Die Regierung hat vor einigen Tagen ein weiteres Hilfspaket verabschiedet, das am 9. August 2022 als G.V. 115/2022 im Amtsblatt veröffentlicht worden ist. Das Paket enthält Hilfsmaßnahmen für private Haushalte und für Unternehmen; wir beschränken uns hier vor allem auf letztere, und hier geht es in erster Linie wieder um den Energiesektor:
Beihilfen für stromintensive Unternehmen 3. Quartal 2022 (Art. 6)
Zur Erinnerung: Als energieintensive Unternehmen (Fachbegriff „imprese energivore“) gelten Unternehmen mit einem Stromverbrauch im Jahr von mehr als einer GW/h (Gigawattstunde), welche zusätzlich eine der nachstehenden Anforderungen erfüllen:
- Tätigkeit in einem Bereich laut Anlage 3 eines eigenen Leitfadens der EU;
- Tätigkeit in einem Bereich laut Anlage 5 des genannten Leitfadens und zusätzlich Energiekosten von zumindest 20% des Produktionswertes (sog. „VAL“ laut einer eigenen Berechnung) oder
- Unternehmen, die in den Listen CSEA 2013 und 2014 enthalten sind.
Für diese stromintensiven Unternehmen wird nun auch für das dritte Kalenderquartal 2022 (1. Juli 2022 - 3. September 2022) ein Steuerbonus von 25% für den Energieanteil der Stromkosten vorgesehen. Voraussetzung ist, dass die Energiekosten im zweiten Quartal 2022 um mehr als 30% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Jahres 2019 gestiegen sind.
Beihilfe für gasintensive Unternehmen 3. Quartal 2022 (Art. 6)
Als gasintensives Unternehmen (Stichwort „imprese gasivore“) wird durch eine eigene Ministerialverordnung vom 21. Dezember 2021 ein Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von mehr als 1 GWh/Jahr definiert, wobei zusätzlich die Tätigkeit in eigens definierten ATECO-Kennzahlen und ein Gaskostenanteil von mehr als 20% des VAL (Produktionswert) oder von mehr als 2% des Umsatzes verlangt wird. Diesen Unternehmen wird auch für das 3. Quartal 2022 eine Steuergutschrift in Höhe von 25% der Gaskosten gewährt werden. Voraussetzung ist, dass der Gaspreis im zweiten Quartal 2022 um mehr als 30% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Jahres 2019 gestiegen ist.
Steuerbonus für nicht energie- bzw. gasintensive Unternehmen 3. Quartal 2022 (Art. 6)
Auch für nicht energieintensive Unternehmen mit einem Stromanschluss von 16,5 kW oder höher wird ein Steuerbonus von 15% der im dritten Kalenderquartal 2022 getragenen Stromkosten gewährt. Zugangsvoraussetzung: Die Stromkosten, beschränkt auf den Energieanteil, im zweiten Kalenderquartal 2022 nach Abzug etwaiger anderer Beihilfen müssen gegenüber dem zweiten Kalenderquartal 2019 um mindestens 30% angestiegen sein.
Eine ähnliche Regelung gilt für die Abfederung der Gaskosten. Der Steuerbonus beträgt hier 25% der im dritten Kalenderquartal 2022 getragenen Gaskosten. Zugangsvoraussetzung: Die Gaskosten müssen im zweiten Kalenderquartal 2022 gegenüber dem zweiten Kalenderquartal 2019 um mindestens 30% gestiegen sein.
Verwendung der Steuergutschriften:
Was die Verwendung der vorgenannten Steuergutschriften angelangt, gelten die bisherigen Regelungen:
a) Der Steuerbonus kann nur durch Verrechnung über den Zahlungsvordruck F24 beansprucht werden (Abzug von geschuldeten Steuern oder Sozialabgaben).
b) Er ist für Zwecke der Einkommensteuern und der IRAP steuerfrei und beeinträchtigt auch nicht den Abzug von Gemeinkosten und Passivzinsen.
c) Der Bonus kann mit anderen Beihilfen kumuliert werden, vorausgesetzt, der Gesamtbetrag der Beihilfen nach Berücksichtigung auch des Vorteils aus der Steuerbefreiung übersteigt nicht die Kosten.
Bei der Verrechnung gelten zudem nicht die einschlägigen Obergrenzen von 2 Mio. Euro bzw. 250.000 Euro, und es bedarf auch keines Bestätigungsvermerks bei Beträgen über 5.000 Euro.
Wichtig: Die Verrechnung muss innerhalb 31.12.2022 erfolgen, sonst ist das Guthaben verloren; ggf. sollte eine Abtretung an Dritte geprüft werden.
Mitteilung durch den Energie- und Gaslieferanten:
Nicht energie- oder gasintensive Unternehmen können von ihrem Lieferanten die notwendigen Bezugsdaten für die Berechnung der obigen Steuerguthaben verlangen, und diese sind verpflichtet, innerhalb von 60 Tagen die notwendigen Auskünfte zu erteilen.
MwSt 5% auf Naturgas (Art. 5 und Art. 8)
Der verminderte MwSt-Satz von 5% auf die Lieferung von Naturgas wird vorerst bis zum Jahresende 2022 verlängert. Die gleiche Reduzierung gilt auch für das Gas, welches für den Gütertransport bestimmt ist, allerdings vorerst nur bis zum 20. September 2022.
Steuergutschrift Landwirtschaft 3. Quartal 2022 (Art. 7)
Für landwirtschaftliche Unternehmen und Fischereibetriebe wird eine Steuergutschrift von 20% auf die Treibstoffkosten des 3. Quartals 2022, soweit durch entsprechende Rechnungen belegt, vorgesehen.
Allgemeine Reduzierung Mineralölsteuer vorerst bis zum 20. September 2022 (Art. 8)
Um die Preissteigerungen bei Benzin und Diesel zu begrenzen, wird die anteilige Reduzierung der Mineralölsteuer abermals verlängert, und zwar vorerst bis zum 20. September 2022. Das Ausmaß der Begünstigung ist unverändert geblieben und beträgt:
- für Benzing mit 478,40 Euro je 1.000 Liter und
- für Diesel mit 367,40 Euro je 1.000 Liter sowie
- GPL für den Straßenverkehr 182,61 je 1.000 kg.
- Naturgas für den Straßenverkehr: keine Mineralölsteuer.
Fringe benefit (Art. 12)
Lohnabhängigen können im Krisenjahr 2022 freigiebige Zuwendungen bis zu 600 Euro gewährt werden, welche von Lohnsteuern und Sozialabgaben ausgenommen sind, und in diesem Zusammenhang können Arbeitgeber auch Strom-, Wasser- und Gaskosten der Mitarbeiter teilweise übernehmen.
Hilfe für Freiberufler
Freiberuflern mit einem Einkommen bis zu 35.000 Euro soll mit einer einmaligen Zuwendung von 200 Euro unter die Arme gegriffen werden.
Übergewinnsteuer Energieunternehmen (Art. 42)
Über die Sonderabgabe auf „Übergewinne“ von Energieunternehmen haben wir Sie bereits informiert. Die Forderung, dass „Krisengewinnler“ u. U. eine Sonderabgabe zahlen sollten, wird wahrscheinlich auf breite Zustimmung stoßen. Dass die Übergewinne aber stur einzig aufgrund der aktiven und passiven MwSt-Umsätze ermittelt werden, ist hingegen mehr als bedenklich und dürfte wohl kaum einer juristischen Prüfung standhalten. Entsprechend blieben die Steuereinnahmen aus der ersten Vorauszahlung zum 30. Juni 2022 auch weit unter den Erwartungen der Finanzverwaltung. Aber anstatt auch nur über die Berechnung der Abgabe nachzudenken, werden nun die Verwaltungsstrafen erhöht: Wer bis zum 31. August 2022 noch der Zahlungsverpflichtung nachkommt, soll mit einem Strafaufschlag von 15% davonkommen; danach drohen Strafen in Höhe von 60%. Ob so drakonische Strafen die Steuerpflichtigen von der Rechtmäßigkeit der Abgabe überzeugen können, darf zumindest bezweifelt werden.
Für weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Vieider