Weitgehende Reform der Wirtschaftsförderung in Südtirol
Mit mehreren Verordnungen hat die Landesregierung im Laufe der letzten Monate die Wirtschaftsförderung in Südtirol grundlegend reformiert. Im Ergebnis werden für Investitionen in Sachanlagen, abgesehen vom Tourismus, die traditionellen Kapitalbeiträge weitgehend abgeschafft, und die Förderung besteht für Investitionen in Betriebsgüter vor allem in der Bereitstellung begünstigter Finanzierungen im Rahmen des sog. Rotationsfonds. Die positiven Auswirkungen dieser Förderschiene sind angesichts des derzeitigen Zinsniveaus allerdings beschränkt. Weiterhin Kapitalbeiträge gibt es hingegen zur Unterstützung der Internationalisierung und insbesondere der betrieblichen Forschung und Innovation, und in diesem Zusammenhang ist es durchaus auch möglich, Kapitalbeihilfen für Investitionen in Sachanlagen zu erhalten, soweit diese der Forschung und Entwicklung dienlich sind. Entsprechend lohnt es sich, insbesondere die Möglichkeiten von Beihilfen im Bereich der Innovation und Forschung genau zu analysieren.
Das System der Förderung von Frauenunternehmen ist kürzlich ebenfalls überarbeitet worden. Hier beschränken sich die Änderungen i. W. aber auf eine Reduzierung der früheren Beitragssätze. Kapitalbeiträge sind zu Gunsten der Frauenunternehmen weiterhin zulässig.
Nachstehend ein Überblick über die wichtigsten Ecksteine der aktuelle Wirtschaftsförderung in Südtirol, natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
- Wirtschaftsförderung für betriebliche Investitionen in den Bereichen Handwerk, Industrie, Handel und Dienstleistungen
Wie eingangs aufgezeigt, werden betriebliche Investitionen in den Sektoren Handwerk, Industrie, Handel und Dienstleistungen nur mehr über begünstigte Finanzierungen aus dem Rotationsfond unterstützt. Die Landesregierung hat mit Beschluss Nr. 607 vom 26. Mai 2015 die entsprechenden Förderkriterien festgelegt und gleichzeitig den seit rund 1½ Jahren herrschenden Beihilfenstopp aufgehoben, so dass jetzt wieder Beihilfengesuche eingereicht werden können. Im Sinne der vorgenannten Richtlinien sind zur Förderung über den Rotationsfond die nachstehenden Investitionen in unbewegliche Güter zugelassen:
- Erwerb einer Fläche zur Ansiedelung oder Erweiterung des Unternehmens,
- Ankauf von betrieblichen Immobilien,
- Errichtung von betrieblichen Immobilien,
- Umbau/Erweiterung (konzessionspflichtige Arbeiten),
- Kauf eines Unternehmens oder eines Betriebszweiges.
Begünstigt sind zudem Investitionen in bewegliche Güter:
- Umbau (nicht konzessionspflichtige Arbeiten),
- Maschinen, Geräte, technische Anlagen, Einrichtungen und Beschneiungsanlagen,
- Transportmittel und entsprechende Ausstattungen (nur für bestimmte Tätigkeiten),
- Sonderfahrzeuge,
- nicht obligatorische Ausrüstungen und Sicherheitseinrichtungen für Transportmittel zugunsten von Autotransportunternehmen,
- spezifische Hardware und Software zugunsten von Autotransportunternehmen für kombinierten Transport,
- Sattelauflieger, Wechselbehälter und Container zugunsten von Autotransportunternehmen für kombinierten Transport,
- Fahrzeuge für Personentransport zugunsten von Personentransportunternehmen,
- Ankauf von neuen und Nachrüstung von vorhandenen Transportmitteln für Autotransportunternehmen,
- Investitionen für Energieeffizienzmaßnahmen beschränkt auf Anlagen und Maschinen.
Für betriebliche Investitionen kann dasselbe Unternehmen jährlich nur einen einzigen Finanzierungsantrag stellen. Die Anträge sind – je nach Zugehörigkeit des Antragstellers – an das Amt für Handwerk, an das Amt für Industrie und Gruben oder an das Amt für Handel und Dienstleistungen zu richten. Die Antragsformulare können von den Internetseiten der genannten Ämter heruntergeladen werden. Es enthält Angaben zur Tätigkeit und zur geplanten Investition. Dem Antrag müssen die Kostenvoranschläge oder Angebote beigelegt werden. Bei baukonzessionspflichtigen Arbeiten müssen das genehmigte Bauprojekt, der technische Bericht sowie die Baukonzession beigelegt werden. Die begünstigte Finanzierung aus dem Rotationsfonds wird erst nach Hinterlegung des Genehmigungsschreibens und des Informationsberichts einer vertragsgebundenen Bank oder Leasinggesellschaft gewährt.
Die Förderung wird in Form eines begünstigten Darlehens oder Leasings aus dem Rotationsfonds gewährt. Das Förderungsausmaß ist als Bruttosubventionsäquivalent (BSÄ) ausgedrückt und darf die vorgesehenen Grenzen für Kleinunternehmen von 20% der beihilfefähigen Kosten und von 10% für Mittel- und Großunternehmen nicht überschreiten.
Die maximale Tilgungszeit des Darlehens beträgt fünfzehn Jahre für unbewegliche Güter und zehn Jahre für bewegliche Güter; in diesem Zeitraum kann höchstens ein Jahr tilgungsfreie Zeit einberechnet werden. Die Laufzeit der Leasingfinanzierung entspricht in der Regel jener des Leasingvertrags; diese darf aber nicht kürzer sein als in den geltenden Steuerbestimmungen vorgesehen und nicht länger als zwanzig Jahre für unbewegliche bzw. zehn Jahre für bewegliche Güter. Die Beteiligung des Landes an den Finanzierungen darf folgende Prozentsätze nicht überschreiten:
Laufzeit bis zu 10 Jahren = max. 60%
Laufzeit bis zu 15 Jahren = max. 55%
Laufzeit bis zu 20 Jahren = max. 50%
Diese Beteiligungsquoten können durch Zuschläge in Sonderfällen um 5% erhöht werden.
Jährliche Höchstgrenze für Investitionen:
- Kleinunternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten: 1.200.000 Euro und
- mittlere und Großunternehmen: 2.000.000 Euro.
Nach wie vor gilt: Finanzierungsanträge müssen vor Beginn der jeweiligen Investition eingereicht werden, bei sonstiger Ablehnung des Förderungsantrages.
Diesem Rundschreiben werden unter Anlage A) die aktuellen Förderkriterien für betriebliche Investitionen, wie sie von der Landesregierung mit Beschluss vom 26. Mai 2015 festgelegt worden sind, beigelegt.
- Wirtschaftsförderung für Forschung und Innovation
Mit Beschluss der Landesregierung vom 5. Mai 2015 Nr. 511 wurden von der Landesregierung hingegen neue Förderkriterien für Investitionen in den Bereichen Forschung und Innovation festgelegt. Gefördert werden hier vor allem:
- Projekte zur Grundlagenforschung,
- Durchführbarkeitsstudien,
- Gewerbliche Schutzreche,
- Vorhaben zur Umsetzung von Managementsystemen,
- Innovationsberatungsdienste,
- Projekte zur Prozesse der Organisationsinnovation,
- Einstellung oder Abstellung von hoch qualifiziertem Personal,
- die Kapitalisierung von neuen innovativen Unternehmen sowie
- besondere Forschungs- und Innovationsvorhaben.
Für diese Maßnahmen gibt es neben den zinsbegünstigten Darlehen auch noch Kapitalbeiträge. Wichtig: Soweit die entsprechenden Güter im Rahmen der Forschungs- und Innovationstätigkeit eingesetzt werden, können hier über Kapitalbeiträge nicht nur Personalkosten und Auftragsforschung bezuschusst werden, sondern auch Kosten für Maschinen, Anlagen, Instrumente und Ausrüstung sowie im Extremfall auch die Kosten für Grundstücke und Gebäude. Entsprechend lohnt sich eine Vertiefung der entsprechenden Förderkriterien, auch angesichts der möglichen Zuschüsse. Die Höhe der Förderung bewegt sich nämlich zwischen 25% (Einzelprojekte großer Unternehmen) und 100% für reine Grundlagenforschung der anerkannten Kosten.
Es können mehrere Anträge pro Jahr eingereicht werden. Es gibt keine Fälligkeit für die Abgabe der Anträge. Die Kostenabrechnung über das durchgeführte Vorhaben muss innerhalb von fünf Jahren ab Genehmigung der betreffenden Beihilfe dem Amt vorgelegt werden, andernfalls wird die gewährte Beihilfe widerrufen.
Die Anträge sind an das Amt für Innovation, Forschung und Entwicklung zu richten. Auf der Internetseite des Amtes sind auch die notwendigen Antragsformulare und Erklärungen verfügbar.
Wir legen die Durchführungsbestimmungen laut Beschluss Nr. 511 vom 5. Mai 2015 zur überarbeiteten Innovationsförderung diesem Rundschreiben unter Anlage B) bei.
- Wirtschaftsförderung im Bereich der Internationalisierung und Exportförderung
Mit Beschluss der Landesregierung Nr. 298 vom 17.03.2015 sind zudem neue Maßnahmen zur Unterstützung der Internationalisierung der Unternahmen genehmigt worden, die rückwirkende ab 1. Jänner 2015 zur Anwendung kommen. Die Förderungen für Internationalisierung können Unternehmen in Anspruch nehmen, die ordnungsmäßig im Handelsregister der Handelskammer Bozen eingetragen sind und in Südtirol eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Der Tourismussektor ist von diesen Förderungen ausgeschlossen. Es sind nur Vorhaben zur Förderung zugelassen, die Betriebsstandorte in Südtirol betreffen und die sich direkt auf diese auswirken. Im Detail können folgende Maßnahmen bezuschusst werden:
- Marktanalysen:
Studien, Untersuchungen und Beratungen, durchgeführt von Beratungsdiensten, Forschungseinrichtungen oder Universitäten zur Erlangung von spezifischen Informationen über Märkte und deren Erschließung innerhalb und außerhalb des europäischen Binnenmarktes.
Zulässige Höchstausgabe: 20.000,00 Euro pro Vorhaben.
- Markterschließung und Produktinitiativen:
Ausgaben für die von externen und betriebsunabhängigen Einrichtungen angebotenen Beratungen und Dienstleistungen zur Markterschließung und zur Anpassung der Produkte an die Zielmärkte für einen Zeitraum von maximal 12 Monaten.
Zulässige Höchstausgabe: 40.000,00 Euro pro Vorhaben.
Der Auftrag darf eine Laufzeit von höchstens 12 Monaten haben.
- Teilnahme an Ausstellungen und Messeveranstaltungen:
- a) Teilnahmen an Ausstellungen und Messeveranstaltungen außerhalb Südtirols sowie an folgenden Messen, welche in Bozen stattfinden: Alpitec, Prowinter, Klimahouse, Klimaenergy, Klimamobility, Klimainfisso, Interpoma, Hotel, Viatec e Civilprotec.
- b) Es werden folgende Ausgaben zur Förderung zugelassen:
- Platzmiete
- Mietkosten für den Stand und die Ausstattung
- Ausgaben für den Auf- und Abbau des Standes
- Einschreibe- und Teilnahmegebühren
- Versicherungspolizzen für Exportkredite
- Versicherungspolizzen für Exportkredite in Ländern außerhalb der EU und in Ländern außerhalb der OECD .
Die beihilfefähige Mindestausgabe für ein Vorhaben beträgt 2.000 Euro. Die beihilferelevante Höchstausgabe, betreffend das Tageshonorar für eine Beratung, durchgeführt von einem Berater bzw. einem Beratungsunternehmen, beträgt 900 Euro. Die Förderung wird ausschließlich im Rahmen von Kapitalbeiträgen gewährt.
Es kann jährlich ein Förderantrag je Vorhaben eingereicht werden. Die Anträge müssen vor Ausstellung der Ausgabenbelege (Rechnungen und Honorarnoten) und vor jeglicher Zahlung eingereicht werden. Andernfalls sind die Vorhaben von den Förderungen ausgeschlossen.
Die Anträge sind – je nach Zugehörigkeit des Antragstellers – an das Amt für Handwerk, an das Amt für Industrie und Gruben oder an das Amt für Handel und Dienstleistungen zu richten. Die Antragsformulare können von den Internetseiten der genannten Ämter heruntergeladen werden.
Unter Anlage C) legen wir die aktuellen Förderrichtlinien, genehmigt mit Beschluss der Landesregierung Nr. 298 vom 17. März 2015, für diese Maßnahmen bei.
- Förderung der „Frauenunternehmen“
Mit Beschluss Nr. 658 vom 9. Juni 2015 wurden von der Landesregierung schließlich auch die geltenden Förderkriterien zu Gunsten von Frauenunternehmen überarbeitet. Gefördert werden Kleinunternehmen, die von Frauen geführt werden, und zwar bei der Unternehmensgründung oder dem Beginn einer freiberuflichen Tätigkeit, der Betriebsübernahme, Unternehmensnachfolge oder bei Aus- und Weiterbildung sowie für Beratungsdienste. Gewährt werden Kapitalbeiträge in Höhe von bis zu 30% für betriebliche Investitionen und von bis zu 60% für die Aus- und Weiterbildung.
Die Förderungsanträge sind im Jahr 2015 zwischen dem 1. Juli 2015 und dem 30. Dezember 2015 beim Landesamt für Handwerk einzureichen. Von der Internetseite des Amtes kann der Gesuchsvordruck heruntergeladen werden.
Unter Anlage D) legen wir die aktuellen Förderrichtlinien, wie sie mit dem obgenannen Beschluss Nr. 658 vom 9. Juni 2015 von der Landesregierung genehmigt worden sind, bei.
- Wirtschaftsförderung im Bereich Tourismus
Die Beihilfen im Bereich Tourismus sind von den jüngsten Reformen nur am Rande betroffen, weshalb an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen wird. Der Beitragsstopp im Tourismus ist bekanntlich schon im Vorjahr aufgehoben worden. In diesem Sektor wurden auch die traditionellen Kapitalbeiträge i. W. beibehalten. Trotzdem sind im Zuge der Aufhebung des Beitragsstopps für Handwerk, Industrie, Handel und Dienstleistungen im heurigen Frühjahr auch hier einige Änderungen verfügt worden. Die wichtigsten im Überblick:
- Beitragsansuchen sind nur mehr vor Beginn der Investition bzw. Initiative zulässig;
- der Antrag um Beitragsauszahlung muss innerhalb von drei Jahren mit Möglichkeit der Verlängerung auf fünf Jahre erfolgen;
- Stundungen begünstigter Darlehen aus dem Rotationsfond sind nicht mehr zulässig;
- Gesuche für den Neubau von Beherbergungsbetrieben und quantitative Erweiterungen sind nun auch in touristisch entwickelten Gemeinden bzw. Gebieten zulässig und innerhalb 2017 einzureichen.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Josef Vieider
Herunterladen R-36-04.08.2015 Neuerungen Wirtschaftsförderung Suedtirol
A: Richtlinien für die Förderung betrieblicher Investitionen
B: Richtlinien für die Förderung der Innovation