragung von gewerblichen Liegenschaften (Abs. 244 – 245) Gewerbebauten wurden in jüngster Zeit bei der Katastereintragung oft Werte zugeteilt, die weit über dem Marktwert der entsprechenden Liegenschaften lagen. Nun wird klargestellt, dass bei der Berechnung des Katasterertrages von gewerblichen Immobilien maschinelle Anlagen auszuschließen, die nicht wesentlicher und dauerhafter Bestandteil des Gebäudes darstellen. Dies gilt als gesetzliche Interpretation in Hinblick auf ein Rundschreiben der Agentur des Gebietes (Nr. 6/T/2012).

Da die Katasterwerte sich insbesondere auf die GIS auswirken, empfehlen wir Ihnen eine Überprüfung der Schätzung Ihrer Liegenschaften im Lichte dieser Interpretation, sollten diese in den letzten Jahren mit extrem hohen Werten erfasst worden sein.

 

Sabatini-Gesetz Die finanziellen Mittel des sog. Sabatini-Gesetzes für Zinsbeiträge auf Investitionen werden aufgestockt. Mit Rundschreiben des Finanzministeriums Nr. 71299 vom 24. Dezember 2014 wurden zudem neue Vordrucke für die Beantragung der Begünstigungen veröffentlicht und allgemein die Förderungen und die entsprechenden Voraussetzungen des Sabatini-Gesetzes überarbeitet. Soweit Sie hierzu nähere Informationen benötigen, setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung.

 

2. Neuerungen für Unternehmer und Freiberufler:

 

IRAP und Personalkosten (Abs. 20 bis 25) Die Personalkosten für Mitarbeiter mit unbefristetem Arbeitsverhältnis sind ab 2015 vollständig von der Bemessungsgrundlage der IRAP absetzbar. Der Abzug gilt im Einzelnen für den Differenzbetrag zwischen diesen Lohnkosten und den verschiedenen bisherigen und weiterhin gültigen Freibeträgen, so jene für den sogenannten Steuerkeil (cuneo fiscale). Für landwirtschaftliche Unternehmer und landwirtschaftliche Gesellschaften wird die volle Absetzbarkeit schließlich auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen zuerkannt, vorausgeschickt, dass das Arbeitsverhältnis eine Dauer von drei Jahren mit zumindest 150 Arbeitstagen hat; diese Erleichterung bedarf allerdings noch der Zustimmung der EU.

Die Neuerung ist äußerst positiv, nimmt sie der IRAP doch endlich den Charakter einer Lohnsummensteuer!

 

Steuergutschrift 10% IRAP Unternehmen, welche die IRAP aufgrund der GuV ermitteln und keine Lohnabhängigen beschäftigen, erhalten ab 2015 eine Steuergutschrift im Ausmaß von 10% der geschuldeten IRAP; die Gutschrift ist über den Vordruck F24 zu verrechnen, und zwar in jener Steuerperiode, in welcher die entsprechende Steuererklärung abgegeben wird (d. h. verzögert um eine Steuerperiode!). Der Abzug der Irap von den Ertragsteuern Irpef und Ires wird aufgrund der vorgenannten Erleichterungen entsprechend angepasst. Die Vorteile werden dadurch offensichtlich abgeschwächt.

Zumal die Gutschrift nur Unternehmen ohne Lohnabhängige zugestanden wird, könnte sie in Extremfällen dazu führen, dass jene Unternehmen benachteiligt sind, die Personal einstellen.

 

Reduzierte IRAP-Hebesätze Rückwirkend für das Jahr 2014 wird eine Regelung eingeführt, wonach Bestimmungen zur Reduzierung des IRAP-Hebesatzes unwirksam sind. Entsprechend wird für 2014 der allgemeine Hebesatz von 3,9% (4,2% bei öffentlichen Konzessionen, 4,65% bei Banken und 5,9% bei Versicherungen) gelten. Da ist es wahrscheinlich ein schwacher Trost, wenn der Fiskus gegenüber jenen Steuerpflichtigen, welche die Vorauszahlung für 2014 aufgrund der zu erwartenden Steuerschuld getätigt haben und dabei in Ermangelung hellseherischer Fähigkeiten die vorliegende Steuererhöhung nicht berücksichtigt haben, nun auf die Anwendung von Verwaltungsstrafen verzichtet.

Die Bestimmung hat auch negative Auswirkungen auf die Südtiroler Regelung, zumal diese für 2014 eine Gegenkorrektur in Bezug auf die vorherige Verminderung um 0,4 Punkte vorgenommen hat und nun der hiesige IRAP-Satz 3,18 Prozent betragen müsste (also um 0,2 Punkte mehr gegenüber 2,98% des letzten Jahres). Aufgrund der Abkoppelung vom staatlichen Regelsatz (laut Omnibus-Gesetz 2014) beträgt dann für die Steuerperiode 2015 der Irap-Satz 2,68 Prozent (vorbehaltlich weiterer Änderungen).

   
Pauschalierung für Kleinunternehmen und Freiberufler

(Abs. 54-84)

Für Kleinunternehmen und Freiberufler wird ein neues Pauschalsystem eingeführt, welches die bisherigen Sonderverfahren laut Art. 13 G. 388/2000 und Art. 27 G.V. 98/2011  ersetzt. Zumal die entsprechende Regelung  nicht von allgemeinem Interesse ist, werden wir sie mit einem getrennten Rundschreiben erläutern.

Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-09-05.01.2015 Finanzgesetz 2015 Unternehmenseinkünfte und Freiberufler