Zutritt zum Arbeitsplatz ab 15. Oktober 2021 nur noch mit Covid-19-Ausweis (sog. „grüner Pass“)

Landeshauptmann Arno Kompatscher hat am 1. Oktober 2021 die Verordnung Nr. 31/2021 unterzeichnet und mit dieser im Wesentlichen die staatlichen Regelungen im Zusammenhang mit dem sog. „grünen Pass“ (G.V. Nr. 127/2021) übernommen. Das hat auch in Südtirol zur Folge, dass ab 15. Oktober 2021 sowohl in den öffentlichen Verwaltungen als auch in der privaten Arbeitswelt der Zutritt zum Arbeitsplatz nur mehr gegen Vorweis eines Covid-19-Ausweises (sog. grüner Passes) erlaubt sein wird. Die Einschränkungen gelten vorerst bis Jahresende. Nachstehend die wichtigsten Hinweise für die Privatwirtschaft.

Im Sinne von Art. 3 der G.V. 127/2021 bzw. von Punkt 6) der genannten Verordnung des Landeshauptmannes Nr. 31/2021 ist vom 15. Oktober bis zum 31. Dezember 2021 jede Person, die im privaten Sektor tätig ist, verpflichtet, für den Zugang zu den Orten, an welchen sie ihre Tätigkeit ausübt, die „grüne Bescheinigung“ laut Punkt 33 der Dringlichkeitsmaßnahme des Landeshauptmannes Nr. 28 vom 30. Juli 2021 (nachstehend nur kurz „Covid-19-Ausweis“ oder „grüner Pass“) zu besitzen und bei Aufforderung vorzuzeigen. Voraussetzungen für den Erhalt eines solchen „grünen Passes“ sind entweder die bekannten Impfungen, ein Test oder der Nachweis über die Genesung nach einer Corona-Infektion.

Subjektive Anwendung

Arbeitnehmer (unabhängig ob mit befristetem oder unbefristetem Arbeitsvertrag, Tagelöhner, Praktikanten und Mitarbeiter mit anderen Rechtsverhältnissen), aber auch freie Mitarbeiter, und hier u. E. vor allem die Verwaltungsräte von Gesellschaften, sowie alle selbständigen Freiberufler und Unternehmen sowie deren mitarbeitende Familienmitglieder dürfen ab 15. Oktober 2021 ihren Arbeitsplatz nur noch mit einem gültigen Covid-19-Ausweis betreten. Dieser „grüne Pass“ ist auch für Hausangestellte notwendig, weil hier offensichtlich ein Arbeitsverhältnis vorliegt.

Aber damit nicht genug: Zusätzlich sind auch externe Personen betroffen, welche im Betrieb Arbeitstätigkeiten (z. B. infolge von Werk- oder Dienstleistungsverträgen) ausüben. In diesem Sinne muss nach Auslegung von Confindustria sogar ein Frächter, welcher in einem Unternehmen Waren ablädt, bei Betreten den grünen Pass vorweisen. Bei Dienstleistungsverträgen jeglicher Art obliegt es dem Leistungserbringer, dafür Sorge zu tragen, dass seine Mitarbeiter die notwendigen Voraussetzungen erfüllen, also den „grünen Pass“ haben. Auch gelegentliche Arbeitsleistungen sind ohne grüne Bescheinigung nicht mehr zulässig.

Bei Leistungen im Rahmen von Werks- und Dienstleistungsverträgen für Dritte gilt allgemein folgender Grundsatz: Wird die Leistung vor Ort in anderen Unternehmen oder bei anderen Freiberuflern durchgeführt, besteht selbstverständlich die Pflicht zur Vorlage des Covid-19-Ausweises; erfolgt die Leistung hingegen vor Ort in privaten Haushalten, gilt die neue Verpflichtung nicht, weil hier i. d. R. nicht von einem Zutritt zu einem Arbeitsplatz gesprochen werden kann. In diesem Sinne hat das Ministerium in letzten FAQs klargestellt, dass z. B. Elektriker und Hydrauliker sowie ähnliche Handwerksberufe für Leistungen im privaten Haushalt ihrer Auftraggeber keinen „grünen Pass“ vorweisen müssen. Unbeschadet bleibt hingegen das Recht des privaten Auftraggebers, aus eigenen Sicherheitsüberlegungen vom Handwerker den „grünen Pass“ zu verlangen und ggf. auf die Leistung zu verzichten. Strafen für das Fehlen des „grünen Passes“ können hier aber nicht verhängt werden.

Von der Verpflichtung, einen „grünen Pass“ vorzuweisen, sind schließlich alle Personen befreit, die nach herrschender Rechtslage auch von der laufenden Impfkampagne ausgenommen sind und dies mit geeigneten Dokumenten belegen können.

Und noch eine Klarstellung: Die hier aufgezeigten Neuerungen finden keine Anwendung für Kunden von Unternehmen oder Freiberuflern: Soweit nicht bereits durch frühere Bestimmungen der grüne Pass verlangt wird (z. B. in Restaurants), müssen sie bei Betreten des Unternehmens auch nach dem 15. Oktober 2021 keinen „grünen Pass“ vorlegen.

Kontrollpflicht der Arbeitgeber und Mitteilung an Mitarbeiter

Es obliegt dem Arbeitgeber, geeignete Kontrollen durchzuführen, die einen Zutritt zum Arbeitsplatz durch die vorgenannten Personen ohne gültigen Covid-19-Ausweis vermeiden sollen. Zu diesem Zweck sollen vorzugsweise beim Betreten des Arbeitsplatzes Überprüfungen vorgenommen werden; es sind alternativ aber auch Kontrollen direkt am Arbeitsplatz zulässig. Grundsätzlich ist es auch zulässig, nur Stichproben vorzunehmen; dies wird aber nur bei Aufbau eines geeigneten Kontrollsystems zu rechtfertigen sein und ist insbesondere in der Anfangsphase nicht zu empfehlen.

In diesem Sinne müssen alle Arbeitgeber innerhalb 15. Oktober 2021 (also vor Inkrafttreten der neuen Verpflichtungen!) die Modalitäten für die Durchführung der Kontrollen im eigenen Betrieb in Schriftform festlegen und mitteilen, und es muss auch eine Person bestellt werden, welche für die Kontrollen des „grünen Passes“ im Unternehmen verantwortlich sein wird.

Wir legen diesem Rundschreiben eine Vorlage für die Mitteilung der geplanten Kontrollen an die Mitarbeiter bei (Anlage A).

Ablauf der Zutrittskontrollen und Schutz der Privatsphäre

Die Kontrolle über das Vorliegen eines gültigen „grünen Passes“ muss anhand der App „VerificaC19“ erfolgen; sie kann unentgeltlich über Internet heruntergeladen werden. Hier die notwendige Adresse: https://www.dgc.gov.it/web/app.html. Unter der vorgenannten Adresse findet man auch alle weiteren Anleitungen über die praktische Handhabung der App, insbesondere über die Installation der Software auf dem eigenen Handy. Mit der genannten App kann der QR-Code auf dem „grünen Pass“ eingelesen werden.

Der Vorweis des „grünen Passes“ durch den Mitarbeiter wird i. d. R. über das Handy erfolgen, es ist aber auch zulässig, den „grünen Pass“ in traditioneller Form auf Papier mitzuführen und vorzuzeigen. Zumindest ist es ratsam, stets auch einen Ausweis in Papierform bei sich zu tragen, spätestens dann, wenn die Batterie am Handy leer ist!

Vom Arbeitgeber kontrolliert werden dürfen nur die Echtheit, die Gültigkeit und die Vollständigkeit der Bescheinigung. Nur bei evidenten Abweichungen darf auch eine Abgleichung des „grünen Passes“ mit dem Personalausweis verlangt werden.

Im Zuge der Kontrolle dürfen keine persönlichen Daten eingefordert werden, und auf keinen Fall ist es zulässig, Auskünfte darüber zu verlangen, ob der „grüne Pass“ durch Impfung, Test oder Genesung erworben worden ist. Ebenfalls dürfen keine Informationen über die Fälligkeit verlangt werden. Auch ist es unzulässig, eine Kopie des grünen Passes anzufertigen!

Es ist auch nicht erlaubt, ein Register zu führen, in welchem die Impfungen der Mitarbeiter und die etwaigen Fälligkeiten der „grünen Pässe“ aufgezeichnet werden. Nach unserem Verständnis bedenklich erscheinen in diesem Zusammenhang auch etwaige „freiwillige“ Aushändigungen solcher Unterlagen und Informationen durch die Mitarbeiter.

Ein Lichtblick in diesem Dilemma könnte der folgende Vorschlag des italienischen Unternehmerverbandes Confindustria in einem vor wenigen Tagen veröffentlichten und diesem Rundschreiben beiliegenden Leitfaden (siehe S. 15 f.) sein: Confindustria legt Arbeitgebern nahe, sich vom Mitarbeiter bestätigen zu lassen, dass er z. B. in der Woche 46 oder im Monat Oktober den „grünen Pass“ haben wird, da eine solche Information für die Arbeitsplanung und interne Organisation eines Unternehmens zweifelsohne notwendig ist. Die Privacy würde, zumindest laut Confindustria, durch eine solche Erklärung nicht verletzt, weil der Mitarbeiter dadurch ja keine Hinweise über eine Impfung oder Krankheit preisgeben muss. Er erklärt nur, dass er den Covid-19-Ausweis haben wird, ohne Hinweis auf Impfung, Test oder Genesung.

Das Vorliegen solcher Erklärungen könnte u. E. in der Folge auch eine gezielte Planung von (nur) periodischen Stichproben zur Kontrolle rechtfertigen.

Auswirkungen auf Arbeitnehmer

Arbeitnehmer, die über keinen „grünen Pass“ verfügen, gelten als ungerechtfertigt abwesend. Diese ungerechtfertigte Abwesenheit darf jedoch – entgegen früheren Informationen - keine disziplinarrechtlichen Folgen haben, und der Arbeitsplatz muss erhalten bleiben, und zwar so lange, als der Mitarbeiter den grünen Pass vorweist, im Extremfall bis Ende Dezember 2021. Der Arbeitnehmer bekommt für diesen Zeitraum der ungerechtfertigten Abwesenheit allerdings keine Entlohnung, und auch Abfertigung, Urlaub und weitere Bezüge reifen nicht an.

Schwerfällig ist die Regelung, wenn für den so ungerecht abwesenden Mitarbeiter befristet eine Ersatzkraft eingestellt werden soll. Es wird hier zwischen Arbeitgebern mit weniger als 15 Beschäftigten und solchen mit 15 oder mehr Beschäftigten unterschieden. Soweit die Schwelle nicht überschritten wird, kann der Arbeitgeber den Mitarbeiter ohne grünen Pass für maximal zehn Tage suspendieren, aber erst, wenn der Mitarbeiter zuvor für mindestens fünf Tage den Pass nicht vorweisen konnte. Und in der Folge darf für maximal 10 Tage befristet eine Ersatzarbeitskraft aufgenommen werden, einmal verlängerbar. Unterm Strich darf also eine Ersatzkraft für höchstens 20 Tage befristet eingestellt werden, eine Regelung, die angesichts des derzeitigen Arbeitsmarktes zumindest in Südtirol sicher pure Theorie bleiben dürfte.

Übrigens, für Arbeitgeber mit mehr als 14 Beschäftigten sind Ersatzanstellungen mit befristetem Arbeitsverhältnis nicht vorgesehen.

Wird im Zuge der Kontrolle beim Zutritt zum Arbeitsplatz das Fehlen eines gültigen Covid-19-Ausweises festgestellt, so muss der Mitarbeiter nur am Zutritt gehindert werden. Der Arbeitgeber hat aber keine weiteren Meldepflichten, und es fallen weder Disziplinarmaßnahmen noch Verwaltungsstrafen an. Wird hingegen direkt am Arbeitsplatz (also nach erfolgtem Zutritt) ein fehlender oder ungültiger Ausweis festgestellt, ist es möglich, Disziplinarmaßnahmen gegen den Mitarbeiter zu verhängen, und es können auch Verwaltungsstrafen anfallen.

Verwaltungsstrafen

Hält sich ein Arbeitgeber nicht an die aufgezeigten Vorgaben (Ankündigung der Prüfung, Bestellung eines Verantwortlichen, Durchführung der Kontrollen), kann dies mit Verwaltungsstrafen zwischen 400 und 1000 Euro geahndet werden.

Wichtig: Wird im Zuge einer Kontrolle ein Mitarbeiter ohne „grünen Pass“ ermittelt, sind zu Lasten des Arbeitgebers keine Strafen anwendbar, wenn dieser nachweisen kann, die vorgeschriebenen Kontrollen durchgeführt zu haben. Dies sollte u. E. insbesondere für jene Mitarbeiter gelten, die z. B. bei Arbeitsbeginn einen gültigen Ausweis hatten, der aber während der Arbeitszeit verfallen ist.

Arbeitnehmern, die bei einer Kontrolle ohne gültigen „grünen Pass“ am Arbeitsplatz angetroffen werden, drohen hingegen Verwaltungsstrafen zwischen 600 und 1.500 Euro.

Kontrolliert wird durch die Polizeikräfte und Arbeitsinspektoren, allerdings kann die Verwaltungsstrafe selbst (aufgrund des Erhebungsprotokolls) lediglich durch den Präfekten der Region – und in Südtirol durch den Landeshauptmann – verhängt werden, was sicher einen enormen Verwaltungsaufwand mit sich bringen wird.

Viele offene Fragen

- Bislang ungeklärt ist vor allem die Handhabung der Schnelltests, die bekanntlich nur eine Gültigkeit von 48 Stunden haben. Was passiert, wenn der Mitarbeiter zwar beim Arbeitsantritt einen gültigen Test vorlegt, dieser jedoch während der Arbeitszeit abläuft? Sind die gearbeiteten Stunden zu bezahlen oder nicht, und muss der Arbeitnehmer den Arbeitsplatz bei Verfall umgehend verlassen, obwohl er seine Arbeit korrekt begonnen hat?

- Was tun, wenn man noch nicht geimpft ist? Mitarbeitern und Selbständigen, die noch nicht geimpft sind, bleibt bis zum 15. Oktober 2021 nicht mehr viel Zeit.  Der „grüne Pass“ wird zwar gleichzeitig mit der ersten Impfung ausgestellt, allerdings erst nach 15 Tagen wirksam. Wer nicht geimpft ist, muss sich also testen lassen. Derzeit sind in Südtirol rund 50.000 Beschäftigte ungeimpft; sie ab 15. Oktober 2021 zwei oder drei Mal in der Woche zu testen, wird wahrscheinlich alle Kapazitäten maßlos sprengen.

- Heimarbeit: In der Fachpresse wird seit Tagen diskutiert, ob die Bestimmungen auch auf Mitarbeiter in Telearbeit oder „smart working“ anzuwenden sind. Hier hat das Ministerium aber auf seiner Homepage schon klargestellt, dass bei „smart working“ kein „grüner Pass“ überprüft werden muss.

Es darf davon ausgegangen werden, dass in den nächsten Tagen noch zahlreiche Klarstellungen im Zusammenhang mit der neuen Verpflichtung veröffentlicht werden, und auch grundlegende Änderungen können nicht ausgeschlossen werden. Wir hoffen, Sie zeitgerecht darüber informieren zu können.

Für weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Josef Vieider

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