Vereinfachungsverordnung Nr. 175/2014 – Auswirkungen auf die Einkommensteuern

Vereinfachungsverordnung Nr. 175/2014 – Auswirkungen auf die Einkommensteuern

In Umsetzung des Ermächtigungsgesetzes Nr. 23 vom 11. März 2014 hat die Regierung am 21. November 2014 die Vereinfachungsverordnung Nr. 175/2014 erlassen. Die Verordnung ist am 13. Dezember 2014 in Kraft getreten und sieht eine Reihe von Änderungen und Vereinfachungen im Steuerbereich vor, die zum Teil umgehend, zum Teil verzögert zur Anwendung kommen. Die Agentur der Einnahmen hat mit zwei Rundschreiben (Nr. 31 und Nr. 32), beide vom 30. Dezember 2014, die wichtigsten Neuerungen erläutert, Nachstehend ein erster Überblick über die verfügten Neuerungen im Bereich der Einkommensteuern:

 

  1. Vereinfachungen bei Optionen (Art. 16):

Die Optionen und Wahlrechte für die Transparenzbesteuerung, für die Gruppenbesteuerung, für die sog. Tonnage tax und jene,  bei Personengesellschaften und Einzelunternehmen die IRAP-Berechnung auf der Grundlage der GuV-Rechnung durchzuführen,  können auch in der Steuererklärung getroffen werden, und zwar in jener Steuererklärung, welche in der Steuerperiode abgegeben wird, ab welcher die Option Wirksamkeit haben soll.  Es ist also nicht länger notwendig, mit eigenen Meldungen die getroffenen Optionen der Agentur der Einnahmen mitzuteilen. Die Neuregelung führt aber nicht unbedingt dazu, dass die entsprechenden Fristen verlängert werden. Die Neuerung gilt für die Steuerperioden ab 2015, und für die einzelnen Optionen ergeben sich folgende Auswirkungen:

- Wer bislang ab 2015 für die Transparenzbesteuerung optieren wollte, musste dies über eine eigene Meldung innerhalb 31.12.2015 tun. Nun ist die Option in der Steuererklärung innerhalb 30.09.15 zu treffen.

- Wer bislang ab 2015 für die Gruppenbesteuerung optieren wollte, musste dies über eine eigene Meldung innerhalb 16. Juni 2015 tun. Nun verfällt die Frist mit der Steuererklärung am 30.09.15.

- Für die „tonnage tax“ wäre eine Option für 2015 ursprünglich innerhalb 31. März 2015 zu tätigen gewesen; nun verfällt bei einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Geschäftsjahr die Frist auch hier zum 30. September 2015.

- Die Option für die IRAP-Ermittlung nach GuV-Daten bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften für 2015 wäre zum 1. März 2015 verfallen; nun gilt auch hier der 30. September 2015 als letzter Termin.

Hinweis: Aus den aufgezeigten Neuerungen ergibt sich vorerst kein unmittelbarer Handlungsbedarf, und wir werden Sie ggf. bis zum 30. September 2015 über weitere Entwicklungen informieren.

 

  1. Gesellschaften mit nachhaltigen Verlusten (Art. 18)

Der Beobachtungszeitraum, ab welchem Gesellschaften mit fortwährenden Verlusten als Scheingesellschaften klassifiziert werden, wird von bislang drei auf fünf Jahre erhöht. Die Änderung gilt rückwirkend bereits ab 2014 und betrifft als Überwachungszeitraum somit die Jahre 2009 bis  2013.  Im Sinne der neuen Regelung gilt für 2014 als Scheingesellschaft jenes Unternehmen, welches entweder in den Jahren 2009 bis 2013 ständig mit einem Steuerverlust geschlossen hat, oder jenes, welches in vier der genannten Steuerperioden mit einem Steuerverlust geschlossen hat und auch in der restlichen Periode nicht einen Gewinn angemeldet hat, welcher oberhalb des Mindestgewinns laut Branchenkennzahlen lag.

Die Verlängerung des Beobachtungszeitraums führt bei vielen krisengeschüttelten Unternehmen zu einer wesentlichen Erleichterung.

 

  1. Solidarische Haftung für Lohnsteuern (Art. 28)

Nachdem im Bereich der MwSt bereits mit G.V. 69/2013 die umstrittene gesamtschuldnerische Haftung zwischen Auftraggeber, Werknehmer und Subunternehmen bei Werkverträgen wegen offensichtlicher Unvereinbarkeit mit einschlägigen EU-Bestimmungen gestrichen worden war, wird sie mit Wirkung 13. Dezember 2014 endlich auch für den Bereich der  Lohn- und anderen Quellensteuern abgeschafft.

Bekanntlich galt bislang zwischen Werknehmer und Subunternehmer eine solidarische Haftung für die korrekte Einzahlung der Lohnsteuern durch den Subunternehmer. Der Auftraggeber selbst war von der gesamtschuldnerischen Haftung nicht unmittelbar betroffen, durfte das Entgelt für die Leistungen aber erst nach Prüfung der ordnungsgemäß erfolgten Lohnsteuerzahlungen entrichten; andernfalls drohte ihm eine Verwaltungsstrafe in Höhe von 5.000 Euro bis zu 200.000 Euro. Es liegt auf der Hand, dass die aufgezeigten Bestimmungen die ohnehin angespannte Lage der Bauwirtschaft in den letzten Monaten zusätzlich verschärft haben. Die Abschaffung stößt damit auf breite Zustimmung.

Mit Rundschreiben Nr. 31 vom 30. Dezember 2014 wurde zudem bestätigt, dass die Abschaffung der Verwaltungsstrafen zu Lasten des Auftraggebers (5.000 – 200.000 Euro) auch rückwirkend gilt.  Keine rückwirkende Abschaffung gibt es hingegen für die gesamtschuldnerische Haftung für die Lohnsteuern zwischen Werknehmer und Subunternehmer. Werknehmer können für ab dem 12. August 2012 abgeschlossene Werkverträge im Zusammenhang mit Zahlungen in der Zeit zwischen dem 11. Oktober 2012 und dem 12. Dezember 2014 weiterhin in die solidarische Haftung genommen werden, soweit sie nicht jeweils die ordnungsmäßige Einzahlung der Lohnsteuern durch ihre Subunternehmer geprüft haben.

 

  1. Solidarische Haftung für Sozialabgaben und Löhne

In der Verordnung wird hingegen die gesamtschuldnerische Haftung von Auftraggebern, Werknehmern und Subunternehmen für die korrekte Einzahlung der Vor- und Fürsorgebeiträge (insb. INPS, INAIL und Bauarbeiterkasse) sowie für die Entlohnung der am Bau tätigen lohnabhängigen Mitarbeiter bestätigt. Die Haftung gilt für einen Zeitraum von 2 Jahren ab Bauende und sie kann sowohl von den Lohnabhängigen als auch von den Sozialfürsorgeinstituten geltend gemacht werden.

 

  1. Quellensteuern auf Provisionen (Art. 27)

Vertreter, Agenten und Vermittler, die sich der dauerhaften Mitarbeit von Angestellten oder Dritten bedienen, können bekanntlich eine Reduzierung der Bemessungsgrundlage für die Quellensteuer auf Provisionen von grundsätzlich 50% auf 20% beantragen; der Steuereinbehalt von 23% wird dann auf 20% der Provisionen berechnet. Um in den Genuss dieser Reduzierung zu kommen, war bislang jährlich innerhalb 31. Dezember des Vorjahres ein eigener Antrag an den Auftraggeber zu stellen. Mit der Vereinfachungsverordnung werden hierzu folgende Änderungen verfügt:

- Der Antrag auf Reduzierung der Quellensteuer kann auch mittels PEC übermittelt werden.

- Der Antrag hat zeitlich unbefristete Gültigkeit bis auf Widerruf oder bis zum Verfall der einschlägigen Voraussetzungen.

- Verfallen die Voraussetzungen, weil z. B. keine Mitarbeiter mehr angestellt sind, ist ein entsprechender Widerruf notwendig, andernfalls droht eine Verwaltungsstrafe zwischen 258 Euro und 2.065 Euro.

Die Neuerungen gelten ab 13. Dezember 2014; in der Verordnung Nr. 175/2014 ist eigentlich der Erlass einer zusätzlichen Durchführungsbestimmung vorgesehen, die bislang ausständig ist. Entsprechend war man in der Fachpresse davon ausgegangen, dass die Neuerung wohl erst Ende 2015 zum Tragen käme.

Mit Rundschreiben Nr. 31/2014 hat die Finanzverwaltung aber mitgeteilt, dass die Reform auch ohne Durchführungsbestimmung unmittelbar angewandt werden kann. Im Klartext: Ein in der Vergangenheit ordnungsmäßig innerhalb 31.12.2013 bzw. innerhalb von 15 Tagen ab Vorliegen der einschlägigen Voraussetzungen oder ab Abschluss des Vermittlungsvertrages verschickter Antrag auf Reduzierung der Quellensteuer  auf 20% bleibt auch für 2015 gültig, vorausgesetzt, dass die einschlägigen Voraussetzungen (Beschäftigung von Lohnabhängigen oder von Dritten) weiterhin vorliegen.

 

  1. Energetische Sanierungen (Art. 12)

Baumaßnahmen zur energetischen Sanierung (Steuerabsetzbetrag von 65%), welche sich über mehrere Steuerperioden hinziehen, müssen nicht mehr eigens innerhalb Ende März des Folgejahres der Agentur der Einnahmen gemeldet werden. Die Erleichterung gilt ab 13. Dezember 2014 und betrifft somit erstmals die Meldung für die Ende 2014 offenen Arbeiten, die nach der bisherigen Regelung bis Ende März 2015 vorzunehmen gewesen wäre.

Hinweis: Eine Unterlassung dieser Meldung hatte bereits in der Vergangenheit nicht zur Aberkennung des Steuerabsetzbetrages von 65%, wohl aber zu Verwaltungsstrafen in Höhe von 258,00 Euro geführt. Diese Strafen gelten infolge der Reform auch für die Vergangenheit als abgeschafft.

 

  1. Unterkunft und Verpflegung der Freiberufler (Art. 10)

Die unmittelbar vom Auftraggeber für einen Freiberufler getragenen Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung stellen für den Freiberufler ab 1. Jänner 2015 keine Sachentlohnungen mehr dar.

Damit endet endlich die bisherige umständliche Handhabung, wonach der Auftraggeber solche Ausgaben dem Freiberufler mitteilen musste und der Freiberufler sie in seiner Rechnung anzuführen hatte, damit der Auftraggeber wiederum darauf die Quellensteuer einbehalten und abführen konnte. Auch müssen diese Ausgaben ab 2015 nicht mehr in der Buchhaltung des Freiberuflers erfasst werden; bislang mussten sie vom Freiberufler als Einnahmen und Ausgaben verzeichnet werden.

Vorsicht: Für das Jahr 2014 gelten noch die bisherigen Regelungen, und die aufgezeigte Reform könnte im Falle einer Betriebsprüfung erst recht das Augenmerk auf etwaige Fehler der Vergangenheit lenken. Zu beachten ist auch, dass die Finanzverwaltung (Rundschreiben Nr. 31/2014) darauf beharrt, dass die aufgezeigte Reform restriktiv nur für die Ausgaben im Rahmen der Unterkunft und Verpflegung gilt. Insbesondere dürften die Erleichterungen demnach nicht auch auf Reisespesen ausgedehnt werden.

Daraus folgt: Übernimmt der Auftraggeber z. B. ein Flug- oder Zugticket für einen Freiberufler (z. B. für einen Referenten anlässlich einer Tagung), so muss er nach wie vor diese Ausgaben dem Freiberufler mitteilen, der sie wiederum in seine Rechnung aufnehmen müsste, und der Unternehmer hat die Quellensteuer auch für diese Reisespesen zu berechnen. In solchen Fällen darf also nur angeraten werden, dass der Freiberufler selbst für seine Reisespesen aufkommt.

 

  1. Abschreibungen bei Konzessionen (Art. 26)

Die Abschreibung der bei Konzessionsverfall unentgeltlich abzutretenden Anlagegüter bei öffentlichen Konzession wird vereinfacht; soweit diese Güter nicht nach konstanten Raten abgeschrieben werden sollen, ist nicht mehr eine eigene ministerielle Ermächtigung erforderlich. Die Regelung gilt bereits für das Geschäftsjahr 2014.

 

  1. Vordruck 730 (Art. 13)

Kernpunkt des gesamten Vereinfachungspaketes aus der Sicht der Politik ist die vorab ausgefüllte vereinfachte Steuererklärung auf Vordruck 730. Sie soll bereits ab 15. April 2015 den Steuerpflichten in elektronischer Form zur Verfügung gestellt werden und versuchsweise die Einkünfte des Jahres 2014 erfassen. Es müssen hierzu allerdings noch die nötigen Durchführungsbestimmungen erlassen werden. Wir werden Sie informieren, sobald die Details bekannt sind.

 

  1. Steuerguthaben auf Zinsen (Art. 14)

Bei der Rückerstattung von Steuerguthaben auf das Steuerkonto muss die Steuereinhebungsstelle ab 1. Jänner 2015 automatisch die entsprechenden Zinsen  zuerkennen, soweit die Erstattung nicht innerhalb von 60 Tagen ab ordnungsmäßiger Vorlage des Antrages durch den Steuerpflichtigen bzw. innerhalb von 20 Tagen nach einer entsprechenden Verfügung durch das Steueramt erfolgt. Für die Zuerkennung der Zinsen ist also kein eigener Antrag erforderlich.

 

  1. Kontrollen aufgelöster Gesellschaften (Art. 28)

Die Kontrollmöglichkeiten gegenüber aufgelösten Gesellschaften werden verschärft, zumal bei Auflösungen immer auch Steuerumgehungen vermutet werden. Bislang mussten bei Auflösung bzw. Streichung von Gesellschaften die etwaigen Festsetzungsbescheide den Gesellschaftern oder dem Liquidator zugestellt werden, zumal die Gesellschaft im Sinne von Art. 2495 ZGB nach ihrer Streichung aus dem Handelsregister nicht mehr existiert.  Nun wird die Gesellschaft beschränkt für steuerliche Zwecke als „Scheintoter“ (treffende Definition W. Großmann in „SWZ“) weitergeführt: Die Löschung wird für steuerliche Zwecke erst nach Ablauf von 5 Jahren nach der Streichung aus dem Handelsregister wirksam. Die bislang nur für die IRES vorgesehene Haftung zulasten der Gesellschafter wird auf alle anderen Steuern ausgedehnt.

 

  1. Steuererklärung Personengesellschaften (Art. 17)

Für Personengesellschaften, die Umstrukturierungen oder Umwandlungen vorgenommen, oder die ein abweichendes Geschäftsjahr haben, werden die gleichen Bestimmungen wie für die Kapitalgesellschaften vorgesehen. Für die Steuererklärungen hat man noch den Vordruck des Vorjahres zu verwenden und die Erklärung bis Ende des neunten Monats nach Ende der Steuerperiode abzugeben. Die geschuldete Irap ist bis zum 16. des Folgemonats nach Abgabe der Steuererklärung zu entrichten. Die Bestimmung gilt ab 13. Dezember 2014.

 

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Josef Vieider

Herunterladen R-06-05.01.2015 Vereinfachungsverordnung direkte Steuern