Umsetzung des MwSt-Pakets 2010

Umsetzung des MwSt-Pakets 2010

Am letzten Freitag, den 19. Februar 2010, ist – leider mit erheblicher Verspätung – das gesetzesvertrende Dekret Nr. 18 vom 11. Februar 2010 im Staatlichen Amtsblatt Nr. 41 veröffentlicht worden. Die Verordnung ist  am 20. Februar 2010 in Kraft getreten und enthält die Umsetzung der EU-Richtlinien Nr. 2008/8, 2008/9 und 2008/117 in nationales Recht, wobei die EU-Bestimmungen an sich ein Inkrafttreten bereits zum 1. Jänner 2010 vorsahen. Die Verzögerung Italiens bei der Umsetzung der genannten Richtlinien ist umso unverständlicher, als der nun veröffentlichte Text bereits am 12. November letzten Jahres von der Regierung genehmigt worden ist. In den letzten Wochen war der Aufschub allgemein mit der Notwendigkeit begründet worden, zeitgleich auch noch eine Korrekturverordnung, insbesondere in Hinblick auf übertriebene Vorschriften im Bereich der Eigenrechnungen und der Intrastat-Meldungen zu erlassen; doch von dieser Verordnung fehlt bislang jede Spur.

Ein Großteil des Regelwerkes ist trotz der Säumigkeit des italienischen Gesetzgebers bereits rückwirkend seit dem 1. Jänner rechtwirksam, zumal EU-Recht über nationalem Recht steht. Nur dort, wo Italien im Zuge der Umsetzung Wahlrechte der EU-Richtlinien genutzt hat, treten diese Bestimmungen erst zum 20. Februar 2010 in Kraft. Und ebenfalls können erst ab jetzt Strafen verhängt werden, weil die nationalen Strafen sich auf innerstaatliches Recht und nicht auf EU-Normen beziehen.

 

Wir haben bereits mit mehreren Rundschreiben über die grundlegenden Änderungen zum 1. Jänner 2010 bei der Territorialität von Dienstleistungen berichtet und werden nun, wo Rechtsklarheit herrscht, in den nächsten Tagen mit getrennten Rundschreiben im Detail auf die Auswirkungen für einzelne Dienstleistungen eingehen.

 

Auswirkungen auf das obligatorische Reverse Charge

Die größten Abweichungen zu den EU-Richtlinien betreffen bekanntlich das obligatorische Reverse Charge:

  • Die gesetzesvertretende Verordnung Nr. 18/2010 sieht nämlich vor, dass nicht ansässige Unternehmen mit Fiskalvertreter oder direkter Registrierung in Italien italienische innerstaatliche Lieferungen an italienische Unternehmen nicht mehr mit italienischer MwSt fakturieren dürfen; die EU-Richtlinie sieht keine derartige Einschränkung vor.
  • Zudem verlangt Italien auch für Dienstleistungen an italienische Unternehmen oder Freiberufler durch ausländischer Unternehmen mit Fiskalvertreter oder direkter Registrierung in Italien immer die Rechnungserteilung ohne MwSt, während die EU-Richtlinie diese Einschränkung nur für „allgemeine“ Dienstleistungen (i. d. R. jene laut Art. 7-ter MwStG) vorsieht.

Mit Inkrafttreten der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 18/2009 zum 20. Februar 2010 ergeben sich somit insbesondere folgende Änderungen:

  • Nicht in Italien ansässige ausländische Unternehmen, die hier nur einen Fiskalvertreter oder eine direkte Registrierung, aber keine Betriebsstätte oder Tochtergesellschaft haben, dürfen ab 20. Februar 2010 für innerstaatliche Lieferungen an italienische Unternehmen und Freiberufler keine Rechnungen mehr mit italienischer MwSt Als Stichtag für die Änderung gilt nach den allgemeinen Grundsätzen das Übergabedatum der Güter.
  • Und erst recht gilt die genannte Einschränkung für Dienstleistungen der ausländischen Unternehmen an italienische Unternehmen. Eine Rechnung mit italienischer MwSt kann ab 20. Februar 2010 nicht mehr akzeptiert werden. Als Datum der Umsatztätigung gilt hier das Datum der Zahlung bzw. der früheren Rechnungserteilung.

Buchhalterisch stellt der ausländische Unternehmer – soweit er den Geschäftsvorfall weiterhin über seine italienische MwSt-Position abrechnet - eine Rechnung „nicht MwSt-pflichtig im Sinne von Art. 17 Abs. 2, DPR 633/1972“ aus. In der Rechnung ist die MwSt-Nummer des tatsächlichen Steuerschuldners, also des italienischen Kunden, anzuführen, auch mit dem Verweis, dass eine Verlagerung der Steuerschuld auf den Kunden erfolgt.

Im Gegenzug ist das italienische Unternehmen verpflichtet, für die erhaltene Lieferung oder Leistung eine Eigenrechnung im Sinne von Art. 17 Absatz 2 DPR 633/1972 auszustellen.

In der Praxis dürfen z. B. ausländische Bauunternehmen ohne Betriebsstätte in Italien gegenüber italienischen Unternehmen ab 20. Februar keine Rechnungen mehr mit italienischer MwSt ausstellen. Bekanntlich haben vor allem österreichische Bauunternehmen und Bauhandwerker vielfach eine direkte Registrierung in Italien und fakturieren somit ihre Leistungen mit italienischer MwSt; dies ist ab 20. Februar 2010 nicht mehr zulässig.

Aber auch für innerstaatliche Lieferungen mit Übergabe ab dem 20. Februar 2010 dürfen solche Unternehmen an italienische Unternehmer nicht mehr mit italienischer MwSt fakturieren. Dies betrifft z. B. die innerstaatlichen Treibstofflieferungen der Unternehmen DKV und UTA an italienische Unternehmen.

In beiden Fällen hat der italienische gewerbliche Kunde eine Eigenrechnung auszustellen und so die Leistung oder Lieferung der MwSt zu unterwerfen.

Für den italienischen Kunden ergeben sich i. d. R. Liquiditätsvorteile, insbesondere bei Unternehmen mit chronischem MwSt-Guthaben. Im Gegenzug werden die ausländischen Unternehmen die MwSt vorfinanzieren müssen.

Klargestellt werden muss, dass solche Lieferungen auf keinen Fall im Intrastat gemeldet werden müssen, handelt es sich doch um innerstaatliche und nicht um innergemeinschaftliche Lieferungen.

 

Sanierung Geschäftsvorfälle zwischen 1. Jänner und 20. Februar 2010

In der Praxis haben aufgrund der völligen Rechtsunsicherheit zahlreiche Unternehmen bereits in den letzten Wochen die neuen Regelungen ganz oder teilweise vorweggenommen oder umgekehrt laut EU-Recht notwendige Umstellungen noch nicht vorgenommen, nachdem offensichtlich die gesetzlichen Grundlagen in Italien fehlten.

Es drängt sich nun die Frage auf, ob hier eine Richtigstellung notwendig ist, ob also noch Mehrwertsteuer nach belastet werden muss, wo die Neuregelung vorweggenommen worden ist, oder ob Gutschriften notwendig sind, wo Dienstleistungen noch mit italienischer MwSt fakturiert worden sind, die eigentlich schon aufgrund der EU-Richtlinie nicht steuerbar gewesen wären.

 

Nach zuverlässigen Presseberichten (siehe hierzu auch „Il Sole – 24 Ore“ vom 20. Februar 2010) darf davon ausgegangen werden, dass in den nächsten Tagen eine Sanierungsbestimmung erlassen wird, wodurch nicht geahndet wird, wer sich bereits seit 1. Jänner 2010 nach den neuen Regeln verhalten hat bzw. umgekehrt wer sich bis zum 20. Februar 2010 noch an „altes“ Recht gehalten hat. Mit Inkrafttreten von D.lgs. 18/2010 ist diese Schonfrist aber vorbei.

 

Für weitere Informationen und Unterlagen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen

Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-9- 21.02.10 MwSt 2010