Zunächst muss Entwarnung gegeben werden: Entgegen zahlreichen Pressemeldungen am heutigen Tag werden weder Superbonus, Erdbebenbonus, Behindertenbonus, Ecobonus oder der allgemeine Sanierungsbonus abgeschafft oder geändert. Zumindest laut vorliegender Notverordnung bleiben all diese Instrumente mit Bezug auf Höhe und Zugangsvoraussetzungen unverändert aufrecht. Für neue Bauvorhaben nicht mehr möglich sind hingegen die Abtretung des Steuerguthabens an Dritte oder der Rechnungsnachlass durch das Bauunternehmen. Dies geht aus der G.V. Nr. 11 vom 16. Februar 2023 hervor, welche mit heutigem Tag in Kraft getreten ist. Hier die Details:
Ab 17. Februar 2023 ist es nicht mehr möglich, für die nachstehenden Baumaßnahmen die zustehenden Steuerguthaben an Dritte (unabhängig ob Banken oder Unternehmen) abzutreten oder von den Baufirmen einen entsprechenden Nachlass in der Rechnung zu erhalten:
- allgemeine Wiedergewinnungsarbeiten auf Wohngebäuden (50% mit Obergrenze Kosten 96.000 Euro);
- energetische Sanierungen (50% bzw. 65% mit differenzierten Obergrenzen);
- Eingriffe zum Abbau architektonischer Barrieren (75%);
- Fassadenbonus,
- Einbau von Photovoltaikanlagen,
- Einbau von Elektroladestationen,
- Verbesserung der Erdbebensicherheit und
- Superbonus (110% bzw. 90%).
Es wurden allerdings Übergangsbestimmungen vorgesehen, welche bereits laufende Arbeiten von dieser Einschränkung ausdrücklich ausschließen.
Im Detail sind Arbeiten, die Anrecht auf den Superbonus (90% bzw. 110%) geben, soweit nicht betroffen,
- soweit sie nicht Kondominien betreffen, vor dem 17. Februar 2023 die Baubeginnsmeldung (CILA) gemacht worden ist,
- soweit sie Kondominien betreffen, vor dem 17. Februar 2023 die Kondominiumsversammlung die Arbeiten beschlossen hat,
- für Arbeiten, welche den Abbruch und Wiederaufbau von Gebäuden zum Gegenstand haben, und der Antrag auf Baugenehmigung vor dem 17. Februar 2023 eingereicht worden ist.
Andere begünstigte Baumaßnahmen (siehe oben) bleiben von den neuen Einschränkungen hingegen befreit, soweit vor dem 17. Februar 2023
- der Antrag auf Ausstellung der Baugenehmigung, soweit erforderlich, bei der zuständigen Gemeinde gestellt worden ist, oder
- soweit keine Baugenehmigung notwendig ist, die Arbeiten tatsächlich begonnen wurden.
Schließlich wird auch eine Übergangslösung für den Erwerb wiedergewonnener Wohnungen vorgesehen (sog. „sismabonus-acquisti“ in Erdbebengebieten bzw. der Abzug von 50% auf 25% des Kaufpreises mit Obergrenze 48.000 Euro bei Erwerb von Wohnungen in durch Bauunternehmen wiedergewonnenen Gebäuden): Nachlass und Abtretung sind weiterhin möglich, soweit vor dem 17. Februar 2023 ein Kaufvorvertrag oder auch ein definitiver Kaufvertrag abgeschlossen worden sind.
Und ganz nach dem Motto Zuckerbrot und Peitsche enthält die Verordnung auch eine Liste positiver Maßnahmen, welche den Stau bei der Abtretung von „alten“ Guthaben auflösen soll. Insbesondere wird die solidarische Haftung des Käufers des Steuerguthabens oder auch des Nachlassgewährers ausdrücklich ausgeschlossen, wenn diese im Besitz der nachstehenden Unterlagen sind (immer vorausgeschickt, dass es diese Dokumente überhaupt braucht):
- Baugenehmigung,
- Mitteilung des Baubeginns an die Sanitätseinheit (bzw. in Südtirol an das Amt für Arbeitssicherheit),
- Katasterauszug mit Stand vor Baubeginn,
- saldierte Rechnungen,
- Bestätigungsvermerke der Techniker,
- Beschluss Kondominiumsversammlung
- Bestätigungsvermerk Wirtschaftsprüfer,
- Geldwäschebescheinigung.
Fehlen diese Dokumente, so ist dies an sich noch kein Grund für die solidarische Haftung; umgekehrt kann aber bei Vorliegen dieser Unterlagen eine solche Haftung nicht mehr unterstellt werden.
Der Aufschrei bei Interessensverbänden und Betroffenen am heutigen Tag war groß, und entsprechend darf damit gerechnet werden, dass im Zuge der Umwandlung der Notverordnung noch weitere Übergangslösungen eingeführt werden.
Für weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Vieider