Steuerrückbehalte auf Sanierungen und Energiesparmaßnahmen
Zur Erinnerung: Wie mit unserem Rundschreiben Nr. 20/2010 berichtet, wurde mit Art. 25 des jüngsten Sparpaketes (D.L. 78/2010) die Verpflichtung eingeführt, auf Überweisungen für Lieferungen und Leistungen, für welche die Steuerabsetzbeträge von 36% bzw. von 55% beansprucht werden, ab 1. Juli 2010 einen Steuerrückbehalt von 10% zu tätigen. Der Einbehalt muss von der Bank oder der Postverwaltung im Zuge der Gutschrift der Überweisung auf das Konto des Begünstigten vorgenommen werden.
Bekanntlich müssen Steuerpflichtige, welche die genannten Steuerabsetzbeträge beanspruchen wollen, die Zahlungen mittels Bank- oder Postüberweisung durchführen, und als Zahlungsgrund ist u. a. der Gesetzesbezug „G. 449/97“ bei Absetzbeträgen von 36% bzw. „G. 296/2006“ bei Absetzbeträgen von 55% anzugeben. Zudem sind die Steuernummer des Zahlenden sowie die Steuernummer oder MwSt-Nummer des Begünstigten auf dem Überweisungsbeleg anzuführen. Soweit dieser Überweisungsgrund aufscheint, muss der Einbehalt getätigt werden.
Keine derartigen Zahlungsvorschriften bestehen für den Absetzbetrag von 55%, soweit er von Unternehmen beansprucht wird. Ebenfalls nicht zwingend über die Bank oder Post zu zahlen sind die Erschließungsabgaben, Stempelsteuern, Steuereinbehalte auf Vergütungen von Freiberuflern und die Gebühren, welche für die Ausstellung von Baugenehmigungen und Genehmigungen sowie für die Meldung des Tätigkeitsbeginns zu entrichten sind; diese Zahlungen unterliegen entsprechend auch nicht dem Steuereinbehalt.
Immer dann aber, wenn die Zahlung für Aufwendungen im Zusammenhang mit Sanierungen und Energieeinsparmaßnahme aber - wie aufgezeigt – zwingend über die Bank oder Post zu erfolgen hat, sind das Kreditinstitut oder die Postverwaltung verpflichtet, im Zuge der Gutschrift der Überweisung einen Einbehalt von 10% zu tätigen, welcher sodann vom begünstigten Unternehmen als Steuerguthaben in der nächsten Steuererklärung verrechnet werden kann. Die Banken müssen den Steuereinbehalt mit Vordruck F24 mit Steuerschlüssel 1039 einzahlen und dem begünstigten Unternehmen eine entsprechende Bescheinigung über den Steuereinbehalt ausstellen.
Über die praktische Anwendung dieser Bestimmung hat es in den letzten Wochen größte Unsicherheiten gegeben, insbesondere blieben folgende Fragen offen:
- Ist die Quellensteuer auf die Bemessungsgrundlage der MwSt oder auf den überwiesenen Betrag, also jenen inklusive MwSt, zu berechnen? Soweit die MwSt nicht zu berücksichtigen ist, stellt sich die Frage, wie sie herauszurechnen ist, können die Lieferungen und Leistungen doch dem MwSt-Satz von 4%, 10% oder 20% unterliegen, und die gutschreibende Bank hat die Rechnung i. d. R. ja gar nicht vorliegen; unter Umständen ist die Rechnung bei der Zahlung überhaupt noch nicht ausgestellt.
- Der nächste Zweifel betraf die Kondominien: Sie sind bekanntlich zu einem Steuerrückbehalt von 4% verpflichtet, und es stellt sich daher die Frage, ob der Steuerrückbehalt von 10% auf den Betrag vor oder nach Abzug dieses Einbehaltes zu tätigen ist.
Zu diesen Fragen hat die Agentur der Einnahmen rund einen Monat nach Inkrafttreten der Neuerung nun mit Rundschreiben Nr. 40 vom 28. Juli 2010 endlich Stellung genommen, und dabei muss ihr zugute gehalten werden, dass sie für beide Fragen durchaus salomonische Entscheidungen getroffen hat.
Steuerrückbehalt nur auf den um 20% MwSt bereinigten Betrag berechnen:
Zur ersten Frage stellt die Agentur der Einnahmen zunächst klar, dass der Rückbehalt nicht auf die MwSt erhoben werden darf. Dies vorausgeschickt, sieht die Agentur aber ein, dass es für die Banken nahezu unmöglich ist, die MwSt analytisch herauszurechnen. Entsprechend wird folgende, für den Steuerpflichtigen durchaus vorteilhafte Lösung vorgesehen: Unabhängig vom tatsächlich angewandten MwSt-Satz wird unterstellt, dass die Lieferung oder Leistung immer der MwSt zum Regelsatz von 20% unterliegt, und es ist infolge die MwSt in Höhe von 20% aus dem überwiesenen Betrag herauszurechnen. Achtung: Im Gegensatz zu einigen Auslegungen in der Fachpresse (u. a. Rundschreiben der „Ance“) gilt allerdings nicht, dass der Rückbehalt auf 80% der Zahlung zu berechnen ist, sondern es wird unterstellt, dass der Überweisungsbetrag 120% beträgt. Beispiel:
Steuergrundlage: 1.000,00 Euro
MwSt 10% 100,00 Euro
Summe Rechnung 1.100,00 Euro
Der Steuerrückbehalt berechnet sich wie folgt: 1.100,00/120*100 und darauf 10% = 91,67 Euro. Dem Begünstigten werden also 1.008,33 Euro auf das Konto gut geschrieben.
Steuerrückbehalt von 10% ersetzt andere Steuereinbehalte im Sinne von DPR 600/1973:
Zur zweiten Frage stellt die Agentur der Einnahmen klar, dass der Steuerrückbehalt von 10% eine Spezialnorm darstellt mit der Folge, dass der Einbehalt von 10% andere Rückbehalte im Sinne von DPR 600/1973 ersetzt.
Konkret hat dies zur Folge, dass z. B. Kondominien immer dann, wenn der neue Einbehalt von 10% zum Tragen kommt, den Einbehalt von 4% nicht mehr tätigen müssen. Aufgrund der allgemeinen Formulierung würde die Befreiung aber auch für Steuerrückbehalte von 20% auf Vergütungen an Freiberufler greifen, wenngleich dies sicher nur Grenzfälle betrifft (private Auftraggeber tätigen i. d. R. keine Steuerrückbehalte).
Zahlungen an Ausländer
Schließlich stellt das Rundschreiben noch klar, dass der Steuerrückbehalt auch auf Zahlungen an ausländische Unternehmen zu tätigen ist, soweit die Gutschrift auf ein Konto in Italien der nicht ansässigen Unternehmen erfolgt. Die Begünstigten können diesen Steuerrückbehalt in Italien anrechnen, soweit sie hier über eine Betriebsstätte steuerpflichtig sind; andernfalls ist der Erstattungsantrag im Sinne von Art. 38 DPR 602/73 zu stellen.
Keine Strafen in Übergangszeit
Schließlich wird noch klar gestellt, dass angesichts der gravierenden Unsicherheiten ob der korrekten Anwendung des Steuerrückbehalts in den letzten Wochen in dieser Übergangszeit keine Verwaltungsstrafen für Verfehlungen eingehoben werden.
Hinweis: Es darf davon ausgegangen werden, dass die Banken in den letzten Wochen höhere Einbehalte getätigt haben, als nach den neuen Erkenntnissen geschuldet wären. Zumal die Banken selbst erst am 20. August 2010 die Einbehalte einzahlen müssen, könnte in diesen Fällen noch eine Berichtigung verlangt werden.
Zu ergänzen bleibt noch, dass alle Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Steuerrückbehalt den Banken obliegen. Das ausführende Unternehmen hat in der Rechnung also keine besonderen Hinweise anzubringen, und auch der zahlende Steuerpflichtige ist zu keinen besonderen Vorkehrungen verpflichtet.
Wir stehen Ihnen für weitere Klarstellungen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen
Dr. Josef Vieider
Herunterladen R-25- 30.07.10 Steuerrückbehalte Sanierungen