Vereinfachungsverordnung (G.V. 73/2022)

Die Regierung hat vor einigen Tagen wieder einmal eine sog. „Vereinfachungsverordnung“ verabschiedet. Mit der G.V. Nr. 73/2022 wurde ein ganzes Sammelsurium von Fristverlängerungen und formellen Vereinfachungen genehmigt. Die Maßnahmen sind im Einzelfall grundsätzlich alle zu begrüßen. Schade ist nur, dass in der Reform auch nicht ansatzweise eine Systematik zu erkennen ist. Hier die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

Fristverlängerung für Meldung der Covid-Beihilfen (Art. 35)

Über die Fristverlängerung für die Abgabe der eidesstattlichen Erklärungen, betreffend die Covid-Beihilfen, vom 30. Juni 2022 vorerst auf den 30. November 2022 haben wir Sie bereits mit eigenem Rundschreiben informiert.

Neue Frist für MwSt-Voranmeldungen (LIPE) 2. Quartal (Art. 3)

Der Termin für die Abgabe der MwSt-Voranmeldung (LIPE) für das 2. Quartal wird vom 16. September 2022 auf den 30. September 2022 aufgeschoben. Die Fristen für die sonstigen Voranmeldungen bleiben unverändert.

Intrameldungen (Art. 3)

Zur Erinnerung: Derzeit sind die sog. Intrastat-Meldungen jeweils innerhalb des 25. des Folgemonats auf Monat oder Trimester zu verschicken. Diese Fälligkeit wird jetzt auf den Letzten des Folgemonats verlegt. Die verlängerte Frist durfte erstmals für den Monat Mai 2022 beansprucht werden; die Meldung war damit nicht mehr am 25., sondern erst am 30. Juni 2022 fällig. In Zukunft bleiben uns also jeweils rund 5 Tage mehr Zeit für die Erstellung dieser Meldungen.

Stempelsteuer auf elektronische Rechnungen (Art. 3)

Zur Erinnerung: Die Stempelsteuer auf steuerfreie elektronische Rechnungen (falls Betrag höher als 77,47 Euro) ist bekanntlich vierteljährlich abzurechnen. Die Zahlung hat aber für das erste Quartal (Jänner – März) und das 2. Quartal (April – Juni) nur dann zu erfolgen, wenn der Betrag die Schwelle von 250 Euro übersteigt.

Und diese Schwelle wird nun angehoben: Ab 1. Jänner 2023 wird für die Zahlung für die ersten beiden Quartale eine Schwelle von 5.000 Euro vorgesehen. Daraus folgt: In den allermeisten Fällen sollte im nächsten Jahr für die ersten drei Quartale bis zum 30. November und für das letzte Quartal bis Ende Februar des Folgejahres Zeit sein, um die Steuer abzuführen.

Steuervergütungen an die Erben (Art. 5)

Etwaige Steuerguthaben des verstorbenen Steuerpflichtigen werden, soweit der Agentur keine anderweitigen Meldungen übermittelt werden, künftig direkt an die Erben ausgezahlt, die aus der Erbschaftssteuererklärung hervorgehen, und zwar im Verhältnis, wie die Erbschaft angelemdet worden ist.

Vorausgefüllte Steuererklärungen (Art. 6)

Für die vorausgefüllte Steuererklärung, die ohne Änderungen angenommen und versendet wird, sind keine formellen Kontrolle vorgesehen. Künftig sollen die Kontrollen auch dann unterbleiben, wenn die Erklärung geändert wird, allerdings nur in Bezug auf die medizinischen Leistungen, sprich vor allem Arztrechnungen. Die Regelung gilt ab 2023, erstmals für die Steuerperiode 2022.

Mietverträge und Ersatzbesteuerung (Art. 7)

Wo bei Mietverträgen mit Abfindungssteuer (z. B. Mietvertrag 3+2) bislang entweder der Beistand der Mieter- und Vermietervereinigung oder die Anlage einer eigenen Erklärung der vorgenannten Vereinigungen über die Voraussetzungen der Wohnung zur Feststellung der einschlägigen Voraussetzungen für die Begünstigungen notwendig waren, wird jetzt zumindest geklärt, dass eine solche Erklärung der Mieter- oder Vermietervereinigung nicht jeweils – wie bisher – getrennt für jede einzelne Liegenschaft erstellt werden muss, sondern ggf. auch mehrere Liegenschaften, z B. ein gesamtes Miethaus, umfassen darf. Eine längst überfällige Klarstellung!

Maßgeblichkeitsprinzip für Kleinunternehmen (Art. 8)

Der Grundsatz der verstärkten Maßgeblichkeit (principio di derivazione forzata; Art. 83 EESt) der Darstellung im Jahresabschluss gegenüber der Steuerberechnung gilt nun auch für Kapitalgesellschaften, die als sog. Mikro-Unternehmen nur einen stark vereinfachten Jahresabschluss erstellen müssen. Voraussetzung ist allerdings, dass sie den Jahresabschluss in der vollständigen Fassung aufstellen, also von der vorgenannten „Mikrobilanz“ nicht Gebrauch machen. Die Neuerung gilt ab 2022.

Periodengerechte Zuordnung (Art: 8)

Die Berichtigung von Fehlern bei der periodischen Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen wird wesentlich vereinfacht: Um die Abzugsfähigkeit von verspätet zugeordneten Aufwendungen zu erzielen, hatte man bislang eine Ergänzungserklärung abzugeben und im Jahr, in welchem die Berichtigung in der GuV-Rechnung erfolgte, den entsprechenden Aufwand zu neutralisieren. Die Vereinfachung sieht nun vor (geänderter Art. 83 Buchst. b EESt), dass für Fehler in noch nicht verjährten Steuerperioden der verspätete Abzug laut GuV-Rechnung übernommen werden kann, und folglich keine Ergänzungserklärung erforderlich ist, wie dies bislang im Sinne von Rundschreiben der Agentur der Einnahmen Nr. 31/2013 stets verlangt worden war.

Diese Erleichterung ist absolut zu begrüßen; zu beachten ist aber, dass eine Korrektur verjährter Steuerperioden in diesem Sinne nicht zulässig ist: Hier kommt also die Nichtabsetzbarkeit der entsprechenden periodenfremden Aufwendungen zum Tragen!

Abschaffung Regelung Verlustgesellschaften (Art. 9)

Die Regelung der Scheingesellschaften, die verschiedene Einschränkungen, unter anderem in Bezug auf MwSt-Guthaben, Ires-Satz, Mindestertrag und Vortrag von Steuerverlusten bewirken, stützt sich bekanntlich auf zwei Säulen:

  • Mindesterlöse aufgrund pauschaler Ertragskennzahlen, die auf das Anlagevermögen zu rechnen sind;
  • Konstanter Ausweis von Steuerverlusten über zumindest 5 Jahre.

Zumindest die Vermutung einer Scheingesellschaft infolge von Verlusten über 5 Jahre wird ab 2023 abgeschafft.

Die Abschaffung gilt ab 2022, aber auch schon mit Bezug auf das Jahr 2021; sprich: Wer 2021 das 5. Jahr infolge Verluste erklärt hat, muss dadurch 2022 nicht die Einschränkungen für sog. Scheingesellschaften beachten.

Meldung Auslandsumsätze (Art. 12)

Über diese Änderung haben wir Sie bereits informiert: Aus Vereinfachungsgründen wird hier nun eine Schwelle von 5.000 Euro vorgesehen: Alle Transaktionen bis zu diesem Betrag sind nicht zu melden. Dies betrifft im Einzelnen alle Umsätze mit Leistungsort außerhalb von Italien unter der vorgenannten Schwelle. Der Erwerb von Treibstoff oder Restaurant- und Hotelleistungen im Ausland brauchen also nicht gemeldet zu werden.

Registrierungsfristen (Art. 14)

Und dann noch eine Änderung zur Registersteuer: Es wird einheitlich vorgesehen, dass registrierungspflichtige Urkunden im Sinne von Art. 13 DPR 131/1986 nicht mehr innerhalb von 20 Tagen, sondern erst innerhalb von 30 Tagen, registriert werden müssen, wie dies derzeit bereits bei den Mietverträgen möglich war.

Überwachung Auslandsgeschäfte (Art. 16)

Zur Erinnerung: Banken und anderen Finanzvermittler haben im Sinne von Art. 1 GV 167/1990 die Transaktionen ihrer Kunden von mehr als 15.000 Euro der Einnahmenagentur zu melden. Die Schwelle gilt für die zusammenhängenden Transaktionen einer Woche. Diese Schwelle wird nun auf 5.000 Euro herabgesetzt, wobei nun lediglich auf die einzelne Transaktion abzustellen ist. Die Neuerung gilt rückwirkend für die Meldungen für 2021, welche innerhalb 31. Oktober 2022 fällig sein werden.

Bestätigungsvermerk für F+E-Ausgaben (Art. 23)

Unternehmen können von eigens zugelassenen Einrichtungen einen Bestätigungsvermerk für die Anerkennung getragener Ausgaben im Bereich Forschung und Entwicklung für Zwecke der einschlägigen Steuergutschriften einholen. Die Möglichkeit soll rückwirkend zur Anwendung kommen, vorausgeschickt, dass die Agentur der Einnahmen nicht bereits mit Kontrollen begonnen hat. Wer diese Bestätigungsvermerke ausstellen darf, soll mit einer eigenen Durchführungsbestimmung festgelegt werden.

Sobald die Durchführungsbestimmungen veröffentlicht sind, werden wir Sie im Detail über die Neuerung informieren, auch weil Aufwendungen mit Bestätigungsvermerk in Zukunft i. W. nur mehr im Betrugsfall geprüft werden sollen.

ISA und Corona (Art. 24)

Auch für das Jahr 2022 sollen die sog. Zuverlässigkeitskennzahlen (ISA) angesichts der Einschränkungen durch Corona nur beschränkt angewandt werden.

Für weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Josef Vieider