Weitere Hilfspakete infolge von wegen Energiekostensteigerung und Ukrainekrieg

Wie im vorhergehenden Rundschreiben angekündigt, sind in den letzten Wochen noch 2 weitere Hilfspakete über Eilverordnungen erlassen worden, und zwar

  • die Notverordnung Nr. 36 vom 30. April 2022 sowie die

  • die Notverordnung Nr. 50 vom 17. Mai 2022.

Beide sind zwar unmittelbar rechtswirksam, müssen aber innerhalb von 60 Tagen vom Parlament in Gesetz umgewandelt werden, und dabei werden sie sicher noch Änderungen erfahren. Zum Teil werden mit diesen neuen Verordnungen wieder Bestimmungen der bereits in Gesetz umgewandelten Verordnungen 17/2022 und 21/2022 abgeändert, und darüber haben wir Sie bereits informiert. Hier die weiteren Neuerungen:

1. Maßnahmen im Bereich Strom, Gas und Treibstoff

Mit der Verordnung Nr. 36/2022 wurden z. T. die Fördertarife der Vorgängerverordnungen Nr. 17/2022 und Nr. 21/2022 verbessert, und hierüber haben wir Sie bereits mit unserem Rundschreiben Nr. 20/2022 informiert. Zudem wurde aber für das 1. Quartal 2022 eine Unterstützung für den Gaseinkauf eingeführt.

Beihilfe für gasintensive Unternehmen 1. Quartal 2022 - (Art. 4 G.V. 36/2022)

Zur Erinnerung: Als gasintensives Unternehmen (Stichwort „imprese gasivore“) wird durch eine eigene Ministerialverordnung vom 21. Dezember 2021 ein Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von mehr als 1 GWh/Jahr definiert, wobei zusätzlich die Tätigkeit in eigens definierten ATECO-Kennzahlen und ein Gaskostenanteil von mehr als 20% des VAL (Produktionswert) oder von mehr als 2% des Umsatzes verlangt wird.

Diesen Unternehmen wird nun eine Beihilfe in Höhe von 10% der im ersten Kalenderquartal 2022 getragenen Gaskosten gewährt werden.

Voraussetzung ist, dass der Gaspreis im vierten Quartal 2021 um mehr als 30% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Jahres 2019 gestiegen ist

Die Gutschrift ist steuerfrei und hat auch keine Auswirkungen auf den Abzug von Zinsen und Gemeinkosten. Sie ist ohne Beachtung der üblichen Schwellen über den Vordruck F24 verrechenbar. Sie kann auch an Dritte abgetreten werden. Der Verrechnungsschlüssel muss noch veröffentlicht werden.

Steuergutschrift 28% Dieseltreibstoff für Transportunternehmer (Art. 3 G.V. 50/2022)

Für Transportunternehmen mit Rechtssitz oder Niederlassung (Betriebsstätte) in Italien und entsprechender Eintragung im Berufsverzeichnis des gewerblichen Güterkraftverkehrs („trasporto conto terzi“) sowie für die Unternehmen mit Werkverkehrslizenz („trasporto conto proprio“) wird ein Steuerbonus von 28% für den im ersten Quartal 2022 erworbenen Dieselkraftstoff gewährt. Sachliche Voraussetzungen:

  • Der Kraftstoff muss für Fahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 5 oder höher bestimmt sein;
  • der Ankauf muss durch Rechnung belegt sein und
  • die Traglast der entsprechenden Fahrzeuge muss zumindest 7,5 t betragen.

Die Steuergutschrift kann ausschließlich durch Verrechnung im Zahlungsvordruck F24 beansprucht werden. Sie ist steuerfrei und wird als Staatsbeihilfe innerhalb des befristeten EU Rahmens gewährt. Zudem ist sie mit anderen Hilfsmaßnahmen kumulierbar, vorausgesetzt, die Unterstützungen übersteigen in Summe nicht die getragenen Kosten.

2. Änderungen Bauwesen

Superbonus 110% für Einfamilienhäuser (Art. 14 G.V. 50/2022)

Für Einfamilien- und Reihenhäuser sowie unabhängige Wohnungen gilt der Steuerbonus von 110% bekanntlich noch für das gesamte Jahr 2022. Es wird aber verlangt, dass zum 30. September 2022 zumindest 30% der Arbeiten ausgeführt sind. Bei der Ermittlung dieser Schwelle können aber ausdrücklich (Abs. 8-bis) auch Arbeiten berücksichtigt werden, die nicht für den Bonus von 110% gelten. Ursprünglich war das Erreichen dieser Schwelle schon zum 30. Juni 2022 verlangt worden.

Abtretung Steuergutschriften (Art. 14 G.V. 50/2022)

Die Übertragung der Steuerbonusse seitens der Banken wird erleichtert. Diese können nun die Guthaben auch sofort an eigene Kunden abtreten. Es muss sich dabei um qualifizierte Privatkunden handeln, also um Personen mit bestimmten Fachkenntnissen, welche die entsprechenden Risiken beurteilen können.

Überwachung ENEA (Art. 24 G.V. 36/2022)

Die Meldepflichten an die ENEA-Behörde werden erweitert. Bislang waren diese Meldungen nur für Baueingriffe mit Energiesparmaßnahmen (auch im Zusammenhang mit dem Möbelbonus) erforderlich. Nun sind die Meldungen offensichtlich für alle Baueingriffe im Sinne von Art. 16 G.V. 63/2013 (Wiedergewinnungsarbeiten, Maßnahmen für die Erdbebensicherheit, Möbelbonus) notwendig, unabhängig davon, ob sie auch Energiesparmaßnahmen bewirken. Die ENEA soll so eine zusätzliche Kontrollfunktion über die Umsetzung des Aufbauplans übernehmen.

Hinweis: Die ENEA-Meldung ist spätestens innerhalb von 90 Tagen ab Bauende abzugeben; verspätete Meldungen sind innerhalb des Termins für die Abgabe der Steuererklärung möglich.

3. Sonstige Änderungen für Unternehmen

Annahme elektronischer Zahlungen ab 1. Juli 2022 Pflicht (Art. 18 G.V. 36/2022)

Für Einzelhändler und Freiberufler besteht ab 1. Juli 2022 die Pflicht, auf Verlangen die Zahlungen mittels Kredit- oder Debitkarte (Bancomat) anzunehmen. Bislang waren diesbezüglich keine Verwaltungsstrafen vorgesehen. Nun wird aber die ursprünglich erst ab 1. Jänner 2023 vorgesehene Regelung, wonach Veraltungsstrafen in Höhe von 30 Euro zzgl. 4% der jeweiligen Transaktion (unabhängig vom Betrag) verhängt werden, wird auf den 30. Juni 2022 vorverlegt.

Hinweis: Die strikte Absicht zur Umsetzung dieser Reform wurde von der Regierung auch in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage (Nr. 5-08104 vom 19.05.22) nochmals ausdrücklich bestätigt, und es darf daher kaum mit einem weiteren Aufschub gerechnet werden.

Steuergutschrift Investitionen immat. Vermögensgegenstände 4.0 (Art. 21 G.V. 50/2022)

Der mit dem Haushaltsgesetz für 2021 eingeführte Steuerbonus für den Ankauf von neuen immateriellen Vermögensgegenständen im Bereich Industrie 4.0 (laut Tabelle B Ges. Nr. 178/2016) wird für Investitionen in der Zeit vom 1. Jänner 2022 bis zum 31. Dezember 2022 (bzw. bei Vormerkung und Anzahlung 20% innerhalb Jahresende bis 30. Juni 2023) von derzeit 20% auf 50% erhöht.

Elektronische Rechnungen (Art. 18 G.V. 36/2022)

Mit Wirkung 1. Juli 2022 wird die Pflicht zur Ausstellung elektronischer Rechnung auch auf die pauschalbesteuerten Kleinunternehmen und Freiberufler erweitert.

Konkret betroffen sind Steuerpflichtige, welche die sogenannte Vorteilsregelung (Art. 27 DL Nr. 98/2011) und das Pauschalverfahren (Art. 1 Abs. 54 u.ff. Ges. Nr. 190/2014) anwenden, sowie die Amateursportvereine mit einem Umsatz von nicht mehr als 65.000 Euro (Ges. Nr. 398/1991).

Davon ausgenommen sind die Steuerpflichtigen mit Erlösen im Jahr 2021 von nicht mehr als 25.000 Euro; die Schwelle ist gegebenenfalls im zeitlichen Verhältnis anzupassen. Diese Steuerpflichtigen haben dann die elektronischen Rechnungen ab 1. Jänner 2024 auszustellen.

Für die ersten 3 Monate (Juli bis September 2022) gilt eine Übergangsregelung, wonach auch bei unterlassener oder verspäteter Rechnungserteilung keine Verwaltungsstrafen zur Anwendung kommen, vorausgesetzt dass die elektronische Rechnung spätestens innerhalb des Folgemonats nach dem Leistungsdatum erteilt wird.

Steuergutschrift für Fortbildung Mitarbeiter Industrie 4.0 (Art. 22 G.V. 50/2022)

Die bisherige Steuergutschrift für Fortbildung der Mitarbeiter im Bereich Industrie 4.0 wird für

  • die Kleinunternehmen von 50% auf 70% mit einer Obergrenze der zugelassenen Kosten von 300.000 Euro und
  • für die mittleren Unternehmen von 40% auf 50% mit einer Obergrenze der zugelassenen Kosten von 250.000 Euro angehoben.

Die Fortbildung muss allerdings von eigens qualifiziertem Personal vorgenommen werden; die entsprechenden Qualifikationen müssen noch über Durchführungsbestimmungen geklärt werden. Soweit nach dem 19. Mai 2022 begonnene Fortbildungsprojekte die neuen Qualitätsansprüche hingegen nicht erfüllen, werden die Fördersätze auf 40% bzw. auf 35% der Ausgaben reduziert.

Hinweis: Wer jetzt solche Projekte plant, sollte unbedingt zuvor die Veröffentlichung der neuen Anforderungen abwarten.

Unternehmenskrise (Art. 42 G.V. 36/2022)

Der neue Kodex zur Insolvenz und Unternehmenskrise (Dlgs. Nr. 14/2019) wird bis 15. Juli 2022 aufgeschoben.

4. Sonstige Änderungen für Steuerpflichtige

Einmalzahlung 200 Euro (Art. 23 G.V. 50/2022)

Arbeitnehmern und Rentnern mit einem Einkommen bis zu 35.000 Euro wird zur Bewältigung der derzeitigen Krise eine Einmalzahlung von 200 Euro zuerkannt. Die Unterstützung steht auch freien Mitarbeitern, Hausangestellten und Beziehern der Mindestsicherung (reddito di cittadinanza) zu­. Die Auszahlung erfolgt i. W. automatisch mit dem Gehalt/der Rente für den Monat Juli 2022, es wird vom Begünstigten aber verlangt, dass er eine Erklärung abgibt, die Anforderungen hinsichtlich des Einkommens zu erfüllen.

Beihilfe-Fonds für Selbständige (Art. 33 G.V. 50/2022)

Es wird ein Fonds in Höhe von 500 Millionen Euro für einen Einmalbetrag zu Gunsten von Selbständigen mit geringem Einkommen vorgesehen, welche nicht Zugang zum erwähnten Bonus von 200 Euro haben. Hier wird über eigene Durchführungsbestimmungen die Inanspruchnahme geklärt werden.

Steuergutschrift Abos für öffentliche Verkehrsmittel (Art. 35 G.V. 50/2022)

Mit der Absicht, die Transportaufwendungen bei Studenten und Arbeitern zu reduzieren, wird allen Bürgern mit einem steuerpflichtigen Einkommen von nicht mehr als 35.000 Euro ein Bonus von 100% für den Ankauf eines Jahresabos für öffentliche Verkehrsmittel gewährt, und zwar mit einer Obergrenze von 60 Euro. Der Bonus darf offensichtlich nur einmal in der Familie genutzt werden. Der Steuerabsetzbetrag von 19 Prozent kann hingegen zusätzlich beansprucht werden.

Für weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Josef Vieider