Rundschreiben Nr. 27/2019
Bozen, 2. Juli 2019
Am Samstag, den 29. Juni 2019, ist im Amtsblatt Nr. 151 das Umwandlungsgesetz (G. Nr. 58/2019) zur sog. Wachstumsverordnung (GV Nr. 34/2019) veröffentlicht worden. Wir haben Sie bereits mit unserem Rundschreiben Nr. 16/2019 über die ursprünglichen Neuerungen der Verordnung, wie sie i. W. seit 1. Mai 2019 in Kraft sind, informiert. Wie zu erwarten war, hat die Eilverordnung im Zuge der parlamentarischen Behandlung zahlreiche Änderungen erfahren, die i. d. R. seit 30. Juni 2019 in Kraft sind. Dabei muss durchaus zugestanden werden, dass die vorgenommenen Änderungen weitgehend im Interesse des Steuerzahlers sind. Nachstehend ein Überblick über die Rechtslage nach Umwandlung der Notverordnung.
1. Für Unternehmen und Freiberufler
Fristverlängerung Steuerzahlungen (Art. 12- quinquies)
Die gute Nachricht vorweg: Unternehmer und Freiberufler, welche in den Anwendungsbereich der neuen Zuverlässigkeitsindizes („ISA“) fallen, müssen ihren Verpflichtungen zur Steuerzahlung für das Jahr 2018 (Saldozahlung und Vorauszahlung) erst innerhalb 30. September 2019 nachkommen, zumal die Software für das neue Benotungssystem mit Verspätung zur Verfügung gestellt worden ist. Für Details verweisen wir auf unser Rundschreiben Nr. 26/2019.
Superabschreibung 130% verlängert (Art. 1)
Die Eilverordnung sieht bekanntlich die Verlängerung der genannten Superabschreibung im Ausmaß von 130% für die Zeit vom 1. April 2019 bis zum 31. Dezember 2019 vor, wobei abermals die Übergangsregelung gilt, dass bei Anzahlungen von 20% innerhalb Jahresfrist 2019 auch noch Investitionen mit Übergabe innerhalb 30. Juni 2020 begünstigt sein werden. Dabei werden allerdings Kosten von maximal 2.500.000 Euro zugelassen. Die Begünstigung ist im Zuge der Umwandlung unverändert bestätigt worden, und entsprechend dürfen wird für Details auf unser Rundschreiben Nr. 16/2019 verweisen.
Steuergutschrift für Messebeteiligung (Art. 49)
Zum 1. Jänner 2019 bestehende KMU-Unternehmen haben für das laufende Geschäftsjahr 2019 Anrecht auf eine Steuergutschrift im Ausmaß von 30% der getragenen Kosten für Beteiligungen an internationalen Messen. Berücksichtigt werden insbesondere die Standmiete, die Kosten für die Ausstattung des Stands und für die Werbung im Zusammenhang mit dem Messeauftritt. Die Steuergutschrift darf maximal 60.000 Euro betragen. Die ursprüngliche Verpflichtung, das Steuerguthaben in drei gleichen Raten auf drei Geschäftsjahre aufteilen zu müssen, wurde im Zuge der Umwandlung gestrichen. Auf- recht geblieben ist allerdings die allgemeine De-Minimis-Beschränkung.
Der Haken an der Neuerung: Für die Förderung sind im Haushalt läppische 5 Mio. Euro vorgesehen. Zwecks Zulassung ist die zeitgerechte Abgabe des Antrages zum „click day“ erforderlich, und die hierfür notwendigen Regelungen werden mit einer eigenen Durchführungsbestimmung innerhalb von 60 Tagen festgelegt werden. Der Zugang zur Förderung dürfe also einmal mehr zu einem Lotteriespiel werden.
Im Zuge der Umwandlung wurde die Begrenzung auf internationale Messen gestrichen, und es werden somit auch nationale Messebeteiligungen gefördert.
Reduzierung IRES-Satz bei Gewinnthesaurierung (Art. 2)
Die erst zum Jahresbeginn 2019 als Ersatz zur abgeschafften ACE eingeführte Ermäßigung der IRES auf 15% (bzw. der IRPEF um 9 Prozentpunkte) bei der Thesaurierung von Gewinnen und deren nachweislicher Verwendung für Investitionen in Sachanlagen oder zur Erhöhung des Personalstandes ist gestrichen worden. Im Gegenzug wird die IRES jetzt schrittweise um nur noch 4 Prozentpunkte von derzeit 24% auf 20% herabgesetzt, und zwar wie folgt: 22,5% für 2019, 21,5% für 2020, 21% für 2021 und 20,5% im Jahr 2022 sowie 20% ab 2023 und der reduzierte Hebesatz kommt für jenen Teil des Gewinns zum Tragen, für welchen ab 2018 Gewinne thesauriert (also Rücklagen zugewiesen werden) bei gleichzeitiger Erhöhung des Nettoreinvermögens (Reinvermögen ohne Gewinn des Geschäftsjahres). Im Gegenzug zur „alten“ Regelung wird auf einen Nachweis der Gewinnverwendung für Investitionen oder Personalerhöhungen verzichtet. Wie aufgezeigt, ist mit dem Umwandlungsgesetz die Reduzierung auf 20% ab dem Jahr 2023 eingeführt worden. Für die praktische Umsetzung der Neuerung muss eine eigene Durchführungsbestimmung erlassen werden.
Patentbox ohne ruling (Art. 4)
Ab 2019 können die Begünstigungen der sog. Patentbox (begünstigte Besteuerung der Einkünfte aus der Nutzung von Patenten und Urheberrechten) auch ohne vorheriges Auskunftsersuchen (ruling) angewandt werden. Der Grund: Die Bearbeitung der Anträge durch die Steuerämter war einfach zu schwerfällig. Die Erleichterung wurde im Zuge der Umwandlung unverändert bestätigt. Für die Umsetzung braucht es aber noch eine eigene Durchführungsbestimmung.
Pauschalbesteuerung und Lohnsteuer für Mitarbeiter (Art. 6)
Der Geltungsbereich für die Pauschalbesteuerung von Kleinunternehmen und Freiberuflern ist ab 2019 bekanntlich gelockert worden. Sie können nun auch mehrere Arbeitnehmer anstellen. Die bisherigen Bestimmungen sahen vor, dass für die entsprechenden Vergütungen keine Lohnsteuer einzubehalten ist (wohl aber die Sozialabgaben). Diese Bestimmung wird rückwirkend ab 1. Jänner 2019 geändert: Für Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und gleichgestellten Arbeiten haben nun auch Pauschalbesteuerte Einbehalte nach den allgemeinen Bestimmungen zu tätigen. Die Einbehalte für die Monate Jänner bis März sind in gleichen Raten voraussichtlich in den Monaten August, September und Oktober nachzuzahlen.
Wichtig: Mit Ausnahme der Lohneinkünfte bleiben die bisherigen Befreiungen der Pauschalbesteuerten von aktiven und passiven Steuereinbehalten unverändert aufrecht.
Aufwertungen bei Umstrukturierungen (Art. 11)
Es wird eine Bestimmung aus dem Jahr 2006 (Finanzgesetz 2007) neu aufgelegt, welche die steuerliche Förderung von Unternehmenszusammenschlüssen (Verschmelzung, Einbringung, Spaltung) zum Gegenstand hatte. Im Wesentlichen geht es um die unentgeltliche steuerliche Anerkennung von Mehrwerten, die sich aus diesen Umstrukturierungen ergeben können (Firmenwert, latente Mehrwerte), und die bislang nur durch eine Ersatzsteuer von 12% bis 16% freigestellt werden konnten. Die unentgeltliche Anerkennung gilt für Mehrwerte bis zu einem Betrag von 5 Mio. Euro. Die Begünstigung gilt für das Zeitfenster ab Inkrafttreten der Verordnung bis zum 31. Dezember 2022. Man hat diesbezüglich auf den Zeitpunkt abzustellen, an welchem die Transaktion rechtswirksam wird (in der Regel mit der Eintragung im Handelsregister). Es sind eigene Missbrauchsbestimmungen in einem Überwachungszeitraum von vier Jahren vorgesehen. So vielversprechend die Begünstigung ist, die praktische Anwendung ist aus den nachstehenden Überlegungen trotzdem beschränkt:
- Neue Unternehmen sind nicht begünstigt; die beteiligten Parteien müssen seit mindes- tens 2 Jahren tätig sein.
- Die beteiligten Parteien dürfen nicht der gleichen Gruppe angehören und nicht verbunden oder beherrscht sein. Im Klartext: Begünstigt ist die Aggregation unabhängiger Drit- ter.
Die Neuerung wurde im Zuge der Umwandlung ohne Änderungen bestätigt.
Sabatini- Förderung erhöht (Art. 20)
Interessante Änderungen gibt es für die Sabatini-Förderung, wo bekanntlich KMU-Be- trieben Zinsbeiträge von 2,75% p.a. (3,575% bei Investitionen 4.0) gewährt werden. Die Investitionsobergrenze wird von bislang 2 Mio. Euro auf 4 Mio. Euro erhöht, und Beihilfen für kleinere Finanzierungen bis zu 100.000 Euro können auch in einer einmaligen Auszahlung liquidiert werden.
Hinweis: Wer bereits das Limit von 2 Mio. Euro ausgeschöpft hat, kann jetzt wieder um die Förderung ansuchen, und zwar bis zur Obergrenze von 4 Mio. Euro.
Im Zuge der Umwandlung wurden für die Gewährung von Sabatini-Finanzierungen weitere Finanzvermittler zugelassen, unter der Voraussetzung, dass sie statutarisch die Zusammenarbeit mit KMU-Unternehmen vorgesehen haben.
Sabatini und Kapitalerhöhungen (Art. 21)
Soweit im Zuge von begünstigten Finanzierungen die Gesellschafter zudem die Verpflichtung eingehen, die Eigenkapitalausstattungen durch Kapitalzuzahlungen zu verbessern, wird der vorgenannte Zinsenbeitrag bei Sabatini-Finanzierungen bei Klein- und Kleinstunternehmen auf 5% erhöht. Für die praktische Anwendung ist auch hier eine eigene Durchführungsbestimmung verlangt. Im Zuge der Umwandlung wurden keine wesentlichen Änderungen vorgenommen.
Ausweis öffentlicher Beihilfen im Anhang (Art. 35)
Zur Erinnerung: Für das Geschäftsjahr 2018 sind im Anhang zum Jahresabschluss grundsätzlich alle Beiträge, Zuschüsse, Beihilfen, Förderungen in Geldoder Sachwerten, soweit sie nicht ein Entgelt oder eine Vergütung für eine erbrachte Leistung oder Lieferung darstellen, getrennt anzuführen. Für Unterlassungen war bislang als Strafe die vollständige Erstattung dieser Beihilfen vorgesehen.
Hier wird zunächst geklärt, dass für den Ausweis das Kassaprinzip (und nicht das Kompetenzprinzip) gilt.
Und dann erfolgt nun eine wesentliche Lockerung. Die Nichtveröffentlichung wird mit einer Strafe in Höhe von 1% und einer Mindeststrafe von 2.000 Euro geahndet, und nur wenn man innerhalb der darauffolgenden 90 Tage nicht der Veröffentlichungspflicht nachkommt, droht auch der Verlust der Beihilfen selbst. Und diese Verwaltungsstrafen werden erst für Vergehen ab 1. Jänner 2020 verhängt.
Daraus folgt im Umkehrschluss, dass für Unterlassungen im Jahr 2019 offensichtlich gar keine Strafen mehr vorgesehen sind.
Neue Gesellschaftsform „SIS“ (Art. 27)
Zur Förderung von kleineren und mittleren Start-up-Unternehmen wird die neue Gesellschaftsform der „einfachen Investitionsgesellschaft“ eingeführt. Professionelle Investoren können solche Gesellschaften gründen und über diese in die genannten Start-up-Unternehmen investieren. Es werden die einschlägigen Kontrollen durch Banca d’Italia und Consob stark erleichtert. Die Beschränkung auf professionelle Investoren ist im Zuge der Umwandlung wieder gestrichen worden.
Absetzbarkeit IMU bei Gewinnermittlung (Art 3)
Zur Erinnerung: Die Gemeindeimmobiliensteuer IMU auf betrieblich genutzte Liegenschaften war bis 2018 für Zwecke der IRES und IRPEF bei der Gewinnermittlung der Unternehmen und Freiberufler nur zu 80% nicht absetzbar; für 2019 war schon im letzten Haushaltsgesetz die Nichtabsetzbarkeit auf 60% reduziert worden. Nun erfolgt für 2019 eine Herabsetzung auf 50%, sprich 50% können abgezogen werden. In den Jahren 2020 und 2021 sollen dann 60% absetzbar sein und ab 2022 sogar 70%. Für Zwecke der IRAP bleibt die vollständige Nichtabsetzbarkeit der IMU aufrecht. Im Zuge der Umwandlung wurde der Art. 3 völlig neu geschrieben; der Inhalt ist aber unverändert geblieben.
Einbringung beherrschender Beteiligungen (Art. 11- bis)
Im Zuge der Umwandlung wurde in Art. 177 TUIR als dauerhafte Regelung der neue Absatz 2-bis neu eingeführt, worin die steuerlich neutrale Einbringung von Beteiligungen in Gesellschaften mit Ausweis der Beteiligung zu den steuerlich anerkannten Kosten i. W. auch dann zugelassen wird, wenn es sich nicht um beherrschende, aber um „qualifizierte“ Beteiligungen handelt und der Einbringer alleiniger Inhaber der aufnehmenden Gesellschaft ist. Dies ist sicher eine interessante Erweiterung der bestehenden Begünstigungen für die Umstrukturierung von Unternehmen.
Ausdruck Register Buchhaltung (Art. 12-octies)
Diese Bestimmung wird alle Buchhalter freuen: Ab sofort ist es nicht mehr notwendig, buchhalterische Aufzeichnungen, die über elektronische Hilfsmittel geführt werden, jährlich innerhalb von drei Monaten nach dem Abgabetermin der Steuererklärung mühsam auf Papier auszudrucken. Die Buchhaltung gilt als ordnungsmäßig geführt, wenn
- die Aufzeichnungen auf elektronischem Wege fristgerecht nachgetragen sind, und
- (erst) im Zuge einer Finanzkontrolle auf Verlangen der Kontrolleure ausgedruckt werden können.
Hinweis: Die Bestimmung tritt umgehend in Kraft, und entsprechend kann man es bereits für das Jahr 2018 unterlassen, MwSt-Register, Abschreibungsbuch oder Journalbuch auszudrucken.
Hinweis: Die Erleichterung gilt nach dem Wortlaut für alle buchhalterischen Aufzeichnungen („qualsiasi registro contabile“) und verlangt keine besonderen Anforderungen an die Software und Datenträger.
Verkauf alkoholischer Getränke (Art. 13- bis)
Die erst im August 2017 zu Gunsten von Bars und Gaststätten bis hin zu den Schutzhütten abgeschaffte Verpflichtung, für den Verkauf alkoholischer Getränke eine eigene Lizenz der Zollagentur einzuholen, wird ab sofort wieder eingeführt.
Hinweis: Das Gesetz sieht hier gar keine Übergangsregelung vor, weshalb nur empfohlen werden kann, sich umgehend wieder um diese Lizenz zu bemühen.
Förderung nachhaltiger Verpackungen (Art. 26- bis)
Für nachhaltige Verpackungsmaterialien können die Hersteller einen Nachlass von 25% gewähren, für welchen sie dann eine Steuergutschrift erhalten. Verkäufer von Verpackungsmaterialien, welche diese Stoffe über eine differenzierte Sammlung zurücknimmt oder wiederverwendet, erhalten eine Steuergutschrift in doppelter Höhe des Nachlasses. So begrüßenswert die Regelung ist, so unbedeutend wird sie am Ende sein, denn die Steuergutschrift darf maximal 10.000 Euro im Jahr betragen. Für die praktische Umsetzung sind zudem eigene Durchführungsbestimmungen verlangt.
2. Immobilien und Bauwesen
Registersteuer Fix-betrag bei Erwerb sanierungsbedürftiger Gebäude (Art. 7)
Diese äußerst interessante Begünstigung ist im Zuge der parlamentarischen Behandlung zusätzlich erweitert worden.
Zur Erinnerung: Mit der Notverordnung gilt seit 1. Mai 2019, dass Unternehmen, die den Bau und die Wiedergewinnung von Gebäuden zum Gegenstand haben, in der Zeit vom
1. Mai 2019 bis zum 31. Dezember 2021 gesamte Gebäude unter Anwendung der Register-, Hypothekar- und Katastersteuer zum jeweiligen Fixbetrag von 200 Euro erwerben können, unter der Voraussetzung, dass sie in den darauffolgenden 10 Jahren den Abbruch und Wiederaufbau dieser Gebäude durchführen, und zwar unter Beachtung der geltenden Bestimmungen im Bereich der Erdbebensicherheit und unter Erreichung der Klimaklassen A oder B, wobei aber durchaus Änderungen des Bauvolumens zugelassen sind. Das Gebäude muss dann auch wieder veräußert werden. Sollte man diesen Auflagen nicht innerhalb der Frist von 10 Jahren nachkommen, ist die ordentliche Registersteuer im Ausmaß von 9% nachzuzahlen, nebst Verzugszinsen und einem Strafaufschlag von 30%. Im Zuge der Umwandlung wurden folgende interessante Änderungen vorgenommen:
- Die Erleichterung gilt auch für den Erwerb gesamter Gebäude, wenn diese nicht abgebrochen, sondern nur wiedergewonnen werden, wobei als anerkannte Baueingriffe außerordentliche Instandhaltungen, Sanierung und bauliche Umgestaltung (Buchstaben b), c) und d) – nicht begünstigt ist damit offensichtlich die städtebauliche Umgestaltung im Sinne von buchst. e) zugelassen sind.
- Neben den Klimaklassen A und B wird auch die Klasse NZEB („near Zero Energy Building“) anerkannt.
- Es wird nicht mehr verlangt, dass innerhalb der 10-Jahresfrist das gesamte Gebäude veräußert wird; es reicht auch der Verkauf von zumindest 75% des Gebäudes aus.
Begünstigt sind in erster Linie die Ankäufe renovierungsbedürftiger Gebäude von Privaten durch die vorgenannten Bauunternehmen; hier waren vor Inkrafttreten dieser Neuerung 9% Registersteuer zu berappen, die jetzt entfallen. Aber auch bei der Abtretung von Gebäuden zwischen Unternehmen kann die Begünstigung immer dort interessant sein, wo der Verkauf nicht der MwSt unterliegt.
Energetische Sanierung (Art. 10) – Steuerguthaben an Bauunternehmen
Die nächste Änderung muss mit einem lachenden und mit einem weinenden Auge gesehen werden: Der Bauherr kann im Zusammenhang mit dem Steuerbonus für die energetischen Sanierungen und Baumaßnahmen zur Erdbebensicherung (65%, 70% bzw. 75%) dafür optieren, nicht selbst die Steuerabsetzbeträge geltend zu machen, sondern im Gegenzug einen Nachlass in gleicher Höhe vom Bauunternehmer zu verlangen. Das Bauunternehmen erhält dann seinerseits für den gewährten Nachlass ein Steuerguthaben, das in 5 gleichen Raten über fünf Jahre verrechnet werden kann. Die Bestimmung enthält keine (!) Regelung für den Fall, dass der Bauherr u. U. gar keine zu verrechnende Steuerguthaben hat. Innerhalb von 30 Tagen soll mit einer eigenen Verordnung die Umsetzung geklärt werden, insbesondere die Form der zu treffenden Option.
Hinweis: So vorteilhaft die Neuerung für Bauherren sein mag, für mittelständische Handwerker und Bauunternehmer ist sie fatal, zwingt sie diese doch, solche Steuergutschriften über 5 Jahre vorzufinanzieren. Wir haben bereits in unserem Rundschreiben vom 1. Mai 2019 auf diesen Missstand aufmerksam gemacht.
Völlig zurecht haben in den letzten Wochen vor allem Südtiroler Unternehmer gegen die Mehrbelastung protestiert, während die Neuerung auf dem restlichen Staatsgebiet ohne großen Widerstand hingenommen worden ist, offensichtlich weil die energetische Sanierung an Bedeutung verliert, je mehr man in den warmen Süden kommt. Immerhin konnte von den Südt. Parlamentariern erreicht werden, dass die Bauunternehmen die so übernommenen Steuerguthaben an ihre Lieferanten oder Subunternehmer abtreten dürfen, wobei aber nur eine einzige (!) Weitergabe zulässig ist. Damit ist das Problem sicher nicht gelöst!
Man darf nur hoffen, dass nach den hitzigen Debatten der letzten Wochen der Sachverhalt wieder mit mehr Vernunft analysiert wird und dass die Neuerung so schnell als möglich abgeschafft wird.
Ersatzsteuer und Mieten (Art. 3-bis)
Eine wirklich sinnvolle Neuerung wurde im Zuge der Gesetzesumwandlung für die Ersatzbesteuerung von Mieten eingeführt. Werden die Vertragsverlängerungen nicht der Agentur für Einnahmen mitgeteilt, so fallen keine Strafen mehr an und die Option für die genannte Ersatzbesteuerung bleibt aufrecht.
3+2 Ver- träge (Art. 19-bis)
Mietverträge laut Gebietsabkommen mit einer Dauer von 3+2 Jahren gelten laut einer gesetzlichen Interpretation als stillschweigend um jeweils 2 weitere Jahre verlängert, soweit sie nicht aufgelöst oder anderweitig geändert werden.
Besteuerung nicht kassierter Mieten (Art. 3- quinquies)
Nicht kassierte Mieterträge mussten bislang nur dann nicht besteuert werden, wenn der Vermieter eine gerichtliche Räumungsverfügung erwirkt hatte. Für Verträge, die ab 1. Jänner 2020 abgeschlossen werden, wird es hingegen ausreichen, eine gerichtliche Zahlungsverfügung oder Räumungsverfügung beantragt zu haben. Soweit später Mieten trotzdem kassiert werden, fallen sie unter die getrennte Besteuerung.
IMU und der TASI (Art. 3-ter)
Die Fristen für die Abgabe von Erklärungen für Zwecke der Gemeindesteuern IMU und TASI werden verschoben; sie sind nicht mehr am 30. Juni, sondern am 31. Dezember des Folgejahres fällig.
Neue TASI-Befreiung (Art. 7-bis)
Liegenschaften, welche zum Verkauf bestimmt sind (also „Waren“ der Bauträger darstellen), sind von der TASI befreit, allerdings erst ab 1. Jänner 2022.
Abschaffung Meldepflicht (Art. 3- quater)
Für Liegenschaften, welche mittels Leihvertrages an Verwandte in direkter Linie überlassen werden, muss zwecks Inanspruchnahme der einschlägigen Erleichterungen bei IMU und TASI keine Meldung mehr an die Gemeinden gemacht werden. Ebenso muss keine Meldung mehr gemacht werden, wenn Liegenschaften zum konventionierten Mietzins vermietet werden, und IMU und TASI werden um 25% reduziert.
Es ist zu hoffen, dass diese Erleichterungen auch in Südtirol in die GIS-Verordnungen der diversen Gemeinden übernommen werden.
IMU (Art. 16-ter)
Die IMU-Befreiungen, wie sie für landwirtschaftliche Unternehmer und Direktbewirtschafter gelten, werden auch auf landwirtschaftliche Gesellschaften ausgedehnt. Auch hier ist nicht klar, ob dies auch für die lokale GIS beansprucht werden darf.
Kurzfristige Mietverträge (Art. 13- quater)
Völlig neu reglementiert wird der Bereich der Kurzzeitmieten:
- Bekanntlich sind Airbnb und ähnliche nicht ansässige Akteure verpflichtet, in Italien einen Fiskalvertreter zu bestellen, welcher für kurzfristige Mietverträge (unter 30 Tagen) einen Steuerrückbehalt tätigt und abführt, soweit sie selbst das Inkasso der Mieten vornehmen. Viele ausländische Makler sind dieser Verpflichtung bislang nicht nachgekommen. Nun wird verfügt, dass verbundene Unternehmen der ausländischen Makler in die Solidarhaftung genommen werden.
- Zudem soll eine eigene Datenbank der Liegenschaften erstellt werden, welche für Kurzzeitvermietungen zweckbestimmt sind; die Einheiten erhalten eine eigene Kennnummer. Unterlassene Eintragungen werden mit Strafen zwischen 500 und 5.000 Euro geahndet. - Und noch eine Neuerung: Die Daten aus den polizeilichen Meldungen der Mieter sollen in Zukunft von der Quästur unmittelbar der Agentur der Einnahmen weitergeleitet werden.
Details werden über eine eigene Durchführungsbestimmung geregelt, insbesondere die Auswirkungen auf den Datenschutz; über diese Thematik werden wir Sie sicher noch näher informieren.
3. Mehrwertsteuer
Tageseinnahmen (Art. 12- quinquies)
Die technischen Probleme bei der Einführung der telematischen Übermittlung der Tageseinnahmen sind allgemein bekannt. Die Lieferanten von Registrierkassen sind völlig überlastet und konnten in den wenigsten Fällen termingerecht eine Aufrüstung der Geräte vornehmen. Allgemein war daher eine Fristverlängerung verlangt worden. Die jetzt vorliegende Lösung kann daher absolut nicht zufriedenstellend sein:
- Für die Übermittlung der Tageseinnahmen wird eine Frist von 12 Tagen ab Umsatztätigung eingeführt; das geht in Ordnung.
- Für eine Übergangszeit von 6 Monaten, also für das 2. Halbjahr 2019, wird bei Unterlassungen und Fehlern in der Übermittlung der Tageseinnahmen keine Verwaltungsstrafe verhängt, allerdings nur soweit die Daten innerhalb des Folgemonats nach Umsatztätigung korrekt übermittelt werden. Daraus folgt nach allgemeiner Leseart: Inner halb 31. August 2019 müssen alle Geräte aufgerüstet sein und es ermöglichen, rückwirkend die Daten ab 1. Juli 2019 ordnungsmäßig zu erfassen und zu übermitteln. Formell keine Verlängerung gibt es übrigens für die elektronische Speicherung der Tageseinnahmen.
Hinweis: Man kann nur hoffen, dass bis Ende August dem Gesetzgeber die notwendige Erleuchtung kommt, auf dass die Bestimmung abermals geändert wird. Bitte teilen Sie den neuen Termin ihrem Registrierkassenlieferanten mit und klären Sie insbesondere auch, wie die nachträgliche Speicherung und Übermittlung der Tageseinnahmen geregelt werden sollen.
Elektronische Rechnungen nach San Marino (Art. 12)
Die geltenden Durchführungsbestimmungen aus dem Jahr 1993, welche die steuerfreien Ausfuhren und die Importe aus San Marino regeln, werden überarbeitet und aktualisiert. Anstelle der bisherigen Abstempelungen erfolgt nun die Kontrolle der Steuerentlastung (Ausfuhren) und der Besteuerung (Einfuhren) durch die elektronische Rechnung und über die SdI-Plattform. Die Neuerung ist nicht umgehend anwendbar, weil für die praktische Umsetzung noch eine Durchführungsbestimmung erlassen werden muss. Die Reform betrifft nur die Warenlieferungen, kann fakultativ aber auch für Dienstleistungen angewandt werden. Die Bestimmung wurde ohne Änderungen übernommen.
Internet- handel (Art. 13)
Unternehmen, welche den Internethandel innerhalb der EU betreiben, haben für jedes Quartal eigene Meldungen über die Verkäufe auf dem Internetportal einzureichen. Wird der Verpflichtung nicht nachgekommen, ist die entsprechende MwSt nachzuzahlen. Die ausdrückliche Regelung, dass die erste Meldung bereits im Juli 2019 abzugeben wäre, wurde im Zuge der Umwandlung gestrichten. Es wird hingegen auf die Regelung in den zu erwartenden Durchführungsbestimmungen verwiesen.
Elektronische Fakturierung (Art. 12-ter)
Bis zum 30. Juni 2019 galt, dass bei sofortiger Rechnungserteilung eine Rechnung grundsätzlich innerhalb Mitternacht des Tages der Umsatztätigung ausgestellt werden musste. Diese Frist wird nun verlängert, und zwar um 12 Tage ab Umsatztätigung laut Art. 6 MwStG (siehe auch unser Rundschreiben Nr. 24/2019).
Elektronische Fakturierung und Stempelsteuer (Art. 12- novies)
Für elektronische Rechnungen, welche seit 1. Jänner 2019 auf das SDI-Portal geladen werden, muss die Agentur der Einnahmen bereits bei Erhalt der Rechnung die Richtigkeit der Angaben für die Stempelsteuer überprüfen; so wird auch die korrekte Abrechnung der Stempelsteuer über das Portal gewährleistet, und es sollte nicht notwendig sein, parallel Aufzeichnungen für die Stempelsteuer zu führen. Diese Kontrolle wird allerdings erst ab 1. Jänner 2020 aktiviert werden. Verspätungen bei der Einzahlung der Steuer werden mit Strafen in Höhe von 30% geahndet.
Abtretung trimestraler MwSt-Guthaben (Art. 12-sexies)
Nicht nur das Guthaben aus der MwSt-Jahreserklärung, sondern auch Guthaben aus trimestralen Erstattungsanträgen können abgetreten werden; die Erleichterung gilt allerdings erst ab dem 1. Jänner 2020.
Absichtserklärungen (Art. 12- septies)
Es werden Vereinfachungen bei den Absichtserklärungen eingeführt. Konkret ist es nicht mehr notwendig, die ausgestellten oder erhaltenen Absichtserklärungen fortlaufend zu nummerieren und in einem eigenen Register aufzuzeichnen. Weiters wird vorgesehen, dass der Rechnungsaussteller in der Rechnung spezifisch die Protokollierungsdaten der Absichtserklärung ausweisen muss. Gravierend ist allerdings eine andere Änderung: Dem Rechnungsaussteller, welcher die die Übermittlung der Absichtserklärung an die Agentur überprüft, drohen nicht mehr Verwaltungsstrafen zum Fixbetrag, sondern variable Strafen in Höhe von 100% bis 200% der MwSt! Die Änderung gilt ab 2020, und es kann nur gehofft werden, dass die Mehrbelastung des Lieferers wieder gemildert wird. Es braucht hier noch eine eigene Durchführungsverordnung.
Landw. Unternehmer (Art. 16-ter)
Die geltenden IMU-Befreiungen, wie sie derzeit für landwirtschaftliche Einzelunternehmer und Direktbewirtschafter gelten, sollen auf landwirtschaftliche Gesellschaften ausgedehnt werden, und zwar rückwirkend ab 2012. Die Kompatibilität dieser Bestimmung mit unserer lokalen GIS ist auch hier zu prüfen.
4. Sonstige Änderungen: Rückkehr der klugen Köpfe
Verschrottung Steuerkartellen (Art. 16- bis)
Im Zuge der Umwandlung ist der zum 30. April 2019 verfallene Termin für die Verschrottung von Steuerzahlkarten erneut eröffnet worden. Straf- und zinsfrei abgefunden werden können Zahlkarten, welche dem Steuereinheber in der Zeit vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2017 übergeben worden sind, und zwar jetzt innerhalb 30. November 2019, und dann entweder in einmaliger Zahlung oder über 17 Raten.
Elektromotorräder (Art. 10- bis)
Neben den Eektroautos werden nun auch Motorräder, Dreiradler und Kleinautos mit Elektro- bzw. Hybridantrieb mit Steuergutschriften bis zu 3.000 Euro gefördert.
Finanzkontrollen (Art. 4-bis)
Aufgrund einer im Zuge der Umwandlung eingeführten Neuerung in Art. 36-ter DPR 600/1973 darf die Finanzverwaltung im Zuge der Überprüfung der Steuererklärung nicht Informationen und Unterlagen verlangen, über die sie bereits verfügt.
Rückkehr Akademiker, Manager und Facharbeiter nach Italien (Art. 5)
Die einschlägigen Begünstigungen (Art. 16 D.Lgs. 147/2015) für hoch qualifizierte Manager und Facharbeiter, die aus dem Ausland nach Italien zurückkehren, werden ab 1. Jänner 2020 abermals erweitert, und zwar: Die Steuerbefreiung wird von derzeit 50% auf 70% der Bemessungsgrundlage erhöht, und die Erleichterung gilt auch für Rückkehrer, die ab 1. Jänner 2020 in Italien eine selbständige Unternehmenstätigkeit beginnen. Voraussetzung ist die Ansässigkeit für zumindest zwei Jahre im Ausland. Die Begünstigung kann wie bisher für 5 Jahre beansprucht werden.
Rückkehr Forscher und Dozenten nach Italien (Art. 5)
Dozenten und Forscher (Art. 44. G-V- 78/2010), welche ab 1. Jänner 2020 nach Italien zurückkehren, können nicht nur wie derzeit für 4 Jahre, sondern für 6 Jahre ab ihrer Rückkehr 90% des Einkommens steuerfrei beziehen. Unter bestimmten Voraussetzungen (minderjährige Kinder, Wohnungskauf u. a.) kann dieser steuerbegünstigte Zeitraum sogar auf 8, 11 oder 13 Jahre verlängert werden.
AIRE-Eintragung bei DBA nicht mehr notwendig (Art. 5)
Die bisherigen Bestimmungen für die vorgenannten Rückkehrer (unabhängig ob qualifizierte Manager und Facharbeiter oder Dozenten und Forscher) setzten voraus, dass der Steuerpflichtige nicht nur zumindest zwei Jahre im Ausland ansässig war, sondern auch, dass er zudem in Italien im Verzeichnis der im Ausland ansässigen italienischen Staatsbürger (AIRE) eingetragen war. Diese zweite Voraussetzung wurde in der Vergangenheit vielfach übersehen und war Anlass für unzählige Beanstandungen durch die Finanzverwaltung! Für Rückkehrer ab 1. Jänner 2020 wird nun von der AIRE-Eintragung abgesehen, vorausgeschickt, dass mit dem Ansässigkeitsstaat ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht! Und gleichzeitig wird auch ein Nachlass für die Steuerperioden bis zum 31.12.2019 gewährt, und dies auch für alle behängenden Verfahren. Im Klartext: Auch für die Vergangenheit wird bei Vorliegen eines DBA’s und bei tatsächlicher Ansässigkeit im Ausland auf den Nachweis der Eintragung ins AIRE verzichtet, und damit sind unzählige Beanstandungen der letzten Jahre hinfällig. Die Dummen sind nur jene, die der Aufforderung der Steuerverwaltung bereits nachgekommen sind und gezahlt haben: Rückvergütungen werden explizit ausgeschlossen!
Umwandungsgesetz
Im Zuge der Umwandlung erfolgte noch eine Sonderregelung für Berufssportler und eine weitere für universitäre Mitarbeiter; bei letzteren wird auch eine Teilzeitbeschäftigung zugelassen.
Empfehlungen:
- Die Neuregelung hinsichtlich der AIRE-Eintragung ist äußerst unklar und widersprüchlich geschrieben, und endgültige Klarheit wird man sicher erst haben, sobald einschlägige Rundschreiben vorliegen. In der Zwischenzeit aber der Rat: Im Zweifelsfall sollten Zahlungen unterlassen werden!
- Hinweis: Für alle „klugen Köpfe“, die derzeit eine Rückkehr nach Italien ins Auge fassen, gilt angesichts der anstehenden Änderungen die Empfehlung, damit bis zum 1. Jänner 2020 zu warten: Die Vorteile werden größer, die Anforderungen einfacher!
Verwendung F24 (Art, 4-quater)
Ab 1. Jänner 2020 können auch Konzessionsgebühren und Schulgebühren mit dem allgemeinen Vordruck F24 eingezahlt werden.
Neuer Termin für Steuererklärung (Art. 4-bis)
Und noch eine gute Nachricht zum Abschluss: Die Steuererklärungen sind in Zukunft immer erst innerhalb des 11. Monats nach Ende der Steuerperiode abzugeben. Für 2018 werden alle Steuererklärungen am 2. Dezember 2019 fällig sein, zumal der 30. November 2019 auf einen Samstag fällt.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Vieider