Neue Schwellen für Kontrollorgan in GmbHs – Erstbestellung erst 2022 erforderlich

Wir haben Sie in letzter Zeit mehrfach über die geänderten Kriterien zur Bestellung eines Kontrollorgans in Gesellschaften mit beschränkter Haftung informiert, auch mit dem Verweis, mit der Bestellung selbst den letztmöglichen Zeitpunkt abzuwarten, weil bekanntlich nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird, und Fälligkeiten bekanntlich verschoben werden können. Zur Erinnerung: Im Sinne von Art. 2477 ZGB besteht in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in folgenden Fällen die Pflicht zur Bestellung eines Kontrollorgans:

a) Die Gesellschaft ist zur Aufstellung des konsolidierten Jahresabschlusses verpflichtet.
b) Die Gesellschaft beherrscht eine Gesellschaft, die selbst zur Abschlussprüfung verpflichtet ist.
c) Die Gesellschaft übersteigt in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren jeweils zumindest einen der nachstehenden Schwellenwerte:

  • Bilanzsumme 4 Mio. Euro,
  • Umsatzerlöse 4 Mio. Euro,
  • 20 durchschnittlich Beschäftigte.

Die genannten Schwellenwerte laut Buchst. c) wurden in den letzten Jahren mehrfach geändert, zuletzt mit der Eilverordnung „Sblocca cantieri“ (G.V. 32/2019), in Kraft seit dem 18. Juni 2019. Die Überprüfung der jeweiligen Voraussetzungen zur Bestellung eines Kontrollorgans hätte im Sinne der genannten Eilverordnung aufgrund der beiden Jahresabschlüsse für die Jahre 2017 und 2018 erfolgen müssen, und bei Überschreiten zumindest einer Schwelle in beiden Jahren wäre zunächst innerhalb 16. September 2019, dann innerhalb Dezember 2019 und schließlich mit der Bilanzgenehmigung für 2019, also spätestens im Juni 2020, ein Kontrollorgan zu bestellen gewesen.

Inzwischen ist aber die Corona-Pandemie ausgebrochen, und angesichts der damit verbundenen wirtschaftlichen Probleme ist im Zuge der Umwandlung der Verordnung zum Neustart Italiens (G.V. 34/2020)

  • nicht nur der Termin für die Bestellung abermals verschoben worden, sondern auch
  • der Kontrollzeitraum für die Schwellenwerte (ursp. 2017 und 2018) wird geändert.

Nun gilt: Zur Bestellung eines Kontrollorgans im Sinne von Art. 2477 Abs. 2 Buchst. c) sind GmbHs verpflichtet, die in den beiden Geschäftsjahren 2020 und 2021 zumindest einen der dort angeführten Schwellenwerte überschritten haben, und die Bestellung hat mit Genehmigung des Jahresabschlusses für 2021, i. d. R. also im April 2022, zu erfolgen.

Aus der Neuerung ergeben sich unerwartete Folgen, auch weil eine Übergangsregelung fehlt:

- Zunächst ist zum heutigen Zeitpunkt so gut wie keine GmbH mehr zur Bestellung eines Überwachungsrates verpflichtet, außer sie ist zum Abschluss eines konsolidierten Jahresabschlusses angehalten oder sie kontrolliert ihrerseits eine Gesellschaft, die selbst prüfungspflichtig ist.
- Dann stellt sich die Frage, was tun, wenn im vorauseilenden Gehorsam bereits ein Überwachungsrat oder Revisor bestellt ist. Insbesondere in kleineren Gesellschaften kann man über den wirtschaftlichen Mehrwert dieses Organs lange diskutieren, und es wird von Fall zu Fall zu prüfen sein, ob es möglich und sinnvoll ist, die Bestellung wieder zurückzunehmen.

Rein aus rechtlicher Sicht gilt:
- Soweit „nur“ ein Rechnungsprüfer bestellt worden ist, kann dieser von der Gesellschafterversammlung ohne besondere Vorkehrungen wieder abberufen werden; der Wegfall der rechtlichen Voraussetzungen für die Bestellung eines Rechnungsprüfers stellt nämlich einen gewichtigen Grund für die Abberufung dar (in diesem Sinne die Studie Nr. 234 vom April 2020).
- Soweit hingegen ein Aufsichtsrat namhaft gemacht worden ist (Einzelüberwacher oder Kollegialorgan), ist eine Abberufung nicht vorgesehen. Hier kann nur ein freiwilliger Rücktritt eine Lösung sein. Allgemein ist für beide Fälle ein einvernehmlicher Rücktritt des Kontrollorgans anzustreben.

Für weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen